Immer wieder wird in Deutschland kontrovers diskutiert, ob, wann und warum israelkritische Positionen zum Nahostkonflikt nur kaschierter Antisemitismus seien.Peter Ullrich beleuchtet neue Perspektiven: Einerseits haben Lernprozesse der vergangenen Jahrzehnte dazu geführt, dass die linke Nahostdebatte in Deutschland heute komplexer und ausgewogener ist denn je. Andererseits bleiben doch die Gefahren für eine universalistische linke Position erkennbar. Immer wieder droht der Umschlag ins Partikulare, sei es in Form von Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit oder extremer Überidentifikation mit Konfliktakteuren.Aus wissenssoziologischer und diskursanalytischer Perspektive untersucht der Autor verschiedene Aspekte des deutschen Blicks auf den Nahostkonflikt.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 5567-5577
"Eines der wichtigsten Themen der globalisierungskritischen und Anti-Kriegs-Bewegung ist der Nahost-Konflikt. Pro-palästinensisch zu sein, scheint mittlerweile wieder mit zum Kernbestand linker Identität zu gehören. Immer wieder gerät dieses Engagement auch in der Kritik - wegen Israelfeindschaft und Antisemitismus. Doch es gibt starke nationale Differenzen im Umgang der Linken mit dem Problem. Während die britische Linke fast vollständig antizionistisch eingestellt ist, gibt es in der deutschen Linken eine anhaltende Diskussion zwischen verschiedenen Lagern. Mehr als anderswo finden sich in der Bundesrepublik auch linke Aktivisten mit pro-israelischer Grundorientierung, 'unparteiische' und von der Debatte 'Genervte'. Dieser Beitrag soll zunächst die grundlegenden die Konfliktwahrnehmung organisierenden Frames der deutschen und britischen Linken beschreiben. In einem zweiten Schritt geht es darum, die nationalen Differenzen mit Hilfe des Konzepts der diskursiven Gelegenheitsstrukturen zu erklären. Es zeigt sich, dass in der Bundesrepublik ein Lernprozess stattgefunden hat, der mit der damit zusammenhängt, dass der Nahostkonflikt mit einem der Grundprobleme der politischen Kultur der BRD, den Folgen des NS, verknüpft ist. Dies führte zu harten, ja oft irrationalen und die linke spaltenden Debatten u.a. um die Themen Vergangenheitsaufarbeitung und Nation, aber auch dazu, dass immer verschiedene Bilder des Konflikts konkurrieren. Unter diesen gibt es auch israel- und judenfeindliche Positionen, insbesondere Phänomene des sekundären Antisemitismus, die aber immer auch auf Widerspruch treffen. Anders gestaltet sich die britische Situation. Die dortige 'far left' ist viel stärker als die deutsche von einem traditionell leninistischen Weltbild geprägt, besonders der Trotzkismus hat großen Einfluss. Dies begünstigt die Wahrnehmung des Nahostkonfliktes in einem antiimperialistischen Schema, welches manichäische Feindbildkonstruktionen und unbedingte Solidarität mit der als antiimperialistisch definierten Seite erfordert. Die Wahrnehmung Israels als 'Kettenhund' der USA verstärkt die ohnehin vorhandene Sympathie mit den PalästinenserInnen. Antisemitismus wird nur als Nebensache oder Ablenkungsmanöver der IsraelunterstützerInnen gesehen. So entsteht eine sehr einfache und einseitige Sicht der britischen Linken auf den Konflikt, die nur von wenigen marginalisierten Gruppen nicht geteilt wird. Neben diesen und weiteren Bestimmungsfaktoren wäre zu diskutieren, inwiefern der Begriff des sekundären Antisemitismus auf die britische Linke anwendbar ist." (Autorenreferat)
Angesichts hoher Belastungen und unzureichender psychosozialer Betreuung von onkologischen Patient/innen im HNO-Bereich sind Logopäd/innen und Sprechwissenschaftler/innen mit speziellen Anforderungen konfrontiert, die über ihr engeres Berufsfeld hinausgehen. Um ihre Problemwahrnehmungen und Fähigkeiten im Umgang damit sowie einen möglichen Weiterbildungsbedarf zu ermitteln, wurden in einem mehrperspektivischen Mixed-Methods-Zugang folgende Aspekte untersucht: 1. Erfahrungen und Problemfelder der Arbeit mit psychisch belasteten onkologischen HNO-Patient/innen aus Sicht von Logopäd/innen; 2. Selbsteinschätzung der Stärken und Schwächen der Logopäd/innen im Umgang mit Patient/innen und deren Angehörigen; 3. Erfahrungen von Supervisor/innen von onkologisch tätigen Logopäd/innen und 4. Kommunikationskompetenz von Logopäd/innen in emotionalen Gesprächssituationen. Es zeigte sich ein hohes Bewusstsein der Therapeut/innen für die psychische Belastung der Patient/innen. Übereinstimmend wurde von einem sehr hohen psychosozialen Beratungsbedarf und großen Gesprächsanteilen in der logopädischen Therapie berichtet. Diese Sondersituation führte zu Abgrenzungsschwierigkeiten, Überforderungsgefühlen und belastenden Situationen. Das psychoonkologische Wissen und die Gesprächsführungskompetenzen waren bei vielen für diese Anforderungen nicht hinreichend; es besteht dringender Weiterbildungsbedarf.
Grundbegriffe, zentrale Problemfelder und prominente Positionen der Antisemitismusforschung, werden knapp und einführend erläutert »Was ist Antisemitismus?« bietet in knapper Form eine fundierte Darstellung der grundlegenden Begriffe, Probleme und eine Übersicht der Autor:innen, die für die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion über das Verständnis von Antisemitismus im deutschsprachigen Raum von Bedeutung sind. Die Herausgeber:innen verfolgen dabei zwei Hauptanliegen: Erstens soll die komplexe wissenschaftliche Arbeit von verschiedenen Antisemitismus-Konzepten, wie dem israelbezogenen oder dem »postkolonialen« Antisemitismus, einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Zweitens soll das Wissen über die verschiedenen Auffassungen von Antisemitismus aus Perspektiven der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie sowie der Antisemitismusforschung systematisiert werden. Das Buch ist das Ergebnis eines intensiven Austauschs im Rahmen des Forschungsprojekts »Antisemitismus definieren«, in dessen Rahmen acht Personen mit verschiedenen wissenschaftlichen und biografischen Hintergründen die Grundlinien unterschiedlicher Antisemitismusbegriffe herausgearbeitet und die Schwierigkeiten bei der Definition diskutiert haben. Herausgekommen ist ein interdisziplinärer Band, der auch vor dem Hintergrund aktueller kontroverser Debatten eine zentrale Handreichung bietet.
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"Was ist Antisemitismus?" bietet in knapper Form eine fundierte Darstellung der grundlegenden Begriffe, Probleme und eine Übersicht der Autor:innen, die für die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion über das Verständnis von Antisemitismus im deutschsprachigen Raum von Bedeutung sind. Die Herausgeber:innen verfolgen dabei zwei Hauptanliegen: Erstens soll die komplexe wissenschaftliche Arbeit von verschiedenen Antisemitismus-Konzepten, wie dem israelbezogenen oder dem »postkolonialen« Antisemitismus, einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Zweitens soll das Wissen über die verschiedenen Auffassungen von Antisemitismus aus Perspektiven der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie sowie der Antisemitismusforschung systematisiert werden. Das Buch ist das Ergebnis eines intensiven Austauschs im Rahmen des Forschungsprojekts »Antisemitismus definieren«, in dessen Rahmen acht Personen mit verschiedenen wissenschaftlichen und biografischen Hintergründen die Grundlinien unterschiedlicher Antisemitismusbegriffe herausgearbeitet und die Schwierigkeiten bei der Definition diskutiert haben. Herausgekommen ist ein interdisziplinärer Band, der auch vor dem Hintergrund aktueller kontroverser Debatten eine zentrale Handreichung bietet.
Das Projekt erfasst und bewertet die Potenziale existierender Partizipationsformate für die Transformation des politischen Systems zu einer kooperativen und deliberativen Demokratie. Angestrebt wird kein Alternativentwurf zu einer repräsentativen Demokratie, sondern Empfehlungen für eine Ergänzung dieser Regierungsform durch kooperative und deliberative Elemente, die der gesellschaftlichen Forderung nach einem "Mehr an Beteiligung" Rechnung tragen. Den Hintergrund für die theoretische Reflexion bildet die normative Annahme, dass die Öffentlichkeit nicht nur an Wahlprozessen beteiligt sein soll, sondern auch an der Entscheidungsvorbereitung und der Abwägung von kollektiv verbindlichen Handlungsoptionen, von deren Konsequenzen sie in ihrem Lebensumfeld betroffen sein werden. Anhand der Ergebnisse des Projektes ergeben sich Anknüpfungspunkte für zukünftige Vorhaben auf zwei Ebenen. Die Partizipationsmatrix bietet auf der Verfahrensebene gute Möglichkeiten zur Kombination und Rekombination einzelner Verfahren wie auch Verfahrensbestandteile. Die Politikempfehlungen zeigen weitergehend konkrete Wege für die Umsetzung einer neuen Partizipationskultur durch Politik und Verwaltung im Sinne eines neuen Mainstreamings von Partizipation. Diese sprechen sich im Kern dafür aus, mehr Beteiligung zu wagen, ja, eine "Kultur der Beteiligung" zu etablieren. Diese ist jedoch an Voraussetzungen gebunden, die ebenso aufgeführt werden. Der institutionelle Unterbau einer solchen Beteiligungskultur wird letztlich in einem Mainstreaming von Partizipation auf allen Ebenen von Politik und Verwaltung lokalisiert. ; The project detects and evaluates the potential of existing participation formats to transform the political system into a cooperative and deliberative democracy. The aim is to develop recommendations for the integration of cooperative and deliberative elements into representative democracy, rather than to develop an alternative model. These new elements take societal demands for increased involvement into account. The normative assumption that the public should not only be involved in elections but also in the preparation of collectively binding decisions and in the assignment of trade-offs between various political options serves as the basis for the theoretical reflection. The results of this project have significant implications for future projects on two levels. On the procedural level, the participation matrix offers opportunities for combining and recombining individual procedures and procedural elements. On the substantive level, the political recommendations offer structural advise on how to realise a new participation culture through politics and administration. This can also be described as a "mainstreaming" of participation. The recommendations promote attempts at increased participation and the establishment of a "culture of participation". This, however, is bound to certain conditions, which are also listed and explained. Ultimately, the institutional foundation of such a participation culture is localised in a serious attempt to implement mainstreaming of participation on all levels of politics and administration.
Am 7. und 8. Juli 2017 fand in Hamburg das zwölfte Treffen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) statt. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (Socium) und dem Göttinger Institut für Demokratieforschung (GIfD) haben Wissenschaftler innen des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung eine Befragung der Protestierenden für zwei zentrale Demonstrationszüge durchgeführt: die bereits für den 2. Juli, also am Wochenende vor dem offiziellen Gipfel, angesetzte Demonstration G20 Protestwelle, zu der vor allem Umweltorganisationen, Bündnis 90/Die Grünen und das Mobilisierungsnetzwerk Campact aufgerufen hatten, sowie die Abschlussdemonstration am 8. Juli mit dem Titel Grenzenlose Solidarität statt G20! , für die ein Bündnis linker, überwiegend antikapitalistischer Organisationen und Parteien warb. Es werden zentrale Ergebnisse der Fragebogenstudie und einer Demonstrationsbeobachtung dargestellt, wobei insbesondere der Frage nachgegangen wird, ob sich die Protestierenden nicht doch ähnlicher sind, als die unterschiedliche Charakterisierung der beiden Demonstrationen suggeriert. Erleben wir ein erneutes Aufleben der globalisierungskritischen Bewegung oder eher eine Parallelität einzelner Protestereignisse, die keinen gemeinsamen Nenner mehr besitzen? Diesen Fragen wird nachgegangen, indem die Motive, Überzeugungen und Einstellungen der Protestierenden in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt werden. Die Protestbeobachtung liefert darüber hinaus eine Analyse der eskalierenden Dynamik polizeilicher Maßnahmen, die letztlich vor allem darauf gerichtet waren, Protest zu erschweren. Zusammen liefert die Studie auch ein Gegengewicht zu der öffentlichen Fokussierung auf die den Gipfel begleitende Gewalt.
Am 7. und 8. Juli 2017 fand in Hamburg das zwölfte Treffen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) statt. Bereits seit Herbst 2016 hatten verschiedenste Organisationen und Verbände begonnen, zum Protest gegen dieses Treffen zu mobilisieren. Vor und während des Gipfeltreffens gab es mindestens acht Demonstrationen mit mehr als 1000 TeilnehmerInnen und eine Vielzahl kleinerer Demonstrationen und anderer Protestformen wie Blockaden und Kunstaktionen, die von einzelnen Bündnissen oder Initiativen organisiert wurden. Dieser Bericht beschäftigt sich mit den beiden zentralen Großdemonstrationszügen: Die Demonstration 'G20 Protestwelle' am 2. Juli, zu der vor allem Umweltorganisationen, Bündnis 90/Die Grünen und das Mobilisierungsnetzwerk Campact aufgerufen hatten, sowie die Abschlussdemonstration am 8. Juli mit dem Titel 'Grenzenlose Solidarität statt G20!', für die ein Bündnis linker, überwiegend antikapitalistischer Organisationen und Parteien warb. Wir fragen dabei, ob es sich bei den Demonstrierende um zwei getrennte Gruppen mit unterschiedlichen Einstellungen handelte, oder ob sich die Protestierenden ähnlicher waren als die mobilisierenden Organisationen. Gab es möglicherweise sogar eine relevante Überschneidung zwischen den TeilnehmerInnen beider Demonstrationen? Neben den inhaltlichen Anliegen der Protestierenden bietet die vorliegende Studie Einblicke in ein weiteres Thema, das die öffentliche Diskussion beherrschte: der polizeiliche Umgang mit den Protestierenden und den Ausschreitungen.