STAATSBÜRGERLICHES MAGAZIN MIT BESONDERER RÜCKSICHT AUF DIE HERZOGTHÜMER SCHLESWIG, HOLSTEIN UND LAUENBURG Staatsbürgerliches Magazin mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg (-) Staatsbürgerliches Magazin mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg (Erster Band) ( - ) Einband ( - ) Titelseite ( - ) Inhalt des ersten Bandes. ( - ) Ersten Bandes erstes Heft. ([1]) I. Vorwort. ([1]) II. Der unbescheidene Schlagbaum. ([17]) No. I. (31) No. II. (36) No. III. (38) No. IV. (39) III. Reisebemerkungen aus Holstein. ([40]) IV. Plan zur Errichtung einer allgemeinen Brandversicherungs-Gilde für bewegliche Güter. ([47]) Einleitung. ([47]) Erstes Capitel. Von dem Zweck der Beschaffenheit und Einrichtung der allgemeinen Brandversicherungs-Gilde für bewegliche Güter. ([53]) Zweites Capitel. Von der Versicherung. (58) Drittes Capitel. Von der Entschädigung. (64) Viertes Capitel. Von der Verwaltung der allgemeinen Brandversicherungs-Gilde. (68) V. Aufforderung an christliche Volksfreunde, zur Bearbeitung kleiner religiöser Schriften speciellen Inhalts. ([77]) VI. Einige Bemerkungen und Vorschläge, veranlaßt durch die neuesten Verzeichnisse der in Schleswig und Holstein verhafteten Verbrecher. (80) VII. Uebersicht der Verhandlungen über die Anlegung neuer Kanäle in Holstein. ([120]) VIII. Ueber eine Kanalverbindung zwischen der Elbe und Ostsee mittelst der Alster, der Trave, des Ploener Sees und der Swentine. (Erste Fortsetzung zu der über diesen Gegenstand herausgegebenen Preisschrift. Enthaltend die Verbindung der Trave mit dem Ploener See. Mit einer Charte.) Von H. von Justi, Capt., und F. A. Lorentzen, Dr. u. Ritter [et]c. ([129]) Vorwort. ([129]) Einleitung. (130) Ueber die Verbindung der Ober-Trave mit dem großen Ploener See. (134) Erster Abschnitt. Die Behandlung und Ausgrabung de Vertheilungslinie des Kanals, von der Brandmühle bis zum Muggesfelder See. (138) 2ter Abschnitt. Die Behandlung und Ausgrabung des von der Brandmühle kommenden Flußes, bis in die Trave. (151) 3ter Abschnitt. Die Behandlung und Ausgrabung des aus dem Muggesfelder See kommenden Abzuggrabens und der nachherigen Tensfelderaue, oder vom Muggesfelder bis in den großen Ploener See. (152) Ersten Bandes zweytes Heft. ([197]) XIII. Jahresfeyer der englischen Gesellschaft zur Verbesserung der Gefängnißzucht am 2ten Juny 1821. (Schreiben an Herrn Professor Falck.) ([197]) XIV. Eines Holsteinischen Predigers Ansprache an seine Gemeinde zur Erweckung ihrer Theilnahme an dem Christenwerk der Heidenbekehrung. (Der Schluß einer Predigt.) ([231]) XV. Ausführliche Erhärtung des Beweises von der Friesischen Abstammung der Dithmarscher, hauptsächlich aus den noch übrigen zahlreichen Spuren in der Sprache. ([238]) Vorwort. ([238]) Kapitel (242) XVI. Sollte es wirklich gut seyn, statt der Geldabgaben Kornlieferungen eintreten zu lassen? ([289]) XVII. Ueber das Reisen in Holstein. ([300]) XVIII. Ueber die Compromißgerichte, welche in landwirthschaftlichen Contracten angeordnet zu werden pflegen. ([339]) XIX. Einige Bemerkungen über die Quellen des vaterländischen Rechts. ([356]) §. 1. Einleitung. ([356]) §. 2. Begriff der Rechtsquellen und Inhalt der Quellenkunde. (357) §. 3. Eintheilung der Rechtsquellen. (358) §. 4. Von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen. (359) §. 5. Von der Billigkeit. (361) §. 6. Die Prinzipien des allgemeinen Völkerrechts. (364) §. 7. Von den Gewohnheiten im Allgemeinen. (366) §. 8. Einige besondere die Gewohnheiten betreffende Fragen. (368) §. 9. Von den geschriebenen Gesetzen, und von der gesetzgebenden Gewalt. (376) XX. Chronik. ([380]) Naturereignisse. ([380]) Ausgezeichnete Glücks- und Unglücksfälle. (381) Veränderungen in den Amtsbesetzungen. (382) Steigen und Fallen der Kornpreise. (383) Neue Erfindungen, Einrichtungen und öffentliche Anstalten. (384) XXI. Literatur. ([394]) Vorschläge und Ansichten betreffend die Ackervertheilung in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, insbesondere mit Anwendung auf die Kieler Stadtländereien. Von A. C. Gudme, Landinspector. Schleswig, 1821. Gedruckt und verlegt im Königl. Taubstummen-Institut. ([394]) XXII. Miscellen. ([404]) 1. Kurze Nachricht von dem du Cros'schen Stipendio für Theologie Studirende, für die Aspiranten zu demselben. ([404]) 2. Taubstummen-Confirmation in Schleswig. (406) 3. Der Herzog von Chartres besucht die öffentliche Schule in Paris. (409) 4. Der deutsche Adel. (411) 5. Stellen aus einem nachgelassenen Werke der Frau von Staël dix années d'exile. (412) 6. Die Herren von Straßburg. (Historische Erzählungen, die Denkungsart und Sitten der Alten zu entdecken. Zürich, 1769. S. 45. (413) 7. Bedarf des Landeigenthum einer Abhülfe? Aus dem in Copenhagen herauskommenden Blatt: der Staatsfreund. (414) 8. Ueber Lottocollecten in den Dörfern. (418) 9. Wunsch nach gutem Bier. (421) 10. Ist es möglich, daß der Tagelöhner in Holstein jährlich fünf und zwanzig Thaler Steuer gebe? (422) 11. Eine öffentliche Angabe über den Betrag der dänischen Staatsschuld. (423) 12. Literarische und geschichtliche Notizen über öffentliche Angelegenheiten des Vaterlandes, insbesondere die Verfassung betreffend. (424) 13. Nachträge zu frühern Aufsätzen. (429) 14. Wohlthätige Gesellschaft in Weimar. (432) Ersten Bandes drittes Heft. ([433]) XXIII. Dethmars Chronik, vom Oberappellationsrath Dr. Hach zu Lübeck. ([433]) XXIV. Sätze aus der Staatsverwaltungs- und Staatswirthschaftslehre mit besonderer Rücksicht auf einen vorhandenen Staat, vorläufig zur näheren Prüfung aufgestellt. ([497]) XXV. Betreffend den kirchlichen Calender. ([534]) An Herrn Professor Falck. ([534]) An Seine Königl. Majestät, obersten Bischoff. Supplicatum Kiel d. 27. Nov. 1820. (535) Nachschrift. (540) XXVI. Literatur. (Kobbe's Lauenburg. Geschichte. - Wedekinds Noten - sein Hermann - Schmidt von Lübeck -) ([541]) XXVII. Ueber die wesentlicheren in kammeralistischer Hinsicht Statt findenden Unterschiede zwischen Feste- und Bonden-Gütern in den Herzogthümern Schleswig und Holstein und über das hergebrachte Verfahren bey Aufhebung der Feste-Verfassung. Von dem Kammerrath Feldmann in Schleswig. ([561]) XXVIII. Aufforderung zu einer vaterländischen Preisaufgabe. ([585]) XXIX. Erörterung der "Ueber das Reisen in Holstein" in dem zweiten Heft des ersten Bandes des Staatsbürgerlichen Magazins gemachten Bemerkungen, von einem Postbeamten. ([591]) XXX. Chronik. ([602]) Naturereignisse. ([602]) Amtsveränderungen. (608) Oeffentliche Anstalten. (609) Oeffentliche Anerkennung von Verdiensten. (611) XXXI. Miscellen. ([612]) 1. Auszug aus einer Reisebeschreibung des Herzogs Christian Albrecht. ([612]) 2. Einige Urkunden, betreffend die ehemaligen Verlöbnißsolennien in Dithmarschen. (623) 3. Ueber das Creditwesen in Eiderstedt. (629) 4. Einige Bemerkungen über Herrn Professor Olussens Beitrag zur National Industrie. (630) 5. An die Rectoren unserer vaterländischen Gelehrten-Schulen. (631) 6. Verzeichniß der in den Herzögthümern Schleswig und Herzogthum Holstein. (632) 7. Das Amtsgefängniß in Ploen. (Ein Schreiben an einen der Herausgeber.) (634) 8. Dänische Anleihe in London. (636) 9. Schreiben an Herrn Professor Falck, betreffend die Kieler Stadtländereien. (638) 10. Noch einige Bemerkungen über die Vertheilung der Kieler Stadtländereien. (642) 11. Vorschlag zu einem Buche für die Holsteinische Jugend. (643) 12. Wunsch. (643) 13. Adversarien im Staatsbürgerlichen Magazin I, 2. von Pastor Harms. (644) 14. Zusätze und Bemerkungen zu frühern Aufsätzen. (650) 15. Brandstiftungen in Dithmarschen. (Aus einem Schreiben aus Dithmarschen.) (653) 16. Anfrage wegen Revisore öffentlicher Rechnungen. (654) Smollis und Fiducit. (654) Ersten Bandes viertes Heft. ([657]) XXXII. Ueber die Landkriege der Dänen mit den Deutschen im neunten und zehnten Jahrhunderte. (Beiläufig etwas über die s. g. Schleswigsche Mark und die historische Glaubwürdigkeit Adams von Bremen. - Ein Seitenstück zu Hegewisch "Ueber die vermeinten seeräuberischen Unternehmungen der s. g. Normänner)." ([657]) XXXIII. Abhandlung über das Protocollationswesen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, oder Zusammenstellung der in den hauptsächlichsten Protocollationsverordnungen enthaltenen Grundsätze, nebst einer kurzen Geschichte der Ausbildung des Hypotheken-Instituts. Von Andr. Aug. Posselt, Advocaten in Neustadt. (Mit sechs Beilagen.) ([708]) I. Ueber die Ausbildung der Protocollationswesens. ([708]) II. Ueber den Zweck der Schuld- und Pfandprotocolle. (722) III. Einrichtung des Schuld- und Pfandprotocolls. (726) IV. Protocollationsfähige Forderungen. (732) V. Form der Protocollation. (735) VI. Schließung des Foliums im Schuld- und Pfandprotocoll. (740) VII. Verhältniß der Protocollata. (745) VIII. Tilgung der Protocollata. (749) IX. Wirkungen der Protocollation. (755) XXXIV. Landwirthschaftliche Zeitschriften. ([767]) XXXV. Chronik. ([775]) Von der Universität. ([775]) Amtsveränderungen. (777) Ausgezeichnete Verbrechen. (779) Bevölkerungs Nachrichten. (780) Vermischte Nachrichten. (781) XXXVI. Miscellen. ([782]) 1. Vaterländisches Mancherley. ([782]) a) Schaafstämme in Schleswig und Holstein. ([782]) b) Der Roland zu Bramstedt. (784) 2. Einige Bemerkungen über des Herrn Doctors Meyer Sommerreise in Holstein. (793) 3. Auszug eines Schreibens vom Landinspektor Gudme an den Herrn Conferenzrath Lawaß in Altona d. d. Kiel den 20sten December 1821. (799) 4. Einige Wünsche wegen Dilatirung und Repartition der Abgaben. (806) 5. Fragmentarische Bemerkungen, die Landschaft Eiderstedt und deren Verfassung betreffend. (808) a) Ueber die Eintheilung der Landschaft Eiderstedt [et]c. (808) b) Mating, Matingsding. (810) c) Erklärung einiger zum Deich- und Wege-Wesen gehörender Wörter. (814) d) Polizeimänner, Stockrichter u. s. w. (814) e) Dingstock. (815) 6. Bemerkungen über die neuesten Mittheilungen der Central-Administration der patriotischen Gesellschaft. (816) 7. Schreiben an einen der Herausgeber, die Visitation der Postsachen durch die Zollcontrolleure und einiges Andere betreffend. (824) 8. Kleine Erzählung aus alter Zeit. (826) 9. Die theure Freiheit. (828) 10. Etwas über Naturalzehnten. (829) Druckfehler im 3ten Hefte. ( - ) Plan zur Verbindung der Ober-Trave mit dem Großen Ploener See von H. v. Justi ( - ) Einband ( - ) Abschnitt ( - )
Ob Fernsehschränke, Telefonzellen oder Computergehäuse – Umhüllungen und Verkleidungen medialer Technologien waren lange Zeit keine Gegenstände einer kulturwissenschaftlich ausgerichteten, medientheoretischen Auseinandersetzung, obwohl gerade das insistente Fragen nach Möglichkeitsbedingungen, nach Rahmung, nach Materialität oder nach medialer Verfasstheit ein Erkennungsmerkmal medienkulturwissenschaftlichen Problembewusstseins darstellen will. Der Sammelband Gehäuse: Mediale Einkapselungen bietet eine ambitionierte und komplexe Theoriebildung zur vernachlässigten Handlungsmacht von Gehäusen an, indem das Gehäuse erstmalig großangelegt als medienwissenschaftliches Epistem befragt wird. Darüber hinaus eröffnen die Texte viele Einblicke in die Mediengeschichte der Hüllen, Behausungen und Bauformen von Apparaten und Technologien, aber auch von historischen Vorläufermedien, von Materialitäten wie Holz und Müll oder von Kulturtechniken der Speicherung und Übertragung. Als die Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft 2018 stattfand, fielen vielen Tagungsteilnehmer_innen die zahlreichen, kunstvoll bemalten Verteilerstromkästen des Gastgeberorts Siegen auf. Durch die Gestaltung der Kästen beabsichtigte die Stadt sich als kreativer Industrie- 'und' Kulturstandort zu positionieren – und sorgte auf Fußwegen zwischen den Veranstaltungsräumen der Tagung für Gespräche über Stadt-Ästhetik, Energiewirtschaft, Geschmack etc. Wenn eine ansonsten unsichtbare Materialität erst durch Verfremdungspraktiken überhaupt sichtbar und dann mit Energiewirtschaft oder Ingenieurswesen assoziiert wird, handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Medium, weil Medien Wirklichkeiten organisieren und kanalisieren und dabei einen Hang zur Unsichtbarmachung ihrer Körper und ihrer Agency haben. Es war das Medium 'Gehäuse', also der Kasten (und nicht der Kabelsalat oder der Strom), der im Stadtraum sichtbar wurde und sich selbst thematisierte: als neues Trägermedium für Kunst. Jene zuvor anästhetische, eigene Medialität von Gehäusen ist es, die Hans Blumenberg "Umkleidung des künstlichen Produkts mit Selbstverständlichkeit" (S.9) nannte, und die für die Herausgeber_innen des Sammelbands die Grundthese darstellt, dass Gehäuse "Orte der Vermittlung sind, die vordergründig der Stabilisierung eines Funktionsarrangements dienen, an denen sich aber auch Zeichenprozesse abspielen." (S.10) Dass eine Medientheorie der Gehäuse eine lohnende, komplexe epistemische Herausforderung darstellen könnte, wurde dabei bisher durch hartnäckige Abwertungen vernebelt: Einerseits imaginieren kulturelle Gemeinplätze Gehäusefiguren als äußerliche Nur-Hüllen/Nur-Fassaden/nicht-essenzielle Oberflächen bzw. als Blendwerke/Täuschungen und andererseits formulieren auch wissenschaftliche Kommentare zu medialen Hüllen solche meist lediglich als Verstärkerinnen des 'Eigentlichen', also als sekundäre, repräsentationslogische Thematisierungen des Gehäuseinneren, der Software (oder des guten alten Inhalts) 'in' der äußerlichen Aufbereitung (Form). Dem halten die Herausgeber_innen eine Theoretisierung des Gehäuses entgegen, die es nicht nur als eine 'Schicht' des Mediums denkt, sondern die das Gehäuse selbst als 'medial' begreift – also als performativ, als wirkmächtig und in intermaterieller Wechselwirkung mit Umwelt, Nutzer_in, Innenleben etc. Dazu werden in der Einleitung vier Kontextualisierungen des Begriffs entwickelt. Konzipiert als "materielle Artefakte" (S.11), können Gehäuse erstens mit theoretischen Anleihen aus den Material Culture Studies und der ANT perspektiviert werden, womit auch die Beziehung der Funktionalität von Gehäusen zu Fragen der (Inter‑)Materialität oder zu Praktiken des Alltags adressiert ist, sodass das Gehäuse "als ein Ort (mit eigener Medialität) beschrieben werden kann, an dem ein gestaltetes Artefakt mit Praktiken konfrontiert ist und an dem sich damit auch soziokulturelle Konflikte abspielen"(S.13). In einem zweiten Schritt werden dann Perspektiven aus Theorie und Praxis von 'Design' bemüht, da Produktdesign intrinsisch mit der Geschichte der Industrialisierung (etwa mit der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks) verschränkt ist und so die Ambivalenz von 'Funktionalität und Ästhetik' in den Fokus rückt. Unter den Blickpunkten des Designs betrachtet – geplanter Gebrauch vs. "übergreifende ästhetische Leitvorstellungen"– offenbaren sich Gehäuse als verhandlungsintensive Medien, mittels derer zeitgenössische "Kommunikation über gesellschaftlich geteilte Werte, Normen und Einstellungen" (S.18) stattfindet. Ein Gehäuse weist drittens sowohl die Charakteristika der 'Infrastruktur' als auch des 'Interface' auf. Als Interface erscheint es, weil es ein instrumentelles Bedienelement ist, das sich Nutzer_innen als Schnittstelle zuwendet. Es tritt aber zugleich als Infrastruktur in Erscheinung – bzw. macht sich als solche unsichtbar –, indem es eine Stabilisierung von Komponenten darstellt, welche das Funktionieren eines Systems garantieren und dessen Verhältnis zur Umwelt determinieren soll. Mit dieser Einsicht lassen sich Gehäuse gerade in ihrer "wechselnde[n] Positionierung […] als bedienbares Werkzeug oder als Teil der Architektur" (S. 21) eines ökologischen Dispositivs untersuchen. Die vierte Kontextualisierung bündelt die vorangehenden am Beispiel der Theoriegeschichte der Blackbox und überträgt diese auf die Frage nach einer medienkulturwissenschaftlichen Theorie der Gehäuse. Die "Logik des Blackboxing" besteht in der Einkapselung technischer Komponenten und deren Abschirmung von Anwender_innen, womit sie "materieller Ausdruck von Formalisierungs- und Technisierungsprozessen" (S.11) sind und eine je spezifische Ordnung von 'Intransparenz zugunsten von Transparenz' festlegen, indem ihr Weniger an Einsicht den Pragmatismus ihrer Handhabe optimiert. Auf Basis dieser Annahme lässt sich die Erschließung einer Theorie des Gehäuses an die epistemologischen Erkenntnisse der Kybernetik anknüpfen: Davon kann abgeleitet werden, dass Gehäuse ein allgemeines "Modell von Kognition"markieren, das darin besteht, dass sie praktisches Wissen hervorbringen und organisieren (Beobachten, Erkennen, Sehen, Erfassen, Lernen). So soll argumentiert werden, dass sich Gehäuse nicht in ihrem instrumentellen Charakter erschöpfen. Sie sind dann nicht Repräsentationen von ihnen ausgelagertem Wissen, von Werten oder Normen, sondern Interaktionsparter_innen im prozessualen Auf-Einander-Abstimmen und damit "Verfahren der Wissensproduktion" (S.22). Wie schon die Einleitung, richtet sich das Gros der Beiträge an medienphilosophische Leser_innen-Interessen. Die meisten Texte verhandeln, bezogen auf einen material- oder ideengeschichtlichen Diskurs oder auf historische/aktuelle Phänomene, immer auch die Fragen: Wie definiert sich eigentlich ein/das Gehäuse und welches grundlegende medientheoretische Wissen lässt sich darauf anwenden oder davon ableiten? Und was bedeutet das für unseren Medienbegriff? So offeriert der Sammelband etwa eine Theorie der Gehäuse von Notfalldingen als emergente "suspense-Techniken"(Martin Stiegler, S.302), eine Diskussion von Körperkapseln, die binäre Subjekt-Objekt-Ontologien auflösen (Andreas Broeckmann) oder auch eine medienphilosophische Untersuchung der Beeinflussung des etablierten Umweltbegriffs durch Uexkülls mediale Umweltkonzeption "als gläsernes Gehäuse", "stabil und fest dem Lebewesen zugehörig" sowie "unauffällig und transparent" (Julian Jochmaring, S.262). Auch die Frage danach, wie sich kultureller Wandel in Gehäusen zeitigt, begegnet widerkehrend: in der Analyse sowohl von solchen Imitationen einer kühlen Smart-Phone-Elektrogerätästhetik in zeitgenössischer Architektur (Tom Steinert), als auch (umgekehrt) von jenen Nachahmungen wärmend hölzerner Musikmöbel-Optik durch aktuelle Retro-Smart-Phone-Gehäuse (Leonie Häsler). Herausstechend sind jene Passagen, in denen die Gehäuse-Theoriebildung mit politischen, gesellschaftskritischen oder explizit gender-relevanten Fragen verschränkt wurde, und in welchen die Medialität von Gehäusen so hinsichtlich ihrer Verstrickung in Machtverhältnisse dargestellt wird. Auf Gender-Diskurse von medialen Gehäusen macht etwa Tobias Landers Inklusion einer Besprechung von Valie Exports Tapp- und Tastkinoin der Genealogie künstlerisch reflexiver Gehäuse-Mysterien aufmerksam. Heike Weber wiederum kommt in ihrer Analyse "[z]ur Vermittlung von Konsumtechniken" mitunter auf Ellen van Oosts einschlägige Gender-Skript-Studie zum elektrischen Rasierapparat der 1950er-Jahre zu sprechen und erweitert Oosts Schlüsse zur Vergeschlechtlichung von Medien durch das Beispiel von Radioportables der Zeit.Außerdem beobachtet Weber, dass die Interfaces von Waschvollautomaten um 1990 ein effeminierendes Script vorgaben, das ihren Anwenderinnen mitunter durch 'Bio-Programme' die soziale Rolle einer Koordinationsverantwortlichen für Hygiene-, Material- und Umwelt-Bewusstsein nahelegte. Zusammenhänge von sozialer Differenz mit ihren korrespondierenden Gehäusen betreffen nicht zuletzt klassifizierte Praxen. Anhand von "Behausungen des Mülls"zeigt etwa Laura Moisi auf, wie Müll "Dingen und Personen einen Platz in der symbolischen Ordnung des Sozialen zuweist und die Welt in Zonen der Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit aufteilt"(S. 214). Die Administration von Normativität durch Gehäuse ist auch Thema von Markus Krajewskis Kritik an der deutschen Architektur der Nachkriegszeit. Mosaik-, Raster- und Kachel-Strukturen im Stil karierter Collegeblocks dienen dazu – so die These – die Gegenwart zu dehistorisieren, "Gewissen reinzuwaschen" (S. 170) und "Bewohner in unbeschriebene Blätter zu wandeln", gleichsam "formatiert" (S. 171) und geschichtsvergessen. Derartige machtkritische Ausrichtungen der Forschungsbeiträge werden teilweise vermisst, wenn der ein oder andere Text sich etwa als genuin medienphilosophisch oder medienhistorisch versteht, und wenn dann das spezifische Selbstverständnis der Analyse- oder Theoretisierungspraxis impliziert, dass die untersuchte Medialität von Design, Infrastruktur oder Architektur ein Forschungsgegenstand ist, der unabhängig von dessen Gender-, Race-, Class- oder Ability-Dimensionen besprochen werden könnte. Eine Theorie von Gehäusen kann es nach meinem Dafürhalten nur unter den Prämissen geben, dass Gehäuse essentielle Agent_innen in Gefügen der Organisation von Accessibilities (Queer/Crip Theory) sind und dass sie eine Vergeschlechtlichung von Innerlichkeit/Äußerlichkeit durchwirkt – eine Perspektive, zu der Lektüren von Bourdieus Theorie des Hauses als gegendert-normalisierende 'verkehrte Welt' oder Sara Ahmeds feministischer Bezugnahme auf das Survival-Kit inspirieren könnten.[1] In viele Gehäuse von elektronischen Medien ist außerdem ein wichtiger Reminder für die Medientheorie buchstäblich 'eingeschrieben': "Made in China", "Made in Bangladesh" etc. verweisen auf materiale Implikationen von race/gender/class, die mit dem Outsourcing unserer Medienproduktion in Länder des Globalen Südens und mit der Ausbeutung von Women of Colour in der Medienindustrie einhergehen – ein entscheidendes und permanent anwesend/abwesendes Charakteristikum von Medialität im 21. Jh., das, wie Lisa Nakamura anregt, das kritische Verständnis von Medientheorie herausfordern sollte.[2] Ansätze einer solchen machtverhältniskritischen Haltung von Medienwissenschaftler_innen finden sich in Heike Webers Fazit zu Fragen des Blackboxings: "Was in einer Gesellschaft von einer jeweiligen Technik als wichtig zu wissen erachtet und was von dieser Technik erwartet wird, wird auch über Gehäuse- und Interfacedesign vermittelt, derweil andere Aspekte des Technischen ausgeschwärzt sind – und damit […] auch weiter im Machtraum der Technikproduzenten verbleiben" (S. 134). Denn bei aller vermeintlich öffnenden Ökologisierung von Medien als deren Emergenz in Smart Homes, Ubiquitous Computing oder Ambient Intelligence, darf nicht die Konjunktur zunehmender Schließung und Abgrenzung von Gehäusen übersehen werden. Auf diesen Prozess wird auch im Sammelband verwiesen: auf Vorgänge der "Isolierung", die beabsichtigen, "nur noch die notwendigen Ströme durchzulassen und unbefugte Zugriffe zu verhindern" (Florian Sprenger, S. 194). Till A. Heilmanns Text bietet dazu ebenso eine problembewusste Beobachtung an: Eine zunehmende Immunisierung des 'Machtraums der Technikpoduzent_innen' gegenüber Subversionen mittels gezielter Verunmöglichung von individuellen Eingriffen in Systeme "zwingt Nutzerinnen und Nutzern das Muster eines rein konsumierenden Umgangs mit und Gebrauchs von Computertechnik auf" (S.50). Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Telefonzelle auf dem Cover des Sammelbands als Überhang aus einer anderen Epoche, wenn wir daran denken, dass in den letzten Jahren immer mehr europäische Stadtadministrationen ihre öffentlichen Telefonzellen so umgebaut haben, dass sie nicht mehr von Obdachlosen als Schlafplatz oder Kälteschutz angeeignet werden können. [1] Siehe Pierre Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis. Auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a. M. 2009. Sowie Sara Ahmed: Feministisch Leben! Manifest für Spaßverderberinnen. Münster 2017. [2] Siehe Lisa Nakamura: "Indigenous Circuits. Navajo Women and the Racialization of Early Electronic Manufacture". In: American Quarterly, 66/4, Dezember 2014, S. 919–941.
Hauptgegenstand dieses Projektes war es, eine internationale Datenbank (insb. für Europa) von Faktoren herzustellen, die für die gesundheitlichen Auswirkungen von wirtschaftlicher Umstrukturierung und Personalabbau relevant sind. Daten von der WHO, EUROSTAT, OECD, FAO, ILO, Weltbank und der UNO wurden so zusammengeführt, dass sie die Analyse ökonomischer Faktoren, die Umstrukturierungen hervorbringen und die Gesundheit der Bevölkerungen industrialisierter Länder beeinflussen, ermöglichen. Es wurde darauf geachtet, die wichtigsten Hypothesen zu einer möglichen Relation von ökonomischer Umstrukturierung und Gesundheit in Betracht zu ziehen. Globalisierung und Umstrukturierung Brenner bestimmt die zentralen externen Faktoren, die großen Einfluss auf den Umstrukturierungsprozess haben: Globalisierung (durch internationalen Handel), technischer Wandel (als Hauptursache für Produktivitätsanstieg), politische Entscheidungen (bzgl. internationaler Konkurrenzfähigkeit, High-Tech-Investitionen, Investitionen in Bildung und Wissenschaft, Einwanderungspolitik) und Unternehmensführung (u.a. Trends in akademischen Management-Theorien bezüglich Kostenkontrolle, Profitmaximierung, sozialer Verantwortung und Investitionsentscheidungen in Kapitalgüter vs. Humankapital). Mögliche Quellen einer Gesundheitsbeeinträchtigung der Bevölkerung sind Deindustrialisierung, Personalabbau, Outsourcing, Offshoring und Standortwechsel. Geschwindigkeit des Wandels Globalisierung und die damit verbundenen Umstrukturierungen üben einen extremen Anpassungsdruck auf die betroffenen Beschäftigten, Familien und Gemeinwesen aus. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass eine ausbleibende oder besonders langsame Umstrukturierung zu langsamen Wachstum, Inflation und instabilen Währungskursen führt. Schnelle Umstrukturierung ist in modernen, industrialisierten, vernetzten und technologisch innovativen Gesellschaften ein Teil des Lebens. Die Hypothese muss überprüft werden, dass der negative Einfluss von Umstrukturierung auf die Gesundheit der Beschäftigten proportional zur Länge des wirtschaftlichen Abschwungs verläuft. Personalabbau ist ein weiterer Aspekt des heutigen Arbeitsmarktes, der negative Auswirkungen wie höhere Arbeitsbelastung, unsicherere Arbeitsbedingungen, Gesundheitsgefahren und die Gefahr der Arbeitslosigkeit für die Weiterbeschäftigten haben kann. Andreeva et al. untersuchen diesen Hauptaspekt des Personalabbaus. Regionale Dimensionen Edenharter führt Scatterplots als ein Werkzeug zur Überwachung regionaler Entwicklung ein. Lineare Regression erzeugt die Scatterplots, die die Beziehung zwischen Lebenserwartung und zwei ökonomischen Indikatoren, Arbeitslosigkeitsrate und Einkommen, in jeder der Regionen in der Fallstudie in Deutschland anzeigen. Sozioökonomische Gesundheitsungleichheiten in der Rezession Die Untersuchung von Theodossiou geht der Frage nach, durch welche Einflusswege Rezession und ökonomische Erholung sozioökonomische Ungleichheiten und Arbeitslosigkeit verstärken, welche sich wiederum auf die physische und psychische Gesundheit auswirken. In der empirischen Literatur wird Arbeitslosigkeit als eine zentrale sozioökonomische Determinante von Gesundheit identifiziert, insbesondere bei Männern. Allerdings beeinflusst Arbeitslosigkeit nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch ihre Partner und Kinder. Ein wichtiger politischer Rückschluss der Untersuchung ist der Langzeit- und sogar generationsübergreifende Effekt von Armut und Arbeitslosigkeit. Entsprechende Entbehrungen in der Kindheit haben langwierige Folgen für die Gesundheit der Betroffenen, die sich erst später im Erwerbsalter zeigen. Wirtschaftspolitik und gesundheitliche Ungleichheit Drakopoulos berichtet, dass infolge der Stagflation der 70er Jahre, als die Regierungen konservativer wurden, der Schwerpunkt ihrer Wirtschaftspolitik sich auf Kosten der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit hin zur Bekämpfung der Inflation verschob. Ein positiver Einfluss wird folgenden Maßnahmen zugeschrieben: Reduzierung der Arbeitslosigkeit, höheren Ausgaben, niedrigeren Steuern und Zinsraten sowie Subventionen an Firmen, die ihre Beschäftigungsraten erhöhen. Bildungsausgaben die die Arbeitskräfte für die Bedürfnisse neuer Industrien und Bereiche mit Arbeitskräftemangel qualifizieren erhöhen das Humankapital und die Produktivität. Politische Maßnahmen zur Abschwächung der Umstrukturierungsfolgen Triomphe stellt fest, dass Umstrukturierung für Manager, Gewerkschafter und Beschäftigte eine breite Palette von Änderungen bedeutet, die mindestens einen Unternehmensbereich oder ein gesamtes Unternehmen in Form von Schließung, Personalabbau, Outsourcing, Offshoring, Leiharbeit, Zusammenlegung, Versetzungen oder anderen komplexen Reorganisationen betreffen. Doch für die betroffenen Regionen und Arbeitsämter bedeutet es vor allem Personalabbau und Fabrikschließungen. ; The main purpose of this project has been to construct an international database, especially for Europe, involving factors that relate to economic restructuring and job downsizing that have implications for health. Relevant data from the WHO, EUROSTAT, OECD, FAO, ILO, World Bank, and United Nations have been merged in a manner that will permit analysis of economic factors bearing on restructuring as they influence the health of industrialized country populations. In order to be certain that the relevant factors were included in the database, the investigators wanted to be confident that the major hypotheses regarding the potential relation between economic restructuring and health were taken into account. Thus, the more specific aims of the project were to identify the literatures and hypotheses that bear on these issues. These literatures are reviewed below. Globalisation and Restructuring: Indicators Brenner identifies the principal external factors that are thought to have a major influence on the restructuring process. These include globalization (via international trade), technological change (i.e. the principal source of productivity growth), government policies (involving international competitiveness, high technology investments, investments in science and education, immigration policies) and management style (including the trends in academic managerial theories as to cost control, profit maximization, social responsibility, investment in capital goods versus human capital etc). Potential sources of harm to the health of the population include: deindustrialization, downsizing, outsourcing, offshoring and delocalization. Rate of Change We know that globalization, and associated restructuring, places extreme pressure on adaptation of affected workers, families and communities. But, history has shown that lack of restructuring or restructuring at very slow speed leads to slow growth, inflation and exchange rate instability. Rapid restructuring is a fact of life for modern, industrialised, highly interconnected, technologically innovative societies. A hypothesis that needs testing is the belief that negative impacts of restructuring on workers' health are proportional to the length of the economic downturn. Downsizing is another aspect of today's labour market which can introduce negative changes for those who remain employed, such as heavier workload, unsafe working conditions, physical hazards, and job insecurity. Andreeva and colleagues review these main effects of downsizing. Regional Dimension Edenharter introduces scatter-plots as a tool to monitor regional development over time. Linear regression generated the scatter-plots indicating the relationship between life expectancy and two economic indicators, unemployment rate and income, in each of the regions in the case study of Germany. Socioeconomic Inequalities of Health in Recessions The review by Theodossiou suggests mechanisms, or pathways, for how recession and economic upheaval foster socioeconomic inequalities and unemployment, which, in turn, impact on physical and mental health. The review of the empirical literature identifies unemployment as a key socioeconomic determinant of health, particularly for men. However, unemployment does not only affect unemployed individuals but also their spouses and children. A main policy implication of this review of evidence is the long term and even intergenerational effect of poverty and unemployment. Childhood deprivation due to poverty and unemployment of their parents have long lasting detrimental effects on the health of individuals that are visible at later ages of working life. Economic Policy and Health Inequalities Drakopoulos recounts that, following the stagflation of the 1970's, as governments became more conservative, the emphasis of their economic policies shifted towards eliminating inflation at the expense of unemployment. What particular economic policies have a beneficial impact on health? These include policies targeted to reducing unemployment, including increased government spending, lowered taxation and low interest rates as well as employment subsidies to firms in order to maintain/increase employment levels. Education and training funds directed toward capacity building of the workforce to fill new industries and address critical shortages improves human capital and also increases productivity. Policies Mitigating Consequences of Restructuring Triomphe indicates that for managers, trade unions and employees, restructuring refers to a wide panel of changes, affecting at least a whole organizational sector or an entire company in the forms of closure, downsizing, job losses, outsourcing, off-shoring, sub-contracting, merging, delocalization, internal job mobility or other complex internal reorganizations. But, it means mostly downsizing, closing factories and dismissals for employment services and territories.
Aus der Einleitung: Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema: 'E-Commerce für kleine und mittlere Handelsbetriebe dargestellt am Beispiel der Firma Rieck'. Anhand dieser Arbeit soll die Thematik des Online-Handels im Bezug auf kleine und mittlere Handelsbetriebe beleuchtet werden. Den Hintergrund bilden die Entwicklungen des Internet als weltweites Kommunikationsnetzwerk. Es gewinnt in Deutschland mehr und mehr an wirtschaftlicher Bedeutung und diese Tendenz liegt nicht zuletzt im technischen Fortschritt begründet, der in den letzten Jahren zu einer rasanten Entwicklung in der Übertragungsgeschwindigkeit, der Hard- sowie Software-Komponenten und dem Ausbau der Sicherheit bei Transaktionen führte. Es wird außerdem eine stetig wachsende Zahl an deutschen Internetnutzern verzeichnet, die sich nun auch zunehmend für die Möglichkeiten des elektronischen Einkaufs interessieren. Auch immer mehr Unternehmen erkennen die positiven Chancen, die ihnen durch das Internet geboten werden. Sie entwickeln eigene Strategien zur Erschließung und wirtschaftlichen Nutzung des Internets als zusätzlichen Absatzweg und zur Neukundengewinnung. Diese Unternehmen reagieren mit der Aufnahme des E-Commerce in ihre Unternehmensstrategie auch auf eine Veränderung der Kundenbedürfnisse. Kunden nutzen schon länger die Möglichkeit sich im Internet über Produkte zu informieren. Die neue Tendenz besteht dahingehen, dass auf eine Information die konkrete Bestellung über das Internet erfolgt. Diese Art des Einkaufens ist für den Kunden bequem von zu Hause aus durchführbar und richtet sich nach keiner Ladenschlusszeit. Außerdem können im Internet Artikel gefunden werden, für die es schon lange kein Fachgeschäft in deutschen Kleinstädten mehr gibt Alle diese Tendenzen tragen dazu bei, dass das weltweite Netzwerk eine zunehmend gewichtigere Rolle in der Wirtschaft einnimmt und aus Sicht der Unternehmen zusehends interessanter für eine gewerbliche Nutzung wird. Auch kleine und mittlere Handelsunternehmen besitzen im Online-Handel Erfolg versprechende Chancen, die es zu nutzen gilt. In dieser Arbeit wird nun den konkreten Fragen nachgegangen: 'Wie stellt sich die aktuelle Situation für kleine und mittlere Handelsbetriebe dar und welche Vorteile bietet E-Commerce für die kleinen und mittleren Handelsbetriebe?' 'Wie kann man mit begrenzten Ressourcen das Internet erfolgreich nutzen und welchen Schritte sind dabei zu beachten?' 'Ist E-Commerce für kleine und mittlere Handelsunternehmen ein Absatzweg der Zukunft?' 'Welche Möglichkeiten bestehen für kleine und mittlere Handelsunternehmen, das Internet als zusätzlichen Absatzweg zu Nutzen und damit neue Kundenkreise zu erschließen?' 'Was lässt sich aus den praktischen Erfahrungen eines kleinen Handelsbetriebes nach der Implementierung einer E-Commerce-Lösung ableiten?' Motivation und Gründe für das Erstellen der Arbeit beruhen auf persönlichen Erfahrungen und sind in der aktuellen Situation des kleinen Familienbetriebs Korb Rieck begründet. Die Lage für dieses kleine Handelsunternehmen mit traditionsreicher Geschichte stellt sich mitunter schwierig dar. Die Konkurrenz zu Discountern und anderen Wettbewerbern ist groß und zwingt es dazu, sich neue Strategien zu entwickeln und Nischen über neue Vertriebs- und Absatzwege zu erschließen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Arbeit gliedert sich zur Bearbeitung der Fragestellung in einen Theorieteil und einen Praxisteil. Als Bindeglied zwischen diesen beiden Teilen wird am Ende des Theorieteils eine Kriterienliste aufgestellt, welche die gesammelten Erkenntnisse des Theorieteils in konkrete Kriterien für eine praktische Anwendung des E-Commerce für einen kleinen Handelsbetrieb auflistet. Diese Kriterien werden im Praxisteil explizit aufgegriffen und daraus eine Strategie zur Einführung einer E-Commerce Lösung in den laufenden Betrieb der Firma Rieck abgeleitet. Kapitel 1 : Das erste Kapitel beinhaltet zentrale Fragestellungen und einen Überblick über das weitere Vorgehen. Kapitel 2: Im zweiten Kapitel sollen die aktuellen Entwicklungen des Online-Handels in kleinen und mittleren Handelsbetrieben beleuchtet werden. Es werden Gründe für den E-Commerce sowie Hemmnisse aufgelistet und abschließend eine kleine Zukunftsperspektive aufgezeigt. Kapitel 3: Im dritten Kapitel wird auf die Entwicklung des E-Commerce eingegangen und anhand von Daten und Fakten zum Einen die Grundlagen für einen funktionierenden E-Commerce genannt und zum Andern die Entwicklung bis zum heutigen Stand aufgezeigt. Kapitel 4: Das vierte Kapitel geht konkret auf E-Shops und E-Marktplätze ein. Dazu werden diese beiden Vertriebsplattformen im Bezug auf kleine und mittlere Handelsbetriebe vorgestellt und Abläufe sowie Vorraussetzungen des erfolgreichen Betriebes genannt. Kapitel 4.6: Dieses Unterkapitel enthält die Kriterienliste als Brücke zwischen Theorie und Praxis. Sie baut auf den vorherigen Kapiteln auf und fasst die gewonnenen Erkenntnisse in einer übersichtlichen Kriterienliste zusammen. Kapitel 5: Das fünfte Kapitel enthält den Praxis Teil. Hier findet die Kriterienlist konkrete Anwendung und es wird in Form eines Projektes ein E-Shop in die Firma Korb Rieck eingeführt. Kapitel 6: Das letzte Kapitel enthält zusammenfassende Betrachtungen und spannt den Bogen zu einem runden Abschluss der Arbeit.Inhaltsverzeichnis:VORWORTI INHALTSVERZEICHNISIII 1.ZENTRALE FRAGESTELLUNG1 2.KLEINE UND MITTLERE HANDELSUNTERNEHMEN VOR DEM SCHRITT INS INTERNET4 2.1Definition und Begriffsabgrenzung kleiner und mittlerer Handelsunternehmen7 2.1.1Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)7 2.1.2Handelsbetriebe8 2.1.3Begriffsabgrenzung8 2.2Entwicklung der traditionellen und Online-Umsätze der kleinen und mittleren Handelsunternehmen10 2.2.1'Offline'-Umsätze des Einzelhandels10 2.2.2'Online'-Umsätze kleiner und mittlerer Handelsbetriebe11 2.3Gründe und Möglichkeiten für die Nutzung des E-Commerce15 2.4Zukunftsperspektiven im Internet für kleine und mittlere Handelsunternehmen20 3.E-COMMERCE ALS ABSATZWEG DER ZUKUNFT22 3.1Definition des E-Commerce und Abgrenzung zum E-Business24 3.1.1Electronic-Business24 3.1.2Electronic-Commerce25 3.1.3Abgrenzung des E-Commerce vom E-Business25 3.2Grundlagen für E-Commerce27 3.2.1Entstehung und Entwicklung des Internets27 3.2.2Hardware29 3.2.3Software30 3.2.4Rechtliche Rahmenbedingungen31 3.3Entwicklung des E-Commerce in Zahlen33 3.3.1Die Welt33 3.3.2Die Europäische Union und Deutschland36 3.4Zukunftsperspektive des E-Commerce38 4.E-SHOPS UND ONLINE MARKTPLÄTZE ALS TEIL DES E-COMMERCE FÜR KLEINE UND MITTLERE HANDELSBETRIEBE39 4.1Der E-Shop41 4.2Der E-Marktplatz43 4.3Online Vertrieb über E-Shops und Online Marktplätze45 4.3.1Technische System-Anforderungen an den Online-Vertrieb46 4.3.2Abläufe und Prozesse des Online-Vertriebs48 4.3.3Managemet des Online-Vertriebs52 4.3.4Beispiele für Online-Vertriebsplattformen59 4.4Online-Marketing des E-Shops60 4.4.1Online-Marktforschung61 4.4.2Kundengewinnung62 4.4.3Kundenbindung63 4.5Zukunftsperspektive der E-Shops und Online-Marktplätze65 4.6Kriterienliste für die praktische Anwendung des E-Commerece für KMU66 5.PRAKTISCHE UMSETZUNG AM BEISPIEL DER FIRMA KORB RIECK69 5.1Vorstellung der Firma Rieck als kleiner Handelsbetrieb71 5.2Vorbereitung im Vorfeld der Planung74 5.2.1Kostenplanung und Machbarkeitsanalyse74 5.2.2Vorläufiger Struktur-, Ablauf- und Meilensteinplan77 5.2.3Zusammenfassung der Konzeptphase79 5.3Planung und Entwicklung einer E-Commerce-Strategie anhand der Kriterienliste80 5.3.15.3.1 Grundvoraussetzungen80 5.3.25.3.2 Planung der Abläufe und Prozesse82 5.3.3Managementbezogene Betrachtung83 5.3.4Online-Marketing-Strategie85 5.3.5Planung der weiteren Vorgehensweise87 5.4Die Implementierung des E-Shop in das Unternehmen90 5.5Der Betrieb der E-Commerce Lösung93 5.5.1Der Bestellprozess93 5.5.2Telefonische Anfragen und telefonische Bestellung94 5.5.3Die Pflege des E-Shop95 5.6Entwicklungstrend und Zukunftsperspektive96 6.ABSCHLIEßENDE BETRACHTUNG98 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS100 LITERATURVERZEICHNISS101 ABBILDUNGSVERZEICHNIS103Textprobe:Textprobe: Kapitel 5.1, Vorstellung der Firma Rieck als kleiner Handelsbetrieb Die Firma Korb Rieck ist ein kleiner Familienbetrieb des Einzelhandels und befindet sich mit ihrem Ladengeschäft in der Altstadt von Ellwangen. Sie ging aus einem Handwerksbetrieb für Korbwaren hervor und blickt nunmehr auf eine über einhundertjährige Tradition zurück. Nach der Definiton der Europäischen Kommision aus Kapitel 2.1.1 fällt die Firma Rieck unter die Kleinstunternehmen mit weniger als 9 Mitarbeitern und einem Umsatz von unter 1 Million € im Jahr. Es folgt in diesem Kapitel nun ein kleiner historischer Abriss, der die Entwicklung der Firma bis zum heutigen Stand aufzeigt. Darauf aufbauend werden die Gründe beleuchtet, welche zur Entwicklung einer E-Commerce Lösung führten. Gegründet wurde die Firma um 1900 von Georg Rieck als reiner Korbmachereibetrieb. Erste offizielle Belege lassen sich auf 1905 bzw. 1907 datieren. Seit 1909 befindet sich das Ladengeschäft nun im selben Haus. Dort wurde bis ins Jahr 1955 hinein eine eigene Korbmachereiwerkstatt für Gebrauchskorbwaren aller Art geführt. Die Materialien für die Korbherstellung wie z.B. die benötigte Korbweide wurden in selbst bestellten Kulturen erzeugt und in diversen Arbeitsschritten für die Weiterverarbeitung behandelt. In den Hochzeiten der Korbherstellung beschäftigte die Firma Rieck, neben den neun Familienmitgliedern, vier angestellte Korbmacher. Allerdings war das Geschäft mit Korbwaren noch nie leicht und es mussten schon Mitte der 1950er Jahre zusätzliche Artikel ins Sortiment aufgenommen werden, um das wirtschaftliche Überleben der Firma zu sichern. Der Tod des Firmengründers im Jahr 1955 führte zur Schließung der eigenen Korbmacherwerkstatt. Die Serviceleistungen wie Reparaturen etc. wurden allerdings weiterhin angeboten. Die eigentlichen Korbwaren wurden hingegen ab 1955 von externen Stellen über Großhändler bezogen. Außerdem sind auf Grund der schwierigeren Absatzlage verschiedene Warengruppen zusätzlich zu den Korbwaren ins Sortiment aufgenommen worden. Die räumliche Nähe zur Kfz-Zulassungsstelle führte z.B. dazu, dass seit dem Jahr 1981 die Herstellung von Kfz-Kennzeichen angeboten wird. Seit 1982 wird die ehemalige Korbmacherwerkstatt wieder genutzt und dient bis heute als Raum für eine Töpferei. Im Angebot ist Gebrauchskeramik aller Art. Die Töpferei wird von Angelina Rieck, der Enkelin des Firmengründers, betrieben. Seit 1990 hat sie die Firma übernommen und fungiert als aktuelle Geschäftsführerin in dritter Generation. Über die Jahre hinweg hat sich das Sortiment der angebotenen Waren mehrmals stark gewandelt. Die Korbwaren sind die einzige Warengruppe, die die Zeit seit der Gründung überdauert haben und bis heute einen festen Bestandteil des Sortiments bilden. Allerdings nehmen sie heute nicht mehr den dominanten Anteil am Gesamtumsatz ein. Zum aktuellen Sortiment gehören: Keramik Holzspielzeug Kfz Schilder Kfz Versicherungen Korbwaren aller Art Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, ist es für kleine Einzelhändler wie die Firma Rieck nicht einfacher geworden. Der Markt in und um Ellwangen ist gesättigt und die Konkurrenz zu Discountern und Möbelhäusern ist groß. Im Laufe der vergangenen Jahre konnte zudem festgestellt werden, dass die Warengruppe 'Korbwaren' zunehmend weniger umgesetzt wurde. Dieser Rückgang ist inAbbildung 34 dargestellt. Der Rückgang an den Korbwaren-Umsätzen führt zu längeren Durchlaufzeiten im Lager was wiederum zu Werteverlusten der Lagerbestände führt. Die Korbwaren nehmen im Vergleich zum Gesamtumsatz zwar nur einen Anteil von ca. 25% ein, die benötigte Lagerfläche ist allerdings immens. Aufgrund der Sortimentspolitik können diese Umsatzrückgänge aufgefangen werden. Allerdings muss dem Trend der weiteren Umsatzrückgänge entgegengewirkt werden, soll die weitere Existenz gesichert sein. Ein weiteres Problem am lokalen Ladensgeschäft ist die eingeschränkte Erreichbarkeit potentieller Kunden. Im Raum Ellwangen leben ca. 50.000 Menschen die durch lokale Werbemaßnahmen erreicht werden können und deren Bedarf auf Grund des langen Bestehens der Firma und der hochwertigen Qualität der angebotenen Korbwaren weitestgehend gesättigt ist. Das Medium Internet bietet hier einen guten Ansatz, um auf die geänderten Bedingungen der Absatzsituation und auf neue Kundenwünsche zu reagieren. Es bietet völlig neue Möglichkeiten der Kundenansprache und potentielle Chancen, es als zusätzlichen Absatzkanal zu nutzen, um das Überleben der Firma zu sichern und die Umsätze weiter auszubauen. Der Ansatz des Multi-Channel-Handels, bietet klassischen Händlern zudem die Möglichkeit, die Vorteile des Ladengeschäfts mit denen des Internethandels zu verbinden. Auf Grund der langen Tradition bestehen bei der Firma Rieck gute Lieferantenkontakte und das nötige Know How über Qualität und Funktionalität von Korbwaren.
Aus der Einleitung: Problemstellung: Das Gesundheitssystem in Deutschland verursacht einen immer größeren Anteil an den gesamtwirtschaftlichen Ressourcen des Landes und die Finanzierung des Gesundheitswesens gestaltet sich immer schwieriger. Die Ursachen hierfür liegen in der demographischen Entwicklung, im technologischen medizinischen Fortschritt und nicht zuletzt in den gestiegenen Patientenerwartungen. In Deutschland werden jährlich ca. 240 Mrd. Euro für das Gesundheitswesen ausgegeben. Da der Krankenhausbereich daran mit 27 % beteiligt ist und mit ca. 65 Mrd. Euro den größten Einzelblock darstellt, rückten die Krankenhäuser im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 in den Mittelpunkt der Reformbestrebungen, deren Ziel es war, die Steuerbarkeit der Ausgaben des stationären Sektors zu erreichen. Folglich wurde 2004 die Vergütung der stationären Krankenhausleistungen auf ein diagnosebezogenes pauschaliertes Entgeltsystem (DRG-Vergütungssystem) umgestellt, womit ein Anreiz zu einer betriebswirtschaftlichen Leistungserbringung geschaffen werden sollte. Für die Krankenhäuser haben sich seitdem die finanziellen Rahmenbedingungen grundlegend geändert und dies hat in Folge einen enormen Kosten-, Leistungs- und Wettbewerbsdruck ausgelöst. Diese Einschätzung wird durch verschiedene Studien bestätigt, die sich mit der Situation der Krankenhauslandschaft in Deutschland auseinandergesetzt haben. So prognostiziert die Wirtschaftprüfungsgesellschaft Ernst Young bis zum Jahr 2020 einen Klinikrückgang von derzeit ca. 2.000 auf verbleibende ca. 1.500 Kliniken in Deutschland und nach Einschätzung der Unternehmensberatung McKinsey ist jedes dritte Krankenhaus auf mittlere Sicht von Zusammenlegung oder gar Schließung bedroht. Der Krankenhaus Rating Report 2008 empfiehlt den Kliniken daher weitere Effizienzsteigerungen vorzunehmen. Diese Forderung haben die Krankenhäuser zwar bereits aufgegriffen und handeln zunehmend prozessorientiert. Sie gehen dazu über, Behandlungsabläufe sowie die nicht-medizinischen Prozesse zu standardisieren und zu optimieren. Außerdem haben sie erkannt, dass sie ihre räumlichen Ressourcen optimal nutzen und betreiben müssen. Allerdings ist die Kostenrechnung der Krankenhäuser bisher meist nicht in der Lage diese prozessorientierten Arbeitsabläufe abzubilden und es fehlt eine transparente Verknüpfung zwischen den primären Leistungsmengen im Krankenhaus und im Facility Management. Das Hauptproblem dabei ist, dass bislang immer noch eine Kostenbetrachtung vorherrscht, die sich an einer funktionalen Gliederung nach Personal- und Sachkosten orientiert und keine Aufteilung der Kosten in Kern- und Unterstützungsleistungen vornimmt. So ist es derzeit nicht möglich, das Kostenvolumen der Sekundärprozesse auszuweisen. Aus diesem Grunde scheint eine Überprüfung und Überarbeitung der Kostenrechnung angebracht. Daraus leitet sich die Forschungsfrage und Zielsetzung dieser Diplomarbeit ab, die im folgenden Abschnitt behandelt wird. Forschungsfrage und Zielsetzung: Die Forschungsfrage, der im Rahmen dieser Arbeit nachgegangen werden soll, stellt sich wie folgt dar: 'Wie kann eine verursachungsgerechte Verrechnung der flächen- und raumbezogenen Kosten eines Krankenhauses innerhalb der Kostenrechnung durchgeführt werden'? Die daraus resultierende Zielsetzung besteht darin, ein Verrechnungsmodell zu entwickeln, das in die vorhandene Kostenrechnung eines Krankenhauses integriert werden kann. Dabei sollen die anfallenden Kosten nach den üblichen Regeln der Betriebswirtschaft erfasst werden, jedoch in einer Untergliederung, die den Anforderungen des Facility Management gerecht wird. Außerdem wird eine verursachungsgerechte Zuordnung der flächen- und raumbezogenen Kosten angestrebt, um Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten der Kosten, die für die Bereitstellung eines Krankenzimmers, Behandlungs- oder Operationsraumes anfallen, zu erreichen. Methodik: Die vorliegende Arbeit verfolgt hinsichtlich der Forschungsmethodik einen zweiteiligen Ansatz. Es werden theoretische Ansätze vorgestellt und analysiert, die andere Methode der praktischen Darstellung basiert auf Experteninterviews und Kontenanalysen. Für die Ausarbeitungen zum Themenbereich Facility Management und Krankenhaus wurde Bezug auf die gängige Literatur genommen. Für den Themenbereich der Kostenrechnung wurden die klassischen Werke aus den 80er und 90er Jahren herangezogen, um die Entwicklung der Planung und Verrechnung der Raumkosten aufzuzeigen, ebenso wurde Literatur verwendet, die sich mit der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus auseinandersetzt. Weiter wurden Ausarbeitungen des Forschungsprojektes OPIK ebenso wie die Ansätze zur verursachungsgerechten Verrechnung von FM-Kosten des GEFMA Arbeitskreis Krankenhaus betrachtet. Der praktische Teil dieser Arbeit befasst sich mit dem Städtischen Klinikum München und deren kostenrechnerische Ansätze zur Abbildung und Verrechnung flächen- und raumbezogener Kosten. Hierfür wurden Expertengespräche geführt. Damit verbunden wurde eine Analyse der Kosten- und Leistungsrechnung in Bezug auf die praktizierte Verrechnung der Raum- und Flächenkosten vorgenommen und um eine Kontenanalyse ergänzt. Unter Berücksichtigung der theoretischen Erkenntnisse und der angewendeten Praxis ein Verrechnungsmodell zur verursachungsgerechten Verrechnung von Flächen- und Raumkosten ausgearbeitet, das in die bestehende Kostenrechnung eines Krankenhauses integriert werden kann. Anhand dieses Verrechnungsmodells sollen die Vorgehensweise und Informationsmöglichkeiten, die sich daraus ergeben aufgezeigt werden. Aufbau der Arbeit: Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird die Entwicklung und Grundkonzeption des Facility Management (FM) sowie die europäische FM-Norm EN 15221 und deren Bezug zum Flächenmanagement dargestellt. Es werden die Aufgaben des Flächenmanagement erläutert, wobei insbesondere auf Flächengliederungen und die interne Flächenverrechnung eingegangen wird. Hier wird auch das Thema Krankenhaus erörtert, dessen spezifische Aufgaben und Ziele, das Konzept der dualen Finanzierung sowie das FM im Krankenhaus vorgestellt. Das dritte Kapitel behandelt die klassische Kostenrechnung mit den Teilbereichen Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ergänzt um die Betrachtung der gesetzlichen Anforderungen an die Kostenrechnung und deren Anwendung im Krankenhaus. Außerdem wird die traditionelle Form der Verrechnung von Raumkosten vorgestellt. Das vierte Kapitel beinhaltet den Praxisteil dieser Arbeit. Einleitend wird das Städtische Klinikum München (StKM) sowie der Geschäftsbereich Facility Management und der Aufbau der Kostenrechnung vorgestellt. Hier wird das Augenmerk insbesondere auf die kostenrechnerische Abbildung der FM-Bereiche gerichtet, die für die Bereitstellung der Arbeitsumgebung verantwortlich sind. Daran schliesst sich im fünften Kapitel die Ausarbeitung eines Beispiels an, das die verursachungsgerechte Verrechnung der Raum- und Flächenkosten ermöglicht. Außerdem wird aufgezeigt, welche Steuerungsmöglichkeiten sich ergeben, wenn die bisher vorherrschende Bereitstellungsbetrachtung durch eine Leistungsbetrachtung dieser FM-Bereiche ersetzt wird. Dieses Verrechnungsmodell kann als FM-bezogene Kostenrechnung in das derzeitige Kostenrechnungssystem eines Krankenhauses integriert werden. Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Zusammenfassung in Kapitel sechs, in welcher die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt und ein Ausblick auf die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten des Verrechnungsmodells gegeben wird.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: AbbildungsverzeichnisIV TabellenverzeichnisV AbkürzungsverzeichnisVI Zusammenfassung (deutsch)VIII Abstract (english)X 1.Einleitung11 1.1Problemstellung11 1.2Forschungsfrage und Zielsetzung12 1.3Methodik13 1.4Aufbau der Arbeit13 2.Facility Management (FM)14 2.1Grundkonzeption14 2.2Entwicklungsgeschichte15 2.3EN-Norm 1522115 2.4Flächenmanagement18 2.4.1Aufgaben des Flächenmanagement18 2.4.2Nutzungsbezogene Flächengliederungen19 2.4.3Interne Flächenverrechnung24 2.4.4Flächenbewirtschaftungskosten24 2.5Das Krankenhaus28 2.5.1Ziel und Umfeld des Krankenhauses28 2.5.2Sonderimmobilie Krankenhaus29 2.5.3Krankenhausfinanzierung in Deutschland31 2.6Facility Management im Krankenhaus34 2.6.1Kern- und Unterstützungsleistungen35 2.6.2Facilitäre Unterstützungsprozesse36 2.6.3Facility Produkte (FM-Produkte)42 3.Kostenrechnung im Krankenhaus42 3.1Aufgaben der Kostenrechnung43 3.2Kostenrechnungssysteme44 3.3Teilgebiete der Kostenrechnung45 3.3.1Kostenartenrechnung47 3.3.2Kostenstellenrechnung48 3.3.3Kostenträgerrechnung53 3.4Gesetzliche Grundlagen für das Krankenhaus54 3.5Kostenrechnung im Krankenhaus im Speziellen54 3.5.1Kostenartenrechnung im Krankenhaus55 3.5.2Kostenstellenrechnung im Krankenhaus56 3.5.3Kostenträgerrechnung im Krankenhaus59 3.6Traditionelle Verrechnung von Flächenkosten60 4.Praxisteil64 4.1Die Städtisches Klinikum München GmbH (StKM)64 4.2Der Facility Management-Bereich im StKM66 4.3Verrechnung flächenbezogener Kosten im StKM68 4.3.1Kostenartenerfassung68 4.3.2Bewertung der Kostenartenerfassung70 4.3.3Kosten-/Leistungsverrechnung71 5.Verrechnungsmodell für eine FM-bezogene Kostenrechnung80 5.1.1Festlegen der FM-Produkte82 5.1.2Festlegen der Raumtypen83 5.1.3Entwickeln eines FM-gerechten Kostenartenplans83 5.1.4Entwickeln eines Schemas zur Bildung einer Immobilien- und FM-gerechtenKostenstellenstruktur85 5.1.5Entwickeln eines FM-gerechten Kostenstellenplans87 5.1.6Verrechnungsmodell89 5.1.7Zusammenfassung und Bewertung des Verrechnungsmodells94 6.Resümee96 7.Literaturverzeichnis98 8.AnlagenA1Textprobe:Textprobe: Kapitel 2.5.3, Krankenhausfinanzierung in Deutschland: In Deutschland haben Staat und Kommunen den gesetzlichen Auftrag die bedarfsgerechte stationäre Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, sind die Bundesländer gesetzlich verpflichtet Krankenhauspläne aufzustellen, die die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern sicherstellen. In die Krankenhauspläne werden neben öffentlichen auch freigemeinnützige und private Krankenhausträger aufgenommen. Die Finanzierung dieser Krankenhäuser erfolgt dabei im Wesentlichen über die sog. duale Finanzierung, die 1972 mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) festgelegt wurde. Dies hat zur Folge, dass die Kosten für Investitionen und die laufenden Betriebskosten von zwei verschiedenen Parteien getragen werden. Investitionskostenfinanzierung: Der größte Teil der deutschen Krankenhäuser sind im Krankenhausplan eines Bundeslandes aufgenommen und haben somit Anspruch auf die Finanzierung ihrer Investitionen. Diese erhalten sie vom jeweiligen Bundesland, das mit öffentlichen Mitteln die Investitionen zur Realisierung von Bauvorhaben (Neu- und Umbau) sowie zur Anschaffung medizinischer Geräte fördert. Betriebskostenfinanzierung: Die laufenden Betriebskosten (Personalkosten, Medikamente, Sachkosten, Verpflegung, Reinigung, Instandhaltung, usw.) eines Krankenhauses werden von den Patienten und deren Krankenkassen finanziert. Für deren Abdeckung vereinbaren die Krankenkassen jährlich mit den Krankenhäusern die Gesamtsumme der Einnahmen, das sog. Budget. Hieraus werden die für den einzelnen Behandlungsfall abzurechnenden Vergütungen ermittelt, die durch die Krankenkassen für die Behandlung ihrer versicherten Patienten bezahlt werden. Bis 2003 bestand die Vergütungshöhe überwiegend aus tagesgleichen Pflegesätzen, d.h. aus festen Beträgen für jeden Tag des Krankenhausaufenthaltes eines Patienten unabhängig vom jeweiligen Behandlungsaufwand. Damit bestand für die Krankenhäuser die Möglichkeit, den Erlös über eine möglichst lange Liegedauer zu optimieren. Dies führte allerdings zu einer Verlängerung der Verweildauer der Patienten und zog als Folge eine Erhöhung der Bettenzahlen (und damit des Flächenbedarfs) nach sich. Die ständig wachsenden Krankenhausausgaben machten Veränderungen notwendig, die der Gesetzgeber bereits 1992 mit der Verabschiedung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) einleitete und damit eine Änderung der Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser herbeiführte. Das GSG leitete einen Wechsel von der 'aufenthaltsdauerorientierten' zu einer 'fallorientierten' Vergütung der Krankenhausleistungen ein. Bereits seit 1996 erfolgte die Vergütung der chirurgischen Behandlungsfälle über Fallpauschalen, da dies allerdings nur ein Viertel der Krankenhausleistungen betraf, stiegen die Kosten für die pflegesatzrelevanten Krankenhausbehandlungen weiter. Deshalb wurde 2004 für alle Krankenhausleistungen, mit Ausnahme der psychiatrischen und psychosomatischen Abteilungen, die Vergütung auf die Abrechnung nach Fallpauschalen umgestellt. Dies hatte zur Folge, dass jeder Krankenhausaufenthalt eines Patienten mit einer von der Aufenthaltsdauer unabhängigen Pauschale vergütet wird. Mit dieser Gesetzesänderung wurde die einschneidenste Änderung der Krankenhausfinanzierung in Deutschland seit Jahrzehnten vollzogen. Es wurde zwar am Prinzip der dualen Finanzierung festgehalten, aber die bis dahin vorhandene Selbstkostendeckungsgarantie wurde zugunsten eines leistungsgerechten Vergütungssystems aufgehoben, das im Folgenden beschrieben wird. Vergütungssystem G-DRG: Das German Diagnostic Related Group System (G-DRG) wurde auf Grundlage des australischen AR-DRG-Systems entwickelt und stellt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierende Entgeltsystem dar. Dieses soll zur Verbesserung der Transparenz von Leistungen, Kosten und Ressourcenverbrauch beitragen. In einem bundesweit gültigen Fallpauschalenkatalog wurden bis zum Jahr 2008 ca. 1.100 verschiedene Fallgruppen erfasst. Die DRGs stellen einen Festpreis für die Vergütung der medizinischen Leistung des Krankenhauses dar und bilden einen Standardprozess hinsichtlich des benötigten Ressourcenverbrauchs für die Behandlung ab. Dieser umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen, Diagnostik, OP-Leistungen, Verpflegung und Unterkunft. Zusätzlich wird der Rahmen für die Behandlungszeit durch die mittlere Verweildauer festgelegt. Damit die Zuordnung des einzelnen Behandlungsfalles zu einer DRG erfolgen kann, ist eine umfassende und zeitnahe Dokumentation der patienten- und behandlungsbezogenen Daten erforderlich, hierfür sind diagnose-, behandlungsbezogene und patientenbezogene Faktoren massgeblich. Durch das neue Abrechnungssystem wird für jeden einzelnen Patienten aufgrund der zugeordneten DRG ein definierter Erlös ausgewiesen. Wenn nun die Kosten, die während der Behandlung anfallen, patientenbezogen festgehalten bzw. ermittelt werden, ist für jeden Behandlungsfall ersichtlich, ob eine Deckung der fallbezogenen Kosten erzielt wurde. Die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser haben sich seit Einführung der DRGs grundlegend geändert, denn die fallpauschalenorientierte Vergütung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebsführung und die Kostenrechnung eines Krankenhauses. Im nachfolgenden Kapitel wird erläutert, wie wichtig es für Krankenhäuser ist, Facility Management zu betreiben. Durch die Spezialisierung des FM auf das Managen von Sekundärprozessen ist es optimal in der Lage, das Kerngeschäft der Krankenhäuser zu unterstützen.
Inhaltsangabe:Zusammenfassung: Den Gegenstand dieser Dissertation bilden die arbeitsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer Privatisierung für die bei der öffentlichen Hand beschäftigten Arbeitnehmer ergeben. Bei der Behandlung dieses Themas stehen nicht Privatisierungen im Blickpunkt, die in ausdifferenzierten Spezialgesetzen geregelt sind. Dazu zählen vor allem die Bahnreform mit den Regelungen des ENeuOG (Eisenbahnneuordnungsgesetz) und DBGrG (Deutsche Bahn Gründungsgesetz) und die Postreform mit den Regelungen des PTNeuOG (Postneuordnungsgesetz) und PostUmwG (Postumwandlungsgesetz). Die Betrachtung erstreckt sich vielmehr auf die zahlreichen Privatisierungsvorgänge, bei denen solche Spezialvorschriften fehlen. Dies betrifft in besonderem Maß die kommunale Ebene, auf der immer wieder öffentliche Einrichtungen privatisiert werden, wie beispielsweise Krankenhäuser, Versorgungseinrichtungen für Wasser und Energie, Nahverkehrsbetriebe und Entsorgungseinrichtungen. Der Trend zu solchen Privatisierungen nimmt spürbar zu. Damit stellt sich immer wieder die Frage, wie mit den Arbeitnehmern zu verfahren ist, bzw. mit welchen rechtlichen Auswirkungen die Arbeitnehmer zu rechnen haben, die nach der Privatisierung nicht mehr im Bereich der öffentlichen Hand beschäftigt werden können oder sollen. Der Ausgangspunkt der Untersuchung sind die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die für ein Privatisierungsvorhaben eröffnet sind. Hierbei werden die für die Untersuchung relevanten Privatisierungen herausgearbeitet. Unter Berücksichtigung dieser unterschiedlich ausgestalteten Privatisierungsvorgänge wird ermittelt, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen eine Privatisierung durch die öffentliche Hand für die einzelnen Arbeitnehmer hat. Eine Kernfrage diesbezüglich ist, ob und inwieweit die Vorschrift des § 613 a BGB zur Anwendung kommen kann. Geklärt wird die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei Maßnahmen der öffentlichen Hand. Zudem wird für jede relevante Privatisierungsform ermittelt, ob, bzw. unter welchen Voraussetzungen, § 613 a BGB seine Wirkung entfalten kann. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, ob der Anwendungsbereich der Vorschrift auf eine wirtschaftliche Betätigung beschränkt ist oder auch eine Aufgabenwahrnehmung erfasst, bei der wirtschaftliche Aspekte fehlen. Daran anknüpfend stellt sich die Frage nach den konkreten Rechtsfolgen einer Privatisierung. Hierbei steht zunächst das Schicksal der Dienstvereinbarungen im Blickpunkt, die vor der Privatisierung in den öffentlich-rechtlich organisierten Bereichen beschlossen wurden. Diese könnten zum einen über § 613 a I S.2 BGB individualrechtlich fortgelten. Sie könnten aber auch als Kollektivregelungen Bestand haben. Ebenso wird für die betriebliche Ebene ermittelt, welche Konsequenzen eine Privatisierung für die Interessenvertretung in Form des Personalrats hat, der in den öffentlich-rechtlich organisierten Bereichen insbesondere für den Beschluss der Dienstvereinbarungen zuständig gewesen ist. Das als Personalrat gewählte Gremium könnte als Betriebsrat fortbestehen und die Belegschaft auch nach der Privatisierung vertreten. Es könnte aber auch eine Neuwahl eines Betriebsrats in dem privatrechtlichen Betrieb erforderlich sein. Dies könnte wiederum ein Übergangsmandat für den Personalrat erforderlich machen, damit für die von der Privatisierung betroffenen Arbeitnehmer keine Vertretungslücken entstehen. Für die überbetriebliche Ebene wird geklärt, welche Wirkung eine Privatisierung auf die Tarifverträge hat, die vor dem Zeitpunkt des jeweiligen Privatisierungsvorgangs abgeschlossen worden sind und in weiten Bereichen den Inhalt der Arbeitsverträge bestimmen. Auch hier kommt sowohl eine individualrechtliche Fortgeltung über § 613 a I S.2 BGB als auch eine kollektivrechtliche Fortgeltung in Betracht. Ein weiteres zentrales Problem bei Privatisierungen ist, dass die Arbeitnehmer in zahlreichen Fällen versuchen, sich gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Privaten durch einen Widerspruch zur Wehr zu setzen. Bei einer Privatisierung besteht das bedeutendste Motiv darin, durch die Widerspruchsausübung die "Privilegien" bei der öffentlichen Hand zu behalten und weiter in den Genuss der hohen Arbeitsplatzsicherheit und Solvenz des bisherigen öffentlichen Arbeitgebers zu kommen. Auch für diese Fallgestaltung werden die rechtlichen Auswirkungen für die Arbeitnehmer untersucht. Dabei wird insbesondere ermittelt, ob für die Arbeitnehmer eine Möglichkeit besteht, eine Privatisierung mit Hilfe einer kollektiven Widerspruchsausübung zu verhindern oder zumindest die Übergangsbedingungen zu verbessern. Aus der Widerspruchsausübung der von einer Privatisierung betroffenen Arbeitnehmer folgen weitere Fragestellungen. Der öffentliche Arbeitgeber kann den Entschluss fassen, betriebsbedingte Kündigungen gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern auszusprechen, die er nach der Privatisierung nicht mehr beschäftigen kann oder will. Bei solchen betriebsbedingten Kündigungen durch den öffentlichen Arbeitgeber stellt sich als Erstes die Frage nach dem gerichtlichen Prüfungsmaßstab. Dieser könnte dadurch anders als bei privaten Arbeitgebern ausfallen, dass im Haushaltsplan Stellenstreichungen für den privatisierten Bereich festgelegt sind. Zusätzlich besteht bei solchen betriebsbedingten Kündigungen durch den öffentlichen Arbeitgeber das Problem, dass für zahlreiche Arbeitnehmer der öffentlichen Hand eine tarifliche Unkündbarkeitsklausel eingreift. Eine solche findet sich insbesondere in § 53 III BAT. Dies bereitet Schwierigkeiten, wenn zwischen mehreren Arbeitnehmern eine Sozialauswahl nach § 1 III S.1 KSchG zu erfolgen hat. Diesbezüglich wird geklärt, ob eine solche Unkündbarkeitsklausel eine ordentliche Kündigung der Arbeitnehmer, welche die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, verhindern kann. Als Alternative kommt eine einschränkende Auslegung oder eine partielle Unwirksamkeit der Regelung in Betracht. Schließlich ist für den von einer betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer von besonderem Interesse, ob er für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einen Lohnanspruch geltend machen kann, wenn er weder beim öffentlichen Arbeitgeber, noch beim privatrechtlichen Erwerber tätig wird. Diese umfassenden arbeitsrechtlichen Fragestellungen, welche für die bisher bei einem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer bei jeder Privatisierungsmaßnahme von zentraler Bedeutung sind, werden in der Studie einer eingehenden Klärung zugeführt. Inhaltsverzeichnis: Erstes Kapitel:Einleitung1 Zweites Kapitel:Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für eine Privatisierung4 A.Unterschiedliche Bedeutungen des Privatisierungsbegriffs4 B.Unterscheidung der verschiedenen Privatisierungsmöglichkeiten5 I.Unterscheidung der formalen und materiellen Privatisierung5 1.Formale Privatisierung5 2.Materielle Privatisierung6 3.Relevanz der Unterscheidung6 II.Unterscheidung der rechtlichen Gestaltungsformen7 1.Rechtsgeschäftliche Veräußerung bestimmter Organisationseinheiten7 2.Outsourcing einzelner Dienstleistungsbereiche7 3.Gesellschaftsrechtliche Umwandlung nach den §§ 168 ff UmwG8 4.Übertragung von Gesellschaftsanteilen9 5.Relevanz der rechtlichen Gestaltungsformen9 C.Ergebnis des zweiten Kapitels10 Drittes Kapitel:Anwendung des § 613 a BGB bei einer Privatisierung12 A.Grundsätzliche Anwendbarkeit des § 613 a BGB bei Maßnahmen der öffentlichen Hand12 I.Wortlaut12 II.Systematik14 III.Entstehungsgeschichte16 IV.Schutzzweck17 V.Europarechtliche Vorgaben18 VI.Ergebnis zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 613 a BGB bei Maßnahmen der öffentlichen Hand21 B.Anwendungsvoraussetzungen des § 613 a BGB bei einer Privatisierung22 I.Betriebs(teil)übergang22 1.Allgemein entwickelte Anforderungen zum Betriebs(teil)begriff22 2.Betriebs(teil)übergang bei den verschiedenen Privatisierungsformen27 3.Einschränkung des Anwendungsbereichs auf eine wirtschaftliche Betätigung44 II.Inhaberwechsel durch Rechtsgeschäft58 III.Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses59 IV.Ergebnis zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 613 a BGB bei einer Privatisierung62 C.Ergebnis des dritten Kapitels63 Viertes Kapitel:Rechtsfolgen einer Privatisierung für die betroffenen Arbeitnehmer65 A.Individualrechtliche Folgen65 B.Schicksal der Dienstvereinbarungen66 I.Wechsel vom Personalvertretungs- zum Betriebsverfassungsrecht66 II.Individualrechtliche Fortgeltung der Dienstvereinbarungen über § 613 a I S.2 BGB68 1.Erste Meinung: Analoge Anwendung des § 613 a I S.2 BGB69 2.Zweite Meinung: Unmittelbare Anwendung des § 613 a I S.2 BGB69 3.Rechtsprechung des BAG70 4.Stellungnahme zur Anwendbarkeit des § 613 a I S.2 BGB auf Dienstvereinbarungen71 5.Ergebnis zur individualrechtlichen Fortgeltung der Dienstvereinbarungen über § 613 a I S.2 BGB71 III.Kollektivrechtliche Fortgeltung der Dienstvereinbarungen78 1.Verhältnis zu einer individualrechtlichen Fortgeltung79 2.Erste Meinung: Keine Möglichkeit einer kollektivrechtlichen Fortgeltung81 3.Zweite Meinung: Kollektivrechtliche Fortgeltung bei Erhalt der Betriebsidentität81 4.Stellungnahme zu einer kollektivrechtlichen Fortgeltung der Dienstvereinbarungen82 5.Ergebnis zur kollektivrechtlichen Fortgeltung der Dienstvereinbarungen100 IV.Ergebnis zum Schicksal der Dienstvereinbarungen100 C.Konsequenzen einer Privatisierung für die Interessenvertretung101 I.Wechsel im Bereich der Interessenvertretung bei Erhalt der bisherigen Organisationseinheit102 1.Vergleich der Vertretungsgremien in Form des Personal- und Betriebsrats104 2.Europarechtliche Vorgaben112 3.Ergebnis zum Wechsel im Bereich der Interessenvertretung bei Erhalt der bisherigen Organisationseinheit114 II.Wechsel im Bereich der Interessenvertretung bei Verlust der bisherigen Organisationseinheit115 1.Erste Fallgestaltung115 2.Zweite Fallgestaltung116 3.Dritte Fallgestaltung116 4.Ergebnis zum Wechsel im Bereich der Interessenvertretung bei Verlust der bisherigen Organisationseinheit119 III.Schließung von privatisierungsbedingten Vertretungslücken durch ein Übergangsmandat für den Personalrat119 1.Spezialregelungen zu Übergangsmandaten der Interessenvertretung120 2.Erste Meinung: Begründung eines allgemeinen Übergangsmandats durch eine Analogie121 3.Zweite Meinung: Kein allgemeines Übergangsmandat mangels einer planwidrigen Regelungslücke121 4.Stellungnahme zur Begründung eines allgemeinen Übergangsmandats durch eine Analogie122 5.Ergebnis zur Schließung von privatisierungsbedingten Vertretungslücken durch ein Übergangsmandat für den Personalrat136 IV.Ergebnis zu den Konsequenzen einer Privatisierung für die Interessenvertretung136 D.Auswirkungen einer Privatisierung auf die Tarifverträge138 I.Kollektivrechtliche Fortgeltung der vor der Privatisierung abgeschlossenen Tarifverträge138 II.Individualrechtliche Fortgeltung der vor der Privatisierung abgeschlossenen Tarifverträge gemäß § 613 a I S.2 BGB139 III.Ergebnis zu den Auswirkungen einer Privatisierung auf die Tarifverträge140 E.Ergebnis des vierten Kapitels141 Fünftes Kapitel:Besondere Rechtsfolgen für Arbeitnehmer, die von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen143 A.Allgemeine Bedeutung des Widerspruchsrechtes143 I.Entwicklung143 II.Ausübung und Wirkung144 B.Zulässigkeit einer kollektiven Widerspruchsausübung145 I.Beweggründe für eine kollektive Widerspruchsausübung145 II.Meinungsstand146 1.Erste Meinung: Kollektive Widerspruchsausübung als unzulässige Arbeitskampfmaßnahme143 2.Zweite Meinung: Grundsätzliche Zulässigkeit einer kollektiven Widerspruchsausübung146 3.Dritte Meinung: Unbeschränkte Zulässigkeit einer kollektiven Widerspruchsausübung146 III.Stellungnahme zur Zulässigkeit einer kollektiven Widerspruchsausübung147 1.Kollektive Ausübung des Widerspruchsrechtes als Arbeitskampfmaßnahme147 2.Rechtmäßigkeit der kollektiven Ausübung des Widerspruchsrechtes155 IV.Ergebnis zur Zulässigkeit einer kollektiven Widerspruchsausübung177 C.Prüfungsmaßstab bei betriebsbedingten Kündigungen gegenüber den widersprechenden Arbeitnehmern178 I.Verstoß gegen das Kündigungsverbot gemäß § 613 a IV S.1 BGB178 II.Vergleich mit der Problematik bei betriebsbedingten Kündigungen durch einen privaten Arbeitgeber179 III.Grundsätzliche Zulässigkeit einer kündigungsrechtlichen Prüfung181 1.Rechtsqualität des Haushaltsplans182 2.Folgen dieser Rechtsqualität für den Prüfungsmaßstab182 3.Ergebnis zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer kündigungsrechtlichen Prüfung184 IV.Umfang der kündigungsrechtlichen Prüfung184 1.Notwendiger Ausgangspunkt der Prüfung184 2.Genaue Festlegung des Prüfungsumfangs188 V.Ergebnis zum Prüfungsmaßstab bei betriebsbedingten Kündigungengegenüber den widersprechenden Arbeitnehmern203 D.Konflikt zwischen der Sozialauswahl unter den von einer Privatisierung betroffenen Arbeitnehmern und dem Status der ordentlichen Unkündbarkeit204 I.Meinungsstand205 1.Erste Meinung: Ausschluss des Begünstigten von der Sozialauswahl205 2.Zweite Meinung: Ausschluss jeder Kündigungsmöglichkeit bzw. Möglichkeit zu einer außerordentlichen Kündigung206 3.Dritte Meinung: Möglichkeit zu einer ordentlichen Kündigung aufgrund des Konflikts mit § 1 III S.1 KSchG207 II.Beschränkung des von der Sozialauswahl betroffenen Personenkreises207 III.Lösungsmöglichkeit für den Arbeitgeber212 1.Ausschluss jeder Lösungsmöglichkeit212 2.Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung214 IV.Ergebnis zum Konflikt zwischen der Sozialauswahl unter den von einer Privatisierung betroffenen Arbeitnehmern und dem Status der ordentlichen Unkündbarkeit241 E.Lohnanspruch für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist242 I.Lohnanspruch gemäß § 615 S.1 BGB242 1.Leistungsangebot gemäß §§ 294 ff BGB243 2.Fähigkeit zur Leistungserbringung gemäß § 297BGB244 3.Nichtannahme der Leistung244 II.Anrechnung gemäß § 615 S.2 BGB244 1.Anrechnung des Wertes desjenigen, was der Arbeitnehmer infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt244 2.Anrechnung des Wertes desjenigen, was der Arbeitnehmer zu erwerben böswillig unterlässt245 III.Ergebnis zum Lohnanspruch für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist256 F.Ergebnis des fünften Kapitels257 Sechstes Kapitel:Gesamtergebnis und Schlussbetrachtung260 Das Original-Inhaltsverzeichnis enthält weitere Unterpunkte, die hier aus Platzgründen nicht angezeigt werden können. 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Seitdem im Herbst 2015 die Partei Solidarisches Polen (Solidarna Polska, SP) auf der Liste der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) in den Sejm einzog, spielt sie als kleiner Koalitionspartner der PiS die Rolle des Züngleins an der Waage: Ohne ihre Handvoll Abgeordneter hätte die PiS im polnischen Parlament keine Regierungsmehrheit. Mit Parteichef Zbigniew Ziobro besetzt sie das für die Reformvorhaben der Rechts-Regierung zentrale Justizressort und prägt den EU-skeptischen Kurs der Regierung entscheidend mit. Bei den Parlamentswahlen 2023 wird sie aller Vorausicht nach – unter dem kürzlich geänderten Namen Souveränes Polen (Suwerenna Polska, SP) – wieder auf der PiS-Liste antreten, obwohl sie laut Umfragen, würde sie alleine antreten, weniger als 1 Prozent der Stimmen erhalten würde. Woraus rührt die Bedeutung dieser Partei und welche Rolle wird sie im Wahlkampf spielen?Eine Partei der PiS-VerstoßenenGegründet wurde die Partei 2012 unter dem Namen Solidarisches Polen durch einige von der PiS ausgeschlossene bzw. aus der PiS ausgetretene Politiker, die bereits nach den Parlamentswahlen 2011 eine eigene Fraktion gegründet hatten. Treibende Kraft war Zbigniew Ziobro , der bereits in der bürgerlichen Koalitionsregierung[1] im Jahre 2000 kurzzeitig für den damaligen Justizminister Lech Kaczyński arbeitete, 2001 zu den Mitgründern der PiS zählte und nach dem PiS-Wahlsieg 2005 selbst zum Justizminister und in Personalunion zum Generalstaatsanwalt wurde, was er bis zur Abwahl der PiS 2007 blieb. Anschließend war er einer der stellvertretenden Vorsitzenden der PiS. Mehrere Versuche, ihn in den acht folgenden Jahren liberaler Koalitionsregierungen unter Führung der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO) wegen – wie es hieß – eklatanten Gesetzesverstößen vor den Staatsgerichtshof zu stellen oder anderweitig juristisch zu belangen, verliefen im Sande oder scheiterten an den notwendigen parlamentarischen Mehrheiten.Da Ziobro und einige seiner Mitstreiter die Position der PiS-Führung und insbesondere von Parteichef Jarosław Kaczyński infrage stellten und mehr Einfluss in der Partei gewinnen wollten, ließ ihn Kaczyński 2011 aus der Partei werfen. Dieser Konflikt wirkt bis heute nach. Ziobro werden immer wieder Ambitionen auf den Parteivorsitz der PiS nachgesagt, weshalb er bis heute – im Gegensatz zu anderen SP-Politikern – nicht zur PiS zurückkehren darf. Zu seinen größten Gegnern im Regierungslager gehört vor allem das verhältnismäßig pragmatische Milieu um Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Zbigniew Ziobro 2013. Quelle: Wikimedia CommonsJustizumbau und Law and OrderZiobros Kernthema ist der seiner Meinung nach schlechte Zustand des Justizsystems und der Kampf um eine bessere Durchsetzung der Gesetze. Seine Forderung nach einer Reform des aus dieser Sicht ineffektiven und von linksliberalen bzw. postkommunistischen Eliten beherrschten Justizwesens stimmte mit den Absichten der PiS überein. Und so zog die PiS 2015 mit diesem Thema in den Wahlkampf, ermöglichte einigen SP-Kandidaten den Start auf ihren Listen und erlangte eine regierungsbildende Mehrheit. Ziobro, der 2015 von den Wählern vom letzten Listenplatz der PiS im Wahlberzirk Kielce in den Sejm gewählt wurde, wurde erneut Justizminister und Generalstaatsanwalt und leitete mit seinem Ressort sowie mehreren der SP angehörigen Staatssekretären die entscheidenden Schritte des Umbaus des Justizsystems ein: Die schrittweise "Übernahme" des Verfassungsgerichts durch PiS-nahe Richter, die Neuordnung der Richterernennung und -beförderung durch die Umgestaltung des Landesjustizrates, die Bemühungen, durch "Maulkorbgesetze" nicht im Sinne der Regierung agierende Richter und Staatsanwälte zu schurigeln, sind nur einige der wichtigen Themen in diesem Bereich. Außerdem wollte sich die SP als "Law and Order"-Partei profilieren und setzte sich etwa für eine Verschärfung des Strafrechts ein sowie für die Schließung von Lücken im Steuerrecht, aber auch für eine radikale "Entkommunisierung" der Behörden und des öffentlichen Lebens. Trotz aller als "Reformen" etikettierten Aktivitäten stieg die durchschnittliche Verfahrensdauer vor den polnischen Gerichten erster Instanz zwischen 2015 und 2021 deutlich (von 4,1 auf 7,1 Monate).Europa, Deutschland und der Wald Zu einem wichtigen Betätigungsfeld wurde die Europapolitik (im Europäischen Parlament gehört die SP wie die PiS der Fraktion Europäische Konservative und Reformer an): Hier nahmen SP-Politiker immer wieder heftig Stellung und kritisierten die – wie sie es formulierten – Beschränkung der polnischen Souveränität durch die Europäische Union. Politiker wie Patrik Jaki, der seit 2019 für die SP im Europaparlament sitzt, oder der Sejm-Abgeordnete Janusz Kowalski, seit 2022 Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, zeichnen sich hierbei durch eine besonders aggressive Rhetorik aus.Für die polnische Europapolitik hatte die Politik der SP gravierende Auswirkungen. Die vielen Gesetzesinitiativen zum Umbau des Justizwesens, die teils vom Sejm beschlossen wurden, teils aber von Staatspräsident Duda oder unter Druck der europäischen Institutionen zurückgenommen oder "verwässert" wurden, haben zu einem immensen Durcheinander im Bereich der Judikative geführt. Ein Gutteil der Auseinandersetzungen Polens mit der Europäischen Kommission und die vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelten Problemfelder sind auf das Wirken des Justizressorts unter Zbigniew Ziobro zurückzuführen.In diesem Zusammenhang fallen regelmäßig auch deutschlandskeptische Äußerungen, und der "Abgeordnete Kowalski", wie der Politiker ironisch genannt wird, spielt eine führende Rolle dabei, der liberalen Opposition und insbesondere Donald Tusk bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit vorzuwerfen, nach Deutschlands Pfeife zu tanzen. Auch der Staatssekretär im Außenministerium, Arkadiusz Mularczyk, gehörte 2012 zu den Mitbegründern der SP. Er durfte 2017 aber zur PiS wechseln und wurde von Jarosław Kaczyński dann sogleich damit betraut, die Reparationsforderungen gegenüber Deutschland voranzutreiben.Im Bereich der staatlich kontrollierten Bereiche der Wirtschaft ist der SP als Pfründe vor allem der Bereich Forstwirtschaft zugefallen – das staatliche Forstunternehmen "Lasy Państwowe" subventioniert teilweise die Partei bzw. parteinahe Aktivitäten. Ziobro und seine Kreise unterstützen wiederum zahlreiche Initiativen im euroskeptischen bzw. nationalen und nationalistischen Milieu durch Mittel aus dem vom Justizminister verwalteten "Gerechtigkeitsfonds", der eigentlich Verbrechensopfern helfen, der Verbrechensprävention dienen und Freiwillige Feuerwehren unterstützen soll. Rückendeckung erhielt die SP durch das staatliche Fernsehen, das von 2016 bis 2022 (mit einer kurzen Unterbrechung) von dem als mediale "Bulldogge" der Rechten bekannte SP-Politiker Jacek Kurski geleitet wurde, der so wie Ziobro 2011 wegen Insubordination aus der PiS geworfen worden war. Enge Beziehungen bestehen auch zu weiteren rechten Medien, etwa dem katholischen Radiosender Radio Maryja.Zwischen Einbindung und Ausgrenzung Die SP wiederholte ihren Wahlerfolg als "Blockpartei" der Regierungskoalition "Vereinigte Rechte" (Zjednoczona Prawica) 2019 und stellt derzeit 19 Sejm-Abgeordnete sowie ein Mitglied des Senats. Wieder waren Angehörige der verschiedenen Kleinparteien auf der PiS-Liste in den Sejm gewählt worden, weshalb sie keine Prozenthürden (5 Prozent für Parteien, 8 Prozent für Listenverbindungen) überwinden mussten. Neben PiS und SP gehören der Vereinigten Rechten insbesondere die "Republikanische Partei" (Partia Republikańska, derzeit 9 Sejm-Abgeordnete) an sowie die "Erneuerung der Republik Polen" (OdNowa Rzeczypospolitej Polski, derzeit 5 Sejm- und 1 Senatsabgeordneter). Die parlamentarische Existenz dieser Parteien hängt letztlich von der Gnade Jarosław Kaczyńskis ab, obschon in der Vergangenheit in der Presse spekuliert wurde, ob Ziobro und seine Leute im Justizressort nicht vielleicht auch etwas in der Schublade hätten, was führende PiS-Politiker belasten könnte.Letztlich ist die Existenz von Ziobros Partei für Kaczyński aber eine gute Möglichkeit, auf der einen Seite den ihm inhaltlich und mit seinem ausgeprägten Misstrauen in vielen Dingen nahestehenden, zugleich aber auch machtbewussten und konsequent agierenden Ziobro in das Regierungslager einzubinden, gleichzeitig aber auch dafür zu sorgen, dass er ihm und seinen (wechselnden) Protegés in der Regierung nicht zu gefährlich wird und die Macht- und Nachfolgefrage im rechten Lager offen bleibt.Von der Solidarität zur SouveränitätHatte der ursprüngliche Parteiname "Solidarisches Polen" auf die vor zehn Jahren verbreitete Unzufriedenheit vieler Polen mit der wirtschaftsliberalen und wenig auf soziale Themen setzenden Politik der PO unter Donald Tusk zu tun, so erklärt die SP nun diese Etappe für vorerst abgeschlossen. Mit ihrem Namenswechsel zu "Souveränes Polen" reagiert sie offensichtlich auf eine Umfrage, nach der 45 Prozent aller Polen in der EU-Mitgliedschaft ihres Landes eine Gefährdung seiner Souveränität sehen. In einem programmatischen Text auf ihrer Homepage erklärt die SP nun also den Kampf um die Souveränität Polens zu ihrem neuen Hauptziel:"Souveränität ist die Fähigkeit, eigenständig und frei über sich entscheiden zu können. (…) Souveränität ist das Recht, auch über seine Heimat entscheiden zu können. Heute werden die polnischen Selbstverwaltungen von der EU erpresst und bestochen. Sie müssen auf Beschlüsse zur Verteidigung der Familie verzichten. Denn anders bekommen sie keine EU-Gelder. Wir sind gegen ein solches Diktat.Souveränität ist die Freiheit, ein eigenes Gerichtswesen zu gestalten. (…) Wir sind nicht damit einverstanden, dass die EU unrechtmäßig unser Gerichtswesen beeinflusst und entscheidet, wer in Polen regieren soll." Im Bereich der Energieversorgung solle Polen weiter auf die einheimische Kohle setzen, es müsse die heimische Landwirtschaft gegen Brüssel verteidigen, die polnische Jugend vor "Sexualisierung" und Homosexualität schützen, das Erbe von Johannes Paul II. verteidigen. Es müsse auch verhindert werden, dass weitere polnische Wälder als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Neue Gesetze, die "Brüssel als Vermittler für Deutschland" umsetzen wolle, müssten verhindert werden, da sie die polnische Souveränität untergrüben: "Nur ein souveräner Staat, kein aus fremden Hauptstädten verwalteter Staat sichert den Polen eine stabile Entwicklung." Mit diesem dezidiert rechtspopulistischen Programm spricht die SP somit eine besonders national und EU-skeptisch gesinnte Wählerschaft an. Ihre Rolle innerhalb der "Vereinigten Rechten" ist es, der rechtsradikalen und PiS-kritischen Partei "Konföderation" (Konfederacja) Wähler abzuluchsen. Allerdings ist die SP in Umfragen, in denen sie als eigenständige politische Kraft auftaucht, mit weniger als 1 Prozent Wählerstimmen deutlich weniger erfolgreich als die derzeit zwischen 10 und 14 Prozent liegende Konföderation, deren Vorteil unter anderem darin begründet ist, dass sie noch nie in Regierungsverantwortung gestanden hat. Und auch die Abneigung gegen Parteichef Ziobro ist sehr ausgeprägt: Es gibt keinen polnischen Spitzenpolitiker, der bei den Wählern so unbeliebt wäre (in einer kürzlich veröffentlichten Umfrage meinen 65,1% der Befragten, sie würden ihm nicht vertrauen, nur 20,5% vertrauen ihm).Fazit: Vorbereitung auf alle EventualitätenAlles deutet darauf hin, dass die SP auch bei den Wahlen im Herbst ihre Kandidaten wieder über die PiS-Liste in den Sejm bringen wird. Es wird an Jarosław Kaczyński liegen, wie viele aussichtsreiche Listenplätze er schließlich dem Koalitionspartner zubilligen wird, wobei viele SP-Politiker aufgrund ihrer meinungsstarken Äußerungen keine geringe mediale Bekanntheit erreicht haben und möglicherweise auch auf schlechteren Plätzen Erfolg haben könnten. Eine SP in der bisherigen Stärke würde im Falle eines Wahlsiegs der "Vereinigten Rechten" jede Annäherung an die Europäische Kommission erschweren, ja zuweilen wird ihr auch eine Schlüsselrolle bei einem möglichen schleichenden Polexit zugetraut. Im Falle einer Wahlniederlage könnte Zbigniew Ziobro im Zuge der dann unausweichlich einsetzenden Personalrochaden in der PiS um den Führungsanspruch im rechten Lager kämpfen (Jarosław Kaczyński ist immerhin schon 74 Jahre alt). Aber auch eine komplette Neuordnung der politischen Landschaft rechts von der Mitte ist denkbar. Sollte die "Vereinigte Rechte" die Wahlen verlieren und die "demokratische Opposition" die Regierung bilden, wäre allerdings auch abzuwarten, ob das von führenden politischen Akteuren der Opposition angekündigte konsequente Vorgehen gegen die mannigfachen Verstöße der PiS-Regierung gegen die Verfassung und die Rechtstaatlichkeit, anders als nach 2007, diesmal auch Zbigniew Ziobro gefährlich werden können. Zbigniew Ziobro im Kreise seiner Anhänger. Quelle: https://suwerennapolska.pl
[1] 1997 hatte die konservative Wahlaktion Solidarität (Akcja Wyborcza Solidarność, AWS) die Wahlen gewonnen und mit der liberalen Freiheitsunion (Unia Wolności, UW) eine Regierungskoalition geschlossen; Jerzy Buzek wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Mitte 2000 trat die UW aus der Regierung aus; in die bis 2001 amtierende AWS-Minderheitsregierung trat u.a. Lech Kaczyński ein.
In sub-Saharan Africa, agriculture contributes up to 50% of the GDP. The increase in agricultural output in the region is predominantly from area expansion instead of improvements in productivity per unit area. In the past, cultivation was, for the most part, done in the upland areas. However, with changing climate and rising population pressure, cultivation has extended into wetlands. Prolonged periods of water supply and relatively fertile soils provide wetlands with great potential for expansion and intensification of agriculture production, thus contributing to food security. The Kilombero floodplain, one of the largest rice-producing areas, was the focus of the BMBF funded project "GlobE Wetlands". The Wetlands project was poised to assess the potential of transforming lowland wetlands into a breadbasket of East Africa, and provide science-based guidelines, tools and policy advice to facilitate the process. The knowledge gains obtained by different project groups within the GlobE-Wetlands project shaped the design of the agronomic experiments and guided the choice of treatments and their application in this thesis. In Kilombero, smallholder farmers produce rainfed lowland rice mainly in floodplain environments that are characterised by low soil nitrogen contents of the predominant Fluvisols and highly variable hydrological conditions, resulting in low yields and large yield variations. This thesis's studies were designed to compare farmers' management practices, evaluate the effects of alternative management options on lowland rice performance, and define key contributing factors towards improved site-specific management. Field experiments were carried out near Ifakara, Tanzania, in three hydrological zones of Kilombero floodplain, namely the potentially drought-prone fringe, the favourable middle and the submergence-prone center positions over four years. Treatments on varying land, water and fertilizer management were implemented in researcher-managed plots, following hierarchical yield gap procedures. Grain yields of rice (averaged over the four treatments) were higher in the fringe (6.5 t/ha) and the middle (5.7 t/ha) than in the center positions (4.6 t/ha). Farmers' practice with no field bunding and land levelling and no fertilizer application resulted in the lowest yield (3.0 t/ha) and highest yield variability, with an adjusted coefficient of variation of up to 91% between years and positions. Simple soil and water management such as land levelling and the building of water-retaining field bunds significantly increased rice grain yields beyond farmers' practice in the fringe and middle positions, where grain yields were generally higher than in the submergence-prone center position. Also, yield variability and hence the production risks were highest in the center and lowest in the fringe positions. Depending on the position within the floodplain, organic treatments increased rice grain yields by >60%. Sole green or farmyard manure applications had similar effects on grain yield. In contrast, a combination of green and farmyard manure led to a significant increase in grain yield beyond both the control and sole application of organic amendments. Despite partial N balances being mostly negative, we observed positive residual effects on the non-amended rice in the fourth year of the study. Manure applications significantly increase soil C and N contents, hence enhancing soil fertility and increasing rice grain yields. On average across years and positions, the potential, attainable, and farmers' actual yields were 11.5, 8.5, and 2.8 t/ha, respectively. Most management options tested contributed substantially to closing sizeable prevailing yield gaps. Thus, simple field bunds combined with land levelling closed up to 35% of the exploitable yield gap. Mineral N and organic amendments contributed up to 60% of the potential yield. Combinations of improved land, water management, and mineral N application closed up to 80% of the exploitable yield gap. Mineral N tended to be more effective in closing the yield gap than green or farmyard manure. While fertilizer strategies improved soil fertility and reduced yield gaps, their relative benefits showed a high site-and system-specificity. Thus, this thesis provides insights on the rice performance at different hydrological positions and in different years, highlighting the potential for a sustainable increase in rice yield in highly variable floodplain wetlands. Combined with recommendations from other groups of the Wetlands consortium, these findings contribute to guiding policy formulation and agronomic recommendations for Kilombero floodplain, and possibly beyond, to environments with similar climatic, edaphic and socio-economic conditions. ; Im Afrika südlich der Sahara trägt die Landwirtschaft mit bis zu 50% zum BIP bei. Der Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion in der Region ist überwiegend auf die Ausweitung der Fläche und nicht auf die Verbesserung der Produktivität pro Einheit zurückzuführen. In der Vergangenheit erfolgte der Anbau von Kulturpflanzen vorwiegend im Trockenfeldbau. Mit Klimawandel und steigendem Bevölkerungswachstum dehnt sich der Anbau jedoch zunehmend in Feuchtgebiete aus. Mit längeren Perioden der Wasserverfügbarkeit und relativ fruchtbaren Böden eröffnen Feuchtgebiete ein großes Potenzial für die Ausweitung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und können so zur Ernährungssicherheit beitragen. Die Kilombero-Überflutungsebene, eines der größten Reisanbaugebiete Tansanias, stand im Mittelpunkt des vom BMBF-geförderten Projekts "GlobE-Wetlands". Das Projekt untersuchte die Möglichkeiten einer Umwandlung von Feuchtgebieten in landwirtschaftliche Nutzflächen und deren zukünftige Bedeutung als mögliche Kornkammer Ostafrikas. Hierfür wurden empirische und Modell-gestütze Untersuchungen durchgeführt und wissenschaftlich fundierte Leitlinien und Instrumente für die Politikberatung entwickelt. Die von verschiedenen Gruppen im Rahmen des GlobE-Wetlands Projektes gewonnenen Erkenntnisse flossen in die Gestaltung der agronomischen Experimente ein und leiteten die Wahl der Behandlungen und deren Anwendung im Rahmen der vorliegenden Arbeit. Kleinbauern in Ostafrika produzieren Nassreis im Regenfeldbau vor allem in den großen Überschwemmungsgebieten der Region. Diese zeichnen sich durch niedrige Stickstoffgehalte der vorherrschenden Fluvisole und stark schwankende hydrologische Bedingungen aus, die zu niedrigen Erträgen und großen Ertragsschwankungen führen. Die vorliegenden Studien verglichen die Bewirtschaftungsweisen der Landwirte, bewerteten die Auswirkungen alternativer Praktiken auf Reiserträge, und analysieren Schlüsselfaktoren, welche zu einer standort-spezifischen Bewirtschaftung im Hinblick auf künftige Ertragssteigerungen beitragen. Die Untersuchungen erfolgten in der Nähe der Stadt Ifakara und wurden über einen Zeitraum von vier Jahren in drei hydrologischen Zonen der Kilombero Überschwemmungsebene durchgeführt (potenziell dürregefährdete Randgebiete, günstige mittlere und überflutungsgefährdete Zentralpositionen). Die Kornerträge von Reis (gemittelt über die vier Behandlungen) waren in den Randbereichen (6,5 t/ha) und in der Mitte (5,7 t/ha) höher als in den zentralen Positionen (4,6 t/ha). Die übliche Praxis der Landwirte (keine Eindeichung, keine Düngereinsatz) führte zu den niedrigsten Erträgen (3,0 t/ha) und der höchsten Ertragsvariabilität, mit einem angepassten Variationskoeffizienten von bis zu 91% zwischen Jahren und Positionen. Einfaches Boden- und Wassermanagement, wie die Nivellierung des Bodens und der Bau von wasserrückhaltenden Felddeichen, steigerte die Erträge deutlich, besonders in den Rand- und Mittelpositionen. Auch die Ertragsvariabilität und damit die Produktionsrisiken waren am höchsten im Zentrum and am geringsten in den Randpositionen der Überstauungsebene. Abhängig von der Lage der Felder innerhalb der Überschwemmungsebene erhöhte organische Düngung die Reiskornerträge um >60%. Die Einarbeitung von Gründünger und die Ausbringung von Stallmist hatte vergleichbare Effekte auf den Kornertrag, während eine Kombination beider Dünger den Kornertrag gegenüber der ungedüngten Kontrollvariante signifikant erhöhte. Obwohl die partiellen N-Bilanzen meist negativ waren, beobachteten wir bei organischer Düngung positive Effekte auf den Ertrag einer ungedüngten Reiskultur. So erhöhten drei Jahre kontinuierlicher organischer Düngung signifikant die C- und N-Gehalte des Bodens, was mittelfristig die Bodenfruchtbarkeit verbesserte und sich in deutlich höheren Erträgen im vierten Untersuchungsjahr niederschlug. Im Durchschnitt der Jahre und Positionen, lag der potentielle (simulierte), der erzielbare und der tatsächliche Ertrag der Landwirte bei 11,5, 8,5 und 2,8 t per ha. Die meisten getesteten Bewirtschaftungsoptionen trugen wesentlich zur Schließung der großen bestehenden Ertragslücken bei. So konnte durch einfache Feldanpflanzungen in Kombination mit einer Nivellierung des Bodens bis zu 35% der nutzbaren Ertragslücke geschlossen werden. Mineralische N und organische Düngerapplikationen trugen mit bis zu 60% zum potenziellen Ertrag bei. Eine Kombination aus verbessertem Land- und Wassermanagement sowie einer mineralischen N-Düngung vermochte 80% der nutzbaren Ertragslücke zu schließen. Insgesamt war mineralischer N wirksamer als Gründünger oder Stallmist. Während beide Düngungsvarianten ertragswirksam waren, ergaben sich deutliche standortspezifische Unterschiede in deren Wirksamkeit in Abhängigkeit der Jahre (Niederschlagsmenge) und der Feldpositionen (Wasserverfügbarkeit). Diese Arbeit gibt Einblicke in die Ertragsleistung von Reis an verschiedenen hydrologischen Positionen und in unterschiedlichn Jahren innerhalb der Überschwemmungsebene und unterstreicht das hohe Potential einer system- und standortspezifischen Landwirtschaft für eine nachhaltige Intensivierung der Reisproduktion unter solchen hydrologisch hochgradig variablen Umweltbedingungen. Kombiniert mit Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen im "Wetlands" Konsortium tragen die hier gewonnenen Erkenntnisse zur Formulierung von Nutzungsempfehlungen und zur Politikberatung in Kilombero und an anderen vergeichbaren Standorten der Region bei.
In the German Baltic, Small Scale Fisheries (SSFs) are important elements of the region's natural and human environment. However, data available for the German Baltic SSF sector are scarce and characterised by inherent limitations which prevent the sector's determination and quantification. Furthermore, few studies have been conducted to evaluate how the sector responded to past changes in fishery resource abundance and management. The previous conditions have resulted in the sector being frequently neglected within the context of fishery governance and management, which has in turn compromised its profitability and further development. This situation could further lead to local resource overexploitation and a series of other adverse social and environmental conditions that extend beyond the (confined) limits of the SSF. The major aim of this thesis is to assess how the German Baltic SSF adapted to changes that took place in the wider Baltic region in fish resource abundance and management during 2000-2009. An important objective of the research is to explore how resource abundance and management changes impacted the structure (vessels, gears, etc.) and operation (catches, target species, etc.) of SSFs; for that matter, a thorough literature review was conducted to determine SSFs fundamental characteristics and how these characteristics affect SSFs' catches, profits, the natural environment and social dynamics of coastal communities. The research also sets forward a novel methodology for the characterisation, definition and subsequent quantification of the sector's key variables (vessels and technical characteristics, weight of landings, target species, etc.). The methodology combines disparate information and overcomes a series of limitations inherent in primary data. A major outcome is the development of a spatial regional database for the German Baltic SSF, which enables the assessment of the sector's spatial dynamics with reference to investigated changes. The research constitutes the first known quantitative definition and characterisation of the German SSF and one of the few extensive spatial databases developed specifically for SSFs globally. Results indicate that the German Baltic SSF sector is heterogeneous (i.e. vessels and practiced fishing strategies) and targets numerous different species. The sector covers a broad geographic area (large number of home ports) while secondary harbors located at rural areas exhibit high concentrations of vessels and catches (landings) (decentralisation). The sector has a confined range of operation with respect to the extent of fishing areas. These characteristics were shown to be fundamental for the sector and clearly differentiated it from the larger scale sector. Moreover, these characteristics determined to a large degree its adaptation potential to changes that occurred in the region's fish resource abundance and management. Changes in fish abundance and the management of fisheries have had a marked impact on the German Baltic SSF. The sector's landings followed closely the quotas allocation for cod and herring for the German Baltic area. Trends in landings along the area's harbors were determined by proximity of ports to productive fishing grounds. Trends in the sector's key variables (vessel numbers, fishing strategies, landings, species composition) along the study area have been influenced by the local combination of the natural and human environment [local abundance of fish stocks, presence of target species, suitability for practicing specific fishing strategy, infrastructure (e.g. processing facilities), livelihood diversification potential]. Likewise, the impact of stipulated regulations differed between the western and eastern parts. Results also indicate the importance of access to resource for the SSF, in terms of catch (landings) and revenues. The SSF has been responsive to management changes directed to the activity of the larger scale, active fishery (e.g. Odra closure to active gear). However, it only partly accommodated for the declines in the catch of the active fishery, while the latter did adapt relatively fast to the changes brought about by management alterations. The research provides an in-depth account of SSFs, their key characteristics and the limitations in their further development, while also highlighting the need for regional assessments. Although the analysis was restricted to the German Baltic, the methodology set forward by the research can be adapted to other regions. Results highlight the benefits of such an approach in the context of fisheries governance and management, while the methodology set forward can enable the extrapolation of how the SSF sector will respond to future management changes or incidents of environmental variability. ; Im deutschen Teil der Ostsee stellt die kleinskalige Fischerei ein wichtiges Element der regionalen natürlichen und anthropogenen Umwelt dar. Allerdings stehen Daten über diese Fischerei nur begrenzt zur Verfügung, wodurch die genaue Abgrenzung und Quantifizierung des Sektors nur schwer möglich ist. Darüber hinaus wurden nur wenige Studien durchgeführt, die die Auswirkungen von Veränderungen im Fischvorkommen oder im Management auf die kleinskalige Fischerei analysieren. Diese Bedingungen haben dazu geführt, dass der Sektor sowohl in der Fischereipolitik als auch in der Verwaltung regelmäßig vernachlässigt wurde. Diese Situation könnte zukünftig möglicherweise zur Übernutzung lokaler Ressourcen führen und damit eine Reihe von gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen haben, die über den (begrenzten) Umfang der kleinskaligen Fischerei hinausreichen. Das Hauptziel dieser Arbeit ist die Auswertung möglicher Auswirkungen auf die deutsche kleinskalige Fischerei durch Veränderungen im Vorkommen von Fischressourcen (Menge und Verteilung) und im Fischereimanagement in der erweiterten Ostseeregion im Zeitraum 2000-2009. Dabei wurde das Hauptaugenmerk auf die Struktur (Fahrzeuge, Ausrüstung, etc.) und die Fangaktivität (Fangmenge, Zieltierarten, etc.) gelegt. Dafür wurde zuerst eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt, um die wesentlichen Eigenschaften des Sektors identifizieren zu können, und darauf aufbauend untersucht, inwiefern diese Eigenschaften die Fänge, den Erlös, die natürliche Umwelt und die sozialen Dynamiken von Küstengemeinden beeinflussen. Die Arbeit stellt außerdem eine neue Methodik vor, die die Charakterisierung, die Definition und die darauffolgende Quantifizierung der Schlüsselvariablen des Sektors erlaubt (Fischeifahrzeuge und technische Eigenschaften, Gewicht der Anlandung, Zielarten, etc.). Die Methode kombiniert verschiedenartige Informationen und überwindet eine Reihe von Primärdaten immanenten Einschränkungen. Ein wesentliches Resultat ist die Entwicklung einer regionalen, räumlichen Datenbank der kleinskaligen Fischerei in der deutschen Ostsee, die eine Beurteilung der für den Sektor typischen Dynamik ermöglicht. Die Arbeit stellt die erste den Autoren bekannte quantitative Definition und Charakterisierung der deutschen kleinskaligen Fischerei dar und ist eine der wenigen umfangreichen räumlichen Datenbanken, die weltweit existieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsche kleinskalige Fischerei sowohl in Bezug auf die Fahrzeuge als auch auf Fangmethoden sehr heterogen ist und dabei eine große Zahl an verschiedenen Zielarten hat. Gemessen an der Zahl und Verteilung der Heimathäfen deckt der Sektor eine große geographische Fläche ab, wobei kleinere Häfen in ländlichen Gegenden eine große Anzahl von Fahrzeugen und hohe Anlandemengen aufweisen (Dezentralisierung). In Bezug auf die Ausdehnung der Fischgründe hat die kleinskalige Fischerei allerdings nur einen eingeschränkten Einsatzbereich. Diese Eigenschaften haben sich als elementar für den Sektor erwiesen und machen ihn klar abgrenzbar gegenüber industrieller Fischerei. Darüber hinaus bedingen diese Charakteristika in großem Maße das Anpassungspotenzial gegenüber Veränderungen der Fischressourcen und des Managements. Veränderungen der Fischbestände und im Fischereimanagement hatten einen deutlichen Einfluss auf die deutsche kleinskalige Fischerei. Die Anlandungen des Sektors waren eng mit der Quotenaufteilung für Dorsch und Hering für die westliche Ostsee verbunden. Die Entwicklung der Anlandemengen in den Häfen der Region wurde durch die Nähe der Häfen zu ergiebigen Fischgründen bestimmt. Die Entwicklung der Schlüsselvariablen des Sektors (Anzahl der Fischereifahrzeuge, Fangtechniken, Anlandungen, Artenzusammensetzung) innerhalb des Untersuchungsgebietes wurde durch lokalspezifische Kombinationen der natürlichen und anthropogenen Umwelt [lokaler Fischreichtum, Vorhandensein der Zielart, Eignung für die Anwendung der konkreten Fangtechnik, Infrastruktur (z.B. Verarbeitungseinrichtungen), Potential zur Diversifizierung des Lebensunterhaltes] beeinflusst. Die vorgeschriebenen Regelungen im östlichen und westlichen Teils der deutschen Ostseeküste wirkten sich unterschlich auf den Sektor aus. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zugänglichkeit zu Ressourcen, ausgedrückt durch Fang (Anlandungen) und Einkommen, für die kleinskalige Fischerei von großer Bedeutung ist. Die kleinskalige Fischerei reagierte auf Managementänderungen, die in erster Linie für die industrielle Fischerei von Relevanz waren (Schließung von Fanggebieten im Bereich der Oder für aktive Fanggeräte). Allerdings konnte die kleinskalige Fischerei nur einen Teil der entgangenen Fänge ausgleichen, wohingegen sich die industrielle Fischerei relativ schnell auf diese Managementmaßnahme einstellen konnte. Die Arbeit beschreibt ausführlich die kleinskalige Fischerei, ihre zentralen Merkmale und die Grenzen für ihre zukünftige Entwicklung, und stellt den Handlungsbedarf hinsichtlich regionaler Bewertungen dar. Auch wenn sich die vorliegende Analyse auf den deutschen Teil der Ostsee beschränkt, kann die Methodik, die durch die wissenschaftliche Untersuchung entwickelt wurde, zur Untersuchung des Themas auch in anderen Regionen angewendet werden. Die Ergebnisse zeigen die Vorteile dieser Herangehensweise auch im Kontext von Fischereipolitik und –management auf, während die Methodik Voraussagen ermöglicht, die Aussagen darüber zulassen, wie der Sektor in Zukunft auf Änderungen im Management oder auf Ereignisse in der natürlichen Variabilität reagieren wird.
Inhaltsangabe: Einleitung: In den letzten Monaten waren Zeitungsartikel mit Überschriften wie z. B. - 'Krankenhäuser zahlen Prämie für Patienten'; - 'Immer mehr Ärzte verkaufen ihre Patienten'; - 'Als Patient muss es einem mulmig werden: Ärzte überweisen Kranke nicht in das für sie beste Krankenhaus mit der besten Versorgung – sondern in die Klinik, die am meisten für die Einweisung zahlt'; an der Tagesordnung. Diese zahlreichen Artikel machen auf ein Defizit im Gesundheitswesen aufmerksam, das in der Vergangenheit schon oft Gegenstand gesundheitspolitischer Diskussionen war, jedoch nur wenig systematisch einer Problemlösung zugeführt wurde: Die Qualitätintransparenz des deutschen Gesundheitswesens: Wäre der Patient in der Lage, selbst zu beurteilen, welche Ergebnisqualität ein Krankenhaus bei bestimmten medizinischen Leistungen liefert, würde er wahrscheinlich auch selbst entscheiden, welche Einrichtung für ihn bei einem elektiven Eingriff am besten geeignet ist. Ein Blick in die entsprechende Fachliteratur zeigt, dass die Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Fachabteilungen verschiedener Krankenhäuser gewaltig sind. Ein von Herrn Dr. Ernst Bruckenberger erstellter 'Herzbericht', der jährlich neu erscheint, weist aus, dass die Mortalitätsquote von Herzzentren stark differiert, ohne dass dieser Unterschied allein mit dem Schweregrad der Eingriffe erklärt werden kann. Ein typisches Beispiel stellt die risikoadjustierte In-Hospital-Letalität in der Koronarchirurgie dar. Bei ihr lag in Deutschland die Spannweite im Jahre 2008 zwischen 0,6% bis 7,8%. Das heißt, dass im Extremfall die Sterblichkeitsquote bei vergleichbaren Krankenhausleistungen um das 13-fache voneinander abweicht. Während somit in einem Herzzentrum bei hundert Eingriffen kein Patient verstarb, waren es möglicherweise in dem nur wenige Kilometer entfernten Herzzentrum knapp acht Patienten. Derart große Unterschiede bezüglich der Sterberate bei operativen Eingriffen müssten nachdenklich stimmen und einen enorm großen gesundheitspolitischen Handlungsdruck auslösen. Doch nichts geschieht. Der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen hat schon im Jahre 2003 die Zahl der vermuteten und der angezeigten Behandlungsfehler in Deutschland auf ca. 40.000 pro Jahr und die der anerkannten Schadensersatzansprüche auf ca. 12.000 pro Jahr geschätzt. Der Anteil der so genannten 'preventable adverse events', d.h. der vermeidbaren unerwünschten Ereignisse, liegt in deutschen Krankenhäusern zwischen 2 % bis 4 %. Die neuesten Berechnungen der 'Aktion Patientenbündnis', die auf 50 internationalen Studien beruhen, haben ergeben, dass 0,1% aller Krankenhauspatienten in deutschen Kliniken wegen vermeidbarer Behandlungsfehler sterben. Hochgerechnet auf ca. 17 Millionen stationäre Krankenhausbehandlungen jährlich bedeutet dies, dass in Deutschland ca. 17.000 Patienten versterben, die bei einem verbesserten Qualitätsmanagement Jahr für Jahr überleben könnten. Die materiellen Folgekosten von ärztlichen Behandlungsfehlern werden auf ca. 10 Milliarden Euro p.a. geschätzt, was bei Gesamtausgaben für den Krankenhaussektor von 64,646 Mrd. Euro im Jahr 2007 einem Kostenanteil von rund 15% entspricht. Dementsprechend groß ist der Handlungsbedarf. Die medizinische Versorgungsqualität der Bevölkerung ist suboptimal, dies wird auch deutlich, wenn man das Effizienzranking der OECD heranzieht. Hier belegt das Gesundheitssystem der BRD den 23. von 24 Plätzen. Für die Ineffizienz des deutschen Gesundheitswesens spricht auch, dass Deutschland bei der Überlebenswahrscheinlichkeit bei vielen lebensbedrohlichen Krankheitsbildern einen der hinteren Ränge belegt. So lag Deutschland bei der 5-jährigen Überlebenswahrscheinlichkeit beim Gebärmutterhalskrebs und beim Brustkrebs jeweils auf dem 18. von 19 Plätzen, beim Myokardinfarkt auf Rang 20 bei 24 Rängen. Demgegenüber liegt Deutschland bei den Gesundheitsausgaben im internationalen Vergleich der OECD auf Rang vier. Insgesamt wurden 30 Nationen zu diesem Vergleich herangezogen. Die Gesundheitsausgaben lagen in Deutschland im Jahre 2007 bei 10,4% des BIP; der OECD-Durchschnitt lag nur bei 8,9%. Die Kennzahlen machen eines deutlich: Auf dem deutschen Gesundheitswesen lastet ein sehr hoher Handlungsdruck in Richtung mehr Versorgungsqualität und Effizienz. Bei entsprechender Transparenz hätte deshalb auch das zu Beginn erwähnte Prämiensystem keine Chance mehr und die betreffenden Einrichtungen wären gezwungen, sich ihren Qualitätsmängeln zu stellen. Warum dies heute noch nicht der Fall ist und wie solchen Fehlanreizen im Krankenhauswesen durch mehr Transparenz entgegengesteuert werden kann, ist Gegenstand dieser Diplomarbeit. Dabei beschränkt sich die Arbeit nicht darauf, verschiedene Qualitätsbegriffe und deren Messung zu beschreiben. Vielmehr soll, nachdem ein praktikabler Qualitätsbegriff gefunden wurde, in einem zweiten Schritt ein Vergütungssystem entwickelt werden, das mit dazu beiträgt, dass sich der Einsatz eines Krankenhauses für mehr Versorgungsqualität auch wirklich lohnt. Denn vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Qualitätsdefizite im Gesundheitswesen verwundert es schon sehr, dass bis heute im deutschen Gesundheitswesen nur die Leistung, ohne explizite Berücksichtigung der dabei erbrachten Qualität, vergütet wird. Die Versorgungsqualität spielt heute, abgesehen von Ausnahmesituationen, noch immer keine signifikante Rolle bei der Höhe der Vergütung von Krankenhausleistungen. Ziel dieser Diplomarbeit ist deshalb, ein Vergütungssystem für den Krankenhaussektor zu entwickeln, welches die Qualität der erbrachten Leistung in den Mittelpunkt des Leistungsgeschehens eines Krankenhauses stellt. Dabei wirkt ein solches Vergütungssystem auch effizienzsteigernd, weil durch eine höhere Qualität immer auch weniger Ressourcen benötigt werden, da Behandlungsfehler, deren Beseitigung oft sehr kostenintensiv ist, häufiger vermieden würden. Wenn darüber hinaus auch die Öffentlichkeit von den Qualitätsunterschieden einzelner Einrichtungen erfährt, indem ein einfaches und allgemeinverständliches Krankenhaus-Klassifikationssystem Auskunft darüber gibt, welcher Qualitätsstufe das jeweilige Krankenhaus angehört, dann hätte dies wahrscheinlich folgende unmittelbaren Folgen: Das Krankenhausmanagement würde sich persönlich um eine hohe Versorgungsqualität kümmern, weil die Höhe der Vergütung durch die Qualität der erbrachten Leistung unmittelbar beeinflusst wird. Die öffentliche Meinungsbildung beeinflusst die Patientenströme, was das Krankenhausmanagement dazu zwingt, sich mehr um die Zufriedenheit seiner Patienten zu kümmern.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis 1.Einführung1 1.1Problemstellung1 2.Der Krankenhausmarkt4 2.1Die Bedeutung des Krankenhausmarkts4 2.2Entwicklungen im Krankenhausmarkt5 2.3Gesetzliche Restriktionen im Krankenhausmarkt und deren Auswirkungen auf den Wettbewerb8 2.4Gesetzgeberische Konsequenzen auf dem Krankenhausmarkt der Zukunft11 3.Das Produkt 'Gesundheit' und dessen Bewertung17 3.1Das Produkt 'Gesundheit'17 3.2Die Qualität von Krankenhäusern19 3.3Dimensionen der Qualität von Krankenhäusern20 3.3.1Strukturqualität21 3.3.2Prozessqualität21 3.3.3Ergebnisqualität21 3.3.4Patientenzufriedenheit als vierte Qualitätsdimension24 3.4Versorgungsqualitäten als Qualitätsbegriff zur Etablierung eines p4p-Ansatzes25 4.Die Messung der Versorgungsqualität in Hinblick auf den 'pay for performance'-Ansatz (p4p)26 4.1Die Messung von Struktur – und Prozessqualität mittels eines einrichtungseigenen Qualitätsmanagements27 4.1.1Etablierte Zertifizierungsverfahren29 4.1.2KTQ-Verfahren (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen)33 4.2Die Messung von Ergebnisqualität36 4.2.1Die vergleichende Qualitätssicherung gemäß § 137 SGB V (BQS-Verfahren)38 4.2.2Die Verwendung von Abrechnungsdaten (Helios-Verfahren)42 4.2.3Die Bewertung der Qualitätsmessung auf Basis von BQS und von Abrechnungsdaten (Helios-Verfahren) im Hinblick auf den p4p-Ansatz46 4.2.4Das QSR-Verfahren47 4.2.5Die Bewertung des QSR-Verfahrens im Hinblick auf den p4p-Ansatz50 4.3Die Messung von Patientenzufriedenheit51 4.3.1Aufbau und Anforderungen an eine schriftliche Patientenbefragung52 4.3.2Exkurs: Die Patientenbefragung der Sächsischen Zeitung (SZ)53 4.3.3Die Durchführung der Patientenbefragung im Rahmen eines p4p-Ansatzes54 4.4Zusammenfassende Bewertung der in Deutschland gängigen Verfahren zur Messung von Versorgungsqualität55 5.Der p4p-Ansatz als Instrument zur Weiterentwicklung des G-DRG Vergütungssystems56 5.1Der p4p-Ansatz56 5.2Internationale Erfahrungen mit dem p4p-Ansatz58 5.2.1Die p4p-Ansätze in den USA59 5.2.2Der p4p-Ansatz in Großbritannien63 5.2.3Bewertung der p4p-Ansätze beider Länder67 5.2.4Schlussfolgerungen für einen p4p-Ansatz in Deutschland68 5.3Die ordnungspolitischen Voraussetzungen für einen p4p-Ansatz in Deutschland69 5.3.1Die Organisation der Integrated Healthcare Association70 5.3.2Die Agentur für Qualitätsverbesserung im Krankenhauswesen (AFQK)72 5.3.2.1Die Aufgabenstellung der AFQK72 5.3.2.2Die Aufbauorganisation der AFQK74 5.3.2.3Die Finanzierung der AFQK76 5.4Gewichtung der Versorgungsqualitätsindikatoren im Hinblick auf die Umsetzung des p4p-Ansatz in Deutschland77 5.4.1Qualitätsindikatoren zur Messung von Struktur- und Prozessqualität80 5.4.2Qualitätsindikatoren zur Messung von Ergebnisqualität und Patientenzufriedenheit86 5.5Die Notwendigkeit der Veröffentlichung von Qualitätsinformationen im Rahmen der Einführung eines p4p-Vergütungsmodells in Deutschland91 5.6Der Entwurf eines public disclosure – Konzepts zur Implementierung eines p4p-Ansatzes in Deutschland93 5.7Der p4p-Ansatz als lernendes System96 6.Die finanziellen Konsequenzen des p4p-Ansatzes für die Krankenhäuser und deren Auswirkungen auf die in der Arbeit formulierten Hypothesen97 7.Fazit und Konsequenzen103 Anlageverzeichnis103 Anhang104 Literaturverzeichnis120Textprobe:Textprobe: Kapitel 5.2.3, Bewertung der p4p-Ansätze beider Länder: Beim direkten Vergleich der verschiedenen p4p-Ansätze in den USA und dem einheitlichen Ansatz in Großbritannien ist bemerkenswert, dass gerade in dem staatlich organisierten britischen Gesundheitswesen der variable Vergütungsanteil des p4p-Ansatzes viel höher ist als in dem marktwirtschaftlich orientierten Gesundheitswesen in den USA. In den Vereinigten Staaten macht der qualitätsabhängige Anteil zwischen 5 % bis 20% der Ärztehonorare aus. Hingegen liegt dieser Anteil beim britischen Ansatz bei bis zu 40%. Auch wird in Großbritannien viel zusätzliches Geld zur Umsetzung des p4p-Ansatzes eingesetzt, während dessen in den USA versucht wird, durch Effizienzsteigerungen das Budget besser auszunutzen. Auch weichen die Messverfahren voneinander ab. Die Systeme in den USA definieren meist relative Leistungsschwellen, wie z.B. die obersten 20% bei der Diabetesvorsorge. Im QOF hingegen werden die Leistungen an Hand des oben erläuterten festgelegten Kriterienkatalogs ermittelt. Beim Vergleich der Messung von Qualität ist auffällig, dass die amerikanischen p4p-Programme wesentlich einfacher konzipiert sind, d. h. es wird mit weniger Qualitätsindikatoren gearbeitet. Der IHA-Ansatz baut z.B. auf nur 68 Indikatoren auf und der des QOF in Großbritannien hingegen auf 146 Indikatoren. Ein weiterer Unterschied ist, dass bei dem IHA-p4p-Ansatz nur die reinen Vorsorgeuntersuchungen qualitätsorientiert honoriert werden. Die Teilnahme von Patienten an einer Vorsorgeuntersuchung hat jedoch nur wenig mit einem qualitätsorientierten Vergütungssystem zu tun, so dass der IHA-Vergütungsansatz nur bedingt zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität führt. Demgegenüber hängt die Vergütung von Vorsorgeuntersuchungen in Großbritannien primär von der Qualität der erbrachten Leistung ab, so dass diese Leistung nur in Einrichtungen vergütet wird, die den klar definierten Qualitätsanforderungen entsprechen. Schlussfolgerungen für einen p4p-Ansatz in Deutschland: Die wohl wichtigste Erkenntnis aus beiden Ländern ist, dass trotz erheblicher konzeptioneller Schwächen, insbesondere bei den p4p-Ansätzen in den USA, qualitätsverbessernde Effekte zu verzeichnen sind, auch wenn diese Anreizsysteme erst seit kurzem im Einsatz sind und dadurch die Validität der Aussagen bisher noch eingeschränkt ist. Dies geht mit der im Gliederungspunkt 5.1 beschriebenen positiven Einschätzung des 'Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen' einher, bei dessen Analyse die meisten Studien positive Resultate des p4p–Ansatzes aufweisen konnten. Die zusätzlichen positiven Folgen der Veröffentlichung von Qualitätsinformationen (public disclosure) haben in beiden Ländern bisher nicht zu einer Häufung von Schließungen von Krankenhäusern geführt. Dies ist das häufigste Argument von Lobbyisten gegen p4p und public disclosure. Laut des 'Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen' hat sich in vielen Studien gezeigt, dass die Veröffentlichung von Qualitätsinformationen sich positiv auf das interne Qualitätsmanagement und die Prozessqualität der Krankenhäuser ausgewirkt hat. Damit stehen p4p-Ansätze und public disclosure (Veröffentlichung von Qualitätsinformationen) nicht im Widerspruch zum Grundgesetz und dessen Prinzip der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und führen aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht zur Unterversorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen. Vielmehr geben public disclosure und p4p den interessierten Patienten die Möglichkeit sich zu informieren und führen zu einer erhöhten Effizienz der Allokation von sehr knappen Ressourcen im Gesundheitswesen. Eine ebenfalls wichtige Erkenntnis für einen p4p-Ansatz in Deutschland ist, dass sowohl die USA als auch Großbritannien aktuell noch in einem großen Umfang die Struktur- und Prozessqualität honorieren. Dadurch werden zunächst bessere Versorgungsstrukturen wie z. B. eine effektivere IT-Infrastruktur, Anreize zur Weiterbildung von Ärzten oder moderne Behandlungsmethoden beschleunigt eingeführt. Dies ist, wie im Gliederungspunkt 3.2 beschrieben, insoweit sinnvoll, als eine bessere Struktur- und Prozessqualität Voraussetzung für eine höhere Versorgungsqualität ist. Auch tragen derartige Leistungsanreize mit dazu bei, dass der Investitionsstau im Krankenhaussektor gezielt abgebaut werden kann. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die Berücksichtigung von 'harten' Ergebnisqualitätsindikatoren, wie z.B. die Sterblichkeitsquote, bei der Vergütung in beiden methodischen Ansätzen noch relativ schwach entwickelt ist. Eine Systemübertragung der amerikanischen und britischen Version des p4p-Ansatzes auf das deutsche Krankenhaussystem erscheint deshalb nur bedingt zielführend.
Einstellung zum Autofahren, zum Autokauf, zur Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und öffentlichem Nahverkehr. Einstellung zum Straßenverkehr und den Umweltbelastungen durch das Auto.
Themen: Einstellung zum Straßenverkehr (Skala): Perzipierte Unfallgefahr durch zunehmende Verkehrsdichte; Verärgerung über zugeparkte Fuß- und Radwege; Beurteilung der Grünphasendauer für Fußgänger; Gefahr des Straßenverkehrs für Kinder; Rücksichtslosigkeit vieler Autofahrer; Lärmbelästigung durch Autos in Wohngebieten; Mißachtung von Verkehrsregeln durch Radfahrer; generell überhöhte Geschwindigkeit im Verkehr; Fußgängerfeindlichkeit der Städte; Luftverschmutzung durch Autoabgase; Forderung nach vermehrter polizeilicher Kontrolle des ruhenden Verkehrs; Fußgänger als Freiwild; Einschätzung der Effektivität von Protestaktionen gegen die Autoflut; undiszipliniertes Verhalten von Motorradfahrern; Probleme durch Pendlerverkehr; Überlegenheit des Fahrrads gegenüber dem Auto im Berufsverkehr; Präferenz für ein autofreies Wochenende; Einstellung zu Führerschein und Nummernschild für Fahrradfahrer; Innenstadtüberlastung durch den Autoverkehr.
Einstellung zur Verkehrssituation (Skala): Perzipierte Verbesserung der Verkehrsdisziplin in den letzten Jahren; Auto als optimales Verkehrsmittel; Präferenz für häufigere Verkehrskontrollen und für die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs anstelle des zusätzlichen Straßenbaus; attraktivere Innenstädte durch autofreie Zonen; Begrenzung der Tempo-30- Zonen auf Wohngebiete; Einstellung zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Autobahnen; Präferenz für eine weitgehende Einschränkung des privaten Autoverkehrs; Einstellung zur Null-Promille-Grenze; perzipierte Verbesserungsmöglichkeiten des Verkehrsflusses durch Verkehrssteuerungen, z.B. grüne Welle und Stauwarnungen; Verlagerung des Straßenverkehrs unter die Städte; Einstellung zu preiswerten Sammeltaxen mit vorgegebenen Routen; Verringerung der innerstädtischen Verkehrsbelastung durch Verknappung von Parkmöglichkeiten; Straßenbahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel; Vorrangschaltung für öffentliche Verkehrsmittel; Einstellung zu einem gemeinsamen Fahrschein für alle Nahverkehrsmittel; Umsteigeabsicht auf öffentliche Verkehrsmittel bei bedarfsgerechtem Verkehrsangebot; Einstellung zum Rechtsabbiegerpfeil an Kreuzungen mit Ampelregelung.
Einschätzung der Entwicklung von Nahverkehrsmitteln: Erwartete zukünftige Nutzungshäufigkeit von PKW, PKW-Fahrgemeinschaft, Sammeltaxen und Taxen, Autobus, Motorrad, Moped, Fahrrad, Straßenbahn, Kleinbahnen für den Pendelverkehr im Stadtbereich, S-Bahn, U-Bahn, Bundesbahn und Schiff.
Einschätzung der Entwicklung von Fernverkehrsmitteln: Erwartete zukünftige Nutzungshäufigkeit von PKW, PKW- Fahrgemeinschaft, Autobus, Motorrad, Bundesbahn, Autoreisezug, Magnetschwebebahn, Flugzeug und Schiff.
Alltagsmobilität: Gründe für Immobilität; Gesamtzahl und Zeitbudget für die täglichen Wege; Gesamtzahl und Art der täglichen Aktivitäten; Hauptverkehrsmittel und insgesamt genutzte Verkehrsmittel; zurückgelegte Entfernung pro Tag.
Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel: Nutzungshäufigkeit; Besitz einer Zeit-, Abo- oder Netzkarte für öffentliche Verkehrsmittel; Nutzung von Park + Ride; zu Fuß erreichbare Haltestellen; Entfernung zu den Haltestellen von Bundesbahn, Bahnbus, Postbus, städtischen Bussen, privaten Bussen, U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und Taxis.
Vor- und Nachteile öffentlicher Nahverkehrsmittel: Beurteilung von Preis, Taktfrequenz, Überfüllung, Pünktlichkeit, Komfort, Sauberkeit, nächtlicher Verfügbarkeit und Sicherheit, fehlendem Zugpersonal, Sicherheit bei schlechten Witterungsverhältnissen und Flexibilität; Auto als Ergänzung oder Gegensatz zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Charakterisierung der öffentlichen Nahverkehrsmittel: Nervenschonung; Wegfall lästiger Parkplatzsuche; benutzerfeindliche Fahrkartenautomaten; schwer verständliche Fahrpläne; Nutzung der Fahrzeit zum Lesen; zeitaufwendige schlechte Verbindungen; Beitrag zum Umweltschutz; Belästigung durch andere Fahrgäste; Akzeptanz eines längeren Fußwegs zur Haltestelle.
Ansprüche an die Betreiber öffentlicher Nahverkehrsmittel: Wettersichere Haltestellen; schneefreie Zugänge im Winter; tägliche Überprüfung von Rolltreppen und Fahrkartenautomaten; mehr Sorgfalt bei Pflege und Gestaltung von Bahnsteigen; dichteres Haltestellennetz; mehr Stellplätze bei Park + Ride; bessere Sicherheit bei Park + Ride-Stellplätzen; Höflichkeit des Personals.
Wichtigste Vor- und Nachteile öffentlicher Verkehrsmittel.
Umweltorientierung des Befragten: Interesse am Thema Umwelt; Vergleich der Wirksamkeit von umweltfreundlichen wie herkömmlichen Wasch- bzw. Reinigungsmitteln; Zerstörung der Lebensgrundlagen durch den technischen Fortschritt; vermutetes Übertreiben bei den Umweltproblemen; Einstellung zur modernen Medizin; Verantwortbarkeit von Kinderwunsch; perzipierte Verbesserung der Umweltsituation; Resignation beim eigenen umweltbewußten Verhalten angesichts der Umweltschädigung durch die Industrie; glücklicheres Leben in früheren Zeiten; allgemeine Zuversicht in der Lösung von Umweltproblemen; Nutzenhaftigkeit eines Umstiegs vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel; Zustimmung zum Verbot umweltbelastender Sportarten; Einschätzung der Glaubhaftigkeit der Informationspolitik der Bundesregierung in Umweltfragen; eigene Hilflosigkeit angesichts komplizierter Technik; Einstellung zur Schließung umweltschädigender Betriebe und zu einem Tempolimit; technischer Fortschritt im Dienste der Herstellung von Vernichtungswaffen; Hedonismus; Schwierigkeiten beim Einschätzen umweltfreundlicher Produkte; Nutzung des Sortierens von Hausmüll; Kernenergie als umweltfreundlichste Energie; Wunsch nach glaubwürdigen Informationsquellen zum Thema Umwelt; Verbot von Spraydosen zum Schutz der Ozonschicht; Präferenz für eine autofreie Innenstadt; Interesse an Mitgliedschaft in einer Umweltschutzorganisation; Umweltschutz als Unterrichtsfach an Schulen; Selbsteinschätzung als nüchterner und sachlicher Betrachter der Welt. Akzeptanz eines erhöhten Strompreises für alternative Energien; eigene Ratlosigkeit bezüglich der Möglichkeiten zum Umweltschutz; Umweltfreundlichkeit der Produkte als Argument für überhöhte Preise; Arbeitslosigkeit oder Umweltverschmutzung als größeres Problem; Selbsteinschätzung des eigenen umweltbewußten Verhaltens; Präferenz für eine politische Förderung alternativer Energien; Einstellung zu Demonstrationen für den Umweltschutz; Einschätzung der Umweltschutzbemühungen der Industrie; Unbedenklichkeit von Lebensmitteln; Einschätzung der technischen Lösbarkeit aller Umweltprobleme; Bereitschaft, längere Einkaufswege für Nahrungsmittel aus biologischem Anbau in Kauf zu nehmen; Einstellung zum getrennten Sammeln von Müll über Papier und Glas hinaus; Bedeutung der Grünen für das allgemeine Umweltbewußtsein; Einschätzung des Gesundheitswerts biologischer Nahrungsmittel; Verzicht auf Kernenergie wegen der Verantwortung für künftige Generationen; die Bedeutung des Umweltschutzbeitrags eines jeden Einzelnen; Kaufverzicht bei Produkten von Umweltverschmutzern; Bevorzugung von Lebensmitteln ohne Konservierungsstoffe.
Einschätzung der Folgen von Umweltschutzpraktiken im Alltag hinsichtlich ihrer allgemeinen Wirksamkeit und der eigenen Nutzung: Einstellung zur Wirksamkeit von Verbraucherzentralen; Beachtung von Sondermüllbestimmungen; Benutzung von Recyclingpapier und von Nachfüllpackungen; Verwendung biologisch abbaubarer Reinigungsmittel; Sortieren von Hausmüll und Ablehnung von Plastiktüten für den täglichen Einkauf; sparsamer Trinkwasserverbrauch; Verzicht auf Kunstdünger und auf Getränke in Aluminiumdosen; Verwendung wasserlöslicher Lacke; Verzicht auf Produkte mit giftigen Inhaltsstoffen; Verwendung biologisch angebauter Lebensmittel; Ablehnung unnötiger Verpackungen; Anschaffung energiesparender Haushaltsgeräte; Verzicht auf Einweggeschirr; Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel; nachträglicher Katalysatoreinbau; Verzicht aufs Auto für Kurzstrecken.
Zustimmung zu ausgewählten Maßnahmen im Umweltschutz, wie z.B. intensivere Verbraucheraufklärung, Extraregale für umweltfreundliche Produkte in Geschäften, Kauf von Spraydosen mit Umweltschutzkennzeichen, Präferenz für ´offene´ Waren und Getränke in Pfandflaschen; Diskrepanz zwischen schöner Verpackung und Produktqualität; Einstellung zum Erhalt der Naturschutzgebiete in Ostdeutschland zu Lasten des Straßenbaus.
Einstellung zur Umweltbelastung durch Auto und Verkehr (Skala): Erwartete Lösung von Umweltproblemen durch moderne Motorenkonzepte; Präferenz für umweltfreundliche statt leistungsstärkere Motoren; Auto als größter Umweltverschmutzer; Bereitschaft zum völligen Verzicht auf das Auto; Wünschbarkeit einer hohen Recyclebarkeit von Autos und einer Rücknahmeverpflichtung des Herstellers zur Rohstoffrückgewinnung; Einstellung zu finanziellen Anreizen für umweltbewußtes Verhalten von Autofahrern; Landschaftszerstörung durch Straßenbau; Einstellung zu gesetzlichen Zwängen zur Erstellung umweltfreundlicher Autos; Umweltfreundlichkeit des Katalysators und der Dieselabgase; Einstufung der Umweltfreundlichkeit von Dieselautos.
Meinungen zu den Folgeerscheinungen des PKW-Verkehrs: Perzipierte Zunahme des PKW-Verkehrs am Wohnort und Einstufung dieser Entwicklung; Erträglichkeit der Folgeerscheinungen des PKW-Verkehrs und erwartete Verbesserungen durch weiteren Straßenbau.
Einstellung zur Zukunft des Automobils: Zukunft ohne Auto vorstellbar; Stärkung der zentralen Bedeutung des Autos durch elektronische Verkehrsleitsysteme; Erforschung alternativer Energiequellen wie Rapsöl, Alkohol oder Wasserstoff für den Autoantrieb; Heimarbeit als Beitrag zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens; Zukunftschancen des Elektroautos; Wunsch nach staatlicher Förderung für die Anschaffung eines Elektroautos; Ablehnung des Elektroautos wegen umweltgefährdender Chemikalien in den Batterien; Solarauto als besonders umweltfreundlich; kombinierter Antrieb durch Elektro- und Verbrennungsmotor als Schritt zum umweltfreundlichen Auto; Einstellung zu Autobahngebühren.
Detaillierte Erfassung aller im Haushalt verfügbaren Fahrzeuge wie Fahrrad, Auto, Campingbus, Wohnmobile, Wohnwagen und deren Nutzung im Alltag oder in der Freizeit; Anzahl der PKWs im Haushalt; Abstellmöglichkeit der eigenen PKWs in einer Garage oder am Straßenrand; Entfernung der Abstellmöglichkeit zur Wohnung; Führerscheinbesitz und Führerscheinklasse; Personenzahl im Haushalt mit PKW-Führerschein sowie Führerscheinklasse; Absicht zum Erwerb eines Führerscheins; Häufigkeit des Autofahrens bzw. Nutzung von Mitfahrgelegenheiten; Kraftfahrzeugfahren als Bestandteil des Berufs.
Wichtigste Probleme und Schwierigkeiten im Straßenverkehr: Staus; Rücksichtslosigkeit anderer Verkehrsteilnehmer; Spurwechsel ohne Blinkanzeige; Verkehrsberuhigungsmaßnahmen; Autoabgase beim Kolonnefahren; Überholmanöver von Lastwagenfahrern; Orientierungsprobleme in fremden Städten; viele Tempo-30-Zonen; zu viele LKWs auf den Straßen; zu wenig grüne Welle; Motorradfahrer im Pulk und beim Durchschlängeln; Schilderwald; Baustellen und Umleitungen; undisziplinierte und unbeleuchtete Radfahrer; permanente Unfallgefahr; Verkehrslärm und Verkehrsstauungen auf der Autobahn; Geschwindigkeitsbegrenzungen; Parkplatzsuche; unachtsame Fußgänger; unangemessene Winterausrüstung vieler Autos; ängstliche, unsichere und leichtsinnige Autofahrer.
Einstellung zum Autofahren (Skala): Entspannung oder Spaß beim Autofahren; Autofahren als Notwendigkeit; Reduzieren der eigenen Geschwindigkeit aus Umweltgründen; Spaß am Schnellfahren auf der Autobahn; Verzicht auf Autofahren bei Nebel und Schnee; Angstgefühle und empfundene Anstrengungen beim Autofahren; Höflichkeit beim Autofahren; Autofahren als anstrengende Arbeit; Sportautos führen zu aggressivem Fahrstil; Spaß an kurvenreichen Strecken; Einstellung zum Automatikgetriebe; Fahrgenuß auf kleinen Landstraßen; dichtes Auffahren und Einsatz der Lichthupe bei Eile; Bedeutung zusätzlicher Sicherheitsreserven durch einen starken Motor; Tempolimit führt zu unkonzentriertem Fahren; Selbsteinstufung als sicherer Fahrer; gutes Gefühl durch müheloses Überholen anderer; defensive Fahrweise auch bei Zeitverlust; Risiko als Reiz des Autofahrens; Interesse an kleinen Wettrennen, z.B. beim Start an der Ampel.
Eigentümer des hauptsächlich gefahrenen PKWs; Kauf oder Leasing; jährliche Kilometerleistung; Ausnutzung der möglichen Höchstgeschwindigkeit; Besitz von Autotelefon oder Mobilfunk; private Nutzungsmöglichkeiten eines Geschäftswagens; Entscheidungsträger beim Kauf des Geschäftswagens.
Einstellung zum Auto (Skala): Wöchentliches Autowaschen; Freude am ziellosen Fahren und Imponieren mit dem Auto; Sparsamkeit oder Großzügigkeit beim Autokauf; Funktionalität des Autos im Vordergrund; Auto als Ausdruck des Lebensstils; Image der deutschen Automarken; Begeisterungsfähigkeit fürs Auto; das Auto als Symbol für Freiheit und Ungebundenheit; Auto als interessanter Gesprächsstoff; Understatement beim Auto; Kleinwagen im Stadtverkehr ausreichend; berufliche Nutzung oder Freizeitnutzung als Auswahlkriterien beim Autokauf; Auto als kurzfristiges oder langfristiges Konsumgut; Präferenz für schonende Fahrweise und Fahrkomfort; Interesse am jeweils neuesten Modell; Wichtigkeit des gepflegten Aussehens eines Autos; Leben ohne Auto als eine schreckliche Vorstellung; Bereitschaft, den PKW zu verleihen; Auto als Prestigeobjekt und Vergabe eines persönlichen Namens für das Fahrzeug.
Meinung zu ausländischen Autos: Charakterisierung japanischer, italienischer, englischer, skandinavischer, amerikanischer, tschechischer und deutscher Fahrzeuge sowie ausländischer Fahrzeuge allgemein (Image); Herstellerland des präferierten PKW.
Detaillierte Beurteilung der KFZ-Produkte aus den Herstellerländern Deutschland, Großbritannien, Japan, Schweden, Frankreich, Italien, Korea und USA (Split: Pro Interview wurden je zwei Länder gegenübergestellt): Beurteilung der Kraftfahrzeugprodukte bezüglich Verarbeitungssorgfalt, Design, Lebensdauer, Rohstoffqualität, Innovation, Prestige, Ausstattungsstandard, Forschungsstand, Konkurrenzfähigkeit, Umweltfreundlichkeit, Markenvertrauen, Marktanteil, Messepräsenz, Ideenreichtum, Ansehen auf dem Gebiet der Autotechnik, Modellpalette, Werkstattnetz, Zuverlässigkeit der Werkstätten, Image als Kleinwagen-, Oberklasse- oder Sportwagenbauer, Preis-Leistungsverhältnis.
Einstellung zum Autokauf (Skala): Bedeutung von serienmäßigen Extras; Ansprüche an Innenausstattung, Qualität und Hochwertigkeit der verwendeten Materialien; Bevorzugung eines sportlich schnellen Autos oder eines Familienautos; Umweltverträglichkeit, technische Finessen, Motortyp, Prestige, Preisgünstigkeit, Neuwertigkeit und Markentreue als Kriterien für den Autokauf; Entscheidung des Familienrates; Bedeutung von Automobilwerbung; Erwägen eines Wagenwechsels.
Einstellung zur Autotechnik (Skala): Wichtigkeit technischer Hilfsmittel zur Erleichterung des Autofahrens; Selbsteinstufung der Kenntnisse im Bereich der Autotechnik; Interesse an technischen Details oder Beschränkung auf die Funktionsfähigkeit eines Autos; Elektronik und Computer im Fahrzeugbau; erhöhte Zuverlässigkeit durch komplizierte Technik; Präferenz für höchstmöglichen technischen Sicherheitsstandard; Spaß an hoch technisierten Autos; Selbstreparatur; die Bedeutung passiver Sicherheit wie Airbag und ABS; hohe Geschwindigkeiten und Überforderung der meisten Fahrer; Hochleistungsautos bieten erhöhte Sicherheit.
Einstellung zum Design (Skala): Interesse am zeitlosen Design und an seltenen Autos; Vergleich des früheren Autodesigns mit dem heutigen; Einstellung zum Windkanalstyling und zum extravaganten Design für Autos; Bedeutung des sportlichen Aussehens eines Autos und Wichtigkeit von Spoiler und tiefer gelegtem Fahrwerk; Unterschiedslosigkeit des Designs der heutigen Fahrzeuge; Interesse an individueller Formgebung bei einem Fahrzeug.
Erwartungen an die Kraftfahrzeugwerkstatt und den Kundendienst (Skala): Wichtigkeit von Terminabsprachen, Gesprächen mit dem Werkstattmeister, Anfahrtswegen, termingerechten Abwicklungen von Wartungsarbeiten, detaillierter Kostenabrechnung, Informiertheit bei zusätzlichen Reparaturen, kurzfristigen Terminabsprachen, Vertrauen in die Werkstatt und kostenlosen Leihwagen bei längeren Reparaturen; Präferenz für ein dichtes Werkstattnetz des KFZ-Herstellers; gute Kundenbetreuung und Wunsch nach Service außerhalb der Öffnungszeiten; empfundene Werkstattabhängigkeit durch hochtechnisierte Autos.
Einstellung zum Tuning und zum Leasen von Fahrzeugen (Skalen): Detaillierte Erfassung der Kaufkriterien für ein Auto und Ansprüche an die Ausstattung; Service und Kosten des Kraftfahrzeugs wie Versicherung, Steuer und Finanzierungsmöglichkeiten als Kriterien für den Kauf; Kaufanlaß; Markenbekanntheit und Sympathie für die Kraftfahrzeugmarken; Herkunftsland und Klasse der vom Befragten sowie von den übrigen Haushaltsmitgliedern gefahrenen Fahrzeuge; Klassifikation des Fahrzeuges nach einer Bildvorlage; Marke und Modell des früheren PKW-Besitzes und Anzahl der vorher gefahrenen PKW; erstes besessenes Fahrzeug (Einstiegsmarke); Kaufbereitschaft für eine andere Marke oder ein anderes Modell; Einstellung zu Cabrios, Sportwagen, Geländewagen, Großraumfahrzeugen, Dieselmotoren und Kombis; Bekanntheitsgrad von Kraftstoff- bzw. Benzinmarken; verwendete Kraftstoffsorte (bleifrei, Super) und Motorenöle; verwendete Ölqualität; Ölwechsel und Altölentsorgung; Kreditkartenbesitz von einer Mineralölgesellschaft; Bekanntheitsgrad von Reifenmarken und verwendeter Reifentyp; Verwendung von Sommerreifen und Winterreifen; Einkaufsquellen für Autozubehör und Autopflegemittel; Haftpflichtversicherung und Kaskoversicherungen für das Fahrzeug; Autorechtsschutzversicherung und Schutzbrief; Mitgliedschaft in einem Automobilclub; Lebensphase des Befragten; Telefonbesitz; Ortsgröße; Mediennutzung; Werbefernsehen.
Demographie: Alter (klassiert); Geschlecht; Familienstand; Schulbildung; Beruf; berufliche Position; Berufstätigkeit; Einkommen; Haushaltseinkommen; Haushaltsgröße; Haushaltszusammensetzung; Haushaltungsvorstand; Anzahl der Erwachsenen im Haushalt; Bundesland.
Beschreibung der Haushaltskonstellation (Haushaltsmatrix genannt). Familienstand und Angaben zur Partnerschaft. Sprache im Haushalt. Bildung, Beruf, Erwerbstätigkeit, Mobilität. Migrationshintergrund der Auskunftsperson, der Eltern und Großeltern. Kinder im Haushalt und außerhalb.
Themen: Erfassung der Haushaltsstruktur: In der Haushaltsmatrix wurden detailliert die Personenmerkmale aller Personen im Haushalt abgefragt sowie deren Beziehungen um das Zielkind zu identifizieren.
Haushaltsgröße; Kinderzahl; Anzahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt; Beziehung der Auskunftsperson zur Zielperson; Angaben zu Familienstand und Partnerschaft der Auskunftsperson: Hochzeitsjahr, Trennungsjahr bzw. Scheidungsjahr, feste Partnerschaft und Beginn des gemeinsamen Haushalts mit dem Partner;
Für max. 9 Kinder: Geschlecht; Alter (Geburtsmonat und Geburtsjahr); leibliches, Adoptiv-, Pflege- oder Stiefkind; gemeinsames Kind mit dem Partner; gemeinsames Sorgerecht bzw. Sorgeberechtigter; Geburtsland; deutsche Staatsbürgerschaft; Bildung: höchster Schulabschluss; abgeschlossene Berufsausbildung; Hauptaktivität; Schulbesuch; Betreuungssituation (Kindertageseinrichtung, Tagesmutter, andere Person oder ausschließliche Betreuung in der Familie); Wochenstunden in der Betreuungseinrichtung; besuchte Schulform; Art der beruflichen Ausbildung.
Angaben über das Zielkind von 0 bis 6 Jahren: Sprache zwischen Zielperson und Auskunftsperson bzw. zwischen Zielperson und Geschwistern; konkrete Angaben zur Betreuungssituation: Betreuungsperson und Wochenstunden; Gründe für die Nichtinanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung; hypothetische Entscheidung für eine Kindertagesstätte bei Vorliegen ausgewählter Voraussetzungen; frühere Unterbringung des Kindes in einer Kindertageseinrichtung oder bei einer Tagesmutter und Alter des Kindes zum damaligen Zeitpunkt; Angaben zur derzeit besuchten Kindertageseinrichtung: Träger; Eintrittszeitpunkt; Höhe der monatlich anfallende Kosten; Öffnungszeit; Schließzeit, Schließung über Mittag; Öffnungszeiten entsprechen dem persönlichen Bedarf; Wunsch nach Anpassung der Öffnungszeiten morgens, mittags oder abends; passende Öffnungszeiten an Samstagen und in den Ferien; übliche Bring- und Abholzeit; Bring- und Abholzeit jeden Tag gleich; Mittagstischangebot; Inanspruchnahme des Mittagessens; weitere Angebote der KITA: Sprachförderung, Naturwissenschaften, Computer, Fremdsprachen; Teilnahme des Kindes an diesen Angeboten; Nutzung ausgewählter Zusatzangebote für die Eltern; Häufigkeit von Elterngesprächen im letzten Jahr; Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung in der Einrichtung hinsichtlich ausgewählter Aspekte (z.B. Gruppengröße und Öffnungszeiten) sowie insgesamt; Wohlfühlen des Kindes in der Einrichtung; Schwierigkeiten einen KITA Platz zu bekommen; Bedeutung ausgewählter Aspekte bei der Wahl der Betreuungseinrichtung; Wunschalter für die Einschulung des Kindes; Einstellung zu Kindertageseinrichtungen (Skala); Teilnahme an einem Test zur Sprachentwicklung und Alter des Kindes bei diesem Test; Fördermaßnahme im Anschluss an den Test; Rahmen der Sprachförderung (Förderprogramm in der KITA oder logopädische Behandlung); Durchführung des Förderprogramms in einer Fördergruppe oder im Alltag der KITA.
Inanspruchnahme Tagesbetreuung (Tagesmutter): Zeitpunkt der ersten Betreuung durch eine Tagesmutter; früherer Besuch einer Kindestagesstätte; Zeitpunkt des Beginns der Betreuung durch die jetzige Tagesmutter; Betreuung im Haushalt der Tagesmutter, im eigenen Haushalt oder an einem anderen Ort; monatlich anfallende Kosten einschließlich Mittagessen; Art des Zustandekommens dieser Betreuung (Vermittlungsinstanz); Zuschuss vom Jugendamt; Wichtigkeit ausgewählter Gründe für eine Tagesmutter; Nationalität der Tagesmutter; Zufriedenheit mit ausgewählten Betreuungsaspekten und mit der Betreuung durch die Tagesmutter insgesamt; Wohlfühlen des Kindes bei der Tagesmutter; Tagesmutter übernimmt Aufgaben im Haushalt neben der Kinderbetreuung; Tagesmutter betreut gleichzeitig eigene Kinder; Anzahl der mitbetreuten eigenen Kinder und der Kinder insgesamt; Alter des jüngsten und des ältesten betreuten Kindes; Alter der Tagesmutter; feste oder flexible Betreuungszeiten; Notfalllösung bei Ausfall der Tagesmutter; frühere Betreuung durch eine andere Tagesmutter; Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Tagesbetreuungsangeboten.
Freizeit und andere Aktivitäten: Häufigkeit ausgewählter Elternaktivitäten mit dem Kind; Teilnahme des Kindes an Musikschule, Sportverein, Sprachkurs, Malkurs, Babyschwimmen, Prager-Eltern-Kind-Programm (PEKiP) oder Eltern-Kind-Gruppen.
Detaillierte Fragen zu kindlichen Verhaltensweisen (je nach Altersgruppe unterschiedlich). Fragen zur elterlichen Kindererziehung: Häufigkeit ausgewählter Verhaltensweisen bei der Kindererziehung; Wichtigkeit wünschenswerter Eigenschaften des eigenen Kindes (Leistungsbereitschaft, Selbstbeherrschung, gutes Auskommen mit anderen Kindern, Gehorsam, Verantwortungsbewusstsein, Rücksichtnahme, Interesse, eigene Interessen verfolgen und zur eigenen Meinung stehen); Häufigkeit von Meinungsverschiedenheiten mit dem Partner bezüglich der Kindererziehung in ausgewählten Bereichen; präferierte Art der Kinderbetreuung in den verschiedenen Altersstufen des Kindes.
Über das Zielkind von 5-8 Jahren, Auskunftsperson Mutter): Monat und Jahr der Einschulung; Besuch einer Betreuungseinrichtung vor der Einschulung; Alter des Kindes beim ersten Besuch einer Betreuungseinrichtung; Art der derzeitigen organisierten Betreuung; Anzahl der Tage pro Woche in der Betreuung; Schließzeit der Betreuung; Kind geht gerne in die Einrichtung; Zufriedenheit mit ausgewählten Aspekten der Betreuungseinrichtung; Häufigkeit der Betreuung außerhalb der Schule durch andere Personen; Schwierigkeiten bei der Suche einer kurzfristigen Betreuung, während der Ferienzeit bzw. bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf; Umgang mit nicht abgedeckten Betreuungszeiten; Höhe des monatlichen Elternbeitrages für die Betreuung in der Schule bzw. im Hort; Präferenz für Ganztagsschule oder Hort; derzeit besuchte Schulart; Klassenstufe; Klasse wiederholt (Klassenstufe); Angebote der Schule; Nutzung dieser Angebote; letzte Zeugnisnote in den Fächern Mathematik und Deutsch; außerschulische Aktivitäten (kostenlose bzw. bezahlte Nachhilfestunden, Musikunterricht, Computerkurs); Vereinsmitgliedschaften; ausgeübte Sportart; Freundeskreis insgesamt und Anteil der deutschen Freunde; Charakterisierung des Kindes; Aussagen zum Selbstvertrauen des Kindes; zuhause gesprochene Sprache mit der Auskunftsperson und den Geschwistern; Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten; Freizeitaktivitäten des Kindes und Häufigkeit dieser Aktivitäten; Häufigkeit ausgewählter gemeinsamer Aktivitäten mit dem Kind; gemeinsame Aktivitäten vor der Einschulung; Häufigkeit übernommener Aufgaben im Haushalt; Tätigkeiten ohne Eltern (z.B. bei Freunden übernachtet, einkaufen); Charakterisierung des Kindes anhand ausgewählter Aussagen; wünschenswerte Eigenschaften des Kindes; Häufigkeit von Problemen mit dem Partner bei der Kindererziehung; Beschreibung der eigenen Kindererziehung.
Demographie der Auskunftsperson: Geschlecht; Alter (Geburtsmonat und Geburtsjahr); Wohnen und Haushaltsgröße: Wohndauer am Wohnort; Art der Wohnform (Wohnstatus); Zimmeranzahl; Wohnfläche in qm; Migrationshintergrund; gesprochene Sprache im Haushalt; hauptsächliche Sprache; Geburtsland; Wohndauer in Deutschland; Geburtsbundesland; Geburt in West- oder Ostberlin; Staatsbürgerschaften; Lebenslauf: Auszug aus dem Elternhaus; Jahr des ersten Auszugs; Jahr der ersten festen Partnerschaft; Jahr des Zusammenziehens mit dem Partner; Jahr der ersten Heirat; Ausbildung und Erwerbstätigkeit; höchster Schulabschluss; Jahr des Erwerbs des Schulabschlusses; Berufsvorbereitungsjahr; Jahr des Berufsausbildungsbeginns; abgeschlossene Berufsausbildung bzw. höchster Bildungsabschluss; Zeitpunkt der ersten Berufstätigkeit; Aktivitätsstatus; derzeitige Haupttätigkeit; Art der Beschäftigung; derzeitiger Schulbesuch: angestrebter Schulabschluss; Art der derzeitigen Berufsausbildung; zusätzlicher Nebenerwerb; Wochenstunden der Nebentätigkeit; aktuelle Erwerbstätigkeit: mehrere Beschäftigungsverhältnisse; Art der Haupttätigkeit; Erwerbstätigkeit und Haupttätigkeit bis zum Beginn der Elternzeit; berufliche Tätigkeit und berufliche Stellung; Charakteristika der beruflichen Tätigkeit; Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche bei Landwirten, Anzahl der Mitarbeiter bei Selbständigen; Wochenstundenzahl; Erwerbstätigkeit und Mobilität: beruflich bedingter Nebenwohnsitz; Arbeitsweg länger als eine Stunde;
letzte Erwerbstätigkeit der Auskunftsperson bzw. der Zielperson: erwerbstätig bis zum Beginn des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit; Tätigkeit vor Beginn des Mutterschutzes; Zeitpunkt der Beendigung bzw. Unterbrechung der Erwerbstätigkeit; frühere Erwerbstätigkeit und Charakteristika der früheren Tätigkeit; Lebenszufriedenheit; gerechter Anteil am Sozialprodukt.
Für den Partner wurde erfragt: Geschlecht; Alter (Geburtsmonat und Geburtsjahr); Geburtsland; Geburtsbundesland; Geburt in West- oder Ostberlin; deutsche Staatsbürgerschaft bzw. weitere Staatsbürgerschaft; höchster Schulabschluss; höchster Ausbildungsabschluss; Haupttätigkeit; Art der Tätigkeit; angestrebter Schulabschluss bei derzeitigem Schulbesuch; Art der Ausbildung bei derzeitiger Berufsausbildung; Nebenerwerbstätigkeit und Wochenstunden; detaillierte Erfassung der aktuellen Erwerbstätigkeit.
Für alle anderen Personen im Haushalt wurde erfragt: Geschlecht; Alter (Geburtsmonat und Geburtsjahr); Geburt in Deutschland; deutsche Staatsbürgerschaft; höchster Schulabschluss; höchster Bildungsabschluss; Haupttätigkeit; Art der Schule (Schüler); Art der Ausbildung (Personen in beruflicher Ausbildung).
Gemeinsame Aktivitäten der Familie und soziales Netz: Gemeinsames Essen; Häufigkeit von Urlaub mit den Kindern im letzten Jahr; nicht verwandtschaftliche Kontexte: Beurteilung des Zusammenhalts in der Nachbarschaft; Hilfspersonen außerhalb des Haushalts; Pflege: pflegebedürftige Person im Haushalt; Verwandtschaftsverhältnis zum Befragten; pflegende Personen bzw. professionelle soziale Dienste; Pflegeleistung durch den Befragten oder seinen Partner außerhalb des Haushalts; Person des Pflegebedürftigen; persönliche Belastung durch die Pflege; Generationsbeziehung: Generationentreffen und Häufigkeit solcher Treffen; Kinder außerhalb des Haushalts;
Für alle externen Kinder der Auskunftsperson und des Partners wurde erfragt: Anzahl externer Kinder; Geschlecht; Alter (Geburtsmonat und Geburtsjahr); leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege- oder Stiefkind; gemeinsames Kind mit dem Partner; derzeitige Unterbringung; Todeszeitpunkt; Sorgerecht; Entfernung vom Wohnort; Häufigkeit persönlicher Treffen und sonstiger Kommunikation; in Deutschland geboren; deutsche Staatsbürgerschaft; höchster Schulabschluss; höchster Bildungsabschluss; Haupttätigkeit; derzeitiger Schulbesuch; Betreuungssituation; besuchte Schulform; Art der beruflichen Ausbildung; externe Kinder des Partners sind leibliche Geschwister der Zielperson.
Externer Elternteil der Zielperson (Kind/Jugendlicher): Elternteil lebt außerhalb des Haushalts; Entfernung zum Wohnort; Häufigkeit von Treffen bzw. sonstiger Kommunikation der Zielperson mit diesem Elternteil; höchster Bildungsabschluss der Mutter bzw. des Vaters.
Externe Eltern der Auskunftsperson und des Partners: leibliche Eltern leben beide noch; Zusammenleben der Eltern; Entfernung zum Wohnort der Eltern; Entfernung zum Wohnort der Mutter bzw. des Vaters; Häufigkeit von Treffen bzw. sonstiger Kommunikation mit der Mutter bzw. dem Vater; Eltern in Deutschland geboren; deutsche Staatsbürgerschaft der Mutter bzw. des Vaters; Enkel der Auskunftsperson bzw. des Partners; Anzahl der Enkel.
Wunsch nach weiteren Kindern; bestehende Schwangerschaft; beabsichtigte Inanspruchnahme der Elternzeit; geplanter Zeitpunkt für ein weiteres Kind; präferierte Wunschkinderzahl; allgemeiner Kinderwunsch; geplanter Zeitpunkt für das erste Kind.
Konfession; Kirchgangshäufigkeit; Religiosität; Konfession des Partners; Kommunion des Zielkinds; Einschätzung des Gesundheitszustands der Zielperson; Bezug staatlicher Transferleistungen; Höhe des Elterngeldes; Haushaltsnettoeinkommen und persönliches Nettoeinkommen (insgesamt und kategorisiert).
Zusätzlich verkodet wurde: Panelbereitschaft; Adressabgleich und Zusatzkommentare.
Kinderfragebogen 9- bis 12-Jährige: Selbstcharakterisierung (Skala); Freizeitaktivitäten; Anzahl der guten Freundinnen und Freunde; Anzahl deutscher Freunde; Kommunikationsverhältnis mit Freunden; Kontaktfreudigkeit; Vereinsmitgliedschaften; ausgeübte Sportart; Besuch eines Jugendtreffs; Aktivitäten ohne Eltern; Einschätzung des Familienzusammenhalts und Familienklima; mit den Eltern und Geschwistern gesprochene Sprache; Beziehung zu Mutter und Vater; Häufigkeit übernommener Aufgaben im Haushalt; Einstellung zur Schule und zum Lernen; selbständiges Lernen bzw. Unterstützung; Zeugnisnoten in den Fächern Deutsch und Mathematik; Wiederholung einer Klasse; Klassenstufe; derzeit besuchte Schulform; zukünftige weiterführende Schule; gewünschter Schulabschluss; Sorgen um Schulabschluss; gewünschte weiterführende Schulform; Vergleich der derzeitigen Schule mit der Grundschule; Schulschwänzen; eigenes Verhalten bei schlechten Noten; Wichtigkeit ausgewählter Personen des sozialen Umfelds; Selbsteinschätzung des Problemlösungsverhaltens; Selbstbeschreibung (Skala).
Kinderfragebogen 13- bis unter 18-Jährige: Freizeitaktivitäten; beste Freundin bzw. bester Freund und deren Herkunftsländer; feste Freundschaft; Herkunftsland der Familie des Partners; Größe des Freundeskreises; Herkunftsland der Familien der Freunde; Freizeitpartner; Wichtigkeit ausgewählter Personen des sozialen Umfelds; Unterstützungsperson in schwierigen Situationen (Bezugsperson); genutzte Freizeit- und Kultureinrichtungen; derzeitige Hauptbeschäftigung; höchster Schulabschluss; Schüler wurden gefragt: Klassenstufe; besuchte Schulform; Wechsel des Schulzweigs und Schulzweigart; angestrebter Schulabschluss; Privatschule; Schulnoten in Mathematik und Deutsch; Wiederholung einer Klasse; Übernahme sozialer Aufgaben in der Schule (Schulämter); Wechsel des Schultyps; Schultypen nach der Grundschule; Häufigkeit von Schulschwänzen allgemein sowie ganzer Unterrichtstage; Schularbeitenunterstützung durch die Familie; Wunsch nach mehr Unterstützung; Nachhilfe; private Bezahlung der Nachhilfe; Nebenjob und Praktikum; Selbsteinschätzung von Schulerfahrungen; Zukunftspläne nach dem Schuljahr; derzeitige Ausbildung entspricht dem Berufswunsch;
Wichtigkeit ausgewählter Berufsaspekte; Berufswunsch; Jahr des ersten allgemein bildenden Schulabschlusses; Tätigkeiten zwischen Schule und Ausbildung; Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns; Ausbildungsberuf; Ausbildungsstatus; Übernahme von Funktionen und Ämtern in der Berufsschule oder Ausbildungsstelle; verfügbares Geld pro Monat und Geldquellen; Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche; Aktivitäten ohne Eltern; Beziehung zur Mutter sowie zum Vater (Häufigkeit von Gesprächen über Erlebnisse, über Belastendes und über Ausbildungs- und Berufsfragen, Mitsprache der Eltern bei Entscheidungen, politischen Diskussionen); Häufigkeit übernommener Haushaltsaufgaben; Sprache im Haushalt und hauptsächliche Sprache; Fremdsprachenkenntnisse; Selbsteinschätzung (Skala: Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Leistungsorientierung, Fremdbestimmung, Außenorientierung); Wichtigkeit ausgewählter Verhaltensweisen (Pflichtbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein, Ehrgeiz, Hedonismus, Kritikfähigkeit, Altruismus, Fähigkeiten entfalten, Rücksichtnahme, keine Bevormundung, hohes Einkommen); Konfession; Kommunion, Konfirmation oder Jugendweihe; Kirchgangshäufigkeit; negative Erlebnisse und Schicksalsschläge (z.B. Tod einer Bezugsperson, Suizidgedanken, schwere Krankheit); Alter zum Zeitpunkt des ersten Erlebnisses; Selbsteinschätzung (Stress, Selbstbestimmung, Sorgen, alle Möglichkeiten stehen offen, innovationsfreudig, Verantwortung); Zufriedenheit mit dem persönlichen Leben (Lebensgestaltung, Wohnsituation, Umfang der freien Zeit, Wohnsituation, berufliche Perspektiven, verfügbares Geld); Aktivität in Vereinen oder Gruppen; Teilnahmehäufigkeit an Vereinsaktivitäten; Funktion im Verein; aktive ehrenamtliche Mitarbeit bzw. gelegentliche Teilnahme an ausgewählten Gruppen und Organisationen; Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands; Politikinteresse; Einstellung zur Gleichberechtigung (Skala); Kinderwunsch; Zukunftspläne.
Fragebogen 18-32: Geschlecht des Zielkindes; Kinderzahl im Haushalt; Heirat unter 18 Jahren; geplanter gemeinsamer Haushalt bzw. Heiratsabsicht; Glücklichsein in der Partnerschaft; Streithäufigkeit mit dem Partner; Schwierigkeiten bei der Lösungsfindung; Sprachkenntnisse; Entfernung des Wohnortes des Partners; Häufigkeit der Treffen und der Kommunikation mit dem Partner; Herkunftsland des Partners; Erwerb des Schulabschlusses unter 14 Jahren; Wehrdienst oder Zivildienst; Freiwilligendienst; Freiwilligendienst anstelle des Zivildienstes; Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit und Zeitpunkt der Wiederaufnahme; Besuch einer Privatschule; Schulzweig gewechselt; Zeitraum für Jobben; Übernahme von Schulämtern; Pläne für die Zeit nach dem Schuljahr; übernommene Ämter in der Berufsschule bzw. im Studium; Tätigkeit zwischen Schule und Ausbildungsbeginn; detaillierte Angaben zur Ausbildungsbiographie; Beschäftigung nach Abbruch der Ausbildung bzw. des Studiums; derzeitige sowie erste Tätigkeit entspricht der Ausbildung; erste Stelle befristet oder unbefristet; Wahlbeteiligung an Betriebsratswahl; Mitgliedschaft im Betriebsrat; Arbeitslosigkeit, Einschätzung der Chancen auf einen Arbeitsplatz (nur Arbeitslose); Wunsch nach Reduzierung der Vollzeitarbeit bzw. nach Vollzeitarbeit; Charakterisierung der Erwerbstätigkeit (Arbeitszufriedenheit); Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen der Geburt oder Betreuung eines Kindes; Beginn und Ende der jeweiligen Unterbrechung; Inanspruchnahme der gesetzlichen Elternzeit; Monate der gesetzlichen Elternzeit; präferierte Erwerbssituation von Eltern mit Kindern unter 3 Jahren im Haushalt sowie mit Kind im Kindergartenalter; Elternteil, der Vollzeit arbeiten sollte bzw. generell arbeiten; Partner hat Zivildienst gemacht; Jahr des Zivildienstabschlusses; Zufriedenheit mit der Zeitverwendung im Hinblick auf Beruf, Hausarbeit, persönliche Freizeit, Partnerschaft, Kinder und Freunde; empfundene Belastung durch Hausarbeit, Kinderbetreuung, Beruf bzw. Ausbildung; Häufigkeit von Zeitdruck aufgrund beruflicher Anforderungen im Hinblick auf die Familie; Zufriedenheit mit ausgewählten Aspekten und Lebenszufriedenheit; Fühlen als Jugendlicher oder Erwachsener; derzeitiges Lebensgefühl: Vieles derzeit nicht endgültig zu entscheiden; Sicherheitsdenken; Geburtsland weiterer Personen im Haushalt; Häufigkeit der Vollzähligkeit der Familie beim Frühstück, Mittagessen und beim Abendessen; Häufigkeit von auswärts Essengehen mit der Familie; Häufigkeit von Essenslieferungen nach Hause (Pizza Taxi); haushaltsnahe Dienstleistungen im letzten Monat; Gesamtdauer der Urlaube mit den Kindern im letzten Jahr; Häufigkeit von Unternehmungen mit dem Partner ohne Kinder und allein oder mit Freunden ohne Familie; für alle externen Kinder des Befragten wurde erfragt: Ferien im Haushalt bzw. gemeinsamer Urlaub innerhalb des letzen Jahres und Urlaubsdauer; Geburtsland und Bildungsabschluss von Mutter und Vater; Großeltern leben noch und Anzahl lebender Großeltern; präferierter Zeitpunkt für eigene Elternschaft; Häufigkeit der Übernahme von ausgewählten Aufgaben im Haushalt und Aufgabenverteilung; Häufigkeit ausgewählter Freizeitaktivitäten; Häufigkeit von Aktivitäten mit ausgewählten Freizeitpartnern am Wochenende und unter der Woche; derzeitige Wichtigkeit der eigenen Kinder; Aktivität in Vereinen und Teilnahmehäufigkeit und Gruppen; Vereinsmitgliedschaften; Übernahme einer Funktion; präferierte Möglichkeiten der politischen Partizipation; Unterstützungspersonen in schwierigen Situationen; im letzten Jahr genutzte Einrichtungen (z.B. Berufsberatung, Jugendamt, Verbraucherzentrale); negative Erlebnisse und Alter zum erstmaligen Zeitpunkt des Erlebnisses; Charakterisierung der Beziehung zum jüngsten Kind und der Kommunikation mit dem jüngsten Kind; Selbsteinschätzung der Rolle als Mutter bzw. Vater (Überforderung, Freude); Charakterisierung des Familienklimas; Dauer aktiver Beschäftigung mit dem Kind an Sonntagen sowie unter der Woche pro Tag; Art der Unternehmungen mit den Kindern; Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands.
Zivildienst: Beginn des Zivildienstes; Dauer des Zivildienstes in Monaten; Bundesland des Zivildienstes; Tätigkeit vor dem Zivildienst; Art der Auswahl des Zivildienstplatzes; Gründe für die Auswahl; Tätigkeitsbereich; Typ der Einrichtung der Zivildienststelle; Träger bzw. Spitzenverband der Zivildienststelle; Motivation für die Zivildienstentscheidung (Skala); Zivildiensttätigkeit aus der Rückschau; Kompetenzentwicklung: Weiterentwicklung ausgewählter Kenntnisse und Fähigkeiten im Zivildienst; Gestaltung des Zivildienstes in der Zivildienststelle (Skala: Einschätzung der Zivildienststelle); Zusammensetzung des Teams (weiblich oder männlich); Gelegenheiten zum Lernen (´Lernarrangements´); Einfluss des Zivildienstes auf die weitere Berufswahl; langfristiger Einfluss auf Berufswahl durch Zivildienst; Nutzen des Zivildienstes in Ausbildung oder Beruf; Nutzungsaspekte; verändertes Verständnis von Frauen- und Männerberufen (Geschlechterrollen) durch den Zivildienst; Einschätzung der Zusammenarbeit mit weiblichen Kolleginnen; weibliche Vorgesetzte im Zivildienst und Einschätzung der Zusammenarbeit; Erweiterung der Kenntnisse und Fähigkeiten in Betreuung, Pflege oder Hauswirtschaft durch den Zivildienst; mehr Verständnis für ältere, behinderte oder benachteiligte Menschen; gesteigertes Interesse an sozialen Fragen; ehrenamtliches Engagement neben dem Zivildienst und Einsatzort; retrospektive Bewertung des Zivildienstes; Art des sozialen oder gesellschaftspolitischen Engagements aufgrund des Zivildienstes; Partner ist derzeit Zivildienstleistender.
Für männliche Kinder über 17 Jahre im Haushalt und extern wurde erfragt: derzeit Zivildienstleistender; Eltern-Kind-Beziehung bzw. Beziehung der Auskunftsperson zu externen Kindern; Jahr des höchsten Bildungsabschlusses; Wichtigkeit ausgewählter Lebensbereiche; Aufgabenverteilung im Haushalt; Besitz von Haustieren und Haustierart; Befragter leistet Hilfe für Personen außerhalb des Haushalts; Person des Hilfeempfängers; Größe des Freundeskreises; Unterstützungspersonen in schwierigen Situationen; Nutzen von sozialen Einrichtungen; Beziehung zur Mutter und zum Vater; Geschwister und Geschwisterzahl; Kindheit und Jugend bei den leiblichen Eltern verbracht; Gründe für Aufwachsen außerhalb des Elternhauses; Enkel und Enkelzahl; Freizeitaktivitäten; Fernsehkonsum an einem Werktag; Häufigkeit der Freizeitaktivitäten am Wochenende mit ausgewählten Freizeitpartnern; Häufigkeit von Zeitdruck wegen Berufsanforderungen im Hinblick auf das Privatleben; Zufriedenheit mit ausgewählten Lebensbereichen; Sohn derzeit Zivildienstleistender.
Zusätzlich verkodet wurde: Bundesland; Regierungsbezirk; Ortsgröße; Feldinstitut; Interviewsprache; Interviewmonat und Interviewjahr mit der Zielperson bzw. der Auskunftsperson;
Auskunftsperson männlich oder weiblich, hat Kind; Kinder im Haushalt; Kinderzahl im Haushalt unter 3 Jahren, unter 8, 14 und 18 Jahren, zwischen 4 und 18 Jahren, Kinder älter als 2 und jünger als 18 Jahre (Jungkind), Kind über 7 und über 18 Jahre im Haushalt; Schülerstatus des Kindes, Familiensituation; derzeitige bzw. letzte berufliche Stellung der Auskunftsperson bzw. der Zielperson; letzte berufliche Stellung des Partners;
Soziales Prestige der Auskunftsperson und des Partners; beruflicher Abschluss; Bildungsjahre nach Ostermeier/Blossfeld 1998; höchster Bildungsabschluss nach CASMIN sowie nach Bildungsjahren des Befragten und des Partners; Zeitpunkt des ersten Auszugs aus dem Elternhaus; Heiratsdatum der derzeitigen bzw. letzten Ehe; Trennungsdatum; Scheidungsdatum; Beginn des Lebens der Auskunftsperson in Deutschland; Enkel im Haushalt; Eltern im Haushalt; Alter des jüngsten und des ältesten Kindes im Haushalt; Alter bei der Geburt des ältesten Kindes; Äquivalenzeinkommen nach OECD-Skala; Prozentanteil unter Medianeinkommen von 2008; Migrationshintergrund (Herkunftsland, Nationalität, ausländische Staatsangehörigkeit oder Geburtsland) der Zielperson; Staatsbürgerschaft der Auskunftsperson bzw. der Zielperson und des Partners; Aktivitätsstatus; Partner im Haushalt oder außerhalb; Lebensform; Familien- und Lebensform nach dem Mikrozensus, Generationen im Haushalt; erwerbstätige Personen im Haushalt; Erwerbskonstellation im Haushalt; Lebensform der Zielperson; im Haushalt neben Deutsch gesprochene Sprache; Sprachpraxis im Haushalt, Herkunftsland; Herkunftsland nach ökonomischer Situation, nach Mikrozensus und nach dominanter Religion; Arbeitnehmerfreizügigkeit; erweiterte Wohlfahrtstypologie; Herkunftsland in Anlehnung an Klassifikation des Bildungsberichts 2006; Jahr des Schulabschlusses; Wunsch nach weiteren Kindern, Zeitpunkt des nächsten Kindes; gewünschte Kinderzahl insgesamt; Aktivität vor dem Mutterschutz bzw. der Elternzeit; Zusammenzug mit dem derzeitigen Partner; Alter der Mutter und des Vaters im Haushalt bei Geburt; Bildungsabschluss des Vaters und der Mutter der Zielperson; Altersgruppen 13- 32-Jährige im Haushalt; Ausbildungs- und Erwerbsstatus; Ausbildungs- und Erwerbsstatus (13 bis 32-Jährige); Lebensformen junger Erwachsener (13- bis 32-Jährige); allgemeinbildenden Schulabschluss erreicht oder angestrebt; Schulabschluss erreicht oder angestrebt; Geschlecht; derzeitige Betreuungsform; Schichtindikator (Einkommen, Bildung, Beruf); Betreuungsform des Zielkindes; monatliches Haushaltsnettoeinkommen (gruppiert); Indizes: Erikson-Goldthorpe-Portocarero-Klasse (EGP) für Auskunftsperson; ausgeübter bzw. angestrebter Beruf und Ausbildungsbiographie (ISCO-88, SIOPS, ISEI, Mps); höchster ISEI im Haushalt; Aggregatdaten für das Wohnumfeld.
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Das Konzept des demokratischen Rechtsstaates, bisher einigendes Fundament und Leitprinzip der europäischen Einigung, steht heute im Zentrum einer kritischen Debatte, die die Grundlagen des europäischen Friedensprojektes zu gefährden droht. Weltweit und insbesondere in Europa wächst die Sorge um den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Werte. Populistische Bewegungen gewinnen an Einfluss, indem sie einfache Antworten auf die komplexen Herausforderungen unserer Zeit anbieten. Diese Bewegungen finden vor allem bei denjenigen Anklang, die sich inmitten des raschen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels nach Sicherheit und Beständigkeit sehnen. Sie neigen dazu, sich Lösungen wie nationaler Abschottung und der Etablierung autoritärer Regime zuzuwenden, um ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln (vgl. Möllers 2018, S. 7).Seit der Flüchtlingskrise 2015 haben populistische Strömungen in verschiedenen europäischen Ländern an Zulauf gewonnen. Ungarn und Polen sind prominente Beispiele, in denen rechtsnationale bis rechtsradikale Parteien an die Macht gekommen sind. Diese Regierungen stehen im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Europäischen Union, einschließlich der Achtung der Menschenwürde, der Demokratie, der Freiheit, der Gleichheit und der Rechtsstaatlichkeit. Der Umbau des Staatswesens in diesen Ländern zeigt sich insbesondere in der Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz, der Verfassungsgerichtsbarkeit und der Medien (Bundeszentrale für politische Bildung 2022).Besonders in Ungarn, wo seit Viktor Orbáns zweiter Amtszeit im Jahr 2010 ein schleichender Prozess des Demokratieabbaus zu beobachten ist, wird die Bedeutung der Medienregulierung für die demokratischen Strukturen und die politische Landschaft offensichtlich. Die vorliegende Arbeit widmet sich dieser Problematik und beleuchtet, wie die Regulierung der Medien in Ungarn demokratische Prozesse und die politische Szenerie des Landes beeinflusst.Die Arbeit beginnt mit einer grundlegenden Definition des Begriffs "Medien" und einer Erörterung ihrer primären, sekundären und tertiären Funktionen im politischen Raum. Anschließend wird die Nutzung der Medien als Instrument der Regierungskommunikation und als Mittel der Machtsicherung untersucht. Eine Analyse der aktuellen Medienlandschaft in Ungarn, einschließlich der Einschränkungen der Pressefreiheit, der Meinungsvielfalt sowie der Kontrolle und Einflussnahme der Regierung auf die Medienorgane, bildet den Kern der Arbeit.Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Medienregulierung in Ungarn gelegt. Die Auswirkungen dieser Medienregulierung auf die Demokratie in Ungarn werden untersucht, um zu verstehen, wie Veränderungen in der Medienlandschaft die Grundpfeiler der Demokratie beeinflussen - die Bedeutung der Medien für eine demokratische Gesellschaft, die Einschränkungen der Demokratie durch Regulierungen in der Medienlandschaft und die politischen Auswirkungen auf das demokratische System. Abschließend wird in einem Fazit reflektiert, inwiefern die Medienregulierung in Ungarn als symptomatisch für eine Verschiebung weg von demokratischen Idealen gesehen werden kann.Ziel der Arbeit ist es, ein Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Medienregulierung und demokratischen Prozessen in Ungarn zu erlangen und damit einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Bedeutung liberaler demokratischer Werte in Europa zu leisten.Die Rolle der Medien in der PolitikDer folgende Abschnitt befasst sich mit der Rolle der Medien in der Politik. Im Mittelpunkt steht dabei die differenzierte Betrachtung der primären, sekundären und tertiären Funktionen der Medien. Mit Hilfe dieser Unterscheidung ist es möglich, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie Medien die politische Landschaft gestalten und beeinflussen. Durch die Analyse dieser Funktionen wird untersucht, wie Medien Öffentlichkeit herstellen, Informationen verbreiten, politische Akteure kontrollieren und zur politischen Sozialisation und Bildung beitragen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Medien und Politik vollständig zu erfassen. Primär-, Tertiär- und SekundärfunktionDie Macht der Massenmedien, bestehende Machtstrukturen herauszufordern, darf nicht unterschätzt werden. Durch die Sammlung, Aufbereitung und Verbreitung von Informationen, Wissen und politischen Ansichten wird die öffentliche Meinung wesentlich beeinflusst (Wittkämper, S. 37). Bereits in der Frühen Neuzeit erkannten der Adel und die Kirche als damalige Machthaber die potenzielle Bedrohung, die von den Medien ausging. Sie reagierten schnell und führten nach der Entdeckung des Buchdrucks Zensurmaßnahmen ein, um die zu druckenden Inhalte vorzuprüfen und ihre Herrschaft zu sichern (Strohmeier 2004, S. 69).In der heutigen Zeit spielen die Medien eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der politischen Realitäten, da sie in der Lage sind, die politische Macht entweder zu stärken oder zu untergraben (Strohmeier 2004, S. 69). Ziel der folgenden Ausführungen ist die Veranschaulichung des Einflusspotenzials der Massenmedien durch die Darstellung ihrer grundlegenden Funktionen.Gerd Strohmeier weist auf die Bedeutung der primären, der sekundären und der tertiären Funktion der Massenmedien hin. Die Primärfunktion besteht darin, Öffentlichkeit herzustellen, die entsteht, wenn direkte Kommunikationsformen bevölkerungsbedingt nicht ausreichen. Massenmedien ermöglichen eine schnelle und einfache Verbreitung von Nachrichten und füllen so diese kommunikative Lücke (Strohmeier 2004, S. 72).Die Kontrolle der politischen Akteure und die Verbreitung von Informationen gehören zu der Sekundärfunktion. Ziel ist die umfassende und verständliche Vermittlung von Inhalten und damit die Beeinflussung der Meinungsbildung. Zugleich haben Massenmedien die Aufgabe, das Verhalten der politischen Institutionen zu überwachen, Missstände aufzudecken und Kritik zu üben (Strohmeier 2004, S. 72f.).Die Tertiärfunktion der Medien umfasst drei wesentliche Aspekte. Erstens die Förderung der politischen Meinungs- und Willensbildung, zweitens die Integration und politische Sozialisation und drittens die Vermittlung politischer Bildung. Diese Aspekte unterstützen die Entwicklung der Persönlichkeit des Einzelnen und seine Integration in die Gesellschaft, fördern das Verständnis für das politische System und regen zur aktiven Teilnahme am politischen Leben an. Darüber hinaus haben die Massenmedien einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise, wie über bestimmte Themen nachgedacht und gesprochen wird, oft ohne dass sich die Menschen der Beeinflussung ihrer Meinungen durch die Medien bewusst sind (Strohmeier 2004, S. 73f.).Medien als InstrumentIm nächsten Schritt unserer Analyse konzentrieren wir uns auf die Rolle der Medien als politisches Werkzeug. Dabei unterteilt sich unsere Betrachtung in zwei Schlüsselaspekte. Einerseits die Nutzung der Medien für Regierungskommunikation, durch die Regierungen ihre Botschaften vermitteln, und andererseits die Anwendung der Medien als Mittel zur Machtsicherung, wodurch Einfluss auf die öffentliche Meinung genommen und politische Macht gefestigt wird.Medien als Instrument für RegierungskommunikationDie strategische Nutzung der Medien durch die Regierung wird vor allem in Bezug auf den Einfluss der Mediengesetzgebung auf die Demokratisierungsprozesse und die Politikgestaltung in Ungarn untersucht. Durch die gezielte Verbreitung politischer Botschaften und Entscheidungen interagieren Regierungen direkt mit der Bevölkerung, was nicht nur die Verbreitung von Informationen fördert, sondern auch die öffentliche Meinung prägt und politische Unterstützung generiert.Um den Rechtspopulismus zu verstehen, ist es notwendig, sich mit Cas Muddes Definition des Populismus auseinanderzusetzen, der Populismus als eine Ideologie betrachtet, die die Gesellschaft in zwei homogene und antagonistische Gruppen teilt: "das reine Volk" gegenüber "der korrupten Elite", wobei Politik als Ausdruck des allgemeinen Volkswillens verstanden wird (Mudde 2004, S. 543). Die Tendenz, dass rechtspopulistische Parteien seit den 1980er Jahren Wahlerfolge erzielen und sich etablieren, zeigt sich nicht nur in westeuropäischen, sondern auch in jungen Demokratien Osteuropas, einschließlich Ungarns (Geden 2006, S. 17f.).Rechtspopulisten positionieren sich als Vertreter der "schweigenden Mehrheit" in direktem Gegensatz zu den politischen und kulturellen Eliten und privilegierten Minderheiten, denen sie die Verfolgung partikularer Interessen vorwerfen (Geden 2006, S. 20f.). Ihre politische Rhetorik ist durch Vereinfachung und Komplexitätsreduktion gekennzeichnet, wobei sie sich organisatorisch von den etablierten Parteien abgrenzen, etwa durch die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Gruppen, die Initiierung von Volksentscheiden oder die Präsenz charismatischer Führungspersönlichkeiten (Geden 2006, S. 22).Ein zentrales Element rechtspopulistischen Denkens ist der "Ethnopluralismus", der besagt, dass sich ethnisch und kulturell homogene Völker nicht vermischen sollten, was eine inhärente Ungleichheit der Völker suggeriert und kulturelle Begegnungen als konfliktträchtig ansieht (Bruns et al. 2015, S. 12f.).Im spezifischen Kontext Ungarns unter der Führung von Viktor Orbán zeigt sich die kritische Rolle dieser Medienstrategien. Die Regierung Orbán hat Medienregulierung bewusst eingesetzt, um ein medienfreundliches Umfeld für regierungsnahe Nachrichtenquellen zu schaffen und gleichzeitig den Raum für kritische Stimmen einzuschränken (Mudde 2004, S. 543). Dies schränkt nicht nur die Vielfalt und Freiheit der Medien ein, sondern hat auch tiefgreifende Auswirkungen auf demokratische Prozesse, indem es die Möglichkeiten für eine offene politische Debatte einschränkt.Diese strategische Nutzung der Medien für die Regierungskommunikation verdeutlicht die Doppelnatur der Medien in der Politik. Einerseits als Kanäle für die transparente Kommunikation politischer Inhalte und andererseits als Instrumente der Machtkonsolidierung, die die demokratischen Grundlagen untergraben können. Diese Dynamik ist entscheidend für das Verständnis der politischen Situation in Ungarn und der Rolle, die die Medienregulierung dabei spielt (Geden 2006, S. 17f.).Detlef Grieswelle betont in "Politische Rhetorik: Macht der Rede, öffentliche Legitimation, Stiftung von Konsens" die bedeutende Rolle der Rhetorik in der Politik. Rhetorik dient nicht nur der Durchsetzung und Legitimation von Macht, sondern auch der Kontrolle und Repräsentation von Interessen, was ihre Bedeutung als Instrument politischer Führung und Einflussnahme unterstreicht (Grieswelle 2000, S. 33). In diesem Zusammenhang ist die rhetorische Strategie des ungarischen Ministerpräsidenten von besonderer Relevanz, da mit ihr versucht wird, politische Legitimität für diese Vision zu schaffen und die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen (Bruns et al. 2015, S. 12f.).Medien als Werkzeug zur Sicherung von MachtUm zu verstehen, wie die Medien zum Machterhalt beitragen, ist die Rhetorik von rechtspopulistischen Figuren wie Viktor Orbán besonders aufschlussreich. Orbán nutzt plakative und skandalträchtige Kommunikationswege, um mediale Aufmerksamkeit zu generieren die nicht nur seine Präsenz in der Öffentlichkeit stärkt, sondern auch eine Mobilisierung seiner Anhängerschaft bewirkt (Schnepf 2020, S. 5). In seinen politischen Reden kehren bestimmte rhetorische Muster immer wieder, darunter die Verwendung von Antagonismen, die eine Konfliktsituation erzeugen, insbesondere durch die Gegenüberstellung von "Elite" und "Volk". Dabei wird das "Volk" als unterdrückt dargestellt, während die rechtspopulistische Partei als volksnah inszeniert wird (Mudde 2004, S. 543). Eine charakteristische Einfachheit in den Botschaften rechter Parteien wird von Bischof und Senninger hervorgehoben. Je weiter rechts eine Partei steht, desto einfacher ist ihr Programm (Bischof/Senninger 2018, S. 484). Solche Diskurse verwenden prägnante und leicht verständliche Formulierungen für ansonsten komplexe politische Sachverhalte, suggerieren einfache Lösungen und nutzen Dramatisierungen und Metaphern. Insbesondere werden Migrant*innen durch metaphorische Vergleiche abgewertet (Hogan/Haltinner 2015, S. 533) und es wird auf die Bedrohung der nationalen Identität durch ethnische Minderheiten und Migrant*innen angespielt, ein Vorgehen, das Ruth Wodak als "politics of fear" beschreibt (Wodak 2015, S. 2).Diese Elemente rechtspopulistischer Rhetorik finden sich in Orbáns Äußerungen deutlich wieder, wie einige seiner Reden und Interviews exemplarisch zeigen. Besonders deutlich wird dies in seiner Darstellung von Migration als Bedrohung für das ungarische Volk, wobei er einen alarmistischen Ton anschlägt, um die migrationskritische Haltung der Regierung zu untermauern und ein Klima der Angst zu erzeugen: "Europa wird von einer beispiellosen Masseneinwanderung bedroht. (...) Wir sprechen heute von Hunderttausenden, nächstes Jahr werden es Millionen sein, ein Ende ist nicht in Sicht" (Orbán, zitiert nach Mendelski 2019, S. 8). Orbáns Wortwahl, in der er von der "Wahrheit" spricht, verdeutlicht seine Überzeugung von der Legitimität seiner Politik, wobei er durch Übertreibungen wie "Millionen", "massive Integration" oder "unerwartetes Ausmaß" eine Atmosphäre der Panik schafft.In einer Rede anlässlich seiner Vereidigung als Ministerpräsident präsentierte Orbán seine Vision einer Demokratie, die er als "christdemokratisch im 21. Jahrhundert" bezeichnete und damit ein stark von christlichen Werten geprägtes Bild nationaler Identität entwarf, das traditionelle Familienbilder bevorzugt und Homosexualität ausgrenzt. Diese Ausführungen zeigen, wie Orbán die Medien nutzt, um seine politische Botschaft zu verstärken und wie er die Medien als Instrument zur Sicherung seiner Macht einsetzt, indem er sich einer Rhetorik bedient, die sowohl mobilisiert als auch polarisiert, um seine Position zu festigen und Herausforderungen zu kontrollieren.Analyse der aktuellen Medienlandschaft in UngarnDer folgende Teil der Arbeit befasst sich mit der aktuellen Medienlandschaft in Ungarn. In der ersten Amtszeit Orbáns zwischen 1998 und 2002 gab es kaum Eingriffe in die Pressefreiheit, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist. Da Ungarn in dieser Zeit noch auf den EU-Beitritt hinarbeitete, vermied Orbán bewusst Auseinandersetzungen mit der Europäischen Union über Fragen der Pressefreiheit. Dies änderte sich jedoch in der darauffolgenden Amtszeit ab 2010 drastisch: Ein neues Gesetz wurde eingeführt, das staatlichen Stellen die Einflussnahme auf die Medien ermöglichte und deren Regulierung legitimierte. Fortan nutzte die Regierung Orbán die Medien gezielt für ihre politischen Ziele.Einschränkungen der Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in UngarnDas Beispiel Ungarns zeigt den Übergang von einem Demokratisierungsprozess zu einem schleichenden Verlust demokratischer Strukturen. Ursprünglich galt Ungarn aufgrund seiner politischen Fortschritte und wirtschaftlichen Stabilität in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren als Vorbild unter den EU-Beitrittskandidaten. Nach dem Fall der kommunistischen Einparteienherrschaft (1949-1989) und der Etablierung einer parlamentarischen Demokratie (ab 1990) unternahm das Land erhebliche Anstrengungen, um eine demokratische Staatsform zu etablieren. Wichtige Reformen dieser Zeit schufen unter anderem eine klare Trennung der Staatsgewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) und die neue Verfassung verankerte Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz (Ismayr 2002, S. 310ff.).Seit 2010 hat Viktor Orbán mit seiner Fidesz-Partei jedoch einen politischen Kurs eingeschlagen der den zuvor eingeleiteten Demokratisierungsprozess nicht nur gestoppt, sondern in einigen Bereichen sogar rückgängig gemacht hat. Ein 2010 verabschiedetes Mediengesetz, das es staatlichen Stellen erlaubt, die Medien zu überwachen und bei Verstößen zu sanktionieren, markiert einen Wendepunkt in der Einschränkung der Pressefreiheit und ist ein zentraler Faktor im Demokratieabbau des Landes (Bajomi-Lazar 2018, S. 273ff.). Freedom House hebt hervor, dass von allen Kriterien zur Bewertung des Zustands von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerade die Pressefreiheit in Ungarn die dramatischsten Einbußen zu verzeichnen hat (Bajomi-Lazar 2018, S. 273).Die ungarische Medienlandschaft hat sich seit der Regierungsübernahme durch Orbán und Fidesz sukzessive verändert. Die Regierung kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die staatliche Nachrichtenagentur Magyar Tavirati Iroda sowie einen erheblichen Teil der privaten Medien, die sich im Besitz von Orbán nahestehenden Personen befinden. Im Rahmen einer umfassenden Umstrukturierung wurden 570 leitende Angestellte der Rundfunkanstalten durch der Fidesz-Partei loyale Mitarbeiter ersetzt (Bajomi-Lazar 2018, S. 275f.).Für die regionale Berichterstattung sind seit Sommer 2017 ausschließlich unternehmerfreundliche Medien zuständig. Mit der Schließung einiger kritischer Zeitungen, darunter die überregionalen Blätter Nepszabadsag und Magyar Nemzet, ist die kritische Berichterstattung landesweit nahezu zum Erliegen gekommen. Zudem werden Journalisten, die sich kritisch über Orbán und seine Regierung äußern, nicht selten auf "schwarze Listen" gesetzt, eine Praxis, die offensichtlich darauf abzielt, Kritiker einzuschüchtern (Bajomi-Lazar 2018, S. 280).Kontrolle und Einflussnahme der Regierung auf MedienorganeEin neues Medienpaket mit Änderungen des Medien- und Pressegesetzes trat am 01.01.2011 durch die Regierung Orban in Kraft. Dieses sorgte damals europaweit für Schlagzeilen. Die Rechtsstaatlichkeit des Gesetzes wurde von der EU-Kommission angezweifelt. Auf einige Aspekte soll im Folgenden kurz eingegangen werden.Die Unabhängigkeit der Medien wurde durch das Mediengesetz erheblich geschwächt. Das Mediengesetz sah unter anderem ein Verbot bestimmter Äußerungen vor und legte eine Registrierungspflicht für alle Medien fest. Es drohte die Löschung und der Entzug der rechtlichen Möglichkeit, in Ungarn zu publizieren, wenn der Registrierungspflicht nicht nachgekommen wurde. Dies galt auch für Medienunternehmen, die außerhalb Ungarns in anderen Staaten der Europäischen Union (EU) tätig waren.Die Aufsicht über die Medien wurde nicht mehr von verschiedenen Behörden, sondern von einem einzigen Medienkontrollgremium ausgeübt. Das Medienkontrollgremium war für die Verhängung von Geldstrafen bei "politisch unausgewogener Berichterstattung" (Möllers 2018, S. 47) zuständig. Hinzu kam, dass viele Journalistinnen und Journalisten, die für den staatlichen Rundfunk arbeiteten, entlassen wurden und beispielsweise privaten, regierungskritischen Medien erschwert wurde, eine Rundfunklizenz zu erhalten. Die EU konnte durch die Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens zumindest eine Änderung der "EU-Ausländer betreffenden Aspekte" (Möllers 2018, S. 47) erreichen.MediengesetzgebungNoch bevor Ungarn seine neue Verfassung verankerte, stand die Regierung aufgrund der Verabschiedung eines restriktiven Mediengesetzes unter Beschuss. Das Gesetz, welches im Januar 2011 in Kraft trat, beschränkt deutlich die Freiheit der Medien und Presse (Salzborn 2015, S. 76). Das Hauptziel dieser Maßnahme ist die Dominanz der Regierung Orbáns über das Mediengefüge. Zu diesem Zweck wurde die Nationale Kommunikations- und Medienbehörde ("KESMA") ins Leben gerufen. Diese Behörde und der Medienrat erhielten erweiterte Befugnisse zur Überwachung und Lizenzierung von Medienangeboten. Unter anderem ist die Nationale Kommunikations- und Medienbehörde verantwortlich für die Vergabe von Sendelizenzen und übernimmt Aufgaben im Bereich des Verbraucher- und Wettbewerbsschutzes. Eine der Hauptaufgaben des Medienrates ist die Gewährleistung einer Berichterstattung (Bos 2021, S. 38). Neben der Neustrukturierung des Medienwesens führte die Regierung ein Fördermodell ein, das regierungsnahe Medien durch staatliche Werbeverträge finanziell unterstützt.Nach den Wahlen im Jahr 2014 erwarben Unternehmer, die der Regierung nahestehen, zunehmend Medien der Opposition, die anschließend in die neu geschaffene "Mitteleuropäische Presse- und Medienstiftung" eingebracht wurden (Bos 2021, S. 38). So schaffte es die Regierung Orbán, einflussreiche Medien der Opposition zu marginalisieren oder vollständig vom Markt zu nehmen. Ebenso wurden Online-Nachrichtenplattformen in das System eingegliedert (Bos 2021, S. 39).Samuel Salzborn kritisiert insbesondere den rechtlichen Charakter des neuen Mediengesetzes, das vage Generalklauseln beinhaltet, welche sich auf unbestimmte Konzepte wie "gute Sitten" berufen. Diese Klauseln sind offen für Interpretationen und ermöglichen damit eine gewisse Willkür. Die Definition dessen was als "gute Sitte" gilt kann staatlich bestimmt und gegen kritische Berichterstattung eingesetzt werden, was deren Sanktionierung zur Folge haben kann (Salzborn 2015, S. 77).Auswirkungen der Medienregulierung auf die Demokratie in UngarnNachdem im vorangegangenen Kapitel die aktuelle Medienlandschaft in Ungarn dargestellt wurde, widmet sich der folgende Abschnitt den Auswirkungen der Medienregulierung auf die demokratische Verfasstheit Ungarns. Anhand konkreter politischer Maßnahmen der ungarischen Regierung wird untersucht, wie die Visionen Orbáns umgesetzt wurden. Darüber hinaus wird analysiert, inwiefern die rechtspopulistische Politik die Qualität der ungarischen Demokratie beeinflusst und verändert hat.Bedeutung der Medien für die demokratische GesellschaftIm Zentrum der Debatte um die Rolle der Medien in der demokratischen Gesellschaft Ungarns steht die Transformationspolitik Viktor Orbáns und seiner Fidesz-Partei, die seit ihrem Regierungsantritt eine umfassende Kontrolle über die Medienlandschaft ausüben. Die Regierung nutzt diese Kontrolle strategisch als Instrument der Regierungskommunikation, um eine fast ausschließlich positive Berichterstattung über ihre Handlungen und Entscheidungen sicherzustellen. Regierungskritische Stimmen finden kaum Gehör, stattdessen wird Kritik systematisch unterdrückt und negative Nachrichten werden in einem für die Regierung vorteilhaften Licht dargestellt. Die gezielte Durchführung von Desinformationskampagnen, die Bajomi-Lazar als "Propaganda" bezeichnet, ist ein weiterer Baustein dieser Medienpolitik (Bajomi-Lazar 2018, S. 280f.).Die Verpflichtung von Arthur J. Finkelstein, einem erfahrenen Kampagnenstrategen aus den USA, durch Viktor Orbán unterstreicht den gezielten Einsatz der Medien zur Meinungsbildung. Das Phänomen der Verbreitung von teilweise oder vollständig gefälschten Nachrichten ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal der ungarischen Medienlandschaft, die offene Zurschaustellung dieser Praktiken durch die ungarische Regierung ohne den Versuch, ihre Aktivitäten zu verschleiern, stellt jedoch einen klaren Bruch mit demokratischen Normen dar (Bajomi-Lazar 2018, S. 281).Diese Entwicklung wirft grundsätzliche Fragen nach den Auswirkungen der Medienregulierung auf die Demokratie in Ungarn auf. Die Einflussnahme auf die Medien und die damit einhergehende Unterdrückung pluralistischer Diskurse hat unmittelbare Folgen für die demokratische Gesellschaft. Indem die Medien als verlängerter Arm der Regierungskommunikation fungieren und kritische Berichterstattung marginalisiert wird, werden demokratische Grundwerte wie Meinungsvielfalt und Pressefreiheit massiv untergraben. Die strategische Manipulation der Medienlandschaft durch die Regierung Orbán verdeutlicht die Herausforderungen vor denen die Demokratie in Ungarn steht und unterstreicht die zentrale Rolle der Medienfreiheit als Grundpfeiler einer lebendigen und funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Einschränkung der Demokratie durch Regulierungen in der MedienlandschaftDie Regulierung der Medienlandschaft in Ungarn durch Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei hat weitreichende Folgen für die Demokratie im Land. Durch die systematische Übernahme und Anpassung der Medien an ihre Vorstellungen, insbesondere durch die Besetzung der Führungspositionen in den wichtigsten Medienorganisationen mit Verbündeten der Regierung, haben sie die Medien zu einem Instrument der Machtsicherung gemacht. Die Aufhebung der Unabhängigkeit der Medien ermöglicht es der Orbán-Regierung, die Berichterstattung vollständig für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren. Es dominiert eine einseitige Berichterstattung, die den Bürgern vor allem in den ländlichen Regionen wenig Spielraum lässt die Authentizität und Richtigkeit der präsentierten Nachrichten zu überprüfen. Die Bürger Ungarns stehen vor der Herausforderung, dass sie kaum Zugang zu alternativen Perspektiven oder kritischen Stimmen haben, was sie quasi dazu zwingt, den regierungsgesteuerten Nachrichten Glauben zu schenken (Bajomi-Lazar 2018, S. 281/282).Diese Einschränkung der Medienfreiheit und die Manipulation der Informationslandschaft durch die Regierung Orbán untergraben grundlegende demokratische Prinzipien, indem sie den freien Zugang zu Informationen einschränken und eine fundierte öffentliche Meinungsbildung verhindern. Durch die gezielte Meinungsmache und die Abschottung gegenüber kritischen Debatten werden die natürlichen demokratischen Kontrollmechanismen geschwächt und die Bevölkerung als Kontrollinstanz der Regierung faktisch entmachtet. Die Strategie, die Macht über die Medien zu festigen und dafür zu sorgen, dass keine Gegenmeinungen an die Öffentlichkeit gelangen oder Widerstand gegen politische Entscheidungen leisten können, ist ein deutliches Zeichen für den Missbrauch von Medienmacht zur Festigung autoritärer Strukturen.Diese Entwicklungen in Ungarn verdeutlichen die zentrale Bedeutung einer unabhängigen und pluralistischen Medienlandschaft für den Erhalt einer gesunden Demokratie. Die Einschränkung der Pressefreiheit und die gezielte Manipulation der Medien durch die Regierung stellen eine ernsthafte Bedrohung für die demokratischen Prozesse und die politische Freiheit im Land dar. Politische Auswirkungen auf das demokratische System UngarnsDie politischen Auswirkungen der Regulierung der Medien auf das demokratische System in Ungarn sind tiefgreifend und haben zu einer Verschlechterung der Qualität der Demokratie im Land geführt. Diese Veränderungen spiegeln sich in verschiedenen internationalen Indizes wider, die die demokratische Stabilität Ungarns bewerten. Der "Freedom in the World Index" von Freedom House stuft Ungarn als "teilweise frei" ein, da die Fidesz-Partei die Kontrolle über unabhängige Institutionen erlangt hat, was zu einer Schwächung der Aktivitäten von Oppositionellen, Journalisten, Universitäten und NGOs geführt hat (Freedom House 2021). Der "Nations in Transit Index" bezeichnet Ungarn sogar als "Transitional or Hybrid Regime" mit einem Wert von 49 von 100 Punkten, wobei 100 Punkte für eine funktionierende Demokratie stehen (Freedom House 2021b). Der Bertelsmann Transformationsindex beschreibt Ungarn als "defekte Demokratie", in den demokratischen Institutionen zwar existieren, aber eingeschränkt und ineffektiv sind (Bertelsmann Stiftung 2020, S. 13).Deutlich verschlechtert hat sich zudem die Platzierung Ungarns in der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen", wo das Land nur noch auf Platz 92 von 180 Ländern rangiert und die Situation der Pressefreiheit als problematisch eingestuft wird (Reporter ohne Grenzen 2021). Der "Rule of Law Index" des World Justice Project weist Ungarn den niedrigsten Wert in Osteuropa zu, weltweit liegt es auf Platz 60 von 128 (World Justice Project 2020).Diese Indizes und Bewertungen zeigen, dass die von Viktor Orbán vorangetriebene politische Transformation direkte negative Auswirkungen auf die Qualität der Demokratie in Ungarn haben. Einige Autoren wie Attila Ágh sprechen von der "ungarischen Krankheit" als antidemokratischer Herausforderung für die EU und beschreiben das Land als "worst case scenario" einer "elected autocracy" (Ágh 2015, S. 4, S. 16). János Kornai sieht in der Entwicklung seit Orbáns Amtsantritt eine Abkehr von Demokratie und Errungenschaften des Systemwechsels Ende der 1980er, einen "U-Turn" (Kornai 2015, S. 1). Samuel Salzborn identifiziert eine transformatorische Entwicklung hin zu einer Diktatur, bedingt durch rechtliche Veränderungen und eine zunehmende Ethnisierung der Innenpolitik (Salzborn 2015, S. 81).Andere Forscher sprechen von einem "hybriden Regime" und positionieren Ungarn in einer Grauzone zwischen Demokratie und Autokratie. András Bozóki und Dániel Hegedüs betonen, dass hybride Regime eine eigenständige Kategorie darstellen, die weder als Unterform der Demokratie noch der Diktatur zu verstehen ist (Bozóki/Hegedüs 2018, S. 1183). Attila Antal betont, dass das Orbán-Regime seine politische Anhängerschaft gezielt repolitisiert und den Rest der politischen Gemeinschaft depolitisiert hat (Antal 2017, S. 18).SchlussfolgerungDas Phänomen des Demokratieabbaus, beobachtet nicht nur in Ungarn, sondern weltweit und innerhalb Europas, unterstreicht eine kritische Herausforderung für die demokratische Ordnung vieler Staaten. Die systematische Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Ungarn seit Viktor Orbáns zweiter Amtszeit im Jahr 2010 zeichnet ein beunruhigendes Bild der Degradierung demokratischer Werte, das weit über die Grenzen Ungarns hinausreicht und die europäische Gemeinschaft insgesamt betrifft (Möllers 2018, S. 7; Ismayr 2002, S. 309ff.).Die zentrale Rolle der Medien in einer Demokratie, hervorgehoben durch ihre vielfältigen Funktionen wie die Schaffung von Öffentlichkeit, Informationsvermittlung, Kontrolle der Macht, soziale Integration und Bildung, unterstreicht die Bedeutung der Medienfreiheit für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft (Strohmeier 2004, S. 69ff.). Die Kontrolle über die Massenmedien zu haben bedeutet, einen entscheidenden Einfluss darauf zu besitzen, welche Informationen die Bevölkerung erhält und wie sie die politische Realität wahrnimmt.Ungarns Entwicklung seit 2010 unter der Fidesz-Regierung ist besonders alarmierend, da sie zeigt, wie gezielt Propaganda eingesetzt wird, um die Regierungsperspektive zu stärken und oppositionelle Stimmen effektiv zum Schweigen zu bringen. Die offene Ausführung dieser Maßnahmen und das scheinbare Desinteresse der Regierung, ihre Aktionen zu verbergen, verdeutlichen eine besorgniserregende Gleichgültigkeit gegenüber demokratischen Standards (Bajomi-Lazar 2018, S. 281f.). Trotz der Transparenz dieser Aktivitäten hat die Europäische Union bisher wenig Einfluss auf eine positive Veränderung nehmen können, was den Demokratieabbau in Ungarn weiter vorantreibt.Die Situation in Ungarn ist nicht isoliert zu betrachten, sondern stellt ein ernstes Problem für die EU dar, da es die konstitutionellen und demokratischen Grundlagen der Gemeinschaft untergräbt. Die aktuellen Entwicklungen in Ungarn sind ein Warnsignal und erfordern eine dringende und koordinierte Reaktion auf europäischer Ebene, um die Demokratie zu schützen und zu fördern. Die Frage, wie die Medienregulierung in Ungarn die demokratischen Prozesse und die politische Landschaft des Landes beeinflusst, lässt sich klar beantworten: Sie führt zu einer erheblichen Einschränkung der Demokratiequalität, indem sie die freie Meinungsäußerung untergräbt, die politische Pluralität einschränkt und die Kontrollfunktion der Medien schwächt.Die Hoffnung liegt nun darauf, dass die internationale Gemeinschaft und europäische Institutionen wirksame Maßnahmen ergreifen, um die demokratischen Prinzipien in Ungarn zu stärken und einen weiteren Demokratieabbau zu verhindern. Die Bewahrung der Medienfreiheit und die Sicherstellung einer pluralistischen und unabhängigen Medienlandschaft sind essenziell für die Aufrechterhaltung einer lebendigen und gesunden Demokratie, nicht nur in Ungarn, sondern in allen demokratischen Staaten. LiteraturverzeichnisÁgh, Attila. 2015. 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Quo vadis, EU? Das Projekt, das zu Anfang für Frieden sorgen sollte, hat inzwischen so manches umgesetzt, was in der Gründungszeit, im Mai 1951, für visionär gehalten wurde. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die zu Beginn aus sechs Staaten (Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Italien) bestand, entwickelte sich schnell weiter: Von einem Gemeinsamen Markt über weitere Mitgliedsländer bis hin zu einer gemeinsamen Währung transformierte sich die einstige Gemeinschaft zur heutigen Europäischen Union."Spill over"-Effekte sorgten dafür, dass ausgehend vom Gemeinsamen Markt auch gemeinsame Arbeitsbereiche außerhalb der Ökonomie entstanden: Das Wirtschaftsprojekt wurde zunehmend politisch und steht heute zwischen Supranationalismus und Intergouvernementalismus. Die EU, so wird gerne gesagt, ist ein System sui generis, weder ganz internationale Organisation noch ganz Staat. Doch gerade weil die EU in machen Belangen staatliche Züge angenommen hat, stellt sich die Frage, ob ihre demokratische Legitimation ausreicht. Angela Merkel drückte das in einer Regierungserklärung von 2006 folgendermaßen aus:"Kurz gesagt muss man feststellen: Europa steht bei den Europäerinnen und Europäern nicht so hoch im Kurs […]. Wir müssen […] den Stand des Projekts Europa kritisch überprüfen. Wir müssen den Bürger in den Mittelpunkt stellen" (Bundesregierung 2006, S. 3f.).Doch worunter leidet die demokratische Legitimation der EU? Und wie könnte man der Union zu mehr Demokratie verhelfen? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag nach. Ausgehend vom Aufbau der EU wird das sogenannte Demokratiedefizit in institutioneller und struktureller Hinsicht erläutert. Abschließend werden mögliche Lösungsvorschläge vorgestellt und Kritikpunkte geäußert.Aufbau der EU und DemokratiedefizitDie Aufbau der Union wird häufig als abstrakt und kompliziert erachtet. Auch die ZDF-Satiresendung Die Anstalt greift den komplexen Aufbau der EU zusammen mit dem Demokratiedefizit in der Sendung vom 06.09.2015 auf. Um auf das Demokratiedefizit aufmerksam zu machen, beginnen die Satiriker Claus von Wagner und Max Uthoff so: Claus von Wagner (C.v.W.): "Die meisten Nutzer [gemeint sind hier die Bürger*innen der Europäischen Union] beschweren sich, dass unser Haus [gemeint ist die Europäische Union] nicht den demokratischen Anforderungen entspricht."Max Uthoff (M.U.): "Diese Leute sind doch gar nicht in der Lage, ein so komplexes Haus wie unseres zu verstehen."C. v. W.: "Aber sie sollen drin wohnen ... wie soll denn das gehen?! Vielleicht können Sie's mir erklären, schau'n Sie mal, wir haben da hinten doch den Grundriss von unserem Hotel [gemeint ist hier abermals die Europäische Union]."M. U.: "Ja ... ja, was suchen Sie denn?"C. v. W.: "Na, die Demokratie!"M. U.: "Ach Demokratie ... Demokratie ... was heißt schon Demokratie?"C. v. W.: "Na, das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk." (von Wagner/Uthoff 2016, 00:00:00 – 00:01:00). Wie Markus Preiß, Leiter des ARD-Studios in Brüssel, in seinem #kurzerklärt-Video erläutert, ist die Europäische Union "demokratisch mit Schönheitsfehlern" (Preiß 2019, 00:02:07-00:02:10) und sicherlich weit weg davon, undemokratisch zu sein. Doch über ihr Demokratiedefizit lässt sich schlecht hinwegsehen. Es fußt im Wesentlichen auf zwei Gründen: "zu wenig Bürgerbeteiligung infolge mangelnder Transparenz und eine[r] unzureichende[n] Legitimation der Institutionen der Europäischen Union" (Bollmohr 2018, S. 73). Doch politische Systeme sind auf Legitimation angewiesen, "um Herrschaft dauerhaft zu sichern" (Abels 2019, S. 2). Um dieses Demokratiedefizit besser verstehen zu können, ist eine Beschreibung des Aufbaus der Europäischen Union und ihrer Institutionen unerlässlich. Autor*innen, die die Europäische Union für demokratisierbar halten, begreifen die EU als als ein politisches System, das durch institutionelle und strukturelle Reformen verändert werden kann (vgl. Schäfer 2006, S. 354). Sie gehen hierbei von einem Demokratieverständnis gemäß der Übersetzung des Wortes Demokratie (= Volksherrschaft) aus. Wie in der Inszenierung der Anstalt angeklungen, wird von einer Auslegung des Wortes ausgegangen, das das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk als Grundlage nimmt und auf eine Aussage von Abraham Lincoln zurückgeht ("government of the people, by the people, for the people"). Die EU hat sieben Organe (vgl. Weidenfeld 2013, S. 116). Den Kern bildet dabei das "institutionelle Dreieck" bzw. nach der Inklusion des Europäischen Rates durch den Vertrag von Lissabon das "institutionelle Viereck", bestehend aus dem Europäischen Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union. Zu den Organen gehört darüber hinaus der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und der Rechnungshof. Beginnend mit dem Europäischen Parlament werden nachfolgend alle Institutionen nach der Reihenfolge aufgelistet, wie sie im Vertrag von Lissabon stehen, und ihr Demokratie- bzw. Legitimationsdefizit erläutert. Europäisches Parlament In das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung kam das Europäische Parlament (EP) erst mit der ersten Direktwahl im Jahr 1979 (vgl.: ebd.). Damit war "[d]er Schritt hin zu einem von den Bürgern legitimierten europäischen Einigungswerk […] getan" (ebd.). Seither gewann das EP an Befugnissen. So wurde beispielsweise mit dem Vertrag von Maastricht (1992) das Mitentscheidungsverfahren eingeführt, "welches das Parlament dem Rat im Gesetzgebungsprozess gleichstellt" (ebd.). Wahlen für das Europäische Parlament finden alle fünf Jahre statt (vgl.: Weidenfeld 2006, S. 65). Insbesondere hinsichtlich des Demokratiedefizits ist es wichtig festzuhalten, dass das EP die einzig direkt gewählte Institution der Europäischen Union darstellt. Als solche stellt sie "die unmittelbare Vertretung der Unionsbürger auf der europäischen Ebene dar" (Weidenfeld 2013, S. 116). Dabei werden die Sitze "degressiv-proportional" verteilt (ebd., S. 117). Dies führt allerdings dazu, dass "ein deutscher Abgeordneter mehr als 13 Mal so viele Bürger vertritt wie ein Parlamentsmitglied aus Luxemburg oder Malta" (ebd.). Von einer gleichen Wahl, wie es das Grundgesetz in der Bundesrepublik Deutschland für die Bundestagswahlen vorgibt, kann nicht gesprochen werden. Die Funktionen und Aufgaben des EP sind vielfältig. Es "fungiert zusammen mit dem Ministerrat der Union als Gesetzgeber" (ebd.) und stellt mit ihm die Haushaltsbehörde dar (vgl. ebd.). Gleichzeitig "kontrolliert [es] die Arbeit der Kommission" (ebd.). Generell kann von fünf Funktionen des EP gesprochen werden: Systemgestaltungsfunktion, Politikgestaltungsfunktion, Wahlfunktion, Kontrollfunktion und Repräsentations- bzw. Artikulationsfunktion (vgl.: ebd., S. 121ff.). Mit der Systemgestaltungsfunktion hat das Europäische Parlament einen, wenn auch geringen, Spielraum zur "konstitutionellen Weiterentwicklung des EU-Systems" (ebd., S. 121). Beispielsweise darf das Parlament "Entwürfe zur Änderung der Verträge [vorlegen]" (ebd.). Außerdem kann eine Erweiterung der Europäischen Union nur mit Zustimmung der Parlaments durchgeführt werden. Die Politikgestaltungsfunktion bezeichnet die Möglichkeit des EP, die Kommission auffordern zu können, eine Gesetzesinitiative zu starten (= indirektes Initiativrecht). Die Kommission muss dieser Bitte innerhalb von drei Monaten nachkommen oder andernfalls ihr Verhalten wohlbegründet erläutern. Das indirekte Initiativrecht teilt sich das EP mit dem Rat. Ebenso teilen sich beide Organe das Haushaltsrecht, wobei das EP in diesem Belang, zumindest auf Ausgabenseite, das letzte Wort behält (vgl.: ebd., S. 122). Die Wahlfunktion wird durch die Wahl des Kommissionpräsidenten erfüllt, der vom Europäischen Rat vorgeschlagen wird. Das EP ist auch an der Bestellung der Kommission beteiligt und muss der Zusammensetzung zustimmen. Die Repräsentations- und Artikulationsfunktion des Europäischen Parlaments wird kritisch gesehen. Aufgrund einer fehlenden europäischen Öffentlichkeit kann eine Repräsentation der europäischen Bürger*innen nicht in dem Maße stattfinden, wie es in nationalstaatlichen Parlamenten der Fall ist. Das Europäische Parlament arbeitet in Fraktionen, die sich nach der politischen Ausrichtung organisieren und sich aus den Mitgliedern des EP aus den verschiedenen Mitgliedsstaaten zusammensetzen. Im Gegensatz zu nationalen Parlamenten gibt es kein "Regierungs-Oppositions-Schema" (vgl.: ebd., S. 124) und es wird mit Ad-hoc-Mehrheiten gearbeitet. Wie Weidenfeld (2013) klarstellt, bietet diese Herangehensweise "immer wieder neue Möglichkeiten zur persönlichen Einflussnahme […]; [allerdings wird es] für die Öffentlichkeit […] dadurch schwierig, politische Verantwortung zuzuordnen" (ebd.). Auch wenn sich das EP durch verschiedene Vertragsreformen immer weiter an die "Rolle nationaler Parlamente angenähert" (ebd., S. 121) hat, besitzt es nicht alle Funktionen der Parlamente der Mitgliedsstaaten. Bezogen auf das EP werden "drei wesentliche Legitimationsmängel" (Bollmohr 2018, S. 99) aufgezeigt. Einer der Mängel ist der Wahlmodus, denn statt eines "kodifizierten Wahlrechts […] gelten nationale Wahlgesetze mit zum Teil erheblichen Unterschieden" (ebd., S. 86). Die Sitzverteilung im Europäischen Parlament nach der degressiven Proportionalität verstärkt die Ungleichheit der Wähler*innenstimmen bei der Europawahl. Zu erwähnen ist hierbei auch, dass es zur Europawahl, anders als bei nationalen Wahlen, kaum einen erkennbaren Wahlkampf gibt. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass es keine europäischen Parteien und deshalb kein parteienspezifisches Wahl- bzw. Parteiprogramm und kaum europäische Themen gibt (vgl.: ebd., S. 86f.). Auswirkungen hat das auf die Arbeitsweise des Europäischen Parlaments. Ohne Parteiprogramm können Mitglieder der Fraktionen lediglich fallbezogen "über Vorgänge beraten und abstimmen, die von der Europäischen Kommission vorgegeben werden", was den Prozess "unvorhersehbar" macht (ebd., S: 87). Ein weiterer Mangel ist die eingeschränkte Gesetzgebungsfunktion. Die Rechtsetzungsverfahren werden, trotz Aufwertung des EP, von den Räten dominiert (vgl.: ebd.). Wie Bollmohr (2018) auf Seite 99 feststellt, ist die Beteiligung an der Gesetzgebung mit unter zehn Prozent noch "zu gering". Zusätzlich wird der fehlende Austausch zwischen Unionsbürger*innen und den Abgeordneten des EP als Mangel gesehen. Das einzige von den Unionsbürgern direkt gewählte Organ hat zwar in den letzten Jahrzehnten an Kompetenzen gewonnen, ist aber in wichtigen Bereichen (Außenpolitik, Steuerpolitik) nach wie vor nicht gleichberechtigt mit den nationalen Regierungen im Rat. Europäischer Rat Der Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU und entscheidet im Konsens. Er nimmt formal nicht am Gesetzgebungsprozess teil, sondern hat eine gewichtige Rolle bei der "Systemgestaltung und bei der Besetzung von Schlüsselpositionen" (Weidenfeld 2013, S. 127). Der Europäische Rat hat drei zentrale Funktionen: Lenkungsfunktion, Wahlfunktion und Systemgestaltungsfunktion. Die Lenkungsfunktion erlaubt es dem Europäischen Rat, allgemeine Leitlinien für die Politik der EU, vornehmlich für die Außenpolitik, zu erlassen. Er wählt mit dem Präsidenten des Europäischen Rats und dem Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik die zwei wichtigsten "Vertreter der EU-Außenpolitik" (ebd.). Darüber hinaus nimmt er eine "Schlüsselstellung" in der Systemgestaltung ein (ebd.). Schließlich sind die Mitgliedsstaaten die Herren der Verträge und sie entscheiden, welche Kompetenzen sie an die europäische Ebene abgeben. Rat der EU/Ministerrat"Der Rat [der EU] besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, verbindlich für die Regierung zu handeln" (ebd., S. 129). Er ist nach Fachgebiet in Fachministerräte unterteilt. Zunehmend entscheidet der Rat mit Mehrheit. Halbjährlich wechselt die Präsidentschaft des Rates (vom 01.01.2023-30.06.2023 hat beispielsweise Schweden die Ratspräsidentschaft inne). Der Rat besitzt zentrale Befugnisse in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Daneben ist seine Legislativ- und Exekutivfunktion entscheidend. Inzwischen teilt sich der Rat die Legislativfunktion, genauso wie das Haushaltsrecht, mit dem Europäischen Parlament. Beide Organe besitzen überdies das Recht, auf die Kommission zuzugehen und einen Gesetzentwurf vorzuschlagen. Die Exekutivfunktion nimmt der Rat wahr, "indem er Vorschriften zur Durchführung von Rechtsakten erlässt, die Durchführung selbst ausführt oder sie an die Kommission delegiert" (ebd., S. 132). Der Rat übernimmt gegenüber der Kommission darüber hinaus eine Kontrollfunktion.Die Räte, also der Europäische Rat und der Rat der Europäischen Union, beziehen ihre Legitimation durch die Nationalstaaten. Daraus entsteht dennoch ein Legitimationsmangel bzw. ein Demokratiedefizit, weil der Ministerrat maßgeblich am Gesetzgebungsverfahren in der EU beteiligt, aber nicht auf EU-Ebene legitimiert ist (vgl.: Bollmohr 2018, S. 99). Zusätzlich hält Bollmohr (2018) fest, dass der Rat (der EU) "zwar von den nationalen Parlamenten beeinflusst wird, aber da die qualitative Mehrheit im Rat auch Abstimmungsniederlagen für einzelne Länder nach sich ziehen kann, sind die Möglichkeiten der Parlamente begrenzt" (ebd.). KommissionWie Weidenfeld (2013) auf Seite 135 schreibt, ist die Kommission "vertragsrechtlich auf das allgemeine EU-Interesse verpflichtet und soll unabhängig von den nationalen Regierungen handeln". Während der Europäische Rat das prototypische intergouvernementale Organ darstellt, ist die Kommission die klassische supranationale Institution in der Europäischen Union. Das Kollegium, aus dem sich die Kommission zusammensetzt, besteht aus einem Kommissar pro Mitgliedsland. Es wird "in einem Zusammenspiel zwischen den Staats- und Regierungschefs und dem EP [bestimmt]" (ebd., S. 137). Der/die Kommissionspräsident*in und der Verwaltungsapparat ergänzen die Kommission. Der Europäische Rat schlägt ein*e Kandidat*in für das Amt der/des Kommissionpräsident*in vor, welche*r sich dann einer Wahl im EP unterziehen muss. Bei Ablehnung unterbreitet der Rat einen neuen Vorschlag, bei Annahme schlagen die Staats- und Regierungschefs mit dem/der Präsident*in die weiteren Kommissionsmitglieder vor, die ebenso der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Eine Amtsperiode der/des Präsident*in dauert fünf Jahre. Außerdem hat das EP die Befugnis, die Kommission durch ein Misstrauensvotum ihres Amtes zu entheben. Hierfür ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Kommission hat vier wichtige Funktionen: Sie fungiert sowohl als Exekutive als auch als Außenvertretung und hat die Legislativ- und Kontrollfunktion inne. Als Exekutive ist die Kommission für die Durchführung von Rechtsakten und die "Umsetzung und Verwaltung der Unionspolitiken verantwortlich, die vom Parlament und vom Rat verabschiedet wurden" (ebd., S. 138). Die Ausführung des vom Europäischen Parlament beschlossenen Haushalts gehört ebenso zu den exekutiven Aufgaben der Kommission. Die Legislativfunktion umfasst das Initiativmonopol. Die Kommission darf als einzige EU-Institution Gesetzesvorschläge einbringen. Sie ist "agenda-setter" (ebd., S. 139) und kann die EU-Integration vorantreiben. Als Hüterin der Verträge ist die Kommission für die Einhaltung des Unionsrechts verantwortlich und kann, bei Verletzung des Unionsrechts, ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnen. Sie vertritt überdies die vergemeinschaftete Handels- und Entwicklungspolitik nach außen und nimmt "im Namen der EU an den Verhandlungen im Rahmen der WTO teil" (vgl.: ebd., S. 140). Die Mängel der Legitimation der Europäischen Kommission zeigen sich bei der Wahl der Mitglieder und der/des Präsident*in. Kandidat*innen werden von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament bestätigt. Dies ist in den Verträgen zwar so festgehalten, "aber der Legitimationsglaube in die wichtigste Institution der EU ist gering" (Bollmohr 2018, S. 99). Schließlich ist "das EP durch das bestehende Wahlverfahren nur bedingt als legitimiert [anzusehen] […] und der Europäische Rat durch die Nationalparlamente nicht im Eigentlichen für EU-Fragen legitimiert" (ebd., S. 80). Zudem stellt die Kommission eine Art Exekutive, also Regierung dar. Diese ist momentan weder wähl- noch abwählbar. Doch genau das, eine wähl- und abwählbare Regierung, zeichnet eine Demokratie aus, weswegen das Demokratiedefizit der EU an dieser Stelle besonders zum Vorschein kommt. EuGH, Europäische Zentralbank und RechnungshofDer Europäische Gerichtshof mit Sitz in Luxemburg ist verantwortlich für die Wahrung und die Einheitlichkeit des Unionsrechts. Er wird dann aktiv, wenn eine Klage oder eine Anfrage vorliegt und agiert deshalb reaktiv. Gleichzeitig stellt er – wie die Kommission – ein supranationales Organ dar. Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedsstaat, die von "den nationalen Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt [werden]" (Weidenfeld 2013, S. 143). Das Europäische Parlament spielt bei der Ernennung der Richter keine Rolle, was den Gerichtshof von anderen obersten Gerichten, wie dem Supreme Court oder dem Bundesverfassungsgericht, unterscheidet. Zusätzlich unterscheidet ihn vom höchsten Gericht der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Wiederwahl der Richter möglich ist. Der Europäische Gerichtshof hat die Befugnis, gegenüber den Mitgliedsstaaten "bindende Urteile [zu] sprechen" (ebd., S. 143). Das hat zur Folge, dass seine Entscheidungen die Bevölkerung der EU direkt betreffen. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden seine Kompetenzen von der supranationalen Säule zudem auf die Innen- und Justizpolitik erweitert (vgl.: ebd.). Entscheidungen fallen meist einvernehmlich oder per einfacher Mehrheit. Der Gerichtshof hat "in der Geschichte der Integration immer wieder eine Motorrolle übernommen" (ebd., S. 145). Seine Urteile fallen überwiegend integrationsfreundlich aus (in dubio pro communitate – (ugf.) im Zweifel für die Europäische Union). Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main wurde 1998 mit der Einführung der gemeinsamen Währung eingerichtet. Sie ist für die Geldpolitik der EU verantwortlich und hat als Organ einen supranationalen Charakter. In ihrer Arbeitsweise ist sie von anderen EU-Organen und von den Mitgliedsstaaten unabhängig. Bei der Währungspolitik arbeitet die EZB mit nationalen Zentralbanken zusammen. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Preisstabilität zu sichern. Darüber hinaus unterstützt sie die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Der Vertrag von Maastricht (1992) hob den Rechnungshof zu einem Organ an. Seine Aufgabe ist die Rechnungsprüfung der EU, was alle Einnahmen und Ausgaben betrifft. Er besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedsstaat, welche vom Rat ernannt werden. Hierbei verfügt das Europäische Parlament über ein Anhörungsrecht. Alle drei Organe, der EuGH, die Zentralbank und der Rechnungshof, werden nicht gewählt, sind aber dennoch in besonderem Maße am Integrationsprozess beteiligt. Dieser Umstand ist keine Besonderheit der EU, sondern auch in Nationalstaaten üblich. Dennoch gibt es Kritik und Reformvorschläge. Die Wiederwahl der Richter am EuGH gilt als besonders problematisch. Ebenso gibt es Forderungen nach mehr Transparenz in allen drei Organen.Die bisher genannten Defizite beziehen sich auf die Institutionen der Europäischen Union und werden deswegen institutionelle Defizite genannt. Daneben gibt es das strukturelle Demokratiedefizit, das die nach wie vor fehlende Kommunikations-, Erfahrungs- und Erinnerungsgemeinschaft beschreibt, in der sich eine kollektive Identität herausbildet, etabliert und tradiert (vgl. Graf Kielmannsegg 2003, S. 57ff.). Oder einfacher ausgedrückt: Es mangelt an einer "Wir-Identität", denn es fehlt eine gemeinsame Sprache, es gibt kein gemeinsames Politikverständnis und kein einheitliches Rechtssystem (vgl. Bollmohr 2018, S. 74). Schließlich schafft ein auf Effizienz ausgelegter Gemeinsamer Markt noch keine Demokratie, geschweige denn einen gemeinsamen Demos. Darauf ist der Markt auch gar nicht angewiesen. Das strukturelle Demokratiedefizit macht sich beispielsweise bei den Europawahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung bemerkbar (im Jahr 2009 lag die Wahlbeteiligung bei gerade mal 43%, vgl.: Decker 2017, S. 166). Diese Defizite sind nicht neu und seit der zunehmenden Politisierung der Europäischen Union bekannt. Seit Ende der 1980er Jahre ist man auf EU-Ebene bemüht, sie zu beheben (vgl.: Bollmohr 2018, S. 71). Doch wie könnten weitere Schritte in Richtung weniger Demokratiedefizit in einem "Mehrebenensystem ohne einheitlichen Demos […], ohne einheitliche Regierung […] und ohne nennenswerte intermediäre Strukturen" (ebd., S. 73) aussehen? Nachfolgend werden exemplarisch Lösungsvorschläge für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit vorgestellt. Sie erheben nicht den Anspruch, die Gesamtheit aller Lösungsvorschläge abzudecken. Potenzielle Lösungsansätze für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit der EUInstitutionelles DemokratiedefizitIn ihrem Beitrag "Neue Governance-Formen als Erweiterung der europäischen Demokratie" (2017) nennt Gesine Schwan eine bessere Zusammenarbeit von europäischen und nationalen Parlamentariern als Stellschraube für mehr demokratische Teilhabe. Die Überwindung des Gegensatzes zwischen "renationalisierender" und "supranationaler" europäischer Integration hätte einige Vorteile. Beispielsweise bewirke diese "verschränkte Parlamentarisierung" (S. 158), wie sie diese Form der Zusammenarbeit nennt, eine bessere Verständigung über die Perspektiven von nationalen und europäischen Abgeordneten. Außerdem führe der intensivere Austausch zu einer früheren Information der nationalen Parlamentarier über Debatten und Entscheidungen im Europäischen Parlament. Dies hat folgende, demokratiefördernde Konsequenzen: Einerseits gebe es dadurch eine breitere öffentliche Diskussion und eine daraus resultierende Legitimation. Andererseits eine verstärkte parlamentarische Kontrolle. Einen Einbezug von Wissenschaft und Medien hält Schwan für geboten. Zusätzlich fördere dies die grenzüberschreitende Kommunikation und Kooperation. Nach wie vor, bemängelt Schwan, existiere ein Mangel an intermediären Vermittlerstrukturen in der Europäischen Union, was beispielsweise Medien, Parteien und Verbände betrifft. Etwas konkreter wird Frank Decker in seinem Beitrag "Weniger Konsens, mehr Wettbewerb: Ansatzpunkte einer institutionellen Reform" (2017). Er benennt die seiner Meinung nach drei wichtigsten "demokratischen Stellschrauben" (S. 167), um das institutionelle Demokratiedefizit zu beheben. Er sieht im einheitlichen Wahlrecht, in der Wahl des Kommissionspräsidenten und der Bestellung der Gesamtkommission Potenziale, um die Europäische Union institutionell zu legitimieren.Decker moniert, dass gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, Art. 223 Abs. 1) ein einheitliches Wahlrecht längst hätte erfüllt sein müssen (vgl. Decker 2017, S. 168). Nun gebe es die "paradoxe Situation" (ebd.), dass europäische Parteien zwar den Parlamentsbetrieb bestimmen, bei den Europawahlen aber nach wie vor nur die nationalen Parteien kandidieren (vgl.: ebd.). Eine Aufhebung dieser Tatsache sieht Decker in einer "Einführung eines europaweiten Verhältniswahlsystems mit moderater Sperrklausel" (ebd.). Diese wäre ein starker Anreiz dafür, sich als Parteien zusammenzuschließen, was einerseits der Fragmentierung im Europäischen Parlament entgegenwirken würde und andererseits förderlich für die Arbeitsfähigkeit des EP wäre. Diese Regelung würde zudem zu einer Vereinheitlichung des Wahlsystems innerhalb der Europäischen Union beitragen. Die Mitgliedsstaaten dürften weiterhin selbst entscheiden, wie das Wahlrecht genau geregelt ist und wie die Wahl durchgeführt wird. Unbedingt geboten sei hingegen eine Wahlpflicht oder alternativ eine Verteilung der Sitze nach der Wahlbeteiligung. So würde ein Anreiz für eine hohe Teilnahme geschaffen werden und die Wahlen für das EP könnten ihre Bewertung als Nebenwahl ein wenig verlieren. Jede*r EU-Bürger*in hätte nach wie vor eine Stimme, die er/sie bei der Verhältniswahl mit "starren Listen" vergeben darf (ebd., S. 170). Auf diese Weise, schlussfolgert Decker, könnte mit der heutigen Diskrepanz zwischen Parteiensystem auf der parlamentarischen und elektoralen Ebene gebrochen werden (vgl.: ebd.). Die Wahl der/des Kommissionspräsident*in ist eine weitere Stellschraube, mit der man Decker zufolge das institutionelle Demokratiedefizit der EU schmälern kann. Für zentral hält er die Frage nach dem Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Decker schlägt an dieser Stelle das präsidentielle System vor, mit der Begründung, dass die Bürger*innen selbst die Chance hätten, ihre*n Präsident*in direkt zu wählen. Ob der/die Kommissionspräsident*in mit relativer oder absoluter Mehrheit gewählt wird, müsste geklärt werden. Die Wahl des/der Kommissionspräsident*in auf diese Art zu verändern, würde zum einen dafür sorgen, dass "[d]ie europäische Politik […] endlich ein Gesicht [bekäme]" (ebd., S. 174). Zum anderen würde diese Änderung dazu führen, dass die EU eine wählbare Exekutive hätte, was einer Regierung im nationalstaatlichen Sinn gleichkäme. Ebenso sieht Decker die Bestellung der Kommissare kritisch. Momentan ist das Gremium durch den gleichberechtigten Vertretungsanspruch aller Mitgliedsstaaten zu groß, was negative Auswirkungen auf die Arbeitsweise hat (vgl.: ebd., S. 175). Daneben kann der/die Kommissionspräsident*in kaum Einfluss auf die Auswahl der Kommissare nehmen, was zur Folge hat, dass "[d]ie Zusammensetzung der Kommission […] insofern eher die nationalen Wahlergebnisse [reflektiert] als das Ergebnis der Europawahlen" (ebd.). Deswegen schlägt Decker vor, dem/der direkt gewählten Kommissionspräsident*in das Recht zu erteilen, die Kommissare selbst zu ernennen. Alternativ könnten die Wähler*innen befugt werden, neben dem/der Präsident*in noch die Kommissar*innen zu wählen (vgl.: ebd., S. 176). Dies, so Decker, würde die Kommission nicht nur weiter demokratisch aufwerten, sondern wäre auch ein Beitrag zur Europäisierung der Europawahlen. Antoine Vauchez geht in seinem Beitrag "Die Regierung der 'Unabhängigen': Überlegungen zur Demokratisierung der EU" (2017) auf die mangelnde Transparenz mancher Institutionen der Europäischen Union ein. Er merkt bezüglich der Demokratisierung an:"Um die Stellung dieser Institutionen [gemeint sind hier Kommission, Zentralbank und EuGH, Anm. A.B.] im politischen Prozess neu zu justieren, muss man an den drei Säulen rütteln, auf denen ihre Autorität in der europäischen Politik bislang beruhte: der vollständigen Souveränität in der Auslegung ihres Mandats, dem Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität in ihren Diagnosen und Urteilen und einem bestimmten Verständnis von Unabhängigkeit als Abgrenzung von den vorhandenen politischen und sozialen Interessen. Diese Trias bildet eine Blockade, die zu durchbrechen jede Demokratisierungsstrategie bemüht sein muss" (Vauchez 2017, S. 187f.). Vauchez prangert Kommission, EuGH und EZB als "Mysterien des Staates" (ebd., S. 188) an. Beispielsweise mische sich die EZB inzwischen in Bereiche wie "das Rentensystem, die Lohnpolitik, das Arbeitsrecht und die Organisation des Staatswesens" ein (ebd.). Ähnliches gilt für den Europäischen Gerichtshof. In diesen Institutionen liege damit auch Regierungsgewalt. Deren Mandate sollten politisch erweitert werden, um dem Demokratiedefizit entgegenzuwirken. Antoine Vauchez vertritt deswegen die Ansicht, dass Themen, die in diesen Institutionen behandelt werden, "das Produkt öffentlicher Debatten und Auseinandersetzungen […] in einer Vielzahl nationaler und transnationaler Arenen [sein sollten]" (ebd.). Er nennt als Beispiel das Europäische Parlament, schließt aber andere politische Mittel, um EuGH und EZB zu überprüfen, wie beispielsweise das Frühwarnsystem, das mit dem Lissabonner Vertrag eingeführt wurde, nicht aus. Hierbei können "[e]ine Mindestzahl von einem Drittel der nationalen Parlamente […] den Entwurf eines Gesetzgebungsaktes vor die Kommission bringen, wenn er die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit missachtet" (ebd., S. 189). Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, Entscheidungen von EZB und EuGH für nichtig erklären zu können, sollten "diese den von der Union zu vertretenden 'Werten, Zielen und Interessen' [entgegenstehen]" (ebd.).Um der Intransparenz der Arbeitsweise dieser EU-Institutionen entgegenzuwirken, schlägt Vauchez zudem vor, der Öffentlichkeit Zugang zu Archiven, Daten, vorbereitenden Dokumenten und Beratungsprotokollen zu verschaffen. Auch hier hält er die Schaffung eines öffentlichen Forums für Dissens und Diskussion für notwendig (vgl.: ebd., S. 190). Abschließend hält es Vauchez für geboten, den repräsentativen Charakter der 'unabhängigen' Institutionen zu stärken. Damit meint er nicht nur die Repräsentanz aller Mitgliedsstaaten, sondern auch die Abbildung der Komplexität und Vielfalt der Bürger*innen der Europäischen Union in den Gremien und Ausschüssen der Institutionen. So, schlussfolgert Vauchez, stelle "man letztlich die Fähigkeit unter Beweis, ein europäisches Allgemeininteresse zu verkörpern" (ebd., S. 191). Institutionelle Reformen, wie sie hier gefordert werden, sind prinzipiell möglich. Doch kann mit ihnen allein das strukturelle Demokratiedefizit nicht behoben werden (vgl. Bartolini 2000, S. 156, zitiert nach: Schäfer 2006, S. 356). Strukturelles Demokratiedefizit Das strukturelle Demokratiedefizit beruht darauf, dass es kein europäisches Wir-Gefühl bzw. kein europäisches Volk im Sinne eines Staatsvolkes gibt. Dabei verfolgt die EU bereits seit geraumer Zeit eine Politik, die identitätsstiftend sein soll (vgl.: Thalmaier 2006, S. 4). Seit den 1970er Jahren haben Parlament und Kommission versucht, die EU-Bürgerschaft voranzutreiben und die europäischen Bürger*innen an europäische Themen heranzuführen (vgl.: Wiener 2006, S. 8). Diese Politik hat bisher jedoch nicht zu einem 'Wir-Gefühl' geführt (vgl.: ebd.). Doch möchte die EU ihr strukturelles Demokratiedefizit schmälern, ist sie auf ebenjenes 'Wir-Gefühl' angewiesen, denn eine Unterstützung wird von den Bürger*innen für die Europäische Union unbedingt gebraucht. Thalmaier (2006) unterscheidet hierbei zwischen spezifischer und diffuser Unterstützung. Während Bürger*innen ein politisches System spezifisch unterstützen, wenn es Ergebnisse hervorbringt, die den Interessen der Bürger*innen entsprechen, beschreibt die diffuse Unterstützung ein Vertrauen und eine Identifikation mit einem System, auch wenn die eigenen Interessen nicht immer durchgesetzt werden (vgl.: ebd., S. 6). Auf dieses grundsätzliche Vertrauen in das Handeln der Institutionen ist die Europäische Union als politisches System angewiesen. Eine kollektive Identität, die jedoch nicht mit einer nationalen Identität vergleichbar sein soll, ist dabei unerlässlich. Die Behebung des Öffentlichkeitsdefizit ist bei der Herausbildung einer kollektiven Identität erforderlich. Thalmaier schreibt deswegen, dass die "Ausbildung einer europäischen Identität […] entscheidend von der Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit [abhängt]" (ebd., S. 10). Zu lange habe es eine mangelnde Dynamik in der europapolitischen Kommunikation gegeben. Eine "stärkere Politisierung europäischer Politik" ist geboten, um eine europäische Öffentlichkeit überhaupt herauszubilden (ebd., S. 12). Daneben soll die Identitätserweiterung für eine kollektive Identität sorgen. Sie soll nach Thalmaier über die Schließung von Wissensdefiziten und -lücken über die Europäische Union erreicht werden. Der Schule kommt hier eine tragende Rolle zu. Deren Lehrpläne sollen angepasst und europäisiert werden, sodass die Bildungsinhalte in Fremdsprachen oder auch in sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern die europäische Ebene beleuchten. Dadurch soll zusätzlich die Relevanz der Europäischen Union vermittelt werden. Das minimiere die Fremdheit der EU (vgl.: ebd., S. 10) und könne identitätsstiftend wirken. Schließlich, so Thalmaier, erreiche man eine Reduzierung des strukturellen Demokratiedefizits nicht ohne eine Schaffung von mehr Partizipationsmöglichkeiten für die Bürger*innen bei Themen, die die Politik der EU betreffen. Neben institutionellen Reformen, die in diesem Beitrag bereits thematisiert wurden, spricht sich Thalmaier für europaweite Referenden aus, beispielsweise bei Angelegenheiten, die das Primärrecht oder EU-Beitritte betreffen. Dazu gehöre ein intensiver Austausch mit den Bürger*innen der Europäischen Union. Bereits im Weißbuch der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 ist ein Austausch und Dialog in der Dienstleistungsrichtlinie festgeschrieben. Bisher wird sie jedoch wenig genutzt. Thalmaier schlägt deswegen vor, enger in den Austausch mit den EU-Bürger*innen zu gehen. Eine Begründung jedes Projekts in einem öffentlichen Interaktionsprozess sei geboten, genauso sollte um Zustimmung für jede politische Neuerung auf EU-Ebene gerungen werden. Neue Wege der Kommunikation und des Dialogs mit Bürger*innen seien dabei zentral. Mehr Interaktion und Kommunikation schlägt auch Antje Wiener in ihrem Artikel "Bürgerschaft jenseits des Staates" (2006) vor, um die EU-Identität zu stärken und das strukturelle Demokratiedefizit zu mindern. Insbesondere die "Kommunikation über europäische Rechte innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten sowie intra- oder transeuropäisch in den entsprechenden institutionellen beziehungsweise medialen Kontexten, kurz jede Art von öffentlicher Diskussion zum Thema Rechte" (ebd., S. 11), trage dazu bei und mobilisiere auch das "Interesse am europäischen Projekt" (ebd.). Interaktion mit Institutionen, (EU-)Politiker*innen und Mitbürger*innen hätten das Potenzial, zu mehr "Staats- und Gemeinschaftsbildung" (ebd.) zu führen und die Bürger*innen enger an die EU zu binden. Durch Teilhabe und Teilnahme "im öffentlichen Diskurs soll eine zivile republikanische Identität geschaffen werden" (ebd.).Ähnliches fordert Ulrike Guérot, wenn es um die "Ausgestaltung einer europäischen Demokratie geht" (2018, S. 71). Damit "Europa" (ebd., S. 76) entstehe, brauche es Gemeinsames in der Europäischen Union über einheitliche bürgerliche und soziale Rechte. Sie argumentiert: "Es ist die Konvergenz von Recht, die Gemeinsamkeit entstehen lässt. In diesem Fall von Wahlrecht, Steuerrecht und sozialen Anspruchsrechten" (ebd.). Einigkeit und Einheitlichkeit seien auf dem europäischen Markt gegeben, bei den Bürger*innen sei Europa ihrer Ansicht nach aber noch zu fragmentiert. Solle sich daran etwas ändern, müsse mehr Gleichheit geschaffen werden, was am ehesten durch gemeinsame Rechte und Gesetze passiere. Guérot spricht hierbei von einem "Paradigmenwechsel" (ebd., S. 75) hin zu mehr Demokratie. Denn sollte einheitliches europäisches Recht eingeführt werden, wende man sich hin zu einer "Europäischen Republik, bei der die Souveränität bei den Bürger*innen Europas liegt […]" (ebd.). Kritik an diesen Ansätzen einer Demokratisierung der EU Kritiker*innen dieser Vorschläge sehen in einer "politisierte[n] EU eine Lähmung" der Europäischen Union (Schäfer 2006, S. 357). Für sie stellt die EU einen starren Verwaltungsapparat dar, "[e]ine Bürokratie, die sachlich und zielgerichtet arbeitet [und die] vom politischen Tagesgeschäft abgeschottet werden [muss]" (ebd.; Føllesdal/Hix, 2006, S. 538). Kritiker*innen sehen das Problem nicht in einem fehlenden Demos oder mangelnder Beteiligung der Bürger*innen, sondern in "vielfältigen Blockaden" (Schäfer 2006, S. 357) bei der Entscheidungsfindung und -durchsetzung. Ihrer Ansicht nach müsse die Europäische Union effizienter sein, um an Legitimität zu gewinnen, was nicht durch eine Demokratisierung erreicht werden könne (vgl.: ebd.). Schließlich müsse das Gemeinwohl über den Partikularinteressen der aktuellen Regierungen stehen. Für diejenigen, die einer Demokratisierung skeptisch gegenüberstehen, ist die Europäische Union bereits jetzt eine "aufgeklärte Bürokratie, die im Interesse der Bevölkerung entscheidet" (ebd./vgl.: Føllesdal/Hix, 2006, S. 546). Eine Demokratisierung bzw. "Politisierung der Europäischen Union liefe ihrem Aufgabenprofil zuwider" (Schäfer 2006, S. 357). Ebenso merken Kritiker*innen an, dass Macht in der EU geteilt werde und Entscheidungen durch Verhandlungen und nicht durch "Hierarchie" zustande kämen (vgl.: ebd., S. 360). Würde Macht in einem so fragmentierten Raum wie Europa zentralisiert, müsse das "für Minderheiten bedrohlich wirken" (ebd.). Zudem gründe der Erfolg des Konkordanzsystems der EU auf dem "Verzicht auf partizipatorische Entscheidungsverfahren" (ebd.). Gerade das Demokratiedefizit, so die Kritiker*innen, sei deshalb der wesentliche Faktor für den Zusammenhalt der Europäischen Union. Fazit und Ausblick Das sogenannte Demokratiedefizit existiert in institutioneller und struktureller Form. Das Problem ist dabei nicht unbekannt und es wird auf EU-Ebene durchaus versucht, es zu beheben. Reformvorschläge, beispielsweise von führenden Politikwissenschaftler*innen, gibt es zuhauf. Institutionell wird vorgeschlagen, dass sich verschiedene Organe der EU durch demokratische Wahlen legitimieren. Bei den Lösungsvorschlägen wird hierbei häufig auf die Kommission und die Wahl der/des Präsident*in und die Bestimmung der Beamten eingegangen. Eine (direkte) Wahl der/des Präsident*in und gegebenenfalls der Beamten würde das Interesse an der Europäischen Union stärken und das Demokratiedefizit schmälern. Andere Organe, wie beispielsweise der EuGH und die EZB sollten in ihrer Arbeitsweise transparenter werden, indem sie ihre Vorhaben/Gesetzesinitiativen vorab bekanntgeben, sodass sie in öffentlichen Debatten diskutiert werden können. Ein weniger auf konkrete Organe zugeschnittener Vorschlag ist ein engerer Austausch zwischen nationalen Parlamenten und dem EP. Um das strukturelle Demokratiedefizit zu beheben, ist eine europäische Öffentlichkeit, bzw. deren Herausbildung, von besonderer Bedeutung. Stellschrauben sind hier ein intensiver Austausch mit den EU-Bürger*innen und europaweite Referenden. Eine andere wäre die Europäisierung des Schulcurriculums. Damit könnte die Bedeutung der EU vermittelt und Wissenslücken über sie geschlossen werden. Tiefgreifender sind Forderungen nach gleichen Rechten und Pflichten für EU-Bürger*innen in allen Mitgliedsstaaten. Dies würde sicherlich zu einer höheren Identifikation mit der EU und den Mitbürger*innen führen – und somit zu einem Abbau des strukturellen Demokratiedefizits –, bräuchte jedoch weitreichende institutionelle Veränderungen und somit die Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu einer EU in supranationalem Gewand.Kritiker*innen einer Demokratisierung der EU stellen sich deswegen die Frage, ob die EU überhaupt einen Demokratisierungsprozess durchlaufen soll. Für sie ist die Union bereits jetzt eine demokratisch legitimierte Gemeinschaft, die effizient und zielgerichtet arbeitet. Eine Demokratisierung, so die Kritiker*innen, laufe dem Aufgabenprofil der "aufgeklärten Bürokratie" (Føllesdal/Hix, 2006, S. 546) zuwider und ist zwecks Effizienzmangel deshalb gar nicht wünschenswert. Die Europäische Union steht vor einem Dilemma: Einerseits fehlt ihr demokratische Legitimität, wie sie in Nationalstaaten vorhanden ist, beispielsweise durch eine wähl- und abwählbare Regierung, gleiche Wahlen mit bedeutendem, europäischem Wahlkampf und Transparenz. Andererseits ist sie, qua Ursprung, eine effiziente Bürokratie, die dem Ziel des Wohlstandserhalts verpflichtet ist. LiteraturverzeichnisAbels, Gabriele (2020): Legitimität, Legitimation und das Demokratiedefizit der Europäischen Union. In: Becker, Peter/Lippert, Barbara (Hrsg.): Handbuch Europäische Union, SpringerVS: Wiesbaden, S. 175-193.(AEUV) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (2009): Sechster Teil: Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften, Titel I: Vorschriften über die Organe, Abschnitt 1: Das Europäische Parlament (Art. 223). Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/AEUV/223.html [zuletzt abgerufen am 23.01.2023].Andersen, Uwe (Hrsg.) (2014): Das Europa der Bürger. 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