Der Beitrag diskutiert die verschiedenen in der bundesrepublikanischen Friedensbewegung artikulierten Sicherheitskonzepte, die Alternativen zur gegenwärtigen Sicherheitspolitik darstellen. Der Autor stellt zunächst die wesentlichen Dimensionen der offiziellen Sicherheitspolitik der NATO vor, bevor gleichsam "idealtypisch" die wichtigsten alternativen Konzepte erörtert werden. Unterschieden werden folgende Vorstellungen: (1) Modelle einer defensiven, reaktiven Verteidigung, (2) Forderung nach Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Europa, (3) Forderung nach Neutralität der Bundesrepublik, (4) Forderung nach einseitiger Abrüstung, wobei zwei Konzepte vorgeschlagen werden, einmal radikaler Unilateralismus, zum anderen gradualistischer Unilateralismus, (5) Konzepte der sozialen oder zivilen Verteidigung. Die letzte Forderung stellt wohl die radikalste zu Vorstellungen militärischer Verteidigung dar. In seinen Schlußbemerkungen weist der Autor auf das Problem der Risikoabschätzung hin, d.h. für ihn gibt es keine Sicherheit ohne Risiko. Somit bleibt nur noch die Frage zu stellen, würde mit der Realisierung der zur Debatte stehenden Alternativen das bestehende Risiko erhöht oder vermindert? (ML)
"Mit der mächtiger werdenden Friedensbewegung verbindet sich die Gefahr einer Polarisierung unserer Gesellschaft in zwei einander kaum mehr verstehende Lager. Hier stellt sich nun die Frage, ob die Friedensbewegung zu weit geht, zu radikal ist oder eigentlich weit hinter dem zurückbleibt, was erreicht werden müßte. Daher muß geklärt werden, was unter "radikal" zu verstehen ist. Zu fragen ist, ob mit Radikalität der Aufruf zu Extremismus oder gar Terrorismus gemeint ist, oder ob nicht von jedem von uns ein radikaler, ein bis in die Wurzeln reichender Wandel unserer Einstellung zum Leben gefordert ist. Es ist die Frage zu stellen, ob es möglich ist, von der modernen Ethik-Diskussion her eine Verständigung zwischen "Wertkonservativen" einerseits und Anhängern der Friedensbewegung andererseits zu erreichen. Ein angemessenes Verständnis für die unterschiedlichen Denkweisen zeigt sich in der Unterscheidung zwischen "tradiertem Lernen", "Lernen durch Schock" und "innovativem Lernen", wie sie vom Club of Rome entfaltet wird. Eine Analyse der Grundstrukturen unserer Rüstungssituation - quer zu allen politischen Fronten von "Rechts" und "Links" - ergibt das geradezu revolutionäre Ziel einer Befähigung zu gewaltfreiem Widerstand, ein Ziel, das nur über eine Stufenfolge zunehmend radikalerer Alternativen zur bestehenden Sicherheitspolitik erreichbar ist." (Autorenreferat)
Im vorliegenden Aufsatz wird die These von Daniel Frei, der Gradualismus sei die einzig existierende Strategie, mit der sich Erfolge in der Friedenssicherung erzielen ließen, aufgegriffen. Es wird versucht, das Konzept des Gradualismus zu erweitern. Nach Ansicht des Autors müßte bei Strategien zur Friedenssicherung das Motiv des Gegners, einen Vorteil zu erringen, stärker berücksichtigt werden und zwar dadurch, daß ihm eine Offerte unterbreitet wird, die ihm einen Rüstungsvorteil einräumt. Dazu ist es erforderlich, dem Abrüstungsangebot einen Sanktionsteil für den Fall der Verweigerung hinzuzufügen. Außerdem geht er auf die Art des Ost-West-Konflikts und die Folgen, die Abrüstung auf Ziele und Teilziele der jeweiligen politischen Systeme hat, ein. Er stellt die Forderung auf, diese Folgen antizipatorisch in der Anlage der gradualistischen Strategie zu reflektieren. (LO)
In dem Beitrag werden zunächst Stand und Situation der Friedensbewegung in der BRD nach den Oktoberaktionen zusammegefaßt. Dabei wird vor allem auf das veränderte Bewußtsein in weiten Teilen der Bevölkerung eingegangen. Vor diesem Hintergrund wird der Überfall der USA aus Grenada untersucht. Die militärische US-Invasion in der Karibik wird verglichen mit Hitlers Intervention im spanischen Bürgerkrieg. Es wird gezeigt, daß Reagan sich auf einen weltweiten Entscheidungskampf zwischen "Gut" und "Böse" vorbereitet, dessen Ziel die Vernichtung des Kommunismus ist. Dann wird gefragt, ob das Amerika Ronald Reagans heute eine ähnlich verhängnisvolle Rolle spielt wie 1933/ 39 Hitler-Deutschland. Die reale Gefahr, die von den Reagan-Plänen ausgeht, wird verdeutlicht. Der Rolle der Bundesregierung in diesem Kontext wird nachgegangen. Es wird diskutiert, wer schuld ist am Scheitern der Genfer Verhandlungen und wo der Ausweg aus der Sackgasse liegt. Die Aufgaben der Friedenbewegung in dieser Situation werden erörtert. (KW)
Auf dem Hintergrund der außerparlamentarischen Proteste gegen die nationale und internationale Sicherheitspolitik untersucht der Verfasser das Verhältnis von Friedensbewegung und Jugend in der BRD. Dabei werden vor allem die Jugendorganisationen der DKP, der SPD und des DGB und deren Einfluß auf die Diskussionen um friedenspoltische Strategien berücksichtigt. Neben der Reaktion der konservativen Jugendorganisationen wird im weiteren die inhaltliche und aktive Bündnispolitik innerhalb der Friedensbewegung gezeigt; dabei werden die Zusammenhänge von Aufrüstung und Sozialabbau betont und die gemeinsamen Elemente und Ziele des Friedenskampfes abschließend zusammengefaßt. (KS)
"Die Themen Wiedervereinigung und Sicherheit gehören seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland eng zusammen. Schon in den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren wiesen die Verfechter alternativer sicherheitspolitischer Konzepte immer wieder darauf hin, daß die Politik der Westintegration und Wiederbewaffnung die Wiedervereinigung Deutschlands in Frage stellten. Nun hat sich nach der Phase der ost- und deutschland-politischen Veränderungen zwischen 1966 und 1972/73 in den großen politischen Gruppen der Bundesrepublik eine Art 'großer Konsens' zur Deutschlandpolitik durchgesetzt, der auch durch einzelne Akzentverschiebungen seit dem Koalitionswechsel nicht auseinandergebrochen ist. Der wichtigste Inhalt dieses Konsenses besteht in der Vorstellung, daß man unter den gegebenen Umständen die politischen Konstellationen nach dem Grundlagenvertrag und dem diesbezüglichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts möglichst nicht antasten und im übrigen abwarten soll. Demgegenüber hat sich die deutschlandpolitische Debatte an den Rändern des politischen Spektrums in letzter Zeit stark intensiviert. Aus der Friedensbewegung heraus sind, oftmals zur Beunruhigung von Kennern und Freunden der Bundesrepublik im westlichen Ausland, Konzepte für eine veränderte Sicherheitspolitik formuliert worden, die wie etwa das Konzept einer atomwaffenfreien Zone in Europa oder eines neutralen Deutschland erhebliche deutschlandpolitische Brisanz besitzen. Gerade in den Kreisen der Friedensbewegung und der 'undogmatischen Linken' haben sich nationalistische Obertöne in der Friedensdebatte verstärkt. Manche davon finden, wie z.B. die Vorstellung vom 'besetzten Deutschland', auch auf der extremen Rechten wachsende Resonanz. In einer möglichen 'intellektuellen Koalition' der Extreme auf den Themenfeldern der Deutschland- und der Sicherheitspolitik scheint eine zwar noch nicht akute, aber längerfristig nicht ganz irreale Gefährdung des gesellschaftlichen Grundkompromisses der Bundesrepublik aufzudämmern." (Autorenreferat)
"Insgesamt sei es der SED gelungen, Millionen von Gläubigen "trotz der zugespitzten Klassenkampfsituation und einer schwierigen kirchenpolitischen Lage" zur Mitarbeit am "sozialistischen Aufbau" heranzuziehen und für die Unterstützung der Friedenspolitik der SED zu gewinnen. Die "Pläne imperialistischer Politik und einiger klerikaler Kirchenführer, die religiösen Gefühle der Gläubigen für antikommunistische Zwecke zu mißbrauchen", seien durchkreuzt worden. Andererseits hatte sich die SED mit "opportunistischen und sektiererischen Kräften" auseinanderzusetzen; sie habe es zunehmend besser verstanden, zwischen religiösem Glauben, Vorbehalten und Unklarheiten sowie reaktionärem Mißbrauch der Religion zu unterscheiden, und sie habe sich gegen Versuche gewandt, die Beziehungen von Staat und Kirche durch administrative Maßnahmen zu belasten." (IGW-Referatedienst)
"Obwohl oder gerade weil die rechtssozialdemokratische Partei- und Regierungsspitze maßgeblichen Anteil am Zustandekommen des sog. NATO-Doppelbeschlusses hatte, kommt der SPD entscheidende Bedeutung im Kampf um die Verhinderung der Raketenstationierung zu. Der Aufsatz untersucht Differenzierungs- bzw. Polarisierungsprozesse innerhalb der Sozialdemokratie und führt sie auf den wachsenden Druck der Friedensbewegung zurück. Die Darstellung unterschiedlicher Positionen (Egon Bahr, Erhard Eppler, Oskar Lafontaine, Karsten Voigt) zeigt, daß die historische Doppelstruktur der SPD im Hinblick auf die Friedensfrage durchbrochen wird, weil die Bereitschaft zu Bündnissen mit der Friedensbewegung nicht nur Reformisten erfaßt, sondern Ansatzpunkte dafür bis weit ins Lager des sozialliberalen Integrationismus und der Parteiführung hineinreichen." (Autorenreferat)
"Es handelt sich um das "Friedensmanifest an das deutsche Volk und an die deutsche Wehrmacht", das die KPD-Führung in der Sowjetunion nach Beginn der sowjetischen Gegenoffensive bei Stalingrad veröffentlichte. Der Autor befaßt sich mit Vorgeschichte, Inhalt und Wirkung des Manifests, das angeblich "in nicht geringem Maße den antifaschistischen Kampf der deutschen Kommunisten und anderer Kriegsgegner in Deutschland" beeinflußte." (IGW-Referat)
"Die DDR befindet sich mitten in einer der interessantesten politisch-kulturellen Umbruchphasen ihrer Nachkriegsgeschichte. Unter dem für diesen Wandel notwendigen Schirm von Stabilität und Kontinuität in ihren politischen Kernbereichen hat mit Beginn der achtziger Jahre im Innern ein Wandel begonnen, dessen politische Bedeutung im Westen noch ungenügend erkannt wird. Wie die neue Dynamik zwischen Partei und Gesellschaft verlaufen kann, ist besonders gut am Beispiel der neuen "Friedensbewegung" zu verdeutlichen. Für die SED war die "Friedensbewegung" bisher schlicht entweder die ganze DDR oder alle von ihr ins Leben gerufenen Vereinigungen, die seit Jahrzehnten autonome Aktivitäten überflüssig erscheinen lassen sollten. Heute gibt es aber einige zehntausend vorwiegend junge Leute, die eigene Vorstellungen haben. Sie sind ein Faktor geworden, mit dem die SED lernen muß umzugehen. Neben der staatlichen Friedenspolitik hat es eigene Friedensideen im Raum der evangelischen Kirche schon seit Jahrzehnten gegeben. Die evangelischen Kirchen in der DDR sind die einzigen Organisationen des Landes, die ihre Autonomie gegenüber dem faktischen Alleinvertretungsanspruch der SED bewahrt haben. Hinzu kommt eine besondere deutschlandpolitische Rolle von EKD und DDR-Kirchenbund, die in Friedensfragen besonders wichtig geworden ist. Wenn man nach der Ursache für das Entstehen der Friedensbewegung in der DDR fragt, dann wird man sie zuerst in der innenpolitischen Entwicklung der letzten Jahre suchen müssen. Sie ist weniger eine Reaktion auf das Vorbild westlicher Friedensbewegungen als vielmehr eine "hausgemachte" Erscheinung. Die Themen der Auseinandersetzung sind bestimmt von persönlicher Konfrontation mit dem Militärischen: Wehrunterricht, Kriegsspielzeug, Zivilschutzübungen, Armeedienst usw. Friedens- und Ökologieengagement gehören dabei oft zusammen. Spannungen zwischen drängender Basis, Kirchenleitungen und dem Staat bleiben da nicht aus. In ihrer Mittlerrolle gerät die Kirche schnell aus der Sicht von beiden Seiten ins Zwielicht. Vorwürfe wie Opportunismus auf der einen und Oppositionspartei auf der anderen Seite wechseln sich ab. Auch in der DDR gibt es unter Jugendlichen so etwas wie eine zweite Kultur. Einige zehntausend junge Leute in den großen Städten leben in einer Art innerer Emigration mit einem Lebensgefühl, das in vielem etwa der westlichen Jugendszene entspricht. Es existiert ein ähnlicher Bruch zwischen den Generationen. Ein Blick in die neuere Literatur, die letzten DDR-Filme oder die "Szene" der urbanen Metropolen, die von Punks angefangen alle Arten von Aussteigern umfaßt, zeigt, daß es sich bereits um eine ernst zu nehmende gesellschaftliche Minderheitenströmung handelt. Einen Dialog des Staates mit diesem Teil seiner Jugend gibt es jedoch bislang nicht. Die ausdauernde Existenz solcher Bewegungen ist etwas vollkommen Neues in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Sie bedeuten auch eine Herausforderung, neue Wege in der Entspannungspolitik zu beschreiten." (Autorenreferat)
Politischer Stellenwert der "Christlichen Friedenskonferenz" in der Friedensbewegung als Apologet der offiziellen östlichen Sicherheitspolitik, das Charakteristikum und die politische Dimension der Prager "Weltversammlung für Frieden und Leben" sowie politische Ansätze der vorbereiteten VI. allchristlichen Friedensversammlung 1984. BIOst/Pkf
Veränderungen in der Position der katholischen Kirchenleitung in der DDR besonders in Frage der internationalen Friedenssicherung. Überwindung der bisherigen Erstarrung und der Systemkonformität und Übergang zu mehr selbstbewußter Handlungsbereitschaft für Forderungen der europäischen Friedensbewegung. BIOst/Crp
Angesichts der bevorstehenden heftigen Konfrontationen bezüglich der Nachrüstungsfrage kann die italienische Friedensbewegung heute (Ostern 1983) als reife und wirksame politische Kraft betrachtet werden. Das Streben nach weltweiter Abrüstung, die Kritik der bipolaren Welt und der Willen, die Logik des Kalten Krieges zu beenden, vereint eine große Zahl unabhängiger pazifistischer Gruppierungen mit den Gewerkschaften, vereint Kommunisten mit Katholiken. Symbolischer und konkreter Mittelpunkt der antinuklearen Widerstandsbewegung ist der Ort Comiso in Sizilien, wo die Nato die Aufstellung von 112 Cruise Missiles gegen Ende des Jahres 1983 plant. Während die Versuche anhalten, die weitgehend unabhängige Friedensbewegung für die Ziele eines der beiden Blöcke zu instrumentalisieren, verbinden die Friedensmarschierer ihren Widerstand gegen die Raketen mit dem Kampf gegen die Mafia, die sich zusammen mit der italienischen Regierung und dem italienischen Militär dafür einsetzt, die ökonomische Entwicklung des italienischen Südens den Interessen der US-Strategie im Mittelmeerbereich zu opfern. (JLÜbers)