In: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik: ZAR ; Staatsangehörigkeit, Zuwanderung, Asyl und Flüchtlinge, Kultur, Einreise und Aufenthalt, Integration, Arbeit und Soziales, Europa, Band 36, Heft 5/6, S. 157-165
Nachdem in den Beiträgen einerseits die individuellen und anderseits die kollektiven Praktiken von Migrant*innen zur Bearbeitung von blockierter gesellschaftlicher Partizipation in den Blick genommen wurden, lenkt Helga Cremer-Schäfer denn Blick auf die Wissensproduktion - auch gerade durch (bestimmte) Teile der Sozialwissenschaften - die diese Verobjektivierungen und Ausschließungsprozesse mit hervorbringen. In ihrem Beitrag entzaubert sie die Statistiken zur "Ausländerkriminalität" als Legitimationswissenschaften, die ihre Praxis der Messung verdecken und demnach angemessener als Indikatoren für institutionellen Rassismus zu verstehen seien.
"Mit Statistiken lässt sich ohne offenkundige Fälschung und Täuschungsabsicht Schindluder treiben. Es reicht, zu wenig Angaben über die Erhebung der Daten und die verwendeten Auswertungsverfahren zu machen. Eine erfreuliche Ausnahme stellt die 'Polizeiliche Kriminalstatistik' (PKS) dar, die u.a. aufgrund der langen kontinuierlichen Erhebung vielfältige Informationen für eine sorgfältige Interpretation enthält. Dennoch wird regelmäßig unter Berufung auf die PKS von steigender oder sinkender 'Ausländerkriminalität' berichtet. Richtig gelesen enthält die PKS keine Daten über 'Ausländerkriminalität', sehr wohl aber über Rassismus." (Autorenreferat)
Der Verfasser kritisiert die Ignoranz der aktuellen Debatte gegenüber zwei Jahrzehnten differenzierter Forschung zu Kriminalität und Kriminalisierung, die zu verkürzenden und stigmatisierenden Interpretationen einschlägiger Statistiken geführt hat, die sich bei einer genaueren Durchsicht ganz anders darstellen als dies gängige Vorurteile erwarten lassen. Er setzt sich mit dem Buch von T. Sarrazin auseinander und zeigt, dass es eine auf den ersten Blick plausible Vermutung bezüglich des Sarrazinschen Kurzschlusses in Sachen Kriminalität der Ausländer gibt. Monographien, Anthologien, Aufsätze off-line und on-line, wissenschaftliche und amtliche und journalistische Texte werden in diesem Kontext thematisiert. Er legt Argumente dar, die einen alternativen Diskurs über die 'Ausländerkriminalität' ermöglichen, die an Leser und Beobachter gerichtet sind, die mit Unbehagen oder Ablehnung die politische Botschaft des Sarrazin-Buches und dessen Resonanz wahrgenommen haben. (ICB2)