Neue Initiative im Entkolonisierungsprozess
In: Internationale Politik: Politik, Wirtschaft, Recht, Wissenschaft, Kultur, Band 34, Heft 789, S. 12-14,19
ISSN: 0535-4129
Aus jugoslawischer Sicht
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In: Internationale Politik: Politik, Wirtschaft, Recht, Wissenschaft, Kultur, Band 34, Heft 789, S. 12-14,19
ISSN: 0535-4129
Aus jugoslawischer Sicht
World Affairs Online
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Der Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) und Rektor der Universität zu Köln, Joybrato Mukherjee, über den Wohnungsmangel für internationale Studierende, den Kampf der Hochschulen gegen Antisemitismus und die Rolle des DAAD in einer Welt von Kriegen und Krisen.
Joybrato Mukherjee, 50, ist seit dem 1. Januar 2020 Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD). Seit 2023 ist er zudem Rektor der
Universität zu Köln, davor war er von 2009 bis 2023 Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen. Foto: Kay Herschelmann.
Herr Mukherjee, Deutschland ist zur weltweiten Nummer 3 der beliebtesten Ziele internationaler Studierender aufgestiegen. Begegne ich einem glückli- chen DAAD-Präsidenten?
380.000 internationale Studierende,Australien überholt,den Ruf als leistungsstarkes Wissenschaftssystem gestärkt – natürlich ist das eine schöne Momentaufnahme und Ausdruck dessen, was unsere
Hochschulen in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren geleistet haben. Aber es ist eben eine Momentaufnahme, und auf der dürfen wir uns nicht ausruhen.
Sehen Sie die Gefahr?
Ich sehe in Umfragen unter internationalen Studierenden und Studieninteressierten, an welchen Stellen wir besser werden müssen. Es gibt heute viel mehr englischspra- chige Studiengänge als
früher, aber die Internationalisierung des Lehr- und Lernan- gebots bleibt eine Dauerherausforderung, bei der es um mehr geht als nur die Sprache. Wir müssen uns – Stichwort Willkommenskultur –
fragen, ob wir abseits der Hochschulen als Gesellschaft in allen Regionen darauf vorbereitet sind, Studierende aus dem Ausland so zu empfangen, wie sie es erwarten dürfen.
Und, sind wir es?
Ich stelle zum Beispiel fest, dass Ausländerbehörden in einigen Kommunen nicht das Personal zur Verfügung haben, das sie bräuchten. Es ergibt sich ein Spannungsver- hältnis, wenn wir einerseits
ein international attraktiver Studienstandort sein wollen, andererseits aber nicht flächendeckend die nötigen Ressourcen dafür zur Verfügung stellen.
Ist Willkommenskultur nur eine Frage der Ressourcen oder auch der Mentalität?
Die Mentalität spielt sicher auch eine Rolle. Ich würde mich aber davor hüten, in der Hinsicht pauschale Aussagen zu treffen. Dafür sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Städten und
Regionen und je nach Verortung der Menschen im politischen Spektrum zu groß. Was man konstatieren muss: Obwohl wir uns in Zeiten des Fachkräftemangels befinden, gibt es in bestimmten Regionen bei
manchen Betrieben nicht die Bereitschaft, Menschen ausländischer Herkunft einzustellen – selbst nachdem sie einen deutschen Studienabschluss erworben haben. Hier können wir als DAAD allein wenig
ausrichten, es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
"Wir brauchen eine Sprachenpolitik, die dem Fachkräftemangel und dem verschärften internationalen Wettbewerb um Studierende angemessen ist. Ich benutze hier
bewusst die Mehrzahl 'Sprachen'".
Womöglich liegt ein Problem doch auch in den Hochschulen selbst. Wenn mehr englischsprachige Studiengänge dazu führen, dass mehr internationale Studierende angezogen werden, die dann am
Ende ihres Studiums nicht fließend Deutsch sprechen, werden viele von ihnen in der mittelständisch geprägten Wirtschaft keine Chance auf einen Job erhalten.
Darum müssen wir beides hinbekommen. Wir brauchen eine Sprachenpolitik, die dem Fachkräftemangel und dem verschärften internationalen Wettbewerb um Studierende angemessen ist. Ich benutze hier
bewusst die Mehrzahl "Sprachen": Ja, wir brauchen mehr international ausgerichtete Studienangebote, in englischer Sprache, möglicherweise auch in anderen modernen Fremdsprachen.
Internationalisierung ist nicht zwangsläufig gleich Anglisierung. Auf jeden Fall sind wir durch solche Studiengänge attraktiv für junge Talente, die noch nicht über die nötigen Deutschkompetenzen
verfügen. Zum anderen müssen wir als deutschsprachiges Land sicherstellen, dass wir im Laufe des Studiums Stück für Stück die nötigen Deutschkenntnisse vermitteln, die in der Regel für den
Arbeitsmarkt gebraucht werden – und ohne die man sich auf Dauer bei uns kaum heimisch fühlen wird. Wenn wir beides schaffen, wird eine vernünftige Sprachenpolitik daraus.
Also viel Englisch, Spanisch, Französisch in den unteren Semestern und ein verpflichtender Deutschanteil, der in höheren Semestern immer weiter ansteigt?
Das ist ein mögliches Modell. Ein anderes besteht darin, Studierende für englischsprachige Masterstudiengänge zu gewinnen und parallel zum Studium die Deutschkenntnisse, die viele schon aus ihren
Heimatländern mitbringen, durch intensive Deutschkurse zu perfektionieren. Wichtig ist, dass man die Englischsprachigkeit oder jede andere Fremdsprache nicht gegen den Erwerb der deutschen
Sprache ausspielt.
Fast noch drängender als die Fragen von Bürokratie,Willkommenskultur und Sprache scheinen derzeit die Sorgen vieler internationaler Studierender auf dem Wohnungsmarkt zu sein. Entsteht da
ein ernstlicher Wettbewerbsnachteil für Deutschlands Hochschulen?
In den großen Metropolen wie Berlin, Hamburg, München und Köln ist der studentische Wohnungsmarkt extrem angespannt, natürlich trifft das insbesondere auch die internationalen Studierenden. Ich
kann aber nicht erkennen, dass die Lage in anderen Ländern durchweg rosiger ist. Die Niederlande etwa fahren ihr internationales Studierendenmarketing genau deshalb massiv zurück, nämlich nicht
aus irgendwelchen rechtspopulistischen Motiven, sondern weil der Mietmarkt so umkämpft ist – was auch mit der stark gestiegenen Zahl internationaler Studierender und Forscher*innen zusammenhängt.
Was fordern Sie von Bund und Ländern?
Wir sehen, dass im gesamten deutschen Immobilienmarkt zu wenig neu gebaut wird. Daraus kann man folgern, dass die schon stark gestiegenen Mietpreise weiter durch die Decke schießen werden,
zunehmend auch in den kleineren und mittelgroßen Städten. Wir brauchen also viel mehr bezahlbaren Wohnraum, insbesondere auch viel mehr bezahlbaren studentischen Wohnraum. Die diesbezüglichen
Investitionen sind dringend nötig. Ich sehe dazu auch die politische Bereitschaft, das Thema ist nicht umsonst prominent im Koalitionsvertrag vertreten.
Sehen Sie auch das politische Handeln?
Dass gehandelt wird, ist meine Erwartung und meine Hoffnung. In haushalterisch schwierigen Zeiten verlangt dies aber von den politischen Entscheidungsträgern, die entsprechenden Prioritäten zu
setzen, und zwar auf allen Ebenen, von den Kommunen über die Länder bis hinauf zum Bund. In vielen anderen Staaten liegt die Bewirtschaftung studentischen Wohnraums in der Hand der Hochschulen,
in Deutschland haben wir dafür zumeist die Studierendenwerke. Damit diese international ungewöhnliche Arbeitsteilung kein limitierender Faktor ist, müssen Bund und Länder die Studierendenwerke
hinreichend unterstützen. Das Bund-Länder-Programm "Junges Wohnen" ist ein Anfang.
Die Abbrecherquoten von internationalen Studierenden liegen deutlich über denen ihrer einheimischen Kommilitonen. Das ist seit vielen Jahren bekannt, doch tun die Hochschulen genug, um
das zu ändern?
In der Regel haben internationale Studierende, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, einen Nachteil, den man nicht wegdiskutieren kann. Wir sehen aber, dass es Unterschiede etwa zwischen
Bachelor- und Masterstudierenden gibt. Im Masterbereich liegt der Studienerfolg viel höher, was mit der anderen Klientel, aber auch mit dem kompensatorischen Effekt zusammenzuhängen scheint, den
die im Master sehr viel häufigeren englischsprachigen Studiengänge erzeugen. In jedem Fall müssen wir über die Rahmenbedingungen nachdenken, die mehr sind als die Sprache und die auch die
kulturellen Besonderheiten eines Wissenschaftssystems umfassen. So wird im deutschen System mit seinen zum Teil sehr großen Hochschulen das selbstständige Arbeiten viel stärker abverlangt,
verbunden mit deutlich schlechteren Betreuungsrelationen, als die meisten Studierenden es etwa in den USA oder in Australien antreffen würden. Deshalb legen wir als DAAD bei unserer großen
Fachkräfteoffensive so viel Wert auf die Betreuung als ein wichtiges Element.
"In den meisten Teilen Deutschlands
fehlt der politische Konsens, das Thema
Bezahlstudium erneut anzugehen."
Eine bessere Betreuung ist aufwendig und teuer. Die TU München macht es den von Ihnen genannten Staaten nach und erhebt Studiengebühren für Studierende aus Drittländern – in einer
international eher unterdurchschnittlichen, für Deutschland aber bislang ungekannten Höhe. Was sagen Sie als Rektor der Universität zu Köln dazu: nachahmenswert?
Anders als in Bayern hätten wir in NRW die rechtlichen Möglichkeiten dazu gar nicht. Und das einzige Bundesland, in dem die Hochschulen sogar Studienbeiträge für Studierende aus Drittstaaten
erheben mussten, Baden-Württemberg, will diese wieder abschaffen. Was zeigt: In den meisten Teilen Deutschlands fehlt der politische Konsens, das Thema Bezahlstudium erneut anzugehen. Abgesehen
davon bin ich gespannt auf die weitere Entwicklung an der TUM. Allerdings – und das meine ich als Kompliment – kann man die TUM nicht zum Maßstab machen, weil sie eine über viele Jahre aufgebaute
internationale Marke besitzt wie keine andere deutsche Hochschule. Insofern kann sich die TUM am ehesten leisten, solche Studienbeiträge zu erheben. Als DAAD-Präsident wiederum möchte ich
anmerken, dass es zum international wahrgenommenen Markenkern des deutschen Hochschulsystems gehört, hohe Qualität in der Breite anzubieten, und das eben individuell gebührenfrei.
Was macht es eigentlich mit diesem Markenkern, wenn Deutschland seit dem 7. Oktober immer wieder mit antisemitischen Vorfällen von sich reden macht und in Potsdam ein Geheimtreffen
stattfand, auf dem über die "Remigration von Millionen Menschen" weg aus Deutschland schwadroniert wurde?
Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit sind ja leider keine neuen Themen, sie begleiten auch die Hochschulen, die Teil der Gesellschaft sind, seit Jahren. Ich würde hier aber abschichten
wollen: Wir dürfen eine rationale, argumentationsbasierte Diskussion über Migration nicht tabuisieren. Für mich ist die Grenze da überschritten, wo Menschen definieren, wer
"richtiger" Deutscher sein darf und wer, um einen Kampfbegriff von rechts außen zu nehmen, nur "Passdeutscher" sei. Das erinnert an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte, in denen
plötzlich Teile des deutschen Volkes für nicht deutsch erklärt wurden. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, welchen Einfluss die aktuellen Ereignisse und Entwicklungen auf das Image Deutschlands bei
internationalen Studierenden haben: Das werden wir erst mit Zeitverzug sehen. In Gesprächen mit unseren weltweiten Partnern hören wir jedenfalls von Sorgen angesichts des um sich greifenden
Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus. Wir hören aber auch, dass die großen Demonstrationen gegen diese Umtriebe, wie wir sie überall in Deutschland erlebt haben, genauso wahrgenommen werden.
Das stimmt mich hoffnungsvoll.
Der DAAD stellt jetzt Fördermittel gegen Antisemitismus und Rassismus zur Verfügung – allerdings nur eine Million Euro. Ist das mehr als Symbolik?
Das ist ein klares Zeichen, das wir mit Unterstützung des Auswärtigen Amts setzen – dem ich hierfür herzlich danke. Natürlich hoffen wir, dass die Hochschulen zu diesem Zweck noch von anderer
Seite Geld erhalten. In Köln nehmen wir eigene Mittel in die Hand, um öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, neulich zum Beispiel in Anwesenheit des israelischen Botschafters Ron Prosor.
Der Sicherheitsaufwand war, leider, immens, aber es war uns wichtig, deutlich zu machen: Es ist in diesem Land eine Selbstverständlichkeit, dass der Botschafter des Staates Israel eine deutsche
Universität besucht, um mit Studierenden zu diskutieren.
In Berlin war es neulich keine Selbstverständlichkeit mehr, dass eine Richterin des Obersten Gerichtshofs Israels nicht niedergeschrien wurde an einer deutschen Universität.
Ich bin froh, dass wir in Köln eine anregende, auch kritische Diskussion führen konnten, in einem vollen Hörsaal mit über 300 Studierenden. Es wurde beispielsweise explizit danach gefragt, ob die
Selbstverteidigungsmaßnahmen Israels im Gaza-Streifen angemessen sind; es wurden die zivilen Opfer der Militäroperation thematisiert, und Botschafter Prosor hat sich allen Fragen gestellt. Ein
solcher Diskurs ist unmöglich, wenn man sich gegenseitig niederschreit. Alle Mitglieder unserer Hochschulen tragen die Verantwortung, ihn möglich zu machen. Was meine Kolleg*innen in den
Hochschulleitungen anbetrifft, so habe ich keinen Zweifel daran, dass sie alle ihnen möglichen Maßnahmen ergreifen, sobald es nötig wird.
Im Januar hat Ihre zweite Amtszeit als DAAD- Präsident begonnen, Herr Mukherjee. Was wird Ihr Leitmotiv sein, um in dieser so schwierigen Phase internationaler Konflikte
Wissenschaftskooperationen zu gestalten?
Sie haben die entscheidende Vokabel gerade selbst benutzt: Gestalten.Angesichts einer Verkrisung der geopolitischen Rahmenbedingungen müssen wir vom Reagieren wieder zum Gestalten kommen. Für uns
als DAAD kann ich in Anspruch nehmen, dass wir in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Strategiepapieren, mit Vorschlägen für neue Programme und Initiativen und mit der praktischen
Weiterentwicklung unserer Austauschformate unseren Beitrag zu dieser Gestaltung geleistet haben. Das, was wir gerade erleben, ist kein Übergangsstadium, es wird nicht von Zauberhand eine neue
Stabilität entstehen; Spannungen, Krisen und Interessenkonflikte werden allgegenwärtig bleiben und eher noch zunehmen.
Ist für wissenschaftliche Kooperationen aber nicht das Vertrauen ins Gegenüber konstitutiv? Wie kann man wissenschaftlich zusammenarbeiten,wenn man seinem Partner misstraut?
Die Antwort kann nicht binär sein – Vertrauen oder Misstrauen. Wie überall in der Politik und in den Beziehungen zwischen Staaten haben wir es mit Gradienten zu tun. Der Begriff
"Wertegemeinschaft" wird weiter seine Berechtigung haben, weil es immer eine Gruppe von Staaten, Kulturen und Wissenschaftssystemen geben wird, zwischen denen eine vertrauensvolle und intensive
Kooperation auf ähnlichem Wertefundament möglich ist. Es wird aber Systemrivalen geben, mit denen die Zusammenarbeit herausfordernd ist, die man trotzdem nicht ignorieren kann und mit denen man
sich auf gemeinsame Spielregeln einigen muss. Beide Seiten müssen definieren, was für sie vertretbar und verantwortbar ist. Und zwischen beiden Extremen – um aus dem binären Denken herauszukommen
– wird es viele Abstufungen geben, auch in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen – mit Partnern, die sich weder der einen noch der anderen Gruppe zuordnen lassen, auch nicht zuordnen
lassen wollen. So ein Beispiel ist etwa Vietnam: ein kommunistischer Staat, der aber seine eigenen Konfliktlinien zu seinem großen Nachbarn, der Volksrepublik China, hat. Es ist in unserem
Interesse, die Beziehungen zu Vietnam aktiv zu gestalten.
"Ich plädiere dafür, dass wir in einer
turbulenten Welt mit ihren sehr
unterschiedlichen Interessenlagen unsere
eigenen Überzeugungen zwar sehr klar
kommunizieren, aber aufhören, die Gegenseite
stets belehren zu wollen."
Vor ein paar Jahren sprachen Sie in Interviews noch von "schwierigen Partnerländern", jetzt sprechen Sie von Systemrivalen. Ist China von Ersterem zu Letzterem geworden?
China ist für Deutschland und die EU immer mehreres gleichzeitig: Partner, Wettbewerber, Systemrivale, je nach Kontext flackern die verschiedenen Attribute unterschiedlich stark auf. Den Begriff
"schwierige Partner" haben wir im DAAD durch "herausfordernde Partner" ersetzt, denn es geht um den richtigen Umgang mit den Herausforderungen in den Beziehungen. Ich plädiere dafür, dass wir in
einer turbulenten Welt mit ihren sehr unterschiedlichen Interessenlagen unsere eigenen Überzeugungen zwar sehr klar kommunizieren, aber aufhören, die Gegenseite stets belehren zu wollen. Jedes
Land ist anders, selbst EU-Mitglieder können je nach ihrem innenpolitischen Zustand herausfordernde Partner sein, deshalb müssen wir mit jedem Land die richtige Umgangsweise finden.
Was ist die richtige Umgangsweise mit China?
Wir wollen auch künftig eng mit der chinesischen Wissenschaft zusammenarbeiten, das müssen wir auch. Aber natürlich gibt es Bereiche, in denen wir unsere eigenen Sicherheitsinteressen haben, in
denen wir uns genau überlegen: Unter welchen Bedingungen können wir kooperieren, ohne ein zu hohes Risiko einzugehen? Im Zweifel muss das bedeuten, dass bestimmte Kooperationen unterbleiben.
Umgekehrt pflegen wir seit vielen Jahren eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit in vielen Wissenschaftsfeldern, die wir problemlos fortführen können, so etwa in den Geisteswissenschaften.
Und in welchen Feldern sollten Kooperationen unterbleiben?
In unserem neuen China-Papier machen wir als DAAD deutlich: Es ist die Aufgabe jeder einzelnen Hochschule, diejenigen Bereiche in ihrem Portfolio zu benennen, die so starken Dual-use-Risiken
ausgesetzt sind, die so stark unsere nationalen Sicherheitsinteressen berühren, dass man eine Zusammenarbeit lieber lässt. Das sind Diskursräume – Stichwort Zeitenwende –, die wir so vor zehn
Jahren sicher nicht ausgeleuchtet hätten.
Haben Sie diese Entscheidung für Köln bereits getroffen?
Möglicherweise gibt es auch in Köln solche Bereiche, ja.Aber im Umgang mit herausfordernden Partnern sollte man nicht alle Fragen auf öffentlichen Marktplätzen besprechen. Das macht die andere
Seite auch nicht.
So viel zum Thema Vertrauen zwischen wissenschaftlichen Kooperationspartnern.
So viel vor dem Hintergrund jüngster Ereignisse, wenn sogar die Bundeswehr abgehört wird. Wir haben in unserem China-Papier die drei Begriffe "interessengeleitet, risikoreflexiv und
kompetenzbasiert" geprägt, und diese Begriffe sollten Leitmotiv sein für die Beziehungen zu China, aber auch zu anderen Staaten, die wir als herausfordernd ansehen. Wir müssen stärker als in der
Vergangenheit unsere eigenen Interessen klar und deutlich artikulieren. Das ist vor dem Hintergrund unserer Geschichte nicht einfach, aber notwendig. Diese Artikulation wird übrigens von unseren
chinesischen Partnern sogar begrüßt. Das Ziel in der Gestaltung von internationalen Wissenschaftskooperationen ist es ja nicht, dieselben Interessen wie die andere Seite zu haben, sondern die
Interessen gegenseitig abzugleichen. Daraus ergibt sich die erwähnte Reflexion über die Risiken. Und alle Entscheidungen über Zusammenarbeit und Nicht-Zusammenarbeit, die daraus folgen, können
wir sinnvoll nur mithilfe echter Kompetenz und mit fundiertem Wissen über das jeweilige Land treffen – und nicht auf der Basis irgendwelcher Anekdoten. Dies ist uns beim DAAD besonders wichtig.
Haben Sie den Eindruck, dass die öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung zu China Ihren gerade formulierten Ansprüchen gerecht werden?
Ich habe das Privileg, an der Spitze einer Wissenschaftsorganisation zu stehen und insofern immer wieder die nötige Differenzierung anmahnen zu können. In der Politik herrschen mitunter andere
Gesetzmäßigkeiten und Zwänge zur Zuspitzung. Wir sollten uns als Wissenschaft aber nicht in eine zu starke Zurückhaltung im Austausch mit China hineindrängen lassen. Es ist notwendig, die
Beziehungen zu China differenziert und kritisch zu gestalten, aber die wissenschaftliche Kooperation an sich ist ohne Alternative. Die Volksrepublik hat das größte Wissenschaftssystem, das schon
jetzt extrem leistungsfähig ist und beständig weiter an Bedeutung gewinnt. Wir dürfen auf keinen Fall in eine Spirale des Abschottens geraten. Das selbstbewusste Gestalten von Beziehungen – mit
Risikobewusstsein, aber ohne Angst – ist das Gegenteil von Abschottung. Zugleich müssen und können wir als Wissenschaft Zuversicht vermitteln. Denn durch eine regelgeleitete internationale
Zusammenarbeit werden die Dinge besser – das war immer so, das bleibt auch so.
"Wenn wir an der Universität Köln jetzt bei 45.000 Studierenden stehen, Tendenz weiter fallend, ist das eine positive und aus meiner Sicht alles andere
als besorgniserregende Entwicklung."
Der Wissenschaftsratsvorsitzende Wolfgang Wick rechnet mit deutschlandweit stagnierenden bis zurückgehenden Studierendenzahlen. Gehört es künftig zu einer gelungenen
Internationalisierungsstrategie, die freien Studienplätze mit noch mehr Studienanfängern aus dem Ausland aufzufüllen?
So habe ich das noch nicht betrachtet. Als Rektor einer der größten deutschen Universitäten, die vor wenigen Jahren noch bei weit über 50.000 Studierenden lag, kann ich nur sagen: Wenn wir jetzt
bei 45.000 stehen, Tendenz weiter fallend, ist das eine positive und aus meiner Sicht alles andere als besorgniserregende Entwicklung. Wir kehren damit zu normalen, halbwegs vertretbaren
Verhältnissen zurück – nach einer langen Phase des quantitativen Wachstums, die wir als Hochschulen gut verkraftet haben. Wir können jetzt aber den Hebel umlegen hin zu mehr Studienqualität und
zu besseren Betreuungsrelationen. Da sind wir nämlich, ich sagte es anfangs, im internationalen Vergleich schlecht aufgestellt.
Vielleicht ergeht es Ihnen in Köln da einfach anders als in manch ländlicher Region, wo ganze Studiengänge und Fächer vor der Existenzfrage stehen?
Das mag sein, aber auch als DAAD-Präsident würde ich diese Aspekte wirklich trennen wollen. Wir gewinnen internationale Studierende und Promovierende aus einer gesellschaftlichen Verantwortung
heraus, weil wir einen grassierenden Fachkräftemangel haben; weil wir mehr Talente aus dem Ausland brauchen für unseren Arbeitsmarkt; weil wir über diese Art des Austauschs internationale
Wissenschaftskooperation betreiben. Wir rekrutieren sie nicht, um einfach unsere Studienplätze zu füllen.
Sie sprechen von gesellschaftlicher Verantwortung und meinen das Stopfen der Fachkräftelücke. Was ist eigentlich aus Deutschlands Verantwortung wirtschaftsschwächeren Ländern gegenüber
geworden, denen wir ihre jungen Talente streitig machen?
Richtig ist, dass wir vor zehn Jahren beim DAAD wahrscheinlich kein Programm zur Fachkräftegewinnung aufgelegt hätten. Aber wir erkennen an, dass wir unseren Teil leisten müssen für die
wirtschaftliche Prosperität unseres Landes, das erwarten auch unsere Geldgeber aus den verschiedenen Bundesministerien. Wobei das Auswärtige Amt oder das Bundesbildungsministerium bei der Frage
naturgemäß unterschiedliche Perspektiven einnehmen als das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, das mit guten Gründen auf die Gefahren eines Braindrains hinweist und die
Bedeutung von fairer Migration in den Vordergrund rückt. Allerdings sollten wir auch diese Themen differenziert betrachten. In Gesprächen mit Botschafter*innen anderer Staaten höre ich immer
wieder, dass sie unser Fachkräfte-Programm oftmals begrüßen. Zitat: "Machen Sie sich keine Sorgen, wir haben so viele junge Talente, wir sind froh, wenn Sie ihnen eine Perspektive bieten". Am
Ende ist es wie immer eine Frage der richtigen Dosierung.
Dieses Interview erschien zuerst im DSW-Journal, Ausgabe 1/2024.
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In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/221638
Das Buch ist der Biographie und dem wissenschaftlichen Nachlass von John Michael Steiner gewidmet – einem tschechisch-amerikanischen Soziologen, geboren 1925 in Prag, verstorben 2014 im kalifornischen Novato. Er hat Auschwitz und andere Konzentrationslager überlebt und ist einer der wenigen Verfolgten, die sich später in der wissenschaftlichen Täterforschung engagierten. Nach dem Krieg musste er wegen der Machtübernahme der KP aus Prag fliehen, zunächst nach Australien, dann in die USA. Er kam 1962 nach Deutschland und konnte seine Forschung auch nach seiner Promotion an der Universität Freiburg i.Br. fortsetzen, unterstützt durch Stipendien der Alexander von Humboldt Foundation und der Fulbright Commission. – Einzigartig ist seine vergleichende Untersuchung (1962 bis 1966) zwischen ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS und SS und ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht mit dem 1970 publizierten Ergebnis einer weiterbestehenden, relativ stärkeren autoritären Einstellung der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS und SS. Weitaus wichtiger waren ihm Lebensläufe und Sozialverhalten typischer SS-Männer. Aus verschiedenen Gründen kam es nicht zu einer Publikation der für ihn verfassten Lebensläufe. Hier ragen 10 Lebensläufe hervor: Vier Verfasser waren zu lebenslänglicher Haft verurteilt wegen ihrer vielfachen Morde in den Lagern Auschwitz, Buchenwald oder Sobibor, sechs waren Offiziere der Waffen-SS, darunter ein Adjutant Himmlers und ein Adjutant Hitlers. Diese Lebensläufe werden hier erstmals publiziert (dazu zwei transkribierte Interviews). Im Kapitel 1 wird Steiners Biographie geschildert, seine wissenschaftlichen Arbeiten und sein öffentliches Engagement. Dieses Kapitel enthält auch seine Aufsätze über das Fragmentierte Gewissen und über Role margin, d.h. den individuellen, von sozialer und von moralischer Intelligenz abhängigen Ermessenspielraum eines SS-Mannes im Lagerkommando, außerdem seinen Briefwechsel mit Erich Fromm über die Interpretation der Lebensläufen von SS-Angehörigen. Übersetzt wurden Steiners drei eindringliche Erfahrungsberichte: KZ-Arbeitseinsatz Blechhammer, Todesmarsch nach Reichenbach, Im Viehwagen nach Dachau. Im Kapitel 2 Grundlegende Studien zur Autoritären Persönlichkeit: Konzeptionen und Forschungsergebnisse wird ein Bezugsrahmen für die folgenden Interpretationen entwickelt. Dazu gehört eine Übersicht über zwei Meilenstein-Studien zur Autoritäten Persönlichkeit: (1) Erich Fromm und Mitarbeiter (1936, 1980), deren Publikation von Max Horkheimer untersagt wurde, und (2) Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson und Sanford (1950). Der ausführliche Kommentar zur neueren Forschung auf diesem Gebiet bezieht sich einerseits auf die "Autoritäre Persönlichkeit" als multimethodisch und prozessanalytisch zu erfassender Persönlichkeitstypus versus "Autoritarismus" als Einstellung, gewöhnlich nur als Selbstbeurteilung ohne Verhaltensdaten erfasst. – Wichtige Arbeiten der Täterforschung werden dargestellt, u.a. die herausragende Forschung von Henry Dicks (1950, 1972). Weitere Themen sind: das geringe Interesse deutscher Psychologen an der Täterforschung, die sog. neue Täterforschung deutscher Historiker und der gravierende Mangel an Interdisziplinarität. Im Kapitel 3 Täterforschung: Steiners Konzepte und Methoden wird die Fragebogenstudie dargestellt und ausführlich über die zehn Lebensläufe berichtet. Sie werden psychologisch interpretiert, u.a. hinsichtlich Fromms Konzeption der Autoritären Persönlichkeit und Steiners Fragen nach Fragmentierung des Gewissens und Entscheidungsspielraum. Diese Leitkonzepte sind zweifellos als Heuristiken geeignet, doch mangelt es oft an hinreichend detaillierter Lebenslauf-Information, um die situative Auslösung von latenter Gewalttätigkeit und von sadistischen Handlungen adäquat erfassen zu können. Die mit Absicht erst nachträglich recherchierten, sekundären Informationen sind als Korrektiv des Gesamtbildes wichtig, können jedoch eine systematische Exploration der psychosozialen Prozesse nicht ersetzen. Im Kapitel 4 Täterforschung und Erziehungsreform wird Steiners Forderung nach einer fundamentalen Erziehungsreform im Kontext anderer Reformideen geschildert: u.a. Neills' Summerhill, Entnazifizierungsprogramme (Re-education); Aussteiger-Programme für Angehörige extremistischer Gruppen. – "Erziehung nach Ausschwitz" fand jedoch kaum statt. Es mangelt weithin an einem Ethik-Unterricht für Alle und auf allen Schulstufen. Erst während der letzten Jahre gibt es in Deutschland mehr Initiativen zur Reform des Ethik-Unterrichts, beispielsweise durch Projekte der Bertelsmann-Stiftung, durch neue pädagogische Initiativen und Schulbücher mit vielen Anregungen, nicht nur das Wissen über Ethik zu lehren, sondern Kompetenzen wie Perspektivenwechsel und Einfühlung auch praktisch zu üben. Das Kapitel 5 fasst die wichtigsten Perspektiven zusammen und zitiert Steiners Fragen und Thesen (wie sie als Untertitel dieses Buches gewählt wurden: " …wie können Menschen so werden, dass sie so etwas tun können?" – "Je mehr ich verstehe, desto weniger muss ich hassen." – "Nur Erinnerung und Erziehung können neuen Furchtbarkeiten und Genoziden vorbeugen." Der Anhang enthält außer den Kopien der Lebensläufe u.a. Steiner Publikationsliste, seine an der Sonoma State University inzwischen gelöschte Homepage und sein Engagement in den Medien. So war er an der vierteiligen Reportage (SPIEGEL-TV, 2009, und ZDF) Gesichter des Bösen als direkter Zeitzeuge und als wissenschaftlicher Kommentator beteiligt. ; The book is dedicated to the biography and academic bequest of John Michael Steiner – a Czech American sociologist born in Prague in 1925, died in Novato, California, in 2014. He survived Auschwitz and other concentration camps and is one of the few persecuted people who later became involved in scientific research into perpetrators. After the war he had to flee Prague because of the seizure of power by the Communist Party, first to Australia, then to the USA. He came to Germany in 1962 and was able to continue his research after his doctorate at the University of Freiburg i. Br, supported by fellowships from the Alexander von Humboldt-Foundation and as a Senior Fulbright-Professor. His comparative study (1962 to 1966) of former members of the Waffen-SS and SS and former members of the Wehrmacht is unique. The results, indicating a persisting authoritarian attitude, remarkably higher in former members of Waffen-SS and SS, were published in 1970. Far more important to him were the CVs and social behavior of typical SS-men. For various reasons, the CVs were not published. Ten of these CV written for him stand out here: four authors were sentenced to life imprisonment for their multiple murders in the Auschwitz, Buchenwald or Sobibor camps; six were officers of the Waffen-SS, including an adjutant of Himmler and an adjutant of Hitler. These CVs are published here for the first time (plus two transcribed interviews). Chapter 1 describes Steiner's biography, his scientific work, and his public commitment. This chapter also contains his essays on the Fragmentation of Conscience and on Role Margin, i.e., the individual discretion of an SS man's action, dependent on social and moral intelligence, and, Steiner's correspondence with Erich Fromm on the interpretation of the biographies of SS-men. Three reports of Steiner's extreme experience were translated: Slave Laborer at the Blechhammer (Ehrenforst) Synfuel Plant; On a Death March from Blechhammer to Reichenbach; In a Cattle Wagon to Dachau. Chapter 2 Basic Studies on Authoritarian Personality: Concepts and Research Results develop a frame of reference for the following interpretations. This includes an overview of two mile-stone studies on the Authoritarian personality:(1) Erich Fromm and co-workers (1936, 1980, initial publication prohibited by Max Horkheimer), and (2) Adorno, Frenkel-Brunswik, Levenson and Sanford (1950). The detailed commentary on recent research in this field refers on the one hand to the "authoritarian personality" as a personality type suggesting a multimethod assessment of motivation and action, versus "authoritarianism" as a social attitude, usually a self-assessment, i.e., a questionnaire without behavioral data. Important work of perpetrator research is presented, e.g., the outstanding research by Henry Dicks (1950, 1972). Other topics are: the low interest of German psychologists in perpetrator research, the so-called new perpetrator research by German historians, and the serious lack of interdisciplinarity. In Chapter 3 Perpetrator Research: Steiner's Concepts and Methods, the questionnaire study is presented, and the ten CVs are reported in detail. The psychological interpretation is primarily based on Fromm's conception of the authoritarian personality and Steiner's questions about fragmentation of conscience and role margin. These guiding concepts are undoubtedly suitable as heuristics, but there is often a lack of sufficiently detailed CV information to adequately capture the situational triggering of latent violence and sadistic actions. Secondary information, obtained after interpretation, is essential as a corrective to the overall picture, but cannot replace a systematic exploration of psychosocial processes. In Chapter 4 Perpetrator Research and Educational Reform, Steiner's demand for a fundamental education reform is discussed in the context of, among others, Neill's Summerhill, De-nazification programs (re-education); Drop-out programs for members of extremist groups. However, "Education after Auschwitz" hardly ever took place. There is a widespread lack of ethics teaching for all, and at all school levels in Germany. Only in recent years have there been more initiatives in Germany to renewing ethics teaching, for example, projects by the Bertelsmann Foundation, new pedagogical initiatives, and textbooks with many suggestions not only to teach knowledge about ethics, but also to practice skills, such as a change of perspective, and empathy. Chapter 5 summarizes the essential perspectives, and quotes Steiner's questions and principles (chosen as subtitles of the present book): "How can people become such that they can do something like this?"; "The more I understand, the less I have to hate"; "Only memory and education can prevent new dreadfulness and genocide". Appendix: In addition to copies of the original CVs, it contains Steiner's list of publications; his homepage, which has since been deleted at Sonoma State University; and his media appearances., e.g., in the four-part Reportage Faces of Evil (SPIEGEL-TV 2009, and ZDF) as a direct contemporary witness, and as an expert in perpetrator research.
BASE
Das Buch ist der Biographie und dem wissenschaftlichen Nachlass von John Michael Steiner gewidmet – einem tschechisch-amerikanischen Soziologen, geboren 1925 in Prag, verstorben 2014 im kalifornischen Novato. Er hat Auschwitz und andere Konzentrationslager überlebt und ist einer der wenigen Verfolgten, die sich später in der wissenschaftlichen Täterforschung engagierten. Nach dem Krieg musste er wegen der Machtübernahme der KP aus Prag fliehen, zunächst nach Australien, dann in die USA. Er kam 1962 nach Deutschland und konnte seine Forschung auch nach seiner Promotion an der Universität Freiburg i.Br. fortsetzen, unterstützt durch Stipendien der Alexander von Humboldt Foundation und der Fulbright Commission. – Einzigartig ist seine vergleichende Untersuchung (1962 bis 1966) zwischen ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS und SS und ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht mit dem 1970 publizierten Ergebnis einer weiterbestehenden, relativ stärkeren autoritären Einstellung der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS und SS. Weitaus wichtiger waren ihm Lebensläufe und Sozialverhalten typischer SS-Männer. Aus verschiedenen Gründen kam es nicht zu einer Publikation der für ihn verfassten Lebensläufe. Hier ragen 10 Lebensläufe hervor: Vier Verfasser waren zu lebenslänglicher Haft verurteilt wegen ihrer vielfachen Morde in den Lagern Auschwitz, Buchenwald oder Sobibor, sechs waren Offiziere der Waffen-SS, darunter ein Adjutant Himmlers und ein Adjutant Hitlers. Diese Lebensläufe werden hier erstmals publiziert (dazu zwei transkribierte Interviews). Im Kapitel 1 wird Steiners Biographie geschildert, seine wissenschaftlichen Arbeiten und sein öffentliches Engagement. Dieses Kapitel enthält auch seine Aufsätze über das Fragmentierte Gewissen und über Role margin, d.h. den individuellen, von sozialer und von moralischer Intelligenz abhängigen Ermessenspielraum eines SS-Mannes im Lagerkommando, außerdem seinen Briefwechsel mit Erich Fromm über die Interpretation der Lebensläufen von SS-Angehörigen. Übersetzt wurden Steiners drei eindringliche Erfahrungsberichte: KZ-Arbeitseinsatz Blechhammer, Todesmarsch nach Reichenbach, Im Viehwagen nach Dachau. Im Kapitel 2 Grundlegende Studien zur Autoritären Persönlichkeit: Konzeptionen und Forschungsergebnisse wird ein Bezugsrahmen für die folgenden Interpretationen entwickelt. Dazu gehört eine Übersicht über zwei Meilenstein-Studien zur Autoritäten Persönlichkeit: (1) Erich Fromm und Mitarbeiter (1936, 1980), deren Publikation von Max Horkheimer untersagt wurde, und (2) Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson und Sanford (1950). Der ausführliche Kommentar zur neueren Forschung auf diesem Gebiet bezieht sich einerseits auf die "Autoritäre Persönlichkeit" als multimethodisch und prozessanalytisch zu erfassender Persönlichkeitstypus versus "Autoritarismus" als Einstellung, gewöhnlich nur als Selbstbeurteilung ohne Verhaltensdaten erfasst. – Wichtige Arbeiten der Täterforschung werden dargestellt, u.a. die herausragende Forschung von Henry Dicks (1950, 1972). Weitere Themen sind: das geringe Interesse deutscher Psychologen an der Täterforschung, die sog. neue Täterforschung deutscher Historiker und der gravierende Mangel an Interdisziplinarität. Im Kapitel 3 Täterforschung: Steiners Konzepte und Methoden wird die Fragebogenstudie dargestellt und ausführlich über die zehn Lebensläufe berichtet. Sie werden psychologisch interpretiert, u.a. hinsichtlich Fromms Konzeption der Autoritären Persönlichkeit und Steiners Fragen nach Fragmentierung des Gewissens und Entscheidungsspielraum. Diese Leitkonzepte sind zweifellos als Heuristiken geeignet, doch mangelt es oft an hinreichend detaillierter Lebenslauf-Information, um die situative Auslösung von latenter Gewalttätigkeit und von sadistischen Handlungen adäquat erfassen zu können. Die mit Absicht erst nachträglich recherchierten, sekundären Informationen sind als Korrektiv des Gesamtbildes wichtig, können jedoch eine systematische Exploration der psychosozialen Prozesse nicht ersetzen. Im Kapitel 4 Täterforschung und Erziehungsreform wird Steiners Forderung nach einer fundamentalen Erziehungsreform im Kontext anderer Reformideen geschildert: u.a. Neills' Summerhill, Entnazifizierungsprogramme (Re-education); Aussteiger-Programme für Angehörige extremistischer Gruppen. – "Erziehung nach Ausschwitz" fand jedoch kaum statt. Es mangelt weithin an einem Ethik-Unterricht für Alle und auf allen Schulstufen. Erst während der letzten Jahre gibt es in Deutschland mehr Initiativen zur Reform des Ethik-Unterrichts, beispielsweise durch Projekte der Bertelsmann-Stiftung, durch neue pädagogische Initiativen und Schulbücher mit vielen Anregungen, nicht nur das Wissen über Ethik zu lehren, sondern Kompetenzen wie Perspektivenwechsel und Einfühlung auch praktisch zu üben. Das Kapitel 5 fasst die wichtigsten Perspektiven zusammen und zitiert Steiners Fragen und Thesen (wie sie als Untertitel dieses Buches gewählt wurden: " …wie können Menschen so werden, dass sie so etwas tun können?" – "Je mehr ich verstehe, desto weniger muss ich hassen." – "Nur Erinnerung und Erziehung können neuen Furchtbarkeiten und Genoziden vorbeugen." Der Anhang enthält außer den Kopien der Lebensläufe u.a. Steiner Publikationsliste, seine an der Sonoma State University inzwischen gelöschte Homepage und sein Engagement in den Medien. So war er an der vierteiligen Reportage (SPIEGEL-TV, 2009, und ZDF) Gesichter des Bösen als direkter Zeitzeuge und als wissenschaftlicher Kommentator beteiligt. ; The book is dedicated to the biography and academic bequest of John Michael Steiner – a Czech American sociologist born in Prague in 1925, died in Novato, California, in 2014. He survived Auschwitz and other concentration camps and is one of the few persecuted people who later became involved in scientific research into perpetrators. After the war he had to flee Prague because of the seizure of power by the Communist Party, first to Australia, then to the USA. He came to Germany in 1962 and was able to continue his research after his doctorate at the University of Freiburg i. Br, supported by fellowships from the Alexander von Humboldt-Foundation and as a Senior Fulbright-Professor. His comparative study (1962 to 1966) of former members of the Waffen-SS and SS and former members of the Wehrmacht is unique. The results, indicating a persisting authoritarian attitude, remarkably higher in former members of Waffen-SS and SS, were published in 1970. Far more important to him were the CVs and social behavior of typical SS-men. For various reasons, the CVs were not published. Ten of these CV written for him stand out here: four authors were sentenced to life imprisonment for their multiple murders in the Auschwitz, Buchenwald or Sobibor camps; six were officers of the Waffen-SS, including an adjutant of Himmler and an adjutant of Hitler. These CVs are published here for the first time (plus two transcribed interviews). Chapter 1 describes Steiner's biography, his scientific work, and his public commitment. This chapter also contains his essays on the Fragmentation of Conscience and on Role Margin, i.e., the individual discretion of an SS man's action, dependent on social and moral intelligence, and, Steiner's correspondence with Erich Fromm on the interpretation of the biographies of SS-men. Three reports of Steiner's extreme experience were translated: Slave Laborer at the Blechhammer (Ehrenforst) Synfuel Plant; On a Death March from Blechhammer to Reichenbach; In a Cattle Wagon to Dachau. Chapter 2 Basic Studies on Authoritarian Personality: Concepts and Research Results develop a frame of reference for the following interpretations. This includes an overview of two mile-stone studies on the Authoritarian personality:(1) Erich Fromm and co-workers (1936, 1980, initial publication prohibited by Max Horkheimer), and (2) Adorno, Frenkel-Brunswik, Levenson and Sanford (1950). The detailed commentary on recent research in this field refers on the one hand to the "authoritarian personality" as a personality type suggesting a multimethod assessment of motivation and action, versus "authoritarianism" as a social attitude, usually a self-assessment, i.e., a questionnaire without behavioral data. Important work of perpetrator research is presented, e.g., the outstanding research by Henry Dicks (1950, 1972). Other topics are: the low interest of German psychologists in perpetrator research, the so-called new perpetrator research by German historians, and the serious lack of interdisciplinarity. In Chapter 3 Perpetrator Research: Steiner's Concepts and Methods, the questionnaire study is presented, and the ten CVs are reported in detail. The psychological interpretation is primarily based on Fromm's conception of the authoritarian personality and Steiner's questions about fragmentation of conscience and role margin. These guiding concepts are undoubtedly suitable as heuristics, but there is often a lack of sufficiently detailed CV information to adequately capture the situational triggering of latent violence and sadistic actions. Secondary information, obtained after interpretation, is essential as a corrective to the overall picture, but cannot replace a systematic exploration of psychosocial processes. In Chapter 4 Perpetrator Research and Educational Reform, Steiner's demand for a fundamental education reform is discussed in the context of, among others, Neill's Summerhill, De-nazification programs (re-education); Drop-out programs for members of extremist groups. However, "Education after Auschwitz" hardly ever took place. There is a widespread lack of ethics teaching for all, and at all school levels in Germany. Only in recent years have there been more initiatives in Germany to renewing ethics teaching, for example, projects by the Bertelsmann Foundation, new pedagogical initiatives, and textbooks with many suggestions not only to teach knowledge about ethics, but also to practice skills, such as a change of perspective, and empathy. Chapter 5 summarizes the essential perspectives, and quotes Steiner's questions and principles (chosen as subtitles of the present book): "How can people become such that they can do something like this?"; "The more I understand, the less I have to hate"; "Only memory and education can prevent new dreadfulness and genocide". Appendix: In addition to copies of the original CVs, it contains Steiner's list of publications; his homepage, which has since been deleted at Sonoma State University; and his media appearances., e.g., in the four-part Reportage Faces of Evil (SPIEGEL-TV 2009, and ZDF) as a direct contemporary witness, and as an expert in perpetrator research. ; unknown ; unknown
BASE
Seit dem Koreakrieg 1950-53 basierte die Sicherheitsarchitektur der lange Zeit als "Asien-Pazifik" bezeichneten Region auf einem US-geführten System bilateraler Allianzen, dem sogenannten Nabe-und-Speichen-System. Ein multilaterales System kollektiver Verteidigung, ähnlich der Nato in Europa, gab es in der Region bislang nicht. 2014 begann die Volksrepublik China unter Xi Jinping, eigene Ideen zur Neugestaltung des regionalen Sicherheitssystems zu entwickeln. Xi nannte das Nabe-und-Speichen-System ein Relikt des Kalten Krieges und forderte eine regionale Sicherheitsarchitektur "von Asiaten für Asiaten". Das Konzept "Indo-Pazifik" gilt weithin als strategischer Gegenentwurf zu einer sinozentristischen Neustrukturierung der Region. Dabei wird die Sicherheitsarchitektur mehrheitlich als antagonistische Ordnung verstanden, in der Sicherheit gegen und nicht mit China hergestellt wird. Diese Architektur ist stärker als bisher »asianisiert«: Nicht nur wächst die Bedeutung der US-Alliierten in der Region im Verhältnis zu Washington. Immer wichtiger werden auch bi- und minilaterale Partnerschaften außerhalb des Nabe-und-Speichen-Systems, etwa diejenigen mit Beteiligung von Staaten wie Indien oder Indonesien. Strukturell dominieren bilaterale Allianzen und Partnerschaften, die zunehmend um minilaterale Formate wie AUKUS oder Quad ergänzt werden. Für die EU und ihre Mitgliedstaaten bedeutet all dies, dass die Verwirklichung der Idee eines inklusiv ausgerichteten Indo-Pazifik in weite Ferne gerückt ist. Auch der effektive Multilateralismus, den die EU propagiert, gerät zusehends ins Hintertreffen, da die regionale Sicherheitsarchitektur sich mehr und mehr zu einem Nebeneinander bi- und minilateraler Kooperationsformate wandelt. (Autorenreferat)
Since the Korean War of 1950-53, the security architecture of the region previously referred to as the "Asia-Pacific" has been based on a US-led system of bilateral alliances known as the "hub-and-spokes" system. A multilateral system of collective defence, similar to NATO in Europe, has not existed in the region. In 2014, the People's Republic of China under Xi Jinping began to develop its own ideas for reshaping the regional security system. Xi called the hub-and-spokes system a relic of the Cold War and called for a regional security architecture "by Asians for Asians". The "Indo-Pacific" is widely regarded as a strategy to counter a Sinocentric restructuring of the region. The majority of actors involved conceives its security architecture as an antagonistic order in which security is established against, and not with, China. This architecture is more "Asianised" than before. The region's US allies are gaining significance in relation to Washington. What's more, bilateral and minilateral partnerships outside the hub-and-spokes system are becoming increasingly important, for example those involving states such as India or Indonesia. Structurally, bilateral alliances and partnerships dominate. They are increasingly supplemented by minilateral formats such as AUKUS or the Quad. For the EU and its member states, all this means that realising the idea of an inclusive Indo-Pacific has become a distant prospect. The effective multilateralism propagated by the EU is also gradually falling behind as the regional security architecture is increasingly being transformed into a web of bilateral and minilateral cooperation formats.
17. Performing alterity: creative practice as intervention in postcolonial cultural politics -- 18. Cultures of creativity and innovation in Greater China -- 19. From social 'integration' to transformation: supporting the emancipatory potential of circus arts creativity -- PART VII CREATIVITY AS METHOD -- 20. Making as geographical method -- 21. Creativity as method: exploring challenges and fulfilling promises? -- Index
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In: Routledge handbooks
In: Routledge studies in sport development
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In: Palgrave studies in business, arts and humanities
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In: Global handbooks in media and communication research
Introduction : diaspora, media and culture : exploring dimensions of human mobility and connectivity in the era of global eiterdependency / Roza Tsagarousianou and Jessica Retis -- Diasporas : changing meanings and limits of the concept / Robin Cohen -- Digital diasporas : beyond the buzzword : towards a relational understanding of mobility and connectivity / Laura Candidatu, Koen Leurs and Sandra Ponzanesi -- The tragedy of the cultural commons : cultural crossroads and the paradoxes of identity / Thomas Hylland Eriksen -- Diaspora and the plurality of its cosmopolitan imaginaries / Myria Georgiou -- Beyond the concept of eiaspora? : re-evaluating our theoretical toolkit through the study of Muslim transnationalism / Roza Tsagarousianou -- Doing diasporic media research : methodological challenges and innovations / Kevin Smets -- Homogenizing heterogeneity in transnational contexts : Latin American diasporas and the media in the global North / Jessica Retis -- Unravelling diaspora and hybridity : Brazil and the centrality of geopolitical context in analysing culture in global postcolonial space / Niall Brennan -- Media, racism and Haitian immigration in Brazil / Denise Cogo and Terezinha Silva -- China's vessel on the voyage of globalisation : the soft power agenda and diasporic media responses / Wanning Sun -- Digital diaspora : social alliances beyond the ethno-national bond / Saskia Witterborn -- Transnational mediated commemoration of migrant deaths at the borders of Europe / Karina Horsti -- The politics of diasporic integration : the case of Iranians in Britain / Annabelle Sreberny and Reza Gholami -- Scripting Indianess : remediating narratives of diasporic affiliation and authenticity / Radha Hegde -- Media representations of diasporic cultures and the impact on audiences : polarization, power, and the limits of interculturality / Miquel Rodrigo-Alsina, Antonio Pineda and Leonarda García-Jiménez -- Towards a democratization of the public space? : challenges for the 21st century / Alicia Ferrandez Ferrez -- Decolonizing national public spheres : indigenous migrants as transnational counterpublics / Antonieta Mercado -- The power of communication networks for the political formation of a new social actor in Chile : the case of migrant action movement / Ximena Poo -- Making national cultures : Sindhis in Indonesia's media industries / Thomas Barker -- Reporting violence and naming migrants in Assam : the coverage of anti 'Bengali-Muslim' violence in Assam by The Assam Tribune newspaper / Musab Iqbal -- Media and nationalism beyond borders / Janroj Yilmaz Keles --
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Since 1901, thirty different leaders have run the national show. Whether their term was eight days or eighteen years, each prime minister has a story worth sharing. Edmund Barton united the bickering states in a federation. The unlucky Jimmy Scullin took office days before Wall Street crashed into the Great Depression. John Curtin faced the ultimate challenge of wartime leadership. John Gorton, Gough Whitlam and Paul Keating each shook up their parties' policies so vigorously that none lasted much longer than a single term. Harold Holt spent three decades in parliament, only to disappear while swimming off the coast of Victoria two years into his first term. John Howard's 'triple bypass' is the stuff of legend. Julia Gillard overthrew Kevin Rudd and Kevin Rudd overthrew Julia Gillard, thus paving the way for Tony Abbott, who was ousted by Malcolm Turnbull until he too was toppled, this time by Scott Morrison. But is Australia's thirty-first prime minister just around the corner? With characteristic wit and expert knowledge, Mungo MacCallum brings the nation's leaders to life in this fully up-to-date new edition of a classic book
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In: DGAP-Analyse, Band 16
The possibility of Britain withdrawing from the European Union - a "Brexit" - has been receiving growing attention. Reports have largely focused on what this withdrawal could mean for the United Kingdom; however, there has been little analysis of what it could mean for the rest of the Union, its individual members, wider Europe, and other states around the world such as the United States and Japan. This analysis gathers 26 views from think-tanks, research institutions, and universities from sixteen EU member states, nine non-EU countries, and a view from the EU's institutions in Brussels. Five overall themes emerge from the contributions: 1. Developments in the UK have not passed unnoticed, but there are varying levels of understanding as to what is driving UK behavior as well as a great deal of uncertainty about the potential impact for the EU and the countries covered. While no country seems to be planning actively for a Brexit, many are aware that this step may become necessary because of developments in the UK's domestic debate. 2. Awareness of the UK's position is largely framed by wider concerns facing the EU, especially the euro zone. For many states, the UK is important, and the EU would be a lesser place without it. Yet while the UK's reform agenda does appeal to some states, the real pressure for reform will remain within the euro zone. Reform agendas might happen to overlap with London's, but with the euro zone continuing to move ahead, they might increasingly diverge. Countries within the euro zone, the pre-in countries, and even Denmark with its opt-out have focused on Germany and France for leadership and have tried to secure a place close to euro zone decision-making. London has become a bystander. 3. While there is some support for the UK's positions on EU reform, conceptual clarity and language are crucial. States like the Netherlands and Germany seek better enforcement of the principle of subsidiarity, not repatriation. A multispeed EU is considered a possibility, but not - as the UK might hope - in a pick-and-choose fashion; there is less and less appetite in Brussels for "third ways" like Switzerland. And because many EU members perceive the UK's long-term EU agenda as opaque or unpredictable, they are hesitant to align with London. 4. Countries both inside and outside the EU are clearly concerned about the economic and, to a lesser degree, security consequences of a British exit. Britain's economic approach - especially its free-market, liberal outlook - would be the most noticeable loss. Yet some countries note a growing "mercantilist" attitude in British thinking; its economic connections to some traditionally close countries have been in decline for some time; and some states will seek to exploit economically Britain's marginalization, using this tactic to strengthen their appeal to global investors. In European foreign, security, and defense policies, the UK is not easily replaced, and the EU and Europe's place in the world would lose from a British withdrawal: France would face Germany's "culture of restraint" on external affairs, while for the United States a Brexit would further complicate transatlantic relations by stunting not only its long-sought improvements to the European arm of NATO but also a reduction in Europe's dependence on the United States and efforts to make Europe take on a more global role. Furthermore, outside powers may seek to play on divisions, choosing between bilateral and multilateral relations when necessary. 5. While these economic and security concerns serve to remind other countries of the UK's role in the EU, they do not necessarily generate sympathy for it, but rather exasperation at the country's inability to offer leadership other than "negative leadership." The UK's debate on limiting immigration is seen as a direct attack on the fundamental right of the free movement of people and labor in the single market. EU countries fear the influence of British Euroskeptics on their own domestic debate and are frustrated with London for not successfully confronting the issue at home. In view of previous episodes of UK-EU difficulties, the EU today is much larger and in parts much deeper. Some member states have little if any attachment to the UK. The British government's rapprochement with Germany while neglecting, and in some areas abusing, relations with former close partners in central and eastern Europe and Scandinavia means it has found itself on the sidelines of EU politics. Some of the UK's criticisms of the EU and proposals for its reform are seen as legitimate. What is not seen as legitimate is advancing these as a purely national interest and using the threat of a Brexit as leverage. London will have to work harder and engage in more effective coalition-building if it wants to succeed in shaping the ongoing debates about EU reform.
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In: Internationale Politik und Sicherheit 26
Dietrich Seydel (Herausgeber): Informationshandbuch Internationale Beziehungen und Länderkunde. Bearbeitet von Burkhardt J. Huck. Internationale Politik und Sicherheit, herausgegeben von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen, Band 26. Nomos Verlag, Baden-Baden 1989. 752 Seiten, 48,- DM
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