Themen wie Arbeitsbeziehungen, Sicherheit am Arbeitsplatz und Sozialversicherung sind von der thailändischen Politik lange vernachlässigt worden. So wurde erst 1993 das längst überfällige Arbeits- und Sozialministerium gegründet, während sich bis dahin lediglich einige Abteilungen des Innenministeriums mit diesen Problemen beschäftigten.
Leistungsverdichtung und Arbeitsintensivierung zählen gegenwärtig zu den größten arbeitspolitischen Herausforderungen. Mittlerweile ist das Bewusstsein in Politik und Öffentlichkeit dahingehend geschärft, dass wachsender Leistungsdruck und eine übermäßige Entgrenzung von Arbeit enorme gesundheitliche und damit ökonomische Folgeprobleme hervorrufen können. Konkrete Ausgestaltung betrieblicher Leistungserwartungen und Personalbemessung sind jedoch eine zentrale Regelungsdomäne von Betrieben. Es bleibt bisher unklar, welche Strategien Akteure kollektiver Arbeitsbeziehungen entwickeln können, um diese Herausforderung zum Gegenstand kollektiver Regulierung zu machen. In der vorliegenden Studie steht die Frage im Fokus, wie Gewerkschaften und vor allem Betriebs- und Personalräte versuchen, einer zunehmenden Leistungsverdichtung entgegenzutreten und Einfluss auf betriebliche Leistungspolitiken auszuüben. Fallstudien in vier Branchen zeigen, dass es Gewerkschaften gelungen ist, das Thema Leistungsverdichtung in der politischen Arena zu platzieren und sowohl betriebliche Interessenvertretungen als auch Beschäftigte für solche Fragestellungen zu sensibilisieren. Auf der betrieblichen Ebene werden von Betriebs- und Personalräten Gefährdungsbeurteilungen als zentrales Instrument gesehen, um Ansatzpunkte für die Gestaltung von Leistungsfragen zu erhalten. Darüber hinaus versuchen auch sie, Beschäftigte für Aspekte der Leistungsverdichtung zu sensibilisieren und bei individuellen Bewältigungsstrategien zu unterstützen. Versuche, durch einen "kreativen" Umgang mit harten Mitbestimmungsrechten in den Regelungsbereich der betrieblichen Leistungspolitiken vorzudringen, ließen sich bisher nicht feststellen. ; Increased performance levels and work loads are currently two of the biggest challenges for labour policy. Meanwhile in politics and public the awareness for their consequences has developed: increased pressure to perform as well as an excessive de-limitation of work may cause tremendous health issues and, consequently economic troubles. However, performance expectations and allocating personnel are typically regulated by establishments. So far it remains an open question which strategies collective players should develop in order to make these issues a matter of collective regulation. In this paper, we consider how labour unions and particularly works councils counter increasing performance levels and influence establishment's performance policy. On basis of four case studies in different economic sectors, we demonstrate that labour unions succeeded in making "increased performance levels" a topic of political interest. Works councils as well as employees themselves have developed awareness for this debate as well. On the level of establishments, works councils consider risk assessments as the decisive instrument in order to learn about crucial aspects for (re)organizing performance expectations. Further on, they raise employee's awareness for aspects of increased performance levels and support them by developing individual coping strategies. We could not observe any kind of handling the rights of co-determination "creatively" in order to enter the establishment's policy level.
Leistungsverdichtung und Arbeitsintensivierung zählen gegenwärtig zu den größten arbeitspolitischen Herausforderungen. Mittlerweile ist das Bewusstsein in Politik und Öffentlichkeit dahingehend geschärft, dass wachsender Leistungsdruck und eine übermäßige Entgrenzung von Arbeit enorme gesundheitliche und damit ökonomische Folgeprobleme hervorrufen können. Konkrete Ausgestaltung betrieblicher Leistungserwartungen und Personalbemessung sind jedoch eine zentrale Regelungsdomäne von Betrieben. Es bleibt bisher unklar, welche Strategien Akteure kollektiver Arbeitsbeziehungen entwickeln können, um diese Herausforderung zum Gegenstand kollektiver Regulierung zu machen. In der vorliegenden Studie steht die Frage im Fokus, wie Gewerkschaften und vor allem Betriebs- und Personalräte versuchen, einer zunehmenden Leistungsverdichtung entgegenzutreten und Einfluss auf betriebliche Leistungspolitiken auszuüben. Fallstudien in vier Branchen zeigen, dass es Gewerkschaften gelungen ist, das Thema Leistungsverdichtung in der politischen Arena zu platzieren und sowohl betriebliche Interessenvertretungen als auch Beschäftigte für solche Fragestellungen zu sensibilisieren. Auf der betrieblichen Ebene werden von Betriebs- und Personalräten Gefährdungsbeurteilungen als zentrales Instrument gesehen, um Ansatzpunkte für die Gestaltung von Leistungsfragen zu erhalten. Darüber hinaus versuchen auch sie, Beschäftigte für Aspekte der Leistungsverdichtung zu sensibilisieren und bei individuellen Bewältigungsstrategien zu unterstützen. Versuche, durch einen "kreativen" Umgang mit harten Mitbestimmungsrechten in den Regelungsbereich der betrieblichen Leistungspolitiken vorzudringen, ließen sich bisher nicht feststellen. ; 31
Die Gesellschaft sozialistischer Staaten wird oft als "arbeiterlich" bezeichnet. Unabhängig davon, ob man dieser Pointierung folgt oder nicht, ist wohl sicher, daß diese Gesellschaften in hohem Maße von Arbeit geprägt waren. Mit dem Themenkreis "Arbeitsbeziehungen, Arbeitsverhältnisse, Arbeiterexistenzen" wird also ein Bereich berührt, der eins der wichtigsten Laboratorien staatssozialistischer Politik war. Die besondere Bedeutung der Arbeitswelt sozialistischer Staaten betont auch Peter Hübner in seinem Beitrag. Er weist darauf hin, daß diese Sphäre seit 1989 eine nachträgliche, überwiegend positive Bewertung durch die ehemalige Bevölkerung erfahren habe und sie darum heute einen zentralen Bezugspunkt sentimentaler Rückschau darstelle.
Die rechtlichen Regelungen der Arbeitsbeziehungen während der zwölf Jahre, die das Dritte Reich überdauerte, systematisch auszuleuchten, würde den Rahmen eines Aufsatzes bei weitem sprengen, allein weil der relativ kurze Zeitraum der NS-Herrschaft von einer ungemeinen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dynamik war, die immer auch die rechtlichen Regelungen, in unserem Fall: Formen, Inhalte und Wirkungen der Arbeitsverfassung, erfassen musste. Die folgenden Bemerkungen konzentrieren sich auf einige zentrale Aspekte des NS-Arbeitsrechts.
Der vielschichtige und dynamische Prozess der Globalisierung, der nicht zuletzt durch eine wachsende Zahl global agierender Konzerne und durch deren veränderte transnationale Strukturen und Strategien vorangetrieben wird, wirft die Frage nach der Entwicklung transnationaler Arbeitsbeziehungen auf, die räumlich und politisch den Herausforderungen der Konzernglobalisierung Rechnung tragen.Auf dem Erfahrungshintergrund einer vergleichenden Fallanalyse von acht Global Players in vier Branchen werden die Wege und Instrumente, die Möglichkeiten und Grenzen grenzübergreifender Interessenvertretung durch Gewerkschaften und betriebliche Arbeitnehmervertreter analysiert.Das Arbeitspapier skizziert zum einen die Rollen und Strategien der Akteure (betriebliche Arbeitnehmervertreter, Management, nationale und internationale Gewerkschaften) bei der Entwicklung transnationaler Strukturen, Regeln und Normen auf globaler Konzernebene.Zum anderen werden die verschiedenen Instrumente exemplarisch vorgestellt. Im einzelnen sind dies globale konzernbezogene gewerkschaftliche Netze, die konzernbezogene Vernetzung betrieblicher Basisaktivisten, die Weltbetriebsräte, die transnational erweiterte Unternehmensmitbestimmung und die globalen Vereinbarungen zur Sicherung sozialer Mindeststandards. Abschließend werden die Potenziale und Reichweiten sowie das mögliche Zusammenwirken dieser verschiedenen Instrumente reflektiert.
Gerichte treffen politische Entscheidungen. Folglich kann Rechtsprechung als politischer Prozess untersucht werden, in dem Interessen, Ideen und Machtressourcen eine Rolle spielen. Britta Rehder untersucht den Beitrag des Bundesarbeitsgerichts zur Entstehung und Entwicklung des deutschen Tarifrechts und illustriert, wie sich zentrale Rechtsnormen im historischen Zeitverlauf wandeln und mit welchen Mitteln dieser Wandel initiiert und durchgesetzt wird.
Das deutsche System der industriellen Beziehungen weist im internationalen Vergleich gemeinhin ein hohes Mass an Verrechtlichung auf. Umso ueberraschender ist der Umstand, dass das Recht und seine Akteure, Institutionen und Verfahren in der Forschung ueber Arbeitsbeziehungen seit Jahrzehnten wenig explizite Aufmerksamkeit erfahren. Die Forschung ueber industrielle Beziehungen kann davon profitieren, diese rechtsbezogenen Prozesse des Wandels in den Blick zu nehmen. Mit dem hier vorgelegten Schwerpunktheft moechten wir dazu einladen, das Recht, seine Institutionen, Akteure und Verfahren, explizit als Bestandteil der Analyse industrieller Beziehungen zu verstehen. Wir versammeln Beitraege aus den verschiedenen Disziplinen, um einen Einstieg in die Debatte zu forcieren. Der Beitrag von Ulrich Walwei befasst sich mit dem Phaenomen der Verrechtlichung als Verstaatlichung und diskutiert aus einer klassischen "law-and-economics"-Perspektive, welche marktbezogenen Effekte von der politisch hoch umstrittenen Re-Regulierung des Arbeitsmarktes zu erwarten sind. Im Ergebnis raet er dazu, politische Hoffnungen oder Befuerchtungen in die eine oder andere Richtung nicht zu ueberhoehen. Norbert Cyrus und Markus Kip behandeln am Beispiel von Beschaeftigten mit prekaerem Aufenthaltsstatus das Problem der Rechtsmobilisierung. Welche Restriktionen lassen sich konstatieren, und welchen Beitrag koennen (und wollen) Gewerkschaften leisten, die Defizite zu ueberwinden? Die Frage der Rechtsmobilisierung adressiert das Phaenomen der Justizialisierung und duerfte insbesondere auch fuer die Debatte ueber die Revitalisierung der Gewerkschaften von grosser Relevanz sein. Auch Nadine Absenger und Daniel Seikel befassen sich mit dem Phaenomen der Justizialisierung. In einer interdisziplinaeren Kooperation aus Rechts- und Politikwissenschaft diskutieren sie die Frage, welche Auswirkungen die Rechtsprechung des EuGH auf das deutsche Tarifvertragssystem hat. Dabei kommen sie zu einem ambivalenten Befund. Waehrend individuelle Arbeitnehmerrechte haeufig gestaerkt werden, werden die kollektiven Selbstbestimmungsrechte und damit die Handelungsfreiheit der Tarifparteien empfindlich beschraenkt. Ralf Rogowski schliesslich widmet sich in seinem Beitrag der Herausbildung eines transnationalen oder globalen arbeitsrechtlichen Raumes. Mit der Idee des "reflexive labour law" knuepft er dabei an die systemtheoretischen Traditionen der Rechtssoziologie an.
Der Einfluss technologischen Wandels auf institutionellen Wandel in der politischen Ökonomie erscheint bisher kaum umfassend untersucht, obwohl Wandel in den zur Produktion eingesetzten Technologien elementar für den Kapitalismus ist. Die vorliegende Studie nähert sich dieser Frage und untersucht den Einfluss der Digitalisierung in der Steuerung von Verkehrsflugzeugen mittels digitalem "Fly-by-wire" auf die institutionelle Rahmung des Arbeitsmarktes von Pilot*innen. Die Einzelfallstudie untersucht die spanische Fluggesellschaft "Iberia" vor dem Hintergrund der anhaltenden Deregulierung des europäischen Luftfahrtsektors. Die Frage ist, wie technologischer und institutioneller Wandel genau kausal verbunden sind. Die mit der Methode des "Process Tracing" getesteten Hypothesen beruhen vor allem auf der Betrachtung des rationalen Einsatzes politischer Machtressourcen. Das Ergebnis lautet, dass der Zusammenhang jedoch um Eigenschaften des politischen Bewusstseins der Arbeitenden ebenso erweitert werden müsste wie um die organisationalen Strukturen des Betriebes und der Gewerkschaften. Die Studie kombiniert Ansätze aus der Techniksoziologie, der Arbeits- und Industriesoziologie sowie der Politischen Ökonomie.
Dieser Beitrag diskutiert die These, wonach sich die industriellen Beziehungen in der Schweiz weg vom koordinierten rheinischen hin zum marktorientierten angelsächsischen Modell bewegten. Die Koordination zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften wird erstens im Bereich der kollektiven Arbeitsbeziehungen sowie zweitens in der Politikgestaltung untersucht. In einem dritten Schritt wird die Entwicklung der Repräsentationsmacht der Verbände seit Anfang der 1990er Jahre diskutiert. Nur wenig spricht dafür, dass sich die Schweiz vom Koordinationsmodell bewegt: Dezentralisierung und Individualisierung der Lohnpolitik haben zwar zu weniger Koordination geführt. Im Rahmen der Personenfreizügigkeit haben Gesamtarbeitsverträge jedoch stark an Bedeutung gewonnen. Die Verbände sind zudem weiterhin in den meisten ausserparlamentarischen Regulierungsinstanzen vertreten und spielen in der Wirtschaftspolitik die Rolle des Vetoplayer.
Der interdisziplinäre Beitrag behandelt erstmalig Stand und Perspektiven der Arbeitsbeziehungen im Profifußball, wobei die Spielergewerkschaft besondere Berücksichtigung findet. Der erste Hauptteil analysiert ausführlich die Mitgliedschaftslogik (Verbandsstrukturen, Mitgliedschaft, Dienstleistungen für Mitglieder als Lösung des Kollektivgutproblems). Dieser umfangreiche Teil der Verbandspolitik ist auf die Besonderheiten des Arbeitsmarktes abgestimmt. Der zweite Hauptteil analysiert die Einflusslogik (Beziehungen zu korporativen Akteuren von sportspezifischer oder allgemeiner Bedeutung sowie Lobbying). Kollektivverhandlungen finden nicht statt, da die institutionellen Voraussetzungen fehlen, so dass die Einflusslogik weniger entwickelt ist als die Mitgliedschaftslogik. Das Fazit lautet, dass die Entwicklung dualer Arbeitsbeziehungen unwahrscheinlich ist, monistische entstehen allenfalls bei einigen Vereinen. In methodischer Hinsicht basiert der Beitrag auf einer umfassenden Dokumentenanalyse aller zugänglichen Verbandsmaterialien sowie Interviews mit Hauptamtlichen des Verbandes. ; For the first time, this interdisciplinary contribution deals with the status and perspectives of employment relations in professional football, whereby the players' union is given special consideration. The first main section analyzes in detail the logic of membership (association structures, membership, services for members as a solution to the collective good problem). This extensive part of the association's policy is tailored to the specifics of the labor market. The second main section analyzes the strategies of the logic of influence (relations to actors of sport-specific or general importance as well as lobbying). Collective bargaining does not take place because the institutional requirements are lacking, so that the influence logic is less developed than the membership logic. The conclusion is that the development of dual employment relations is unlikely, monistic ones develop only in some clubs. From a methodological ...
Der Beitrag skizziert die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen in Deutschland seit dem erstmaligen Erscheinen der Zeitschrift "Industrielle Beziehungen" aus arbeitsrechtlichem Blickwinkel. Dabei zeigt sich, dass es im Koalitionsrecht, im Tarifvertragsrecht, im Arbeitskampfrecht und im Betriebsverfassungsrecht Veränderungen gegeben hat. Dabei beschränken sich gesetzliche Novellierungen auf Anpassungen an neue Entwicklungen im Tarifvertrags- und im Betriebsverfassungsrecht. Der Gesetzgeber scheut sich nach wie vor, bei Großkonflikten zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern zu intervenieren. Weit größere Bedeutung kommt deshalb den Korrekturen durch die Rechtsprechung zu. Insgesamt handelt es sich jedoch nur um inkrementale Veränderungen, die das institutionelle Gefüge der Arbeitsbeziehungen unangetastet lassen. Eine Reihe von Reformdebatten blieb bislang ohne Ergebnis. Die Europäisierung des Rechts der Arbeitnehmermitwirkung verstärkt das auf Kooperation angelegte deutsche Modell, erweist sich im Hinblick auf die Europäische Aktiengesellschaft (SE) jedoch als ambivalent. ; The contribution sketches the development of industrial relations in Germany since the first edition of the Journal "Industrielle Beziehungen" from the perspective of labor law. It shows that legislation on freedom of association, collective bargaining, industrial action and employee representation through works councils has undergone modification . However, legislative amendments are limited to new developments in the law of collective bargaining and of employee representation through works councils. The legislator still hesitates to intervene in serious conflicts between trade unions and employers. Therefore, much more important are the innovations by judge made law. On the whole, the modifications are incremental rather than changing the institutional pattern of industrial relations. Several debates on reforms were as yet unsuccessful. The Europeanization of the law on employee representation strengthened the German model based on cooperation. However, in reference to the European Company (SE) it remains ambiguous.
Der EuGH hat mit den Entscheidungen Viking, Laval, Rüffert und Kommission/Luxemburg eine Debatte über den Wert von Arbeit, den grenzüberschreitenden Einsatz von Arbeitskräften sowie das soziale Gesicht der Europäischen Union ausgelöst. Die vorliegende Arbeit gibt einen umfassenden Überblick über die weitreichenden Auswirkungen dieser Entscheidungen auf das Europarecht sowie die nationalen Privatrechtsordnungen. Dabei wird auf das Internationale Privatrecht für Individualarbeitsverträge und Arbeitskämpfe sowie die Entsenderichtlinie (96/71/EG) und deren Umsetzung ins österreichische Recht eingegangen. In den Rs Viking und Laval hat der EuGH erstmals die Bindung von Gewerkschaften an die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ausgesprochen, wenn sie Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel durchführen, einen Kollektivvertrag abzuschließen. Diese Neuerung wird in die Dogmatik der unmittelbaren horizontalen Wirkung der Grundfreiheiten eingeordnet. In den beiden Entscheidungen hat der Gerichtshof zudem ein Grundrecht auf Durchführung kollektiver Maßnahmen anerkannt. Die Arbeit zeigt auf, welche Änderungen sich für dieses Grundrecht durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon ergeben, der den Grundrechtsschutz innerhalb der Union erneuert hat. Die Arbeit thematisiert außerdem jene Probleme, welche die vom EuGH vorgenommene Abwägung von Grundfreiheiten und Grundrechten mit sich bringt und unterbreitet einen Vorschlag für eine sachgerechtere Abwägung. Schließlich werden die Auswirkungen der Entscheidungen in die Debatte über ein europäisches Sozialmodell eingebettet. ; The thesis deals with the effects of the ECJ-judgements Viking, Laval, Rüffert and Commission/Luxemburg on European Law as well as the Private Law of the Member States. In the first part it focuses on Private International Law in labour relations, laid down in Art 8 and 9 Rome-I Regulation (labour contracts), Art 9 Rome-II Regulation (labour disputes) and the EU Posting of Workers Directive (96/71/EC). The Directive establishes which terms and conditions of employment are applicable to a worker who, for a limited period, carries out his work in the territory of a Member State other than the State in which he normally works. This question is deeply intertwined with the right of a workers employer to provide services within the EU. What is also presented is the Austrian transposition of the Directive, which was revised in 2011. Subsequently the aforementioned cases are analysed in the second part of the thesis, giving a broad overview of their reception in academia. Part three starts with presenting the effects of the ECJ-judgements on the interpretation of the Posting of Workers Directive and analysing its relation to the freedom to provide services. In a next step it is shown that after Viking and Laval trade unions are bound by their counterparts freedom of establishment and freedom to provide services when taking collective action. In the same two decisions the ECJ recognised the trade unions fundamental right to take collective action, including strikes. Due to the Treaty of Lisbon, which transformed the fundamental rights structure within the Union, Art 28 of the Charta of Fundamental Rights as well as Art 11 ECHR nowadays guarantee this right as well. Subsequently the Courts weighting of the interests of workers and trade unions respectively as well as those of companies is criticized. Thus another model of fair balance is proposed. Finally, the effects of the four decisions on the European Social Model are discussed. ; eingereicht von Eva Maria Tscherner ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Graz, Univ., Diss., 2011 ; OeBB ; (VLID)1454951
Infolge der Digitalisierung durchlaufen Arbeitsbeziehungen einen fundamentalen Wandel. Besonders ist dies im Feld der plattformvermittelten Dienstleistungen und speziell der digital koordinierten und kontrollierten Kurierarbeit der Fall. Als neue Branche sind hier noch keine Strukturen etabliert, die die Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital anleiten. Damit erlangen Auseinandersetzungen auf der Ebene der Mikropolitik besondere Bedeutung. Der Beitrag analysiert diese mikropolitischen Konflikte zwischen Ridern und Plattformen in den zentralen Spielfeldern: Raum, Umwelt, Informationen und Kommunikation. Dabei zeigt sich, dass die Rider trotz ausgeprägter Heteronomie über Handlungsressourcen verfügen und sogar einige Betriebsräte wählen konnten. Zugleich wehren sich die Plattformen gegenüber weiteren Institutionalisierungen der Arbeitsbeziehungen und versuchen den für sie vorteilhaften Status quo beizubehalten und die ungeregelte Machtasymmetrie zu ihren Gunsten zu nutzen. ; As a result of digitalization, industrial relations undergo a fundamental change. This is especially the case in the field of platform-mediated services and digitally coordinated and controlled courier work. As a new industry, no structures have so far been established guiding the relationship between labor and capital. As a result, conflicts at the level of micropolitics are particularly important. The article analyzes these micropolitical conflicts between couriers and platforms in the central playing fields: space, organizational environment, information and communication. It shows that despite pronounced heteronomy, drivers have access to action resources and were even able to install two works councils. At the same time, the platforms resist against further institutionalization of industrial relations and try to maintain their favorable status quo and use the unregulated power asymmetry in their favor.