Kooperation und institutionelles Lernen in Netzwerken der Vereinigungspolitik
In: Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, S. 299-326
In der Politik der deutschen Vereinigung ist die Spannung zwischen der Entdeckung und Erprobung neuer Problemlösungen vor Ort und dem Erhalt zentralen Handlungskompetenz und etablierter Regelsysteme besonders hervorgetreten. Der Autor versucht, "die Entwicklung der Vereinigungspolitik aus dem Bemühen zu erklären, die angesichts neuer Problemlagen notwendige Flexibilität des Handelns zu erlangen, ohne den Vorteil strategischen Berechenbarkeit aufzugeben." Dies gelang, so zeigt der Autor, im Verlauf institutionell gesteuerter kollektiver Lernprozesse, in denen sich handlungsleitende Situationsdeutungen der veränderten Lage schrittweise annähern konnten. Dabei wuchs nicht nur der Realitätsgehalt neuer Problemsichten. Zugleich gewannen die beteiligten Akteure jene innere Handlungskompetenz und nach außen gerichtete Kooperationsfähigkeit, die sie zur Lösung gemeinsam erkannter Probleme brauchten. Der Erfolg solcher Lernprozesse hing von einigen Bedingungen ab, die in der Vereinigungspolitik gegeben waren: erstens handelte es sich um eine Krisensituation, in der alle Beteiligten von sachlicher Unsicherheit gleichermaßen betroffen waren, und zweitens konnte man wechselseitige Rücksichtnahmen im Akteursystem erwarten, die von institutioneller Verflechtung und gemeinsamen Bestandsinteressen erzwungen wurden. Der Autor entwickelt seine Überlegungen entlang folgender Untersuchungsschwerpunkte: Institutionentransfer und politische Improvisation, dezentrale Anpassung und Konflikte im Vereinigungsprozeß, Erfahrungslernen und institutionelle Anpassung, Netzwerke der Vereinigungspolitik, theoretische Prozeßanalyse, Bedingungen für kooperative Lernprozesse. (ICD)