Bindung und Rahmen: Recht und Integration
In: Die Identität Europas, p. 152-172
Recht und Integration stehen in vielfacher Wechselbeziehung zueinander. Wird unter Integration ein staatenübergreifender Prozeß der Erfüllung gemeinsamer Aufgaben und Ziele verstanden, der von gesellschaftlichen Kräften getragen wird, so besitzt Recht unter zweierlei Gesichtspunkten Bedeutung: Einmal ist das Recht Gegenstand und Motiv von Integrationsentwicklungen und fügt sich so als eine der besonderen Ausprägungen von Gesellschaft und Kultur in den Gesamtprozeß ein. Zum anderen gibt das Recht der Integration erst Form und Rahmen, durch den sie Gestalt, Bestand und Dauer erlangt. Unter diesen beiden Gesichtspunkten wird dem spannungsreichen Verhältnis von Recht und Integration nachgegangen, um Folgerungen zur Bedeutung des Rechts für Entwicklung und Struktur der EG als der institutionalisierten Form europäischer Integration zu ziehen. Gegenstand von Integration ist das Recht vor allem bei vielfältigen Harmonisierungsbestrebungen und Vereinheitlichungsbestrebungen auf internationaler und europäischer Ebene. Dabei gewinnt es zum einen Eigengewicht, zum anderen setzt der Wille zur Vereinheitlichung des Rechts Integrationsantriebe frei. Die gestaltende Funktion des Rechts für die Integration wird an den umfassenderen internationalen und an den europäischen Bemühungen um die gemeinsame Bewältigung öffentlicher Aufgaben deutlich gemacht. Aufgrund dieser Hinweise wird das Verhältnis zwischen Recht und Integration, wie es sich in der EG zeigt, anhand von Fragen zu den Gegenständen der Integration analysiert, die in der EG vor allem die Wirtschaft betreffen. Abschließend werden die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts in der europäischen Integration diskutiert. (ICA)