"In dem Bemühen, die russische Gesellschaft durch Patriotismus zu festigen, greift die Führung des Landes auf historische Symbole zurück. Dazu gehören auch die Kosaken. Das Verhalten des Kremls gegenüber dem nachsowjetischen Neu-Kosakentum besteht in Förderung und Nutzung, aber auch in Zähmung und Kontrolle. Denn als Söldner und »freie Krieger« verbinden Kosaken einen staatstreuen Patriotismus mit ausgeprägtem Autonomiestreben. Der Ukraine-Konflikt hat den staatlichen Rückgriff auf die nationale Geschichte zwar nicht hervorgerufen, wohl aber verstärkt. Das Bedürfnis nach einem kompensatorischen Nationalismus ist 2014 in Russland deutlich gewachsen - und dürfte angesichts der sich verschärfenden Wirtschaftskrise im Land weiter zunehmen." (Autorenreferat)
Ausgehend von einem wissenschaftstheoretischen Defizit bei der Erforschung des Ideologiegehalts von Kunstformen wird die Frage gestellt, welche Auffassung des Subjekts der Geschichte zu einer in sich so widerspruchsvollen Ideologieproduktion wie jener der Aufklärung geführt hat und welche Auffassungen von der Rolle dieses Subjekts vertreten werden. Die Illusion, daß der seiner Ratio mächtige Mensch schon zum geschichtsmächtigen Subjekt avanciert sei, findet ihren Niederschlag in der Bevorzugung der Dialogform in der Literatur des 18. Jahrhunderts. Drama und Dialog setzen auf die kognitiven Vermögen des Menschen, während der sensitive Bereich unterdrückt wird. Etwa gleichzeitig mit dem Gewinn realen gesellschaftlichen Handlungsraumes des bürgerlichen Subjekts beginnt die Desillusionierung der Autoren über die Rolle des Bourgeois in der zeitgenössischen Gesellschaft und die Ablösung des Dramas durch den Roman. Zur Selbsterfahrung des Innenraums der Subjektivität als Thema der deutschen Literatur- und Kunstentwicklung des 19. Jahrhunderts tritt ihre Politisierung, insbesondere während der Revolutionsereignisse und in der Folge bis in die Kunst des Vormärz. (MI)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1293-1299
Der Autor kommentiert die im Jahr 2005 erschienene Biographie von Joachim Radkau über Max Weber. Es geht ihm bei seinen kritischen Ausführungen weniger um die Frage, ob Radkaus Nachzeichnung von Leben und Werk Max Webers zutreffend oder ästhetisch gelungen ist, sondern um die Frage, was die Soziologie und nicht zuletzt auch die Weberrezipienten aus der Biographie lernen können. Er thematisiert in Anlehnung an Max Webers Auffassungen die pragmatisch motivierte, als kooperativ verstandene Arbeitsteilung zwischen Geschichte und Soziologie und benennt einige theoretische und methodologische Problemstellungen, die ihm bei der Lektüre der Biographie Radkaus aufgefallen sind. Er weist aber auch auf Aspekte hin, die das Buch für die Soziologie und die weitergehende Weber-Forschung bieten kann. Seine kritische Frage an die Soziologie und die Weberfachleute lautet, ob sie hinreichend lernbereit sind, wenn Historiker auf ihre Weise die soziale Wirklichkeit in den Blick nehmen. Radkaus Buch ist seines Erachtens ein Anlass und eine Herausforderung, Webers Werk als exemplarische Form einer erfahrungswissenschaftlichen Soziologie in ihrer Grundstruktur neu zu überdenken. (ICI)