Theorien und Muster der Landschaftswahrnehmung - Landschaft aus der Sicht von Migranten ; Theories and patterns of landscape perception - landscape from the view of migrants
In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/8231
Das Dissertationsprojekt "Theorien und Muster der Landschaftswahrnehmung: Landschaft aus der Sicht von Migranten" ist als kumulative Dissertation in fünf Manuskripten angelegt, die in einem ganzheitlichen theoretischen Modell aus Theorien der Landschaftsbewertung von Zube (1984) organisiert sind. Im Allgemeinen nutzen Bewertungsverfahren von Landschaft und Landschaftsbild objektiv definierbare Landschaftselemente und Strukturen, die von Experten wie z.B. Landschaftsarchitekten oder Landschaftsplanern gezählt, gemessen und kartiert werden. Dieses Vorgehen repräsentiert das Expertenparadigma in Zubes Modell der drei Paradigmen zur Landschaftsbewertung. Wenn diese "objektiv existenten" Elemente jedoch von Menschen wahrgenommen werden, die ausgehend von ihren persönlichen Bedürfnissen und Vorlieben die Landschaft betrachten und den subjektiven Prozess von Selektion, Sinngebung und Identifikation mit den Landschaftselementen und Strukturen vollziehen, die für sie selbst in diesem Moment wichtig sind, wird dieser Vorgang als Verhaltensparadigma bezeichnet. Theorien und Konzepte zur psychologischen Wahrnehmung und die Untersuchung menschlicher auf die Landschaft gerichteter Bedürfnisse geben diesem Paradigma den theoretischen Rahmen. Aber welche Zuschreibungen zu Landschaft werden von Menschen tatsächlich gemacht? Welche Rolle spielen dabei der kulturelle Hintergrund und die Heimat der Menschen in diesem sinnstiftenden Prozess? Diese Forschungsfragen überspannen das Gesamtprojekt. Funktionale Landschaftstheorien können Landschaftselemente anhand empirischer Erhebungen definieren, und sozial-psychologische Theorien erklären das zweckmäßige menschliche Verhalten, aber um den Prozess der individuellen Zuschreibung von persönlichen und individuellen Landschaftsfunktionen gemäß der eigenen Geschichte und Bedürfnisse zu verstehen, braucht es einen anderen methodischen und theoretischen Ansatz. Um zu erforschen, wie Menschen sich ein Bild von ihrer neuen Landschaft gemacht und sich ihre Funktionen erschlossen haben, wurde zunächst eine historische Studie zu Migranten nach Deutschland und Deutschen Emigranten im 18. und 19. Jahrhundert durchgeführt. Als zweiter Ansatz wurden in einer empirischen Studie objektiv definierte Landschaftselemente in Verbindung mit etablierten Theorien zu individuellem Verhalten und Gruppenpräferenzen gebracht und dazu in Deutschland lebende Migranten befragt. Hierzu wurde eine neue Methode für die qualitative Sozialforschung entwickelt, die sich in ihrem Konzept an das dritte Paradigma von Zube, das Erfahrungsparadigma, anlehnt. Grundlegend zur Entwicklung dieser Methode waren theoretische Vorannahmen, die mit qualitätsreferenzierten Fotografien von Landschaftselementen zusammen selbst ein Abbild von der Beziehung Mensch und Landschaft darstellen. Anhand einfachster Fragestellungen zu Präferenzen, Meidungen und Tätigkeiten in der Landschaft wurden sie in einem Bildfragebogen und einer Großbildpräsentation vereint und verschiedenen Gruppen von Migranten, die Teilnehmer an Projekten der "Interkulturellen Gärten" waren gezeigt. Durch diese Methode, die auf dem Erfahrungsparadigma von Zube basiert, konnte der Prozess der sinnstiftenden Zuschreibungen zu Landschaft und der Selektion von individuell relevanten Landschaftsfunktionen besser verstanden werden. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es sowohl kulturabhängige wie auch kulturübergreifende Landschaftspräferenzen gibt. Die Ergebnisse sind von Relevanz für Landschaftsplaner, die sich um Landschaftsplanung im interkulturellen Bereich bemühen und Landschaft für eine breite Bevölkerung erlebbar und zugänglich machen wollen. Weiterhin ist der Prozess von individueller Sinngebung oder das "Placemaking" als ein in den USA entwickeltes Konzept, hervorgegangen aus der Kritik an bevölkerungsferner Stadtplanung, ein wichtiger Baustein von Integration. Das Konzept "Placemaking" kann, obwohl es für den urbanen Raum entwickelt wurde, auf Landschaftsplanung übertragen werden. Es erfüllt die Anforderungen eines gleichberechtigten Dialoges dahingehend, dass alle Beteiligten an der aktiven Landschaftswahrnehmung und der Landschaftsplanung gleichermaßen beteiligt werden müssen, wenn diese erfolgreich, im Sinne von akzeptiert und bedürfniserfüllend, sein soll. Diese Schlussfolgerung ist kohärent mit der Formulierung des Erfahrungsparadigmas nach Zube, in dem er es für wichtig erachtet, dass die Verbindungen zwischen Mensch und Landschaft künstlerisch oder wissenschaftlich interpretiert und den Menschen wieder präsentiert - also re-präsentiert - werden, damit sie auch diese Information in ihre eigene Sinnstiftung von Landschaft aufnehmen und sich damit auseinandersetzen können. So bestätigt diese Arbeit die Unverzichtbarkeit des Erfahrungsparadigmas für die Landschaftsplanung. Gemäß der Definition der Europäischen Landschaftskonvention, die Landschaft als Beitrag zur Identität eines jeden einzelnen Menschen und auch der kultureller Gruppen definiert, kann es nicht ausreichen, nur objektiv-funktionale Elemente und Informationen über menschliches Verhalten in die Landschaftsplanung zu integrieren, sondern es muss der Prozess der Landschaftswahrnehmung und der subjektiven Sinngebung, das "Placemaking", besser verstanden werden. Diese Arbeit hat zu diesem besseren Verständnis einen Beitrag geleistet. ; The dissertation project "Theories and patterns of landscape perception: landscape from the perspective of migrants" organises in five manuscripts that are merged in one heuristic model of landscape assessment theory introduced by Zube (1984). Generally landscape assessments use the objectively defined landscape elements and structures that can be counted and mapped by an expert based upon the Professional paradigm in Zube's model. From Zube we learn that how these elements function when perceived by people who are interested in meeting their everyday needs within a landscape is based upon the subjective process of selection and identification through their own sense of the things they need and thus perceive as important – the Behavioural paradigm. The theories of perception in psychology and the examination of human needs helped to provide a theoretical framework for this phenomenon. But what sort of meanings do people give to landscapes and landscape elements, and what role does the cultural background of people play in this meaning-creating-process? It is this general question that initiated and guided this research project. While landscape theories can isolate elements based on empirical observation and social/psychological theories can provide ways to understand purposive human behaviour, understanding the processes by which meaningful landscapes are created and collective memory and identity are located requires a different theoretical and methodological approach. In order to investigate how people create meaningful landscapes, this study first investigated situations in the past when German immigrants and emigrants engaged in this process. Second, in order to better understand to what extent the functional theories of landscape based upon objectively isolated features is linked to the subjective preferences and behaviours of individuals and groups, an empirical study of recent migrants was conducted. In order to carry out this case study, a new methodology for qualitative research of landscapes, inspired by Zube's Humanistic paradigm was developed. The centrepiece of this new methodology is the use of photographs of certified high quality selected according to the theories on the interrelationships between humans and landscape elements. These photographs were organized based upon simple questions of how one might expect to behave in the landscape pictured and which landscapes were preferred and which were disliked. These pictures and questions were administered to groups of recent migrants who all participated in the "intercultural gardens" project. Through this methodology based upon the humanistic paradigm of Zube, a new understanding of the process of landscape assessment in terms of meaning creation emerged. The results of this study revealed that there are culturally independent as well as culture-bound preferences. This finding is of use to landscape managers when they seek to provide a landscape accessible to a broad range of individuals from many cultures. In addition, the process of meaning-creation, or placemaking in a more recently developed concept, is an important part of acculturation. The results of this study contribute to the understanding of the humanistic paradigm. The concept of placemaking, while developed in urban settings, has great relevance to understanding the processes of meaning creation in landscapes. This new concept incorporates the idea of an egalitarian dialogue in that all participants in the meaning creation process must be included in the assessment and planning for landscape management to be successful. This participatory approach is consistent with the humanistic paradigm of Zube (1984) in which the re-presentation of the landscape is necessary for developing meaning. Thus, one outcome of this research is an explanation of why the Humanistic paradigm is essential to landscape assessment, landscape planning, and landscape management. While the project "Theories and patterns of landscape perception: landscape from the perspective of migrants" moved from examination of the historical examples of migration to theory, the interest in migrants arose from a dissatisfaction that the objective elements used by landscape theorists adequately captured the essential processes of understanding landscapes as defined by the European Union. If a 'landscape' as a concept includes the meaning of the people living within it, then this process of 'giving meaning' needed to be better understood. This research has contributed to that improved understanding.