Wissen jenseits eines globalen Gemeinschaftsgutes: konstruktivistische Überlegungen zur "politischen Praxis" der Wissenschaft von den Internationalen Beziehungen
In: Wissen, Wissenschaft und Global Commons: Forschung zu Wissenschaft und Politik jenseits des Staates am Beispiel von Regulierung und Konstruktion globaler Gemeinschaftsgüter, p. 317-347
Der Beitrag geht dem Verhältnis der Disziplin "Internationale Beziehungen" (IB) zur Problematik des Wissens in den internationalen Beziehungen und damit letztendlich auch dem durch die Disziplin hervorgebrachten IB-Wissen nach. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass in den IB hauptsächlich über Wissen diskutiert wird, das dem Betrachter extern gegenübersteht. Deutlich wird dies etwa in den auch politikwissenschaftlich begleiteten Debatten um Wissensökonomien und Grundzüge einer informationsbasierten Gesellschaft, um Fragen der Regulierung geistigen Eigentums sowie Aspekte der Informationskontrolle. Ein in diesem Sinne zuverstehendes globales Gemeinschaftsgut Wissen wird somit aus der Breite der Disziplin IB heraus als exogen oder objektiviert verstanden. Vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Wende in den IB lässt sich ein genuines Erkenntnisinteresse der Konstruktivismus an Wissen als globalem Gemeinschaftsgut insofern ausmachen, dass Prozesse der Herstellung geteilter global akzeptierter Bedeutungsgehalten die dahinter liegenden Infrastrukturen und die sich daraus ergebenden Implikationen ins Zentrum rücken. Es geht dann weniger um Fragen des Zugangs zu Wissensbeständen, sondern um den Status des Wissens als solchem. Der Beitrag unterscheidet zwischen einem proto-konstruktivistischem Strang (intuitives Wissens-Verständnis), einem moderaten Konstruktivismus, der den Prozessen der Wissensproduktion geringere Aufmerksamkeit beimisst, sowie jüngeren Ansätzen, die sich in der Tradition der Wissenssoziologie explizit mit dem Status von Wissen beschäftigt. (ICE2)