Mit der Unterzeichnung der Freihandelsabkommen mit Südkorea, Panama und Kolumbien am 21. Oktober 2011 sowie mit der Ankündigung der "Transpazifischen Partnerschaft" auf dem Gipfeltreffen des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums in Honolulu am 12./13. November 2011 signalisierte die US-Regierung unter Präsident Barack Obama, dass sie auch in Zeiten der Krise an den Prinzipien einer liberalen Handelspolitik festhält.
Die chinesische Wirtschaft ist im Verlauf der letzten Jahrzehnte stark gewachsen, der Außenhandel hat Rekordwerte erreicht. Zum Erfolg der chinesischen Wirtschaft haben dabei verschiedene Mechanismen der staatlichen Einflussnahme beigetragen, zu denen eine gewisse Abschottung (oder zumindest Selektivität) gegenüber Waren, Dienstleistungen und Investitionen aus dem Ausland gehören. Auch innerhalb Chinas übt der Staat erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft über verschiedene Planungs- und Lenkungsmechanismen aus, die teilweise verbindlichen, überwiegend aber "freiwilligen" Charakter haben, wobei Anreize und Strukturen so gestaltet werden, dass die Unternehmen den Verhaltensanforderungen auch freiwillig gerecht werden. Sowohl die Abschottungs- als auch die internen Lenkungsmechanismen behindern ausländische Wettbewerber und damit Unternehmen aus Deutschland und der EU. Im politischen Raume sind deshalb Forderungen erhoben worden, solche Auswirkungen zu bekämpfen. Gegenstand meines Beitrags ist die Frage, über welche Mechanismen aus dem Bereich des Antidumping- und Wettbewerbsrechts die Europäische Union verfügt, um die negativen Auswirkungen einer solchen Politik zu minimieren. Ich komme zu dem Ergebnis, dass die negativen Auswirkungen sich wirksam nur durch ein Gesamtkonzept kompensieren lassen, in dessen Rahmen eine Vielzahl von Handlungsfeldern Berücksichtigung finden muss. Das Antidumping- und das Wettbewerbsrecht ermöglichen solche Reaktionen in Teilbereichen, ohne dabei den eigentlichen Kern des Problems, das staatliche Lenkungsverhalten der chinesischen Regierung, adressieren zu können. Beide Rechtsgebiete können aber die Auswirkungen eines solchen Verhaltens in der EU begrenzen.
Da die Handelspolitik zwischen den globalen Anforderungen des Welthandelssystems und den Imperativen der nationalen Interessenpolitik eingebettet ist, kann sie nur höchst eingeschränkt für andere Ziele, wie z.B. die Demokratieförderung, instrumentalisiert werden. Auf der Grundlage dieses Verständnisses von Handelspolitik wird im vorliegenden Beitrag der Frage nachgegangen, inwieweit die USA in der Lage sind, die Rolle eines liberalen handelspolitischen "Crusader State" zu spielen. Dazu werden zunächst die historischen Barrieren der US-Diplomatie für eine Politik unbedingter Marktöffnung im 19. Jahrhundert betrachtet und der strukturelle Protektionismus herausgearbeitet, der bis in die 1930er Jahre hinein bestimmend war. Im Anschluss daran wird die Veränderung der institutionellen Basis der amerikanischen Handelspolitik anhand des "Reciprocial Trade Agreements Act" (RTAA) von 1934 aufgezeigt, der die Vereinigten Staaten in der Handelspolitik überhaupt erst handlungsfähig machte und die Grundlage für das spätere "General Agreement on Tariffs and Trade" (GATT) bildete. Weitere Schwerpunkte des Beitrages sind die Erosion des liberalen Multilateralismus in den 1980er und 1990er Jahren sowie die Rückkehr zur Marktöffnungspolitik unter der Administration von George W. Bush. (ICI)