In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 14, Issue 2, p. 59-69
Unter dem Eindruck der Pandemie geht dieser Text der Bedeutung von Tätigkeitsfeldern nach, in denen fast ausschließlich Migrant*innen beschäftigt sind. Die zentrale Frage ist, wie arbeitssoziologische Forschung der Beobachtung gerecht werden kann, dass eine nach Staatsbürgerschaft geordnete Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen existiert. Aktuell gibt es in der deutschsprachigen Literatur wenig Texte, die diese Beobachtung auch theoretisch zu fassen versuchen. Es wird argumentiert, dass die Verbindung von Begriffen und Debatten aus der Migrationsforschung ("Segmentierung", "Rassifizierung", "differentielle Inklusion") mit solchen aus der aktuellen Arbeitssoziologie eine in diese Hinsicht interessante und wichtige Perspektive darstellt.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 11, Issue 2, p. 124-142
Wenn eine Aufgabe der Arbeitssoziologie darin besteht, einen Zusammenhang zwischen spezifischen Technologien und den Effekten ihres Einsatzes für Arbeit herzustellen, dann muss sie Technik vergleichend beschreiben. Das Ziel unseres Beitrages besteht darin, der Arbeitssoziologie einen Analyserahmen für Technik anzubieten, der vergleichende empirische Untersuchungen und die Formulierung theoretisch gehaltvoller Aussagen auf mittleren Abstraktionsebenen unterstützen soll. Wir positionieren technikvermittelte Beeinflussung in der Sozialtheorie als eine dritte Form der Beeinflussung neben interaktiver und strukturvermittelter Beeinflussung. Für die vergleichende Analyse solcher Beeinflussungen lässt sich das in den Science and Technology Studies entwickelte Konzept des Skripts nutzen. Vergleichsdimensionen für Skripte lassen sich aus allgemeinen Merkmalen von Beeinflussungssituationen ableiten. Wir demonstrieren die Anwendung des Vergleichsrahmens durch die Beantwortung der Frage, wie drei Installationsprogramme für verschiedene Versionen des Betriebssystems Linux die Handlungen der NutzerInnen beeinflussen. Durch den Vergleich der Skripte fokussiert unser Vergleichsrahmen bislang auf Beeinflussungsintentionen. Eine Ausweitung auf den Vergleich situativer Techniknutzung scheint aber möglich.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 7, Issue 1, p. 24-41
Der Wandel der (Erwerbs-)Arbeit wird in der Arbeits- und Industriesoziologie u.a. mit den Begriffen Entgrenzung, Prekarisierung und Subjektivierung charakterisiert. Für die arbeitenden Subjekte hat dieser Wandel ambivalente Effekte zwischen Autonomiegewinnen und neuen Belastungen. Zusätzlich dazu hat aber auch das Internet wirkmächtig zu grundlegenden Veränderungen der Arbeitsbedingungen geführt, die bei der Analyse des Wandels der (Erwerbs-)Arbeit bisher wenig mitberücksichtigt werden. Dabei stellt das Internet neue und eigene Anforderungen an die Subjekte, macht Setzungen und prägt das Arbeitshandeln. Gleichzeitig agieren die Subjekte im Umgang mit diesen Anforderungen wiederum keinesfalls gleichförmig, sondern eigensinnig und definitionsmächtig. Der vorliegende Artikel untersucht die Wechselwirkungen zwischen diesen Handlungsspielräumen der Subjekte und dem Eigensinn und der Wirkmacht des Internets. Empirische Grundlage sind Ergebnisse aus Interviews und Aufzeichnungen von Internetpraktiken junger Menschen, die in der Internetbranche arbeiten.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 14, Issue 2, p. 98-112
Die arbeitssoziologische Forschung bewegt sich in ihrer Rolle als kritische Aufklärerin seit jeher an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis und ist in der Folge nie nur Beobachterin, sondern immer auch (Mit-)Gestalterin betrieblicher Praxis - und damit normativ. Obwohl in aktuellen Beiträgen Fragen der Gestaltung breit revitalisiert werden, bleibt eine genauere Klärung dessen, was unter "Gestaltung" zu verstehen ist, in der Arbeits- und Industriesoziologie (AIS) überraschenderweise bislang noch aus. Der Beitrag nimmt sich genau dieser Leerstelle an und entwickelt dabei die These, dass die AIS nicht nur mit einem aufklärerischen Verständnis von Gestaltung operiert, sondern mit einem normativ-aktivierenden. Gerade weil aber wissenschaftliche Resonanz auch davon abhängig ist, wie Wissenschaftskommunikation gegenüber jenen Adressat:innen gelingen kann, die nicht mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmen, schließt sich hieran die Frage nach möglichen Weiterentwicklungen des bestehenden Verständnisses von Gestaltung an.
Die konkrete Form der Nutzung von Arbeitskraft im Produktionsprozeß ist 'Objekt von Strategien der Kapitalverwertung'. Ausgehend von dieser These werden gestützt auf empirische Ergebnisse 'betriebsstrategische Interessen bei der Einführung neuer Arbeitsformen' sowie die Rückwirkung neuer Formen der Arbeitsorganisation auf die 'Reproduktion der Arbeitskraft' untersucht. Vor diesem Hintergrund wird der Versuch einer Definition des Aufgabenbereichs der Industriesoziologie unternommen. Entgegen den Vorstellungen von einer 'sozialwissenschaftlichen Interventionsforschung' (Humanisierung) wird ihr die Rolle einer 'theoriegeleiteten und empirisch arbeitenden Analysenwissenschaft' zugewiesen. (WZ)
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 4, Issue 2, p. 59-73
Die Theorie der Anerkennung von Axel Honneth wurde in arbeits- und industriesoziologischen Forschungsansätzen bereits in unterschiedlicher Weise genutzt, um die Perspektive auf subjektive Bedürfnisse im Arbeitsprozess zu öffnen. Ausgehend von einem erweiterten Verständnis von Arbeit, d.h. einem Verständnis von Arbeit, das neben Erwerbsarbeit weitere Formen von Arbeit wie Familien-, Gemeinschafts- und Eigenarbeit umfasst, soll im Folgenden die These vertreten werden, dass Anerkennungsverhältnisse in "erweiterter Arbeit" in besonderem Maße von subjektiven Faktoren abhängig sind, die sich nicht mit ökonomischen Kategorien fassen lassen. Um "erweiterte Arbeit" allerdings angemessen mit der Kategorie der Anerkennung nach Honneth analysieren zu können, ist eine Modifikation von Honneths Theorie vonnöten, da Honneth einen Arbeitsbegriff verwendet, der auf Erwerbsarbeit verkürzt ist. Dabei bedarf insbesondere die Sphäre Solidarität einer konzeptionellen Erweiterung, denn in erweiterten Arbeitsformen hängt die subjektive Bewertung der eigenen Leistung in hohem Maße von "weichen" Formen der Anerkennung wie persönlichen Beziehungen, der Vervielfältigung persönlicher Leistungskontexte und von eigenen Ansprüchen an Selbstverwirklichung ab. Diese subjektiven Anerkennungschancen des eigenen Arbeitsvermögens sind als additiv zur Erwerbsarbeit zu verstehen, denn die Potenziale des Modells erweiterter Arbeit zeigen sich im Einzelfall auf individueller Ebene. Damit stellt erweiterte Arbeit schwerlich ein gesellschaftliches Lösungsmodell für die vielfältigen Problemlagen des Arbeitsmarktes dar. Vielmehr kann eine erweiterte Perspektive auf die subjektiven Potenziale von Arbeit - jenseits ökonomischer Verwertung - dazu beitragen, wissenschaftliche Debatten um eine Humanisierung und um die individuelle und gesellschaftliche Qualität von Arbeit (wieder) zu führen.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 15, Issue 1, p. 54-69
Der Beitrag behandelt die Relationierung von Moral und Interessen im Bewusstsein von Beschäftigten. Von den damals fokussierten objektiven Interessen der Lohnabhängigen hat sich der Fokus der Arbeits- und Industriesoziologie inzwischen auf die Handlungs- und Mobilisierungsrelevanz von normativen Ansprüchen verschoben. Solche Vereinseitigungen können mit dem Blick auf Interferenzen zwischen diesen Orientierungsrahmen vermieden werden. Auf Grundlage eines Forschungsprojekts, welches qualitativ das (verletzte) Leistungs- und Gerechtigkeitsempfinden von Sekretärinnen und ihre Arbeitskonflikte um ihre Eingruppierung untersucht, entwickelt der Artikel die These eines materialistischen Moralismus der Subjekte. Denn die untersuchten weiblichen Beschäftigten verweben und hierarchisieren Lohninteresse und Gerechtigkeitsansprüche. Ein Lohnanliegen wird demnach auch unter normativen Gesichtspunkten gedeutet, Interesse bleibt aber unverzichtbare analytische Dimension bei der Untersuchung subjektiver Orientierungen in Arbeitskonflikten.
Ausgehend von aktuellen Herausforderungen sowohl im empirischen Feld als auch in den Forschungsaktivitäten der Arbeits- und Industriesoziologie wird in diesem Artikel für die Integration partizipativer und gestaltungsorientierter Elemente in die heterogene Fallstudienforschung der Subdisziplin plädiert. Hierfür werden wesentlich erscheinende Grundgedanken partizipativer Forschung skizziert, auf inhaltliche wie konzeptionelle Passung zur Fallstudienforschung überprüft und exemplarische Beispiele für eine Umsetzung vorgestellt, die der pragmatischen Vorgehenslogik der Fallstudienforschung entspricht.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 11, Issue 2, p. 211-228
In kritischer Auseinandersetzung mit bisherigen Prognosen zum Verhältnis von Digitalisierung, Arbeit und Geschlecht sowie anknüpfend an ausgewählte theoretische und empirische Forschungsarbeiten wird im vorliegenden Beitrag ein möglicher Rahmen für weitere Debatten und Forschungen skizziert. Am Beispiel der Arbeit im Büro werden bisherige Entwicklungsprozesse der Digitalisierung von Arbeit aufgezeigt, um daran anschließend einige konzeptionelle und methodische Überlegungen zur Erforschung von Veränderungs- und Gestaltungsprozessen aus einer Geschlechterperspektive vorzustellen. Im Ergebnis zeigt sich, technisch-organisatorische Veränderungen können zu einer veränderten Geschlechterordnung und damit zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen, wenn durch aktive Gestaltung die sog. Pfadabhängigkeit der Geschlechterverhältnisse in Frage gestellt und verlassen wird.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 2, Issue 2, p. 5-16
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise viel kritisierten Ratingagenturen, insbesondere mit dem Wandel der Arbeitsweise der Ratinganalysten. Während beim klassischen Unternehmens-(anleihe)rating Analysten direkten Kontakt zum Unternehmen aufnehmen, und dieses auf der Basis einer autonomen, qualitativen Expertenentscheidung beurteilen, sind sie bei der Bewertung strukturierter Finanzprodukte auf externe, von Dritten erstellte Daten angewiesen, die sie mit Hilfe quantitativer formalisiert-standardisierter Modelle auswerten. Zum Auslöser der Finanzkrise wurden die deutlich zu optimistisch bewerteten strukturierten Finanzprodukte, deren breite Abwertung im Jahr 2007 die Abwärtsspirale der Finanzmärkte in Gang brachte. Obwohl die Europäische Kommission als Antwort auf dieses Versagen die Ratingagenturen stärker zu regulieren versucht, nimmt sie in ihren Gesetzesvorhaben keine Unterscheidung zwischen den beiden Ratingverfahren und der damit verbundenen unterschiedlichen Arbeitsweise vor. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass das Entscheidungsmodell autonomer, qualitativer Expertenentscheidungen, das beim Unternehmensating keine Auswirkungen auf die Krise hatte, auf Kosten einer noch stärkeren Quantifizierung, Formalisierung und Standardisierung der Arbeitsweise der Ratinganalysten geschwächt wird.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 10, Issue 2, p. 7-19
In den letzten Jahren lässt sich ein zunehmendes Nachdenken über Nachhaltigkeit beobachten. Wenngleich Nachhaltigkeit zu einem allgegenwärtigen Leitbegriff gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels avanciert, werden Themen der nachhaltigen Entwicklung von Arbeit trotz dieser Dynamiken kaum thematisiert. Es bleibt bisweilen offen, welche Relevanz die Idee von Nachhaltigkeit für die Beschäftigten hat, was sie unter Nachhaltigkeit verstehen und inwieweit sich Ansprüche an Nachhaltigkeit in der Arbeit identifizieren lassen. Vor diesem Hintergrund widmet sich dieser Beitrag der Bedeutung der Nachhaltigkeitsidee in subjektiven Konzepten von guter und sinnvoller Arbeit. Auf der Basis von teilstrukturierten narrativen Interviews werden Phasen der beruflichen Umorientierung als moments critiques analysiert, da diese in verdichteter Form Aufschluss über die zugrunde liegenden Motive, Vorstellungen und Wünsche an eine gute Arbeit geben. Die Analyse zeigt, dass sich Nachhaltigkeitsvorstellungen in drei Dimensionen rekonstruieren lassen: der Arbeitskraft, der Profession und des sozialen wie ökologischen Umweltbezuges. Da Nachhaltigkeit in Verbindung mit anderen Ansprüchen eingefordert wird, lässt sich von einem flankierenden Anspruch sprechen.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, p. 1490-1500
"Wenn, zu Beginn des Soziologentages 2006, die Faszination des Fußballspiels verflogen sein wird, dann wird die 'Hauptsache Arbeit' ihren angestammten Platz in der öffentlichen Aufmerksamkeit wieder einnehmen. Obwohl das Legitimationsplakat: 'Hauptsache Arbeit!' einen Ideologieverdacht durchaus nahe legt, bleibt die primäre Evidenz und unbedingte Relevanz von Arbeit, auf die es verweist, unbestreitbar. Es verwundert deshalb, wie schwer sich die Arbeits- und Industriesoziologie damit tut, sich ihres disziplinären Gegenstandes zu vergewissern. Zumal die (dis)claimer anderer Beobachter des Feldes, nicht wirklich für Irritation sorgen können. Weder die systemtheoretischen Kommentare, die die Rede von der 'Arbeitsgesellschaft' von der Höhe ihrer Theorie aus als 'Spontantheorien' qualifizieren, noch der von Offe reklamierte "entschlossene(.) Verstoß(.) gegen die fest verankerte moralisch-ökonomische Intuition (sic) ..., dass es die Erwerbsarbeit ist, die das organisierende Zentrum eines gelungen Lebens sein und bleiben muss', liefern für die Analyse der empirischen Verhältnisse, einer Durchdringung aller Lebensbereiche vom Modell (bezahlter) Arbeit, angemessene Konzepte an; der "Wir haben verstanden" - Gestus von Vertreter/innen der Disziplin befriedigt allerdings noch weniger. Habermas' Trennung von Arbeit und Interaktion übersah, dass Arbeit immer auch Interaktion beinhaltet. Das ist schon früh kritisch vermerkt worden. Was aber, wenn nun Interaktion zur Arbeit wird und Sittlichkeit zur Leistung? Oder in Terms des Fußballs: Arbeitssiege bringen zwar weiter, aber 'die Jungs (und das Publikum) sollen auch Spaß daran haben' (Klinsmann). Spaß an der Arbeit, das wär's! Aber: war da nicht noch was? Neben der Lust eben auch die Last, die Organisation, der Arbeitsvertrag etc. Deshalb bleibt es weiterhin eine (unerfüllte) Aufgabe der Disziplin, die entstandene Buntscheckigkeit empirischer Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse systematisch zu sichten und zu beschreiben. Dass die damit zwangsläufig erforderliche Weitung des Arbeitsbegriffs zu dessen Überdehnung führen kann, ist ein Risiko, das durch eine analytische Rahmung und Durchdringung der Empirie kalkulierbar gemacht werden muss. Dazu wird der Vortrag Vorschläge unterbreiten." (Autorenreferat)
Die Herausbildung einer wissensbasierten Ökonomie hat die Reflexion auf Wissensprozesse in den Unternehmen maßgeblich beeinflusst. Wissensmanagement hat sich im Sinne einer Management-Mode weit verbreitet und sich trotz des Scheiterns vieler Konzepte in den Unternehmen fest etabliert. Eine analytische Auseinandersetzung mit dem Management von Wissen muss sich von der oberflächlichen Management-Mode abgrenzen und sich zuerst mit den Theoriegrundlagen der Industriesoziologie und der Managementtheorie beschäftigen. Darauf aufbauend entwickelt Steffen Dörhöfer ein strukturationstheoretisches Untersuchungsmodell und führt zu dessen weiterer Ausarbeitung eine empirische Untersuchung in wissensintensiven Unternehmen der Informations- und Telekommunikationsindustrie durch.Das Buch richtet sich an Dozierende und Studierende der Sozialwissenschaften, insbesondere der Arbeits- und Industriesoziologie, an WirtschaftswissenschaftlerInnen mit den Schwerpunkten Organisationstheorie und Management Studies.
Access options:
The following links lead to the full text from the respective local libraries:
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 11, Issue 2, p. 294-307
Ausgehend von zwei exemplarischen Fallstudien befasst sich der Beitrag mit digital gestützten Innovationen im Gebiet der Arbeitskontrolle und -steuerung. Diese zeichnen sich durch zwei Charakteristika aus: Erstens eine Horizontalisierung von Kontrolle, die sich insbesondere in Kommentierungs- und Ratingsystemen manifestiert, in denen sich ArbeitnehmerInnen gegenseitig bewerten müssen; und zweitens eine automatisierte Rekursivität, die sich in unmittelbaren Feedbacks auf der Basis eines ubiquitären digitalen Trackings des Arbeitsprozesses manifestiert. Basierend auf diesen empirischen Erkenntnissen lautet unsere Diagnose deshalb, dass man die Digitalisierung betrieblicher Herrschaft aus einer Perspektive verstehen muss, die an der Analyse des kommerziellen Internets geschult wurde. In einer Umkehr der klassischen Prosumenten-These zeigen wir auf, dass das kommerzielle Internet heute nicht nur nach dem Vorbild der Arbeit gestaltet ist, sondern die Arbeit nach dem Vorbild des kommerziellen Internets.
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 7, Issue 2, p. 5-21
Seit dem Ende der Industriegesellschaft lastet auf Unternehmen, Arbeitsmärkten, Sozialversicherungssystemen, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in Deutschland ein anhaltend starker Veränderungsdruck; sie werden in hohem Tempo reformiert, modernisiert und 'umgebaut'. Die Organisation von Arbeit wird verstärkt an die Erfordernisse der Märkte angepasst, neue Segmente prekärer Beschäftigung entstehen, aber gleichzeitig wachsen in vielen Bereichen auch die Handlungsspielräume und die Ansprüche der ArbeitnehmerInnen. Der Beitrag analysiert den Wandel insbesondere unter dem Gesichtspunkt von institutionellen Reformprozessen und den darauf bezogenen Reaktionen gesellschaftlicher Akteure. In Anlehnung an institutionentheoretische Konzepte werden für das deutsche Erwerbssystem vor allem unzureichende institutionelle Anpassungen an gesellschaftlichen Wandel (Drift) und Anlagerungen 'neuer' an bestehende Institutionen (Layering) diagnostiziert; gemeinsam fügen sich diese Muster in eine Dynamik der Dezentralisierung von Regulierungs- und Entscheidungskompetenzen. Die reflexiven Reaktionen kollektiver und individueller Akteure wirken sich in Prozessen der Einkapselung traditioneller Beschäftigungsmuster, der Re-Organisation von Machtkonstellationen oder der Kompensation zusätzlicher Belastungen aus. Die sozialen Konsequenzen folgen einer Logik der bipolaren Heterogenisierung, d.h. neben dem fortbestehenden, aber schrumpfenden Kern der Erwerbsbevölkerung, dessen Lebenszusammenhänge weiterhin durch Normalarbeitsverhältnis, Normalfamilie und Normalbiographie bestimmt sind, entwickelt sich eine wachsende Divergenz von einerseits privilegierten, andererseits prekarisierten Lebensverhältnissen. Die Verteilung auf diese verschiedenen Segmente scheint dabei vor allem vom Bildungsstatus und der Familienform abzuhängen.