Die Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns
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Call for Papers für einen Workshop vom 19. bis 20. Oktober 2023 in Berlin. Deadline: 7. August 2023
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Call for Abstracts für einen Workshop vom 19. bis 20. Oktober 2023 in Berlin. Deadline: 7. August 2023
Blog: Nachhaltigkeit, Postwachstumsgesellschaft und das gute Leben
Lebensmittelverluste sind größtenteils unbeabsichtigt und werden unter anderem durch Ineffizienz im Lebensmittelsystem verursacht (vgl. FAO 2017, S. 4). Ein großer Anteil des Lebensmittelabfalls entsteht bei Verbraucher*innen in Privathaushalten. Das sorgt für einen Anteil von etwa einem Drittel an Lebensmitteln, die vom Anbau beziehungsweise der Schlachtung bis zu unseren Tellern verlorengehen. In Deutschland sind das ungefähr elf Millionen Tonnen verschwendete Lebensmittel pro Jahr (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023b). Welche Auswirkungen hat das und was wird dagegen getan?In diesem Blogbeitrag wird es um die komplexen Ursachen der Lebensmittelverschwendung gehen, genauso wie um die Auswirkungen, die die Lebensmittelverluste sowohl auf die Umwelt als auch auf die Gesellschaft haben. Es soll dargestellt werden, welche Strategien Deutschland beschlossen hat, um die Lebensmittelverschwendung zu verringern. Die Initiative "Zu gut für die Tonne" (https://www.zugutfuerdietonne.de) kann ein Tipp für alle Blogleser*innen sein. Welchen Beitrag die Umweltbildung in der Schule leisten sollte, soll als letztes kurz angeschnitten werden.In diesem Blogbeitrag sollen Lebensmittel nach der Definition der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verstanden werden. Laut dieser sind Lebensmittel"alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden" (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019).Dazu zählen auch alle Stoffe, die bei der Produktion zugesetzt werden. Tiere und Pflanzen sind erst nach der Schlachtung bzw. Ernte Lebensmittel (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019).Die FAO (vgl. 2011, S. 2) definiert Lebensmittelverluste als Abnahme der essbaren Lebensmittelmasse in dem Teil der Lieferkette, der speziell zu essbaren Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr führt. Diese treten in Produktions-, Ernte-, Nachernte- und Verarbeitungsstufen der Lebensmittelversorgungskette auf. Als Lebensmittelverschwendung werden Lebensmittelverluste bezeichnet, die am Ende der Lebensmittelkette auftreten und für die Händler und Verbraucher verantwortlich sind (vgl. FAO 2011, S. 2).In einer weiteren Definition wird hinzugefügt, dass Lebensmittelverluste entlang der gesamten Versorgungskette auftreten, neben Produktions-, (Nach-)Ernte- und Verarbeitungsstufen betrifft das demnach auch Lagerung und Transport. Lebensmittelverluste oder -verschwendung werden stets als Abnahme der Menge und/oder Qualität von Lebensmitteln gesehen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt waren (vgl. FAO 2017, S. 4).Ursachen der LebensmittelverschwendungLebensmittelverschwendung findet an allen Stellen der Lebensmittelwertschöpfungskette (auch Lebensmittelversorgungskette) statt (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021). Diese umfasst nach dem Bundeszentrum für Ernährung (vgl. 2023) verschiedene Stufen. Die erste Stufe besteht aus der Produktion und der Erzeugung und beinhaltet Agrarproduktion und Viehzucht. Die zweite Stufe betrifft die Weiterverarbeitung, demnach die Herstellung der Lebensmittel. Die dritte Stufe, Handel und Vermarktung, betrifft den Groß- und Einzelhandel. Als letztes folgt der finale Konsum, sowohl im Bewirtungssektor als auch in den Privathaushalten. Lebensmittelverluste entstehen nicht nur in den Stufen der Versorgungskette, sondern gerade auch bei Transport und Lagerung zwischen und nach den einzelnen Stufen (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023).Durch die globale Vernetzung in den letzten Jahrzehnten wurde auch der Ernährungssektor vernetzt. Strukturelle Veränderungen sowie der gesellschaftliche Wandel haben die Lebensmittelversorgungskette demnach verlängert (vgl. FAO 2009, S. 18 f.).Weltweit gehen durch die verschiedenen Stufen der Lebensmittelwertschöpfungskette ein Drittel der produzierten Lebensmittel verloren. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation sind das jedes Jahr 1,3 Milliarden Tonnen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021). Dafür verantwortlich sind vor allem Industrie, Handel, Großverbraucher und Privathaushalte. Letztere verursachen den größten Anteil an Müll. Laut Eyerund/ Neligan (vgl. 2017, S. 2) wirft jede*r Bundesbürger*in im Jahr rund 82 kg Nahrungsmittel in den Müll, davon wäre ein großer Teil, zum Beispiel Speisereste, vermeidbar. Ein kleiner Teil, zum Beispiel Knochen und Bananenschalen, müssen tatsächlich entsorgt werden.Seit ungefähr 1870 ist die Herstellung von Lebensmitteln stärker wissensbasiert und Fortschritte ermöglichen, dass aus wenigen Rohstoffen eine große Vielfalt an Lebensmitteln produziert werden kann (vgl. Hamatschek 2021, S. 351). Allerdings sorgen eine weniger effiziente Ernte sowie neue Transport-, Lagerungs- und Verarbeitungstechniken für größere Verluste. Dazu gehören Ernteverluste, Überproduktion auf dem Feld und Verluste in der Produktion, weil beispielsweise fehlerhaft geplant wurde oder es technische Störungen gab (vgl. Hamatschek 2021, S. 356f.).Die ersten Verluste entstehen in der landwirtschaftlichen Produktion, wenn beispielsweise das Obst und Gemüse nicht den Standards entspricht, von Schädlingen befallen oder auf andere Art und Weise verunreinigt ist. In der Verarbeitung entstehen Abfälle, weil nur Teile eines Lebensmittels gebraucht werden können oder maschinell bedingt Reste entstehen. Auch Etikettierungsfehler können dazu führen, dass Lebensmittel ganz aussortiert werden müssen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020).Im Groß- und Einzelhandel kann es passieren, dass Bestellmengen nicht der Nachfrage entsprechen oder die Ware falsch gelagert und gekühlt wurde. Auch bei fehlerhaften Logistikprozessen kann es zu unnötigem Abfall kommen. Wenn Lebensmittel zu lange gelagert wurden und überreif sind beziehungsweise das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, kann es auch so zu Lebensmittelverschwendung kommen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020).In der sogenannten Außer-Haus-Verpflegung, mit welcher die Gemeinschaftsverpflegung in Betriebskantinen, Schulen, Kindergärten oder der Gastronomie gemeint ist, kommt es zu Lebensmittelverschwendung durch eine schwankende Nachfrage, zu großen Portionsgrößen oder fehlerhaften Einschätzungen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020).Haushalte sind für zwei Drittel der Abfallmenge verantwortlich. Häufige Gründe für die hohe Lebensmittelverschwendung in Privathaushalten sind unüberlegte Einkäufe, zu große Portionspackungen im Supermarkt, ein falsches Verständnis für das Mindesthaltbarkeitsdatum oder unzureichendes Wissen über die richtige Lagerung von Lebensmitteln (vgl. Hamatschek 2021, S. 356f.). Dazu kommen in der Regel andere individuelle Gründe, die sehr vielfältig sein können (vgl. Universität Stuttgart/ Institut für Siedlungswasserabbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft 2012, S. 216) und von den Lebensumständen, der Lebensweise der Haushalte und bestimmten Situationen abhängig sind (vgl. ebda., S. 219).Des Weiteren liegt bei der Ermittlung von Ursachen der Lebensmittelverschwendung eine besondere Schwierigkeit vor. Die Haushalte müssen mitmachen und Gründe für ihren Lebensmittelabfall angeben. Dazu müssen sie in der Lage sein, den Grund anzugeben und diesen auch angeben zu wollen, denn das Ergebnis wird verfälscht, wenn Personen anfangen, im Sinne sozialer Erwünschtheit zu antworten (vgl. ebda., S. 219).Es ließ sich feststellen, dass Personen, die Lebensmittelknappheit im Zweiten Weltkrieg erlebt haben, deutlich weniger Lebensmittel verschwenden als heutige Generationen (vgl. Eyerund/ Neligan 2017, S. 3). Neben individuellen Gründen kommen außerdem gesellschaftliche Ursachen hinzu. Die heutige westliche Welt lebt in einer Konsum-, Überfluss- und Wegwerfgesellschaft, welche das Wegwerfen von Lebensmitteln begünstigt.In den Supermärkten herrscht ein Überangebot an Lebensmitteln. Durch eine zunehmende Mobilisierung und Flexibilisierung der Gesellschaft sind die meisten Lebensmittel immer vorhanden. Dazu kommen soziographische Veränderung wie die Zunahme an Ein-Personen-Haushalten oder die Verstädterung (vgl. Universität Stuttgart/ Institut für Siedlungswasserabbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft 2012, S. 216).Durch die Zunahme des ökonomischen Wohlstands ist auch der Konsum von Fleisch seit Mitte des 20. Jahrhunderts gestiegen (vgl. Dräger de Teran 2013, S. 11). Soziale Faktoren bestimmen die gesellschaftlich-kulturellen Essgewohnheiten. Die Industrialisierung sorgte für eine Entfremdung von Nahrungsmitteln durch die Nahrungsmittelproduktion, die immer komplexer wurde. Vor allem bei den Menschen, die keine Lebensmittelknappheit erlebt haben, führte das zu einer verminderten Wertschätzung der Lebensmittel, weil die Herkunft der Lebensmittel zunehmend unbekannt wurde (vgl. Universität Stuttgart/ Institut für Siedlungswasserabbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft 2012, S. 217).AuswirkungenAuf die UmweltJährlich wird für verschwendete Lebensmittel eine Fläche bearbeitet und geerntet, die so groß ist wie Mecklenburg-Vorpommern. Von diesen 2,4 Millionen Hektar, die gespart werden könnten, werden 1,4 Millionen Hektar für die Produktion von tierischen Produkten benötigt (vgl. Dräger de Teran 2013, S. 13). Würden alle Lebensmittel gegessen werden, die auch hergestellt wurden, würde demnach eine Fläche von 2,4 Millionen Hektar für andere Zwecke frei werden. Diese Fläche könnte beispielsweise als Grünfläche genutzt werden und beim Kampf gegen den Verlust der Biodiversität helfen (vgl. Noleppa 2012, S. 7).Von den jährlich rund 6,5 Millionen Tonnen Lebensmittelabfall aus Privathaushalten in Deutschland sind ungefähr ein Drittel Obst und Gemüse, am zweithäufigsten werden Speisereste weggeworfen und am dritthäufigsten Brot und Backwaren. Ein kleiner Teil ist unvermeidbar (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023c). Im Pro-Kopf-Vergleich der Lebensmittelverschwendung der EU liegt Deutschland mit seinem Lebensmittelabfall im EU-Durchschnitt, genauso wie Frankreich oder Österreich (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020).Folgeprobleme dieser Lebensmittelverschwendung werden seit Jahrzehnten immer größer. Dazu gehört beispielsweise die Erzeugung von Treibhausgasemissionen (vgl. Brunner 2009, S. 33). Noleppa (vgl. 2012, S. 25) unterscheidet zwischen direkten Treibhausgasemissionen von Lebensmitteln, die während der Lebensmittelwertschöpfungskette zu Stande kommen, und indirekten Treibhausgasemissionen, die aus Landnutzungsänderungen entstehen.CO2-Emissionen bilden sich bei der Erzeugung, Produktion und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln, während Lachgas-Emissionen durch anorganische und organische Stickstoffdüngung gebildet werden. Methan-Emissionen sind die Folge einer Wiederkäuerverdauung sowie der Nutzung von organischem Dünger und Reisanbau (vgl. Dräger de Teran 2013, S. 14). In internationalen Inventaren und unterschiedlichen Standards werden die indirekten Emissionen im Vergleich zu den direkten Emissionen allerdings häufig nicht berücksichtigt.Von 2009 bis 2010 wurde ein leichter Anstieg der Lebensmittelnutzung der Deutschen von 667 kg auf 677 kg verzeichnet. Dieser gering wirkende Anstieg sorgte allerdings für einen Mehrausstoß an indirekten Emissionen von ungefähr 40 Millionen Tonnen. Da die landwirtschaftliche Nutzfläche Deutschlands irgendwann seine Grenze erreicht hat, müssen zusätzlich Flächen im Ausland in Anspruch genommen werden (vgl. Dräger de Teran 2013, S. 14).Es wird ein weiteres Problem des hohen Lebensmittelverbrauchs sichtbar: die Flächennutzung. Die von Deutschland in anderen, meist ärmeren Ländern genutzten Flächen fehlen anschließend beim Anbau von Nahrungsmitteln für die Ernährung der einheimischen Bevölkerung (vgl. Verbraucherzentrale 2022). Um diese ethische Problemsituation soll es weiter unten gehen.Des Weiteren sorgen eine hohe Materialnutzung, ein hoher Energieverbrauch, Bodenkontamination und eine Reduktion der Artenvielfalt für Umweltproblematiken aufgrund der Lebensmittelherstellung (vgl. Brunner 2009, S. 33). Laut Brunner (vgl. 2009, S. 34) hat besonders die Industrialisierung die Landwirtschaft produktiv gemacht, wodurch die oben genannten Umweltproblematiken gestiegen sind, besonders die schädigenden Emissionen."Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich die moderne Landwirtschaft vom Energielieferanten zum Energieverbraucher entwickelt" (Brunner 2009, S. 34).Nach Angaben der OECD führen energieintensive Produkte, wie zum Beispiel Fertigmahlzeiten und der Konsum von tierischen Lebensmitteln, insbesondere Fleisch, zu höheren Umweltbelastungen. Deshalb lässt sich sagen, dass die Konsument*innen durch ihr Nachfrageverhalten einen Einfluss haben, jede*r Bürger*in entscheidet selbst, was gekauft und gegessen wird (vgl. Brunner 2009, S. 34). Ein Beispiel dafür wäre der Vergleich zwischen dem Kauf einer Tomate aus der eigenen Region, welche weniger Umweltschäden verursacht und dem Kauf eines abgepackten Tomatensalats, der höhere Emissionen mit sich bringt. Die Lebensmittelversorgungskette sorgt nicht nur für Umweltbelastungen, sondern hat auch Auswirkungen auf die Menschheit, was im Folgenden gezeigt werden soll.Auf den MenschenDer Weltagrarbericht (IAASTD) hat 2009 durch das Menschenrecht auf Nahrung gefordert, dass kein Mensch mangelernährt sein darf. Laut Hamatschek (vgl. 2021, S. 355) wird damit Realität und Anspruch gegenübergestellt. Der globale Welthunger-Index (WHI)-Wert von 2022 zeigt, dass die Fortschritte gegen die Hungersnot stagnieren. Im Jahr 2021 ist die Zahl der chronisch Hungerleidenden auf fast 828 Millionen gestiegen, die Zahl der akut Hungernden lag bei ungefähr 192 Millionen (vgl. Von Grebmer et al. 2022, S. 3).Ursachen für diese dramatische Situation sind die "strukturelle Ungleichheit und Macht-Asymmetrien im Ernährungssystem" (vgl. Deutsche Welthungerhilfe e.V. 2022). Aufgrund globaler Krisen und fehlendem politischem Willen soll sich die Hungersnot laut der Deutschen Welthungerhilfe e.V. (vgl. 2022) noch weiter verstärken. Die COVID-19-Pandemie hat die Problematik bereits verstärkt (vgl. Möhle 2023, S. 87). Das ethische Problem zeigt: die Weltproduktion von Lebensmittel reicht theoretisch, um die Menschheit zu ernähren, wenn Lebensmittel fair verteilt und weniger verschwendet werden würden (vgl. Deutsche Welthungerhilfe e.V. 2022).Nicht nur die Hungersnot ist ein Problem, sondern auch soziale, ökonomische und gesundheitliche Folgen des Ernährungssystems. Beispiele dafür sind die Konzentration der Marktmacht in den reicheren Gebieten, die Zunahme an Krankheiten durch die Ernährung, Bauernhofsterben, Übergewicht als Gegensatz zur Ernährungsarmut und (Umwelt-)Kosten, die auf die Allgemeinheit abgewälzt werden (vgl. Brunner 2009, S. 33).Des Weiteren entstehen allein in Privathaushalten pro Jahr finanzielle Verluste von rund 25 Milliarden Euro durch weggeschmissene Lebensmittel. Anschließend entsteht dadurch eine Menge an Abfall, der entsorgt werden muss. Das führt zu weiteren Kosten und Umweltbelastungen (vgl. Dräger de Teran 2013, S. 15).Die Problematik der Flächennutzung sorgt gerade in den armen Ländern, in denen typischerweise Ackerflächen für die Ernährung in den wohlhabenderen Ländern genutzt werden, für Probleme. Der dortigen Bevölkerung fehlen die für Lebensmittelexporte genutzten Flächen anschließend für die eigene Ernährung (vgl. Verbraucherzentrale 2022). Häufig werden Futtermittel für tierische Lebensmittel angebaut.Durch ein Überangebot und eine Überproduktion entsteht in den Industriestaaten ein leichtfertiger Umgang mit Lebensmitteln. Die dadurch entstehenden Lebensmittelverluste erhöhen laut der Verbraucherzentrale (2022) wieder die Nachfrage nach Rohstoffen wie zum Beispiel Getreide. Das sorgt für einen Preisanstieg von Grundnahrungsmitteln, worunter arme Länder besonders leiden.Zu einer Knappheit an Anbauflächen und einem Preisanstieg kommen meistens eine unzureichende Versorgung und Infrastruktur hinzu. Die Lebensmittel, die ärmere Länder besitzen, können manchmal nicht transportiert, gelagert oder gekühlt werden und gehen deshalb auch auf diese Art verloren (vgl. Verbraucherzentrale 2022). Deshalb ist es wichtig, dass die FAO jedes Jahr einen Bericht zur Nahrungsmittelsicherheit (The State of Food Security and Nutrition in the World) vorlegt. Die drei wichtigsten Indikatoren sind dabei die Prävalenz der Unterernährung (PoU), das Befragungselement, die Food Inequality Experience Scale (FIES), und der Welthungerindex (WHI) (vgl. Möhle 2023, S. 91).GegenstrategienNachhaltiger Konsum lässt sich folgendermaßen definieren:"'Nachhaltig' ist ein Konsumverhalten dann zu nennen, wenn es die Bedürfnisse der Konsumenten in einer Weise erfüllt, die die Absorptions- und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Mitwelt nicht überfordert" (Brunner 2014, S.5, zit. n. Scherhorn et al. 1997, S. 7).Daraus lässt sich schließen, dass das momentane Ernährungssystem gemeinsam mit der Lebensmittelwertschöpfungskette in großen Teilen nicht nachhaltig sein kann. Schon auf der UN-Konferenz in Rio 1992 wurde über nachhaltige Entwicklung in Verbindung mit dem Abbau nicht-nachhaltiger Konsum- und Produktionsweisen gesprochen. Beim Weltgipfel in Johannesburg 2002 wurde das Ziel einer "weltweiten Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster" (Brunner 2009, S. 31) beschlossen. Mittlerweile weiß man, dass ein Konsummuster nicht weltweit zu verallgemeinern ist, sondern sich je nach Region und Wohlstand unterscheidet. Es wird deshalb ein besseres Verständnis für Konsummuster gesucht und versucht, Lebensstile und Konsummuster in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken (vgl. Brunner 2009, S. 31, zit. n. Wuppertal Institut 2005).Laut Brunner (vgl. 2009, S. 45) sind Lebens- und Ernährungsstile eng mit der Identität der Menschen verknüpft und von sozialen, kulturellen und ökonomischen Kontexten beeinflusst. Damit sich das Konsument*innenverhalten ändert, müssen sich zuerst kontextuelle Rahmenbedingungen ändern. Dazu gehören Angebote und Anreizsysteme sowie kommunikative Maßnahmen. Auch die Voraussetzungen der Konsument*innen müssen sich ändern.Ein geringerer Fleischkonsum wird durch die Ernährungsökologie eingefordert. Genauso wie die Wahl von ökologisch produzierten und wenig verarbeiteten Lebensmitteln oder regional und saisonal erzeugten Produkten. Ein veränderter Fleischkonsum sowie die Zunahme wenig verarbeiteter Lebensmittel haben längerfristig gesundheitlich und ökologisch eine positive Wirkung (vgl. Brunner 2009, S. 34). Hier sind kommunikative Maßnahmen besonders wichtig. Die Wertschätzung für Lebensmittel sollte gesteigert werden (vgl. Universität Stuttgart/ Institut für Siedlungswasserabbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft 2012, S. 280).Ein sorgsamerer Umgang mit Lebensmitteln führt in der Regel zu weniger Lebensmittelverschwendung. Eine gesündere, fleischärmere Ernährung sorgt für weniger Umweltbelastungen in der Lebensmittelversorgungskette sowie bei der Flächennutzung. Flächen, die frei werden, weil beispielsweise weniger Futtermittel angebaut werden muss, könnten für den Schutz von Ökosystemen genutzt werden oder positiv zur Welternährung beitragen.Denn bei der Lebensmittelverschwendung entstehen nicht nur viele Tonnen an Müll, sondern auch die verwendeten Ressourcen wurden verschwendet. Dazu gehören wertvoller Ackerboden, Wasser und Dünger, was gerade heute, in Zeiten einer kommenden Wasserknappheit, zum Problem werden könnte. Auch die bereitgestellte Energie für Verarbeitung und Verbrauch wurde damit umsonst erzeugt. Treibhausgasemissionen wie CO2 werden umsonst freigesetzt. Die nationale Strategie Deutschlands will deshalb dafür sorgen, dass unnötige Abfälle erst gar nicht entstehen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023c). Laut der FAO ist die"Verringerung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung […] ein wichtiger Hebel für umfassendere Verbesserungen unserer Lebensmittelsysteme zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit, der Qualität und der Nachhaltigkeit sowie zur Steigerung der Effizienz" (FAO 2018).Die Agenda 2030, die 2015 von den Vereinten Nationen beschlossen wurde, enthält 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Zwei Ziele sprechen die Lebensmittelverschwendung an. Das zweite Ziel, welches "Kein Hunger" heißt und gegen die dramatische Hungersnot vorgehen soll, will eine Ernährungssicherheit erreichen und die nachhaltige Landwirtschaft fördern. Das zwölfte Ziel heißt "Nachhaltige/r Konsum und Produktion". Es soll die Nutzung natürlicher Ressourcen fördern und einer hohen Nahrungsmittelverschwendung entgegenwirken (vgl. Bertelsmann Stiftung o. J.).Jedoch muss die Politik die formulierten Ziele anhand von Maßnahmen durchsetzen (vgl. Universität Stuttgart/ Institut für Siedlungswasserabbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft 2012, S. 280). Dafür ist eine gute Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Landwirtschaft, der Lebensmittelindustrie, des Einzelhandels, der Wissenschaft und der Politik notwendig (vgl. ebda., S. 282). Um diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu bewältigen, wurde im Februar 2019 die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beschlossen.Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung Im Koalitionsvertrag wurde das Ziel gesetzt, die Lebensmittelverschwendung branchenspezifisch zu reduzieren. Diesen Auftrag will die Nationale Strategie (siehe hier) nach und nach durchsetzen, denn in Zeiten von Krisen wie dem Russland-Ukraine-Krieg, der Klimakrise und steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen wird dies immer dringender (vgl. Die Bundesregierung 2022).Die Lebensmittelabfälle und -verluste sollen in allen Stufen der Lebensmittelwertschöpfungskette verringert werden mit besonderem Augenmerk auf den Schnittstellen zwischen den Sektoren (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023c). Das große Ziel ist, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 um 50% zu reduzieren (vgl. Die Bundesregierung 2022). Dazu wurden vier Handlungsfelder geschaffen: der Politische Rahmen, die Prozessoptimierung der Wirtschaft, eine Verhaltensänderung bei allen Akteur*innen und Potenziale durch Forschung und Digitalisierung (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b).Durch den Politischen Rahmen wurden verschiedene Gremien gebildet. Beispielsweise wurde das Bund-Länder-Gremium gebildet, um ressort- und länderübergreifend die Strategie zu steuern und weitere Handlungsfelder zu identifizieren. Die Arbeitsgruppe AG Indikator SDG 12.3 besteht aus Vertreter*innen des BMEL, des Verbraucherschutzes, des Thünen-Instituts und weiteren und koordiniert die Berichterstattung (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023c). Weil alle Akteure entlang der Lebensmittelversorgungskette vernetzt sein müssen, wurde ein Nationales Dialogforum geschaffen."Vertreter:innen aus Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen arbeiten in den fünf sektorspezifischen Dialogforen Primärproduktion, Verarbeitung, Groß- und Einzelhandel, Außer-Haus-Verpflegung und Private Haushalte zusammen" (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b).Das zweite Handlungsfeld, die Prozessoptimierung der Wirtschaft, hat Maßnahmen geschaffen, mit denen Unternehmen eigenverantwortlich Ziele gegen die Lebensmittelverschwendung umsetzen sollen. Ein Beispiel wäre die Überprüfung von Werbeaussagen auf Produkten hinsichtlich der Wertschätzung von Lebensmitteln.Das dritte Handlungsfeld, die Verhaltensänderung bei allen Akteur*innen, ist für die Informations- und Kommunikationsarbeit zuständig, um eine Verhaltensänderung gegenüber Lebensmitteln zu schaffen. Dafür wurde die Initiative "Zu gut für die Tonne!" geschaffen, um die es weiter unten gehen wird. Des Weiteren sollten Informations- und Lehrmaterialien zur Sensibilisierung von Kindern und jungen Erwachsenen erstellt werden, in denen es um die Vorteile einer Reduzierung der Lebensmittelverschwendung geht (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b).Das letzte Handlungsfeld, Potenziale durch Forschung und Digitalisierung, steht für die Erforschung und Entwicklung innovativer digitaler Möglichkeiten. Beispiele wären intelligente Verpackungen oder Systeme zur Erstellung von Nachfrageprognosen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b). Die Bundesregierung hat deshalb 16 Millionen Euro bereitgestellt, um Forschungsprojekte zu ermöglichen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019, S. 9f.). So soll die Strategie immer weiterentwickelt werden.Eine große Rolle spielt des Weiteren die Erfassung von Lebensmitteln, denn nur mit dem Wissen, wo, wie viele und warum Lebensmittel weggeworfen werden, kann die Lebensmittelverschwendung reduziert werden (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023c).Weitere Maßnahmen sollen die Umsetzung der Strategie fördern: die Erleichterung der Weitergabe von Lebensmitteln oder eine strafrechtliche Neubewertung des Containers soll überdacht werden (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023c); für ein gesamtgesellschaftliches Umdenken in Richtung mehr Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln wurde 2016 der Tag der Lebensmittelverschwendung durch den WWF geschaffen. Am 2. Mai landet statistisch gesehen die Menge an Lebensmitteln, die von Januar bis Mai produziert wurde, im Müll (vgl. Die Bundesregierung 2022). Initiative "Zu gut für die Tonne!"Durch die Initiative (https://www.zugutfuerdietonne.de) soll das Thema Lebensmittelverschwendung stärker in die Öffentlichkeit gebracht werden. Sie hat das Ziel, Verbraucher*innen für den Prozess der Lebensmittelproduktion und die notwenige Wertschätzung zu sensibilisieren (vgl. Bundeszentrum für Ernährung 2023c). "Zu gut für die Tonne!" wird vom BMEL durchgeführt und informiert Bürger*innen durch eine Website über Ursachen der Lebensmittelverschwendung und Möglichkeiten, bei der Reduzierung zu helfen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019, S. 9).Die Bundesregierung will alle Stufen der Lebensmittelkette miteinbeziehen. Auch die Länder spielen eine wichtige Rolle, denn Länder und Kommunen sind für das Abfallmanagement zuständig, und auch hier wurden einige Aktionen und Initiativen gestartet. Die Wirtschaft erarbeitet Nachhaltigkeitsstrategien, während die Wissenschaft in Forschungseinrichtungen neue Methoden und Techniken entwickelt (vgl. ebda.). Besonders wichtig ist, dass neben diesen Bereichen gerade auch die Zivilgesellschaft die Lebensmittelverschwendung reduziert."Zahlreiche Vereine und Organisationen tragen dazu bei, dass nicht mehr marktgängige Lebensmittel, die noch für den Verzehr geeignet sind, als Lebensmittel verwendet werden" (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019, S. 8).Tafeln, foodsharing und Brot für die Welt sind Beispiel dafür. Spendensysteme, Internetforen und sogenannte fairTeiler helfen bei der Verteilung von Lebensmitteln, die noch brauchbar sind, aber sonst weggeschmissen werden würden.Verbraucher*innen, die über den Prozess der Herstellung und beispielsweise den Ressourceneinsatz bei der Produktion der Lebensmittel Bescheid wissen, erkennen eher den Wert der Lebensmittel und die Wichtigkeit, den Umgang damit nachhaltiger zu gestalten (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023b). Die Website der Initiative stellt deshalb ein großes Angebot an Informations-, Bildungs- und Werbematerial bereit.Bürger*innen bekommen Tipps zur Lagerung von Lebensmitteln und Rezepte sowie Tutorials zur Resteverwertung. Auch ein Thema ist das bedarfsgerechte Einkaufen und Zubereiten. Ein langfristiges Ziel der Initiative ist es, Bürger*innen zu zeigen, wie man das eigene Verhalten im Alltag ändert, um so wenig Lebensmittel wie möglich wegzuwerfen (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023b).Veranstaltungen wie die "Aktionswoche Deutschland rettet Lebensmittel!" (https://www.zugutfuerdietonne.de/unsere-aktivitaeten/aktionswoche-deutschland-rettet-lebensmittel) soll Bürger*innen bei der Umsetzung helfen. Am 29. September ist der International Day of Awareness of Food Loss and Waste der FAO. Aus diesem Grund startet die Initiative des BMEL eine bundesweite Aktionswoche mit Aktionen zum Thema Lebensmittelverschwendung. Sowohl digital als auch vor Ort können Bürger*innen teilnehmen. 2023 liegt der Schwerpunkt auf dem Thema "Kochen und Essen nach Maß" (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2023d).Bewusstseinsförderung & Umweltbildung zum Thema LebensmittelverschwendungDie Deutsche UNESCO-Kommission sieht einen direkten Zusammenhang zwischen den Handlungsfeldern Lebensstil, Konsum, Klimawandel, globaler Gerechtigkeit und Ernährung. Diese sind entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung (vgl. Innemann 2013, S. 66). Daraus entsteht die Anforderung einer Ernährungsbildung, die praxisorientiert stattfindet und eine alltägliche und individuelle Umsetzung fördert (vgl. ebda., S. 75). Für eine entsprechende Kompetenzförderung müssen laut Innemann (S. 66) Lehr-Lern-Arrangements geschaffen werden, was der Bildung in der Schule eine besondere Rolle zuschreibt.Laut Schlegel-Matthies (2005) ist die Ernährungsbildung in der Schule ein "unverzichtbarer Bestandteil der Vermittlung zentraler Kompetenzen für die Lebensgestaltung und insbesondere [für die] […] Gesundheitsförderung". Sie hat nicht nur Einfluss auf das Individuum, sondern auf die ganze Gesellschaft. Ziel ist, einen lebenslangen, selbstbestimmten und verantwortlichen Umgang mit Lebensmitteln und der eigenen Ernährung zu schaffen (vgl. Schlegel-Matthies 2005). Der erste Schritt ist deshalb die Vermittlung von natur-, sozial- und kulturwissenschaftlichem Basiswissen (vgl. ebda.).Weil einfaches Wissen über Ernährung in den meisten Fällen nicht ausreicht, um sich gesund und nachhaltig zu ernähren, ist es wichtig, dass neben der Vermittlung von theoretischem Fachwissen ein Diskurs in der Klasse stattfindet, bei dem über förderliche gesellschaftliche Strukturen und die Motivation sowie Bereitschaft und Kompetenzen für eine Ernährungswende in der Gesellschaft gesprochen wird (vgl. Schlehufer/ Goetz 2014, S. 9).Eine besondere Herausforderung für Lehrkräfte und für Schüler*innen stellt die Ernährungsbildung deshalb dar, weil das meist persönlich und emotional besetzte Bedürfnisfeld Ernährung mit einem komplexen, normativen Leitbild der Nachhaltigkeit verbunden werden muss (vgl. Innemann 2013, S. 66f.). Schulnahe Projekte können bei der Vermittlung nachhaltiger Ernährung helfen, weil sie besonders praxisorientiert sind (vgl. ebda., S. 74).Der Bildungsanspruch einer Ernährungs- und Verbraucherbildung durch die Vermittlung von Kompetenzen zur "Bewältigung von Anforderungen im Rahmen der alltäglichen Lebensführung und für eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben" (Schlegel et al. 2022, S. 109) besteht bereits von Anfang an. Der Sachunterricht in der Primarstufe und der weiterführende Unterricht in der Sekundarstufe soll die Bildungsziele durchgängig erreichbar machen.Da die derzeitigen Bildungspläne den Anforderungen der notwendigen Ernährungsbildung nicht entsprechen, haben Schlegel et al. (vgl. 2022, S. 110) zehn wichtige Bildungsziele formuliert, die lebenswelt-, kompetenz-, problem- und handlungsorientiert sein sollen. Durch diese sollen individuelle und gesellschaftliche Bezüge hergestellt und notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden (vgl. ebda., S. 111). Im Folgenden sollen einige davon kurz aufgeführt werden.Es soll sich mit den Chancen und Risiken einer nachhaltigen Lebensführung und den dafür notwendigen Ressourcen auseinandergesetzt werden. Dabei soll klar werden, inwiefern Individuen bei ihrem Verhalten oder Handeln voneinander abhängig sind. Die Auswirkungen der Konsumentscheidungen von Konsument*innen müssen reflektiert und analysiert werden und dabei gesellschaftliche Verhältnisse betrachtet werden.Es ist wichtig, dass die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit sowie der eigenen Identität verstanden werden. Praxisnah sollen deshalb Einflussfaktoren, Begrenzungen und Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen, individuellen Handels betrachtet werden. Unterschiedliche Konzepte und gerade die Organisation der eigenen Lebensführung müssen außerdem behandelt werden (vgl. Schlegel et al. 2022, S. 110). Mithilfe dieser Ziele sollen die Schüler*innen bei der Entwicklung eines nachhaltigen Lebensstils inklusive einer nachhaltigen Ernährung unterstützt werden. Gerade in der heutigen Welt, in der global mehr Nahrungsmittel zur Verfügung stehen als notwendig wären, ist ein nachhaltiger Umgang besonders wichtig (vgl. Kofahl/Ferdaouss 2013, S. 6).FazitEine vollständige Vermeidung von Lebensmittelverlusten ist nicht möglich, eine deutliche Verringerung jedoch schon, wenn Maßnahmen ergriffen und Strategien umgesetzt werden (vgl. Verbraucherzentrale 2022, S. 283). Dies ist außerdem notwendig, um die Nachhaltigkeitsziele der UN von 2015 durchzusetzen. Die Lebensmittelverluste sollen nicht nur in der Lebensmittelversorgungskette während und zwischen den einzelnen Stufen reduziert werden, sondern gerade auch beim finalen Konsum in der heutigen Wegwerfgesellschaft (vgl. Eyerund/ Neligan 2017, S. 4).Aufgrund der schwerwiegenden Auswirkungen auf die Umwelt, wie beispielsweise der Ausstoß von Treibhausgasemissionen und ein hoher Landverbrauch sowie eine Gefährdung der Biodiversität, sollten Maßnahmen schnell umgesetzt werden. Auch aufgrund unethischer Dilemmasituationen, wie der dramatischen Hungersnot, muss dringend gehandelt werden. Die Umsetzung von Strategien stellt die Lebensmittelindustrie sowie die Konsument*innen vor Herausforderungen (vgl. Hamatschek 2021, S. 355). Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Sensibilisierung der Bevölkerung gelegt, weswegen die Initiative "Zu gut für die Tonne!" geschaffen wurde (vgl. Eyerund/ Neligan 2017, S. 4). Weil die Sensibilisierung für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln schon früh beginnen sollte, muss die Umweltbildung in der Schule praxisorientiert und alltagsnah sein.QuellenBertelsmann Stiftung (o. J.): SDG-Portal. Die Agenda mit den 17 SDGs. URL: https://sdg-portal.de/de/ueber-das-projekt/17-ziele (Zugriff am 08.09.2023).Brunner, K.-M. (2009): Nachhaltiger Konsum - am Beispiel des Essens. In: SWS-Rundschau, 49(1), S. 29-49. URL: https://nbn- resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-250335 (Zugriff am 11.09.2023).Brunner, K.-M. (2014): Nachhaltiger Konsum und soziale Ungleichheit. In: Working Papers. Verbraucherpolitik, Verbraucherforschung. Wien: AK-Wien. URL: https://www.arbeiterkammer.at/infopool/akportal/Working_Paper_Nachhaltiger_Konsum.pdf (Zugriff am 16.09.2023). Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2019): Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. URL: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/Lebensmittelverschwendung/Nationale_Strategie_Lebensmittelverschwendung_2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Zugriff am 08.09.2023). Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Zu gut für die Tonne! 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Blog: Prof. Dr. Stefan Sell
18.08.2023, Schloss Bürresheim Wer soll die ganze Arbeit machen, wenn die Boomer weg sind? Tiefen und Untiefen einer älter werdenden Gesellschaft Vortrag im Rahmen der Reihe "Dichtung und Wahrheit auf Schloss Bürresheim"
Blog: Nachhaltigkeit, Postwachstumsgesellschaft und das gute Leben
In einer Welt, die sich zunehmend der Wichtigkeit des Umweltschutzes bewusst wird, ist es an der Zeit, über ein Thema zu sprechen, das nicht nur unsere Ökosysteme betrifft, sondern auch tiefergreifende soziale Ungerechtigkeiten aufdeckt. Wir sind alle Zeugen und Verursacher des Klimawandels und seiner verheerenden Auswirkungen. Nun wollen wir genauer hinsehen und verstehen, wie dieser Wandel bestimmte Gemeinschaften in unverhältnismäßigem Maß betrifft. Die Rede ist von Umweltrassismus.Im Folgenden soll gezeigt werden, dass Umweltprobleme nicht gleichmäßig auf alle Bevölkerungsgruppen verteilt sind, sondern oft die treffen, die bereits benachteiligt sind. Dafür wird zuerst der Begriff Umweltrassismus aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Anschließend wird an Beispielen genauer aufgezeigt, was für Arten es gibt, bevor es um Lösungsvorschläge gehen wird.In dem Beitrag wird von BIPoC gesprochen. BIPoC steht für "Black, Indigenous and People of Colour". Das Akronym setzt sich also aus politischen Selbstbezeichnungen von Menschen zusammen, die von rassistischer Unterdrückung betroffen sind.Ursprung des Begriffs "Umweltrassismus"?Dass die Folgen des Klimawandels immer verheerender werden, ist nichts Neues. Und dass dies enorme Gesundheitsfolgen mit sich bringt, ist auch bekannt. Dabei wird zwischen direkten (primären) Folgen und indirekten (sekundären und tertiären) Folgen unterschieden. Zu den direkten Folgen zählen eine erhöhte Sterbe- und Erkrankungsrate durch Ereignisse wie Hitzewellen, Überschwemmungen oder Waldbränden. Zu den indirekten Folgen gehören Auswirkungen wie Nahrungsmittelknappheit, Zunahme von Infektionskrankheiten und Allergien. Außerdem gibt es sozial bedingte Folgen, beispielsweise Hungersnöte, Entwicklungsstagnation oder Kriege (Kuehni, Egger 2012, S. 190). Doch was ist, wenn Teile der Erde oder bestimmte Gruppen schlimmer unter den Folgen des Klimawandels leiden als andere? In diesem Zusammenhang wird mittlerweile immer häufiger von "Umweltrassismus" gesprochen.Der Begriff kam Anfang der 1980er Jahre auf. Damals suchte der Bundesstaat North Carolina einen Ort, an dem man mit Polychlorierte Biphenylen (PCB) verseuchte Erde entsorgen kann. Zuerst war eine Entsorgungsdeponie in einem Bezirk mit hauptsächlich weißen Menschen geplant. Eine Bürgerinitiative verhinderte dies. Daraufhin war schnell klar, dass die Deponie in einem der Bezirke mit hauptsächlich schwarzen, armen oder anderweitig benachteiligten Nachbarschaften errichtet werden sollte.1982 wurde beschlossen, die verseuchte Erde in einer kleinen Gemeinde namens Afton zu entsorgen. Diese Stadt liegt in Warren County, dem damals ärmsten Landkreis in North Carolina mit einem schwarzen Bevölkerungsanteil von 65 %. Die Bevölkerung versuchte dagegen anzugehen. Zuerst gerichtlich, doch als das nichts half, gab es über sechs Wochen Sitzblockaden, Straßensperren und Demonstrationen. Dabei wurden mehr als 500 Demonstrierende verhaftet. Doch alle Bemühungen halfen nichts. Die Mülldeponie wurde dennoch gebaut. (Ituen/Tatu Hey 2021, S. 4-5). Kurz darauf wurde PCB weltweit verboten, da es sich als hochgiftig, krebserregend und erbgutschädigend herausstellte (Warda 2020).Trotz der Niederlage bei dem Bau der Deponie waren diese Proteste von großer Bedeutung und wurden von vielen anderen als Vorbild genommen. Aus Kämpfen gegen diese Art von Umweltrassismus ist schließlich die Bewegung für Klimagerechtigkeit hervorgegangen, welche erstmals Fragen sozialer Gerechtigkeit im Zusammenhang mit umweltpolitischen Aspekten betrachtete (FARN, o.J.). Geprägt wurde der Begriff Umweltrassismus von dem Bürgerrechtler Dr. Benjamin F. Chavis Jr., der an den Demonstrationen in Afton beteiligt war. Er definiert Umweltrassismus als"the intentional siting of polluting and waste facilities in communities primarily populated by African Americans, Latines, Indigenous People, Asian Americans and Pacific Islanders, migrant farmworkers, and low-income workers" (Ihejirika 2023)Chavis veröffentlichte im Jahr 1987 gemeinsam mit der United Church of Christ (UCC) Kommission eine Studie zum Thema "Toxic Wastes and Race in the United States". Aus der Studie ging hervor, dass drei von fünf BIPoC nahe einer Giftmülldeponie wohnen. In einem Dokumentarfilm sagte Davis:"The issue of environmental racism is an issue of life and death. It is just not an issue of some form of prejudice where someone doesn't like you because of the color of your skin. This is an issue that will take your life away, if you don't get involved." (United Church of Christ 2023 / o.J.).Die Protestaktion und der Film löste eine nationale Debatte über Umweltrassismus aus (United Church of Christ 2023). Die Studie von 1987 wurde bis 2007 fortgesetzt und zeigte, dass nach wie vor eine Ungleichheit herrscht und Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe einem höheren Risiko von umweltschädlichen Stoffen ausgesetzt sind. Noch immer werden Mülldeponien eher an Standorten mit einem hohen Anteil an BIPoC erbaut, als dort, wo weiße Menschen leben (Bullard et. al. 2007, S. 155).Seither gibt es immer mehr Studien zu Umweltrassismus. Diese bestätigen, dass PoC viel stärker Umweltrisiken ausgesetzt sind als weiße Personen. Die Ursache liegt vor allem darin, dass die Industrie sich meistens dort ansiedelt, wo hauptsächlich BIPoC leben. Deshalb sind schwarze Menschen 1.5 Mal, Hispanics 1.2 Mal und einkommensschwache Menschen 1.3 Mal so viel Feinstaub ausgesetzt wie weiße Menschen bzw. einkommensstarke (Warda 2020). Durch die Studien und Veröffentlichungen zum Thema Umweltrassismus hat sich der Begriff weiterentwickelt. Der amerikanische Soziologe Robert Bullard definiert ihn als"any policy, practice or directive that differentially affects or disadvantages (where intended oder unintended) individuals, groups or communities based on race or color" (Batiste 2022, S. 1).Das Projekt "ENRICH" (Environmental Noxiousness, Racial Inequities, and Community Health) unterscheidet zwei Bestandteile des Umweltrassismus. Zum einen gibt es die räumliche Verteilungsungerechtigkeit, die sich auf die Standortwahl industrieller Umweltverschmutzer und anderer umweltgefährdender Projekte bezieht. Zum anderen handelt es sich um die Verfahrensungerechtigkeit. Dabei stehen die institutionellen Mechanismen und Richtlinien im Mittelpunkt, welche die Ungerechtigkeit aufrechterhalten (ENRICH o.J.).Umweltrassismus, Klimawandel und Kolonialismus Durch den Klimawandel werden weitere, ganz neue Seiten von Umweltrassismus aufgezeigt. Die Ursachen und Folgen des Klimawandels sind ungleich über den Planeten verteilt. Länder im globalen Süden sind meist viel stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Und das, obwohl sie deutlich weniger CO2-Emissionen erzeugen als der globale Norden (Warda 2020). Das zeigt, dass die Klimakrise die (globale) soziale Krise und somit den Umweltrassismus in großen Dimensionen enorm beeinflusst. Um dieses Ungleichgewicht von Nord- und Südkugel, welches mit dem Klimawandel einhergeht, zu erfassen, muss der Kolonialismus berücksichtigt werden.Im Zuge der Kolonialisierung kam es zu neuartigen globalen Handels- und Machtbeziehungen, welche bis heute anhalten. Dadurch blühte der globale Norden auf und erreichte Reichtum und Wohlstand (Bendix 2015, S. 273). Die Länder des globalen Südens galten als "Ressourcen- und Absatzmärkte" und halfen den Ländern auf der Nordhalbkugel, ihren Reichtum zu vermehren (Öztürk 2012, S. 2).Viele westliche Firmen wollen günstig in ärmeren Ländern produzieren. Meist haben die ärmeren Länder zudem eine fragile staatliche Struktur. Westliche Länder und Firmen nutzen dies aus und verschmutzen dadurch dort vor Ort die Natur und achten wenig auf Einheimische (Warda 2020). Der globale Süden wird ausgebeutet und leidet unter den massiven Eingriffen in deren Ökosysteme von außerhalb (Ziai 2012, S. 23).Aktuell zeigt sich eine erhebliche Diskrepanz im durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoß von Emissionen zwischen den ärmsten Ländern, zu welchen Niger, Somalia und die Zentralafrikanische Republik gehören. Dieser Ausstoß ist in den ärmsten Ländern mehr als 140 Mal niedriger als beispielsweise in Deutschland. Dazu kommt die historische Verantwortung des Globalen Nordens hinsichtlich des Klimawandels. Der größte Teil der Emissionen, der sich seit Beginn der Industrialisierung in der Atmosphäre gesammelt hat, geht auf den Globalen Norden zurück (Kurwan 2023).Eine interessante Abbildung zu den Pro-Kopf-CO2-Emissionen im Jahr 2021 findet ihr hier. Dort wird der durchschnittliche Verbrauch von fast jedem Land dargestellt. Durch Klicken auf das Land kann man sehen, dass zum Beispiel Deutschland einen durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch an Emissionen von 8.09 hatte. Eine klare Nord-Süd Trennung der Welt ist erkennbar.Damals wie auch heute sind die Länder im globalen Süden zudem stark von der Landwirtschaft abhängig. Ihre Existenz steht babei auf dem Spiel. Um sich vor den Auswirkungen zu schützen, fehlt den Menschen, aber auch den Ländern, oftmals das Geld. Von außerhalb kommt wenig Hilfe und das, obwohl der Klimawandel ein globales Problem ist. Dennoch gibt es auf politischer Ebene einen einseitigen Fokus, welcher nur auf den vergleichsweise geringen Auswirkungen auf den globalen Norden liegt. Die Länder des globalen Südens werden mit den schlimmen gesellschaftlichen und ökologischen Folgeschäden nahezu allein gelassen.Das bedeutet nicht, dass einzelne Personen, welche die Entscheidungen treffen, eine konkrete diskriminierende Absicht haben (Bellina 2022, S. 64), aber dass viele die globalen Konsequenzen außen vor lassen und nicht bedenken. Die Folge? Sie müssen fliehen. Menschen können aufgrund der Probleme, die durch den Klimawandel ausgelöst werden, nicht in ihrer Heimat bleiben (Warda 2020).Laut einem Bericht des Internal Displacement Monitoring Centre (iDMC) aus dem Jahr 2015 verlassen seit 2008 jedes Jahr durchschnittlich 26.4 Mio. Menschen, ihre Heimat aufgrund von Naturkatastrophen. Das ist eine Person pro Sekunde. Die Zahl der geflohenen Personen sollen sich in den nächsten Jahren vervielfachen. Hauptursachen hierbei sind wetterbedingte Katastrophen wie Stürme, Überschwemmungen und Sturmfluten. Zu eher schleichenden Umweltproblemen wie Dürren oder dem ansteigenden Meeresspiegel gibt es (noch) keine konkreten Zahlen. Das sind deutlich mehr Personen, die aufgrund von Naturkatastrophen fliehen müssen, als aufgrund von Krieg. Oft stehen Umweltkatastrophen mit anderen Konflikten im Zusammenhang, beispielsweise Wasserknappheit (Yonetani 2015, S. 8). Umweltrassismus beeinflusst also das reale Überleben dieser Menschen.Doch nicht nur zwischen Süd und Nord gibt es Unterschiede. Auch die Einkommensunterschiede innerhalb eines Landes tragen dazu bei. So treffen die Folgen des Klimawandels die Menschen mit weniger Einkommen oft härter. Zum einen, weil sie weniger Wohnraum und somit weniger Rückzugsorte haben, zum anderen haben Einkommensschwache meist auch kein Auto oder eine andere Möglichkeit, am Straßenverkehr teilzunehmen und vor der Katastrophe zu fliehen (Adick 2022).Es kann auch Diskriminierung zwischen Geschlechtern und Generationen geben. Besonders Frauen und Kinder sind von den Folgen der Klimakrise betroffen (Kurwan 2023). Und das, obwohl Männer durchschnittlich mehr zur Klimaerwärmung beitragen als Frauen. Ein Grund dafür ist, dass Warnungen bei Naturkatastrophen größtenteils im öffentlichen Raum stattfinden, Frauen sich allerdings eher zuhause aufhalten und sich dort um Kinder und Haushalt kümmern und darum erst später davon erfahren. Sie sind auch bei der Flucht für Kinder und die Pflege der älteren Angehörigen zuständig (DGVN 2016). Ein weiterer Grund ist gerade bei Flutereignissen, dass Frauen seltener schwimmen können und schlechteren Zugang zu Verkehrsmitteln haben (Kurwan 2023).Eine Folge von Umweltkatastrophen, die nichts direkt mit Umweltrassismus zu tun hat, möchte ich dennoch nicht unerwähnt lassen. Laut Studien steigt die Anzahl der gewaltsamen Übergriffe auf Frauen nach Umweltkatastrophen enorm. Oftmals verdoppeln sich die Zahl der Gewalttaten von Männern gegenüber Frauen. Warum das konkret nach Katastrophen häufiger auftritt, hängt wahrscheinlich mit den fehlenden Strukturen im Chaos zusammen. Frauen sind dadurch weniger geschützt (DGVN 2016).Umweltrassismus kann also gegen einzelne Personen, Gruppen oder auch Länder auftreten. Aus den Kämpfen gegen Umweltrassismus erfolgten verschiedene Bewegungen für Klimagerechtigkeit. Einige sind uns allen bekannt, wie "Fridays for Future". Sie setzen sich nicht nur für Klimapolitik und Klimaschutz ein, sondern auch für Klimagerechtigkeit, wodurch dem Umweltrassismus entgegengewirkt werden soll (Fridays for Future 2020). Es handelt sich dabei also nicht nur um eine Klimabewegung, sondern um eine Klimagerechtigkeitsbewegung.FallbeispieleUm noch deutlicher zu zeigen, was für Arten von Umweltrassismus es auf der Erde gibt und wie oft diese auftreten, werden im Folgenden einige Beispiele aufgeführt.Das erste Beispiel handelt von den USA, genauer gesagt von den Gemeinden eines über 130 km langen Landstrichs entlang des Mississippi von Baton Rounge bis New Orleans in Louisiana. Hier haben sich insgesamt über 150 Ölraffinerien, Kunststofffabriken und andere chemische Anlagen angesiedelt, die viele Emissionen ausstoßen. Und das direkt an den zuvor bestehenden Siedlungen. Gleichzeitig weist der Abschnitt eine sehr hohe Inzidenz- und Sterblichkeitsrate im Vergleich zum Rest der USA auf. Auch die Krebsrate ist viel höher als im Rest des Landes. Aufgrund dessen wird dieser Abschnitt auch "Cancer Alley", die Allee der Krebskranken, genannt. In kaum einem anderen Bundesstaat ist die Luft so schlecht wie in Louisiana (Batiste 2022, S. 1).Doch nicht alle Menschen am Mississippi sind gleichermaßen betroffen. Vor allem die hier lebenden schwarzen Menschen auf der einen Seite des Flusses kämpfen gegen den Krebs. Verantwortlich dafür wird die Industrie gemacht. Auf der anderen Seite des Flusses leben hauptsächlich weiße Menschen, oftmals derselben Gemeinde. Aufgrund von Protesten wurden dort keine Industrieanlagen erbaut. Diese sehen die Industrie mittlerweile als Chance für neue Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Aber nur, wenn sie in einem bestimmten Abstand erbaut werden. Studien haben gezeigt: Je näher die Menschen an den Industrieanlagen wohnen, desto höher das Gesundheitsrisiko. Und da sich die Industrie hier auffällig nahe in Nachbarschaften mit hauptsächlich BIPoC oder Armen angesiedelt haben, gehen diese von einem rassistischen Motiv aus. Sie haben das Gefühl, geopfert zu werden, an zweiter Wahl zu stehen (Schmidt 2023).Eine Studie aus den USA zeigt, dass es eine besonders hohe Sterberate bei BIPoC gibt im Zusammenhang mit Hitzewellen. Vor allem in Großstädten sterben doppelt so viele wie weiße Menschen. Das liegt an den Temperaturdifferenzen innerhalb der schwarzen und weißen Nachbarschaft, welche bei bis zu 1.7° Celsius liegen kann (Ituen/Tatu Hey 2021, S. 12/13).Doch Umweltrassismus gibt es auch in Deutschland. So wurde durch verschiedene Studien festgestellt, dass es beispielsweise in Kassel eine erhöhte Luftverschmutzung in den Bezirken gibt, in welchen Menschen mit niedrigen sozioökonomischen Status und Migrationshintergrund wohnen (Ituen/Tatu Hey 2021, S. 9). Auch andere marginalisierte Gruppen, wie Sinti*zza und Rom*nja erleben dies immer wieder. Meistens werden sie in Gegenden mit einer hohen Umweltbelastung geschoben und von Umweltgütern wie sauberem Trinkwasser ausgeschlossen (Ituen/Tatu Hey 2021, S. 8).Eine neue Studie aus Chicago verdeutlicht, dass Schwarze während der Pandemie für 50 % der Corona-Infektionen und sogar 70 % der Todesfälle verantwortlich waren. Und das, obwohl sie lediglich 30 % der Bevölkerung von Chicago ausmachen. Und auch in Großbritannien zeigt sich, dass schwarze Menschen fast doppelt so häufig wie weiße Menschen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, an Covid-19 zu sterben (Ituen/Tatu Hey 2021, S. 13).Ebenso können ganze Länder von Umweltrassismus betroffen sein, wie beispielsweise Senegal. Der globale Süden ist durch Kolonialisierung und jahrhundertelange Ausbeutung viel später in die Industrialisierung eingestiegen. Bis dahin haben die Länder des Nordens schon viel, viel mehr CO2 ausgestoßen, welches über 100 Jahre in der Atmosphäre bleibt. Trotzdem sollen die Länder des globalen Südens genau so viel CO2 einsparen wie die Länder auf der Nordhalbkugel. Gleichzeitig sollen sie die Schulden gegenüber dem globalen Norden abbauen. Das führt dazu, dass Länder im Süden (z.B. Senegal) ihre fossilen Energieträger von Industrienationen ausbeuten lassen, um nicht noch tiefer in die Schulden zu stürzen (Adick 2022).Umweltrassismus bekämpfenDie Bekämpfung von Umweltrassismus wird von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt. Der gemeinsame Kern ist jedoch, dass das Leid der betroffenen Personen gemindert werden soll. Diese wollen auf sich aufmerksam machen und gegen das Unrecht ankämpfen. So war es auch bei Cancer Alley. Gemeinsam mit Anwälten wurden Klagen gegen staatliche Einrichtungen oder chemische Fabriken angestrengt (Schmidt 2023). Robert Taylor, der Gründer der Initiative gegen die Chemiefabriken, kämpft für eine bessere Zukunft. Vor allem für die BIPoC-Kinder der Gemeinden. Weitere Forderungen sind Verschärfungen von Vorschriften der EPA (Envioronmental Protection Agency), welche eine unabhängige Behörde der USA ist und sich für den Umweltschutz und den Schutz der menschlichen Gesundheit einsetzt, und eine Wiedergutmachung für die betroffenen und hinterbliebenen Personen (Batiste 2022, S. 29).Mittlerweile hat auch Präsident Joe Biden davon gehört und Taylor ins Weiße Haus eingeladen. Hier soll er verdeutlichen, dass Umweltschutz oberste Priorität hat und somit auch dem Umweltrassismus entgegengewirkt werden kann. Es gibt den Anwohner*innen und Umweltgruppen Hoffnung. Außerdem verlangen sie mehr Forschung zu dem Thema, um besser ihr Leid belegen zu können. Sie glauben, dass die Politik ihnen dann mehr Glauben schenkt (Schmidt 2023). Die daraus resultierende nationale Aufmerksamkeit soll der Wendepunkt von Cancer Alley sein (Batiste 2022, S. 29).Ein weiteres einzigartiges und innovatives Projekt wurde 2012 von Dr. Ingrid Waldron in Kanada ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um das sogenannte ENRICH-Projekt (Environmental Noxiousness, Racial Inequities, and Community Health), welches sich auf die sozialen, ökologischen, politischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltrassismus in Mi´kmaq-Gemeinden (Ureinwohner*innen) und Nova Scotia, einer kleinen Provinz in Kanada, spezialisieret (ENRICH o.J.). Die hauptsächlich dort lebenden BIPoC berichten von Krankheiten wie Krebs oder Diabetes, welche aufgrund von Mülldeponien, die 1974 und 2006 eröffnet wurden, hervorgerufen wurden. Außerdem hatten sie kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser, da das Wasser viele Giftstoffe enthielt. Der Müll zog zudem Bären, Waschbären und Insekten an (Klingbeil 2016).Das Projekt will Wege finden, um räumliche wie verteilungstechnische Arten des Umweltrassismus in diesen Gemeinden anzugehen und mithilfe der Bürger*innen die Politik bzw. Politiker*innen zum Handeln zu zwingen. Des Weiteren wollen sie national über die Ansiedlung und Regulierung von Industrieanlagen im Zusammenhang mit Umweltrassismus informieren. Das machen sie mithilfe von Interessenvertretungen, gemeinschaftlichem Engagement, Mobilisierung und Kapazitätsaufbau in betroffenen Gemeinden, öffentlicher Bildung, Studierendenausbildung, sektorübergreifenden Partnerschaften, Workshops und Kommunikation (ENRICH o.J.). Auch ihnen ist es in erster Linie wichtig, auf diese Umstände aufmerksam zu machen. Die Beteiligten schafften es, dass im Jahr 2015 zum ersten mal in Kanada ein Gesetzesentwurf zum Thema Umweltrassismus eingebracht und bis zur zweiten Lesung durchgebracht wurde. Allerdings wurde das Gesetz nicht verabschiedet (Klingbeil 2016).Das Projekt sorgte weltweit für Aufsehen. Im April 2018 veröffentlichte Waldron das Buch "There´s something in the water" und verwendete Nova Scotia als Fallbeispiel, um die Auswirkungen von Umweltrassismus und dessen gesundheitliche Folgen auf indigene und schwarze Gemeinschaften in Kanada zu untersuchen. Das Buch erhielt zwei Preise. 2019 wurde der gleichnamige Dokumentarfilm veröffentlicht.Das sind einzelne Projekte, die wichtig sind und von denen Betroffene profitieren können. Jedoch können sie nicht dem globalen Umweltrassismus entgegenwirken, welcher heute enorme Dimensionen angenommen hat. Nicht nur Bevölkerungsgruppen, sondern auch Länder sind unterschiedlich von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die Politik kann und muss dagegen ankämpfen. Es gibt schon Lösungsideen, wie dem Umweltrassismus entgegengewirkt werden kann.Ein Prinzip, das dabei beachtet werden sollte, ist das Verursacherprinzip. Dabei sollen nicht nur die aktuellen Emissionen berücksichtigt werden, sondern auch die historische Verantwortung. Das bedeutet, dass beachtet werden muss, welches Land wie viel CO2 in der Vergangenheit ausgestoßen hat. Dadurch verändert sich das CO2-Budget der Länder im Norden. Teilweise wäre das Budget schon komplett aufgebraucht. Außerdem sollen die Nationen des globalen Nordens die Verantwortung als hauptsächliche Verursacher des Klimawandels auf sich nehmen und für die Kosten von Anpassungsstrategien und klimabedingten Schäden in Ländern des globalen Südens aufkommen müssen (Kurwan 2023).Eine weitere Lösung, die das Problem beheben könnte, ist ein Schuldenerlass. Das führt dazu, dass fossile Energieträger des globalen Südes im Boden bleiben können und die Länder das Geld anders investieren können. Beispielsweise in eine Veränderung, die sozial und ökologisch gerecht wäre. Des Weiteren könnten sie mit dem Geld die Klimaanpassung (mit-)finanzieren. Viele Wissenschaftler*innen oder auch der Internationale Währungsfonds (IWF) haben sich positiv zu dieser Lösung geäußert. Somit könnte den ärmeren Ländern mehr finanzieller Spielraum gegeben werden. Das kann ein Hilfsmittel gegen die Ungerechtigkeit sein. Jedoch kann es diese nicht komplett lindern. Der Norden muss definitiv noch mehr investieren. Denn wie schon weiter oben gesagt, hängt die Klimakrise eng mit der sozialen Gerechtigkeit und somit dem Umweltrassismus zusammen.FazitDer Beitrag beleuchtete das komplexe Thema des Umweltrassismus. Der Begriff wurde Anfang der 1980er Jahre geprägt und bekommt immer mehr Bedeutung. Umweltrassismus hat viele Facetten. Es tritt auf, wenn Umweltprobleme und Umweltverschmutzung unverhältnismäßig stark bestimmte Gemeinschaften betreffen. Meist betrifft es die Menschen, die bereits benachteiligt sind.Umweltrassismus ist also nicht nur eine Frage der Umwelt, sondern auch eine der sozialen Gerechtigkeit, wenn nicht sogar eine Frage von Leben und Tod. Neben BIPoC können auch Geschlechter und Generationen sowie ganze Länder direkt oder indirekt betroffen sein. Häufig trifft es Frauen, Kinder und Einkommensschwache am stärksten.Der globale Norden, der historisch für einen Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich ist, leidet weniger unter den Folgen des Klimawandels als der globale Süden. Und das, obwohl der Süden deutlich weniger Emissionen verursacht.Um dem Umweltrassismus entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Lösungsansätze. Diese reichen von gemeindebasierten Initiativen und internationaler Zusammenarbeit bis hin zu Gerichtsverfahren und politischen Maßnahmen. Ein wichtiger Schritt dabei ist es, die historische Verantwortung anzuerkennen und den globalen Norden zur Verantwortung zu ziehen. Ein Schuldenerlass für die Länder des globalen Südens könnte ihnen zudem finanzielle Ressourcen verschaffen, die sie in umweltfreundliche Technologie stecken können.Mit diesem Beitrag soll ein Bewusstsein für Umweltrassismus geschaffen werden. Das Ziel ist es, dass weniger CO2 freigesetzt wird, um eine nachhaltige Welt zu schaffen, in der Umweltressourcen und Chancen fair verteilt werden und niemand aufgrund seiner Hautfarbe oder seines sozialen Status benachteiligt wird. Es erfordert Engagement auf individueller und globaler Ebene, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen.LiteraturverzeichnisAdick, Katharina (2022): SPEZIAL: Klimagerechtigkeit – So wird Klimaschutz sozialer (Audio-Podcast). In: Quarks Daily. < https://open.spotify.com/episode/7g3b3BPJO9FHbJS9cHyeiB > (30.09.23).Batiste, Joheneisha (2022): Being Black Causes Cancer: Cancer Alley and Environmental Racism. < https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4092077 > (28.09.23).Bellina, Leonie (2022): Environmental Justice. In: Gottschlich, Daniela/Hackfort, Sarah/Schmitt, Tobias/Von Winterfeld, Uta (Hrsg.): Handbuch Politische Ökologie. Majuskel Medienproduktion GmbH: Wetzlar. S. 63-78.Bendix, Daniel (2015): Entwicklung. In: Arndt, Susan/Ofuatey-Alazard, Nadja (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutscher Sprache. Unrast: Münster, S. 272-278.D. Bullard, Robert/Mohai, Paul/Saha, Robin/Wright, Beverly (2007): Toxic Wastes and Race at Twenty. 1987-2007. A Report Prepared for the United Chruch of Christ Justice & Witness Ministeries. < http://d3n8a8pro7vhmx.cloudfront.net/unitedchurchofchrist/legacy_url/7987/toxic-wastes-and-race-at-twenty-1987-2007.pdf?1418432785 > (27.09.2023).Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) (2016): Klimagerechtigkeit und Geschlecht: Warum Frauen besonders anfällig für Klimawandel & Naturkatastrophen sind. < https://dgvn.de/meldung/klimagerechtigkeit-und-geschlecht-warum-frauen-besonders-anfaellig-fuer-klimawandel-naturkatastroph > (30.09.23).Environmental Noxiousness, Racial Inequities, and Community Health (ENRICH): Welcome to the ENRICH Project < https://www.enrichproject.org/ > (28.09.23).Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) (o.J.): Von Umweltrassismus zu Klimagerechtigkeit? Koloniale Kontinuitäten in der Klimakrise. < https://www.nf-farn.de/umweltrassismus-klimagerechtigkeit-koloniale-kontinuitaeten-klimakrise > (28.09.23). Fridays for Future (2020): ZEIT FÜR KLIMAGERECHTIGKEIT #KEINGRADWEITER – TEIL II: KLIMAGERECHTIGKEIT IM GLOBALEN KONTEXT. < https://fridaysforfuture.de/zeit-fuer-klimagerechtigkeit-keingradweiter-teil-ii-klimagerechtigkeit-im-globalen-kontext/ > (29.09.23).Ihejirika, Maudlyne (2023): Was ist Umweltrassismus? < https://www.nrdc.org/stories/what-environmental-racism > (27.09.23).Ituen, Imeh/Tatu Hey, Lisa (2021): Kurzstudie. Der Elefant im Raum – Umweltrassismus in Deutschland. Studien, Leerstellen für Umwelt- und Klimagerechtigkeit. < https://www.boell.de/de/2021/11/26/der-elefant-im-raum-umweltrassismus-deutschland > (28.09.2023).Klingbeil, Cailynn (2016): Forschungen über Umweltrassismus. < https://www.goethe.de/ins/nz/de/kul/sup/fut/20843144.html > (30.09.23).Kuehni, Claudia/Egger, Robert (2012): Klima. In: Egger, Matthias/Razum, Oliver (Hrsg.): Public Health: Sozial- und Präventivmedizin kompakt. De Gruyter: Berlin. 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Blog: Prof. Dr. Stefan Sell
06.10.2023, Bingen am Rhein Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt? Von der Generation Z, anderen Mythen und handfesten Herausforderungen durch die Transformation der Arbeitswelt für die Führung Impulsvortrag auf dem Workshop Personalentwicklung im 4. Einstiegsamtder Gewerkschaft der Polizei (GdP) Rheinland-Pfalz
Blog: DVPW-Blog
Im Fokus der aktuellen Debatte zur Wahlrechtsreform in Deutschland steht vor allem das mögliche weitere Anwachsen des Bundestages sowie die Auswirkungen verschiedener Lösungsansätze auf die Mandatszahlen der großen und kleinen Parteien. Dabei ist davon auszugehen, dass jede Änderung des Wahlrechts sich auf eine Vielzahl von Faktoren auswirkt, angefangen von den Verhaltensanreizen für Abgeordnete, sich in den Wahlkreisen verstärkt zu engagieren, über die Demokratiezufriedenheit der Bevölkerung bis hin zu den Wahlchancen für Menschen mit Migrationshintergrund oder Frauen. In diesem Beitrag möchte ich die Repräsentation von Frauen in den Blick nehmen und beleuchten, wie sich das deutsche Wahlrecht aktuell und nach einer möglichen Reform auf den Frauenanteil im Bundestag auswirkt.
Blog: SozBlog
Berufliche Anerkennung und die Compliance mit Infektionsschutzmaßnahmen Nach wie vor wütet Corona und die Frage, welche Faktoren die Befolgung von Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der verheerenden Auswirkungen des Virus beeinflussen wird wichtiger denn je. Dieser Beitrag untersucht den Einfluss drei verschiedener Varianten sozialer Anerkennung – im Einzelnen am Arbeitsplatz, im Beruf sowie durch Anti-Corona-Maßnahmen der Politik … "Die Auswirkung der Corona-Krise auf berufliche Anerkennung und Compliance mit Anti-Corona-Maßnahmen" weiterlesen
Blog: DPI-Blog
Am vergangenen Sonntag wählten die Pol*innen ihren Präsidenten. In der Stichwahl setzte sich Amtsinhaber Andrzej Duda, der dem Regierungslager der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) entstammt, zwar knapp, aber dennoch eindeutig mit 51 Prozent gegen seinen Kontrahenten Rafał Trzaskowski von der oppositionellen Bürgerplattform (PO) mit 49 Prozent durch. Im Folgenden präsentiere ich vier Überlegungen zu den Auswirkungen des Wahlergebnisses. Dabei widme ich mich insbesondere der Person Trzaskowskis als neuem Hoffnungsträger der Opposition, der Lage der oppositionellen Bürgerplattform und der Regierungspartei nach den Wahlen sowie der Frage nach den Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die Beziehungen Polens zu Deutschland und der Europäischen Union. 1. Rafał Trzaskowski – ein Wahlverlierer als Hoffnungsträger?Rafał Trzaskowski konnte im zweiten Wahlgang mehr als zehn Millionen Stimmen auf sich vereinigen. Das sind rund vier Millionen Stimmen mehr als im ersten Wahlgang. Dies ist zweifelsohne mehr als ein bloßer Achtungserfolg. Zudem gelang es dem Warschauer Stadtpräsidenten, seine am Boden liegende Partei (die vorherige Kandidatin der Bürgerplattform war in den Umfragen zeitweise auf einstellige Zustimmungswerte gefallen) wieder aufzurichten und mit einem engagierten Wahlkampf der gesamten Opposition berechtigte Hoffnungen auf den Einzug in den Präsidentenpalast zu machen. Andererseits ist dies, abgesehen von den Senatswahlen 2019, nunmehr die sechste Wahl in Folge, in der die Opposition der PiS unterlegen war, und das bei maximaler Polarisierung und einer außergewöhnlich hohen Wahlbeteiligung von über 68 Prozent. Im Hinblick auf den nächsten Urnengang, die Parlamentswahlen im Herbst 2023, lohnt der Blick auf den ersten Wahlgang. Hier konnte Trzaskowski gerade einmal 30 Prozent der Wähler*innen überzeugen, was derzeit dem maximalen Mobilisierungspotenzial der Bürgerplattform entsprechen dürfte. Ob Trzaskowski der auch bei vielen Oppositionswähler*innen in Misskredit geratenen Partei neues Leben einzuhauchen vermag, darf zum gegenwärtigen Zeitpunkt zumindest bezweifelt werden. 2. Die Bürgerplattform – eine Partei in der Dauerkrise als Mutmacher für die Opposition?Spätestens seit der Niederlage bei den Sejm-Wahlen 2015 ist die Bürgerplattform im Dauerkrisenmodus. Der Höhepunkt der Corona-Krise Ende April/Anfang Mai, als die Präsidentschaftskandidatin der PO, Małgorzata Kidawa-Błońska, in den Umfragen auf einstellige Werte gefallen war, markierte einen neuen Tiefpunkt der liberal-konservativen Partei. Dank Trzaskowskis persönlicher Überzeugungskraft im Wahlkampf witterte die PO noch einmal Morgenluft, muss sich nach der erneuten Niederlage aber unangenehme Fragen gefallen lassen. Das Duopol PO-PiS zahlt sich für die Bürgerplattform nicht mehr aus, seit 2015 lassen sich hiermit keine Wahlen mehr gewinnen. Gleichzeitig ist eine inhaltlich-strategische Neuausrichtung der Partei weit und breit nicht in Sicht. Es gibt nach wie vor kein überzeugendes Programm, keine Zukunftsvision für das Land und kein kohärentes Narrativ für die Pol*innen, um es bei den nächsten Wahlen in drei Jahren mit der PiS aufzunehmen. Die Bürgerplattform war noch nie eine Programmpartei, sondern verstand es lange Zeit pragmatisch und geschickt mit einem pro-europäischen Kurs, Wirtschaftswachstum, Anti-PiS-Rhetorik und einem charismatischen Donald Tusk an der Spitze, Mehrheiten zu organisieren. Für ein politisches Comeback mangelt es der Partei derzeit jedoch an sowohl an den geeigneten Personen als auch an überzeugenden politischen Inhalten. 3. Die PiS – ein knapper Sieg mit großer WirkungEs war knapp, aber ausreichend. Mit dem Sieg von Andrzej Duda sicherte die PiS ihre Macht für die kommenden drei Jahre, bis zu den Parlamentswahlen 2023 ab. Damit zeigte die Partei, dass selbst in einer Situation extremer Polarisierung (Stichwort: Alle gegen PiS) die Mischung aus Sozialprogrammen, der Betonung nationaler Souveränität und einer Erzählung des Stolzes auf das "Polnischsein" weiterhin mehrheitsfähig ist. Die PiS unter der Führung von Parteichef Jarosław Kaczyński hat damit viel Zeit gewonnen, um den eingeschlagenen Reformweg, etwa den Umbau des Justizwesens, fortzusetzen oder mit einer "Repolonisierung" der Medienlandschaft sogar noch zu verschärfen. Entsprechende Aussagen hochrangiger Regierungsmitglieder am Abend und den Tagen nach der Wahl bestätigen diese Einschätzung. In der Vergangenheit hat die PiS die Wochen nach Wahlen häufig genutzt, um Tatsachen zu schaffen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass dies auch jetzt wieder der Fall sein wird. Dass Präsident Andrzej Duda in seiner zweiten und letzten Amtszeit sich von der PiS emanzipiert und ein eigenes Profil entwickelt, steht nicht zu erwarten. Zwar zeigte er sich am Wahlabend versöhnlich, allerdings war dies auch schon in der Vergangenheit der Fall. Wenn es darauf ankommt, nämlich bei der schnellen Unterzeichnung von im Hauruckverfahren verabschiedeten Gesetzen, konnte sich die Regierung stets auf "ihren" Präsidenten verlassen. Spannend bleibt hingegen zu beobachten, wie sich das Kräfteverhältnis in der Regierungskoalition, die faktisch aus drei Parteien besteht, weiterentwickelt. Sowohl der Koalitionspartner Porozumienie von Parteichef Jarosław Gowin als auch Solidarna Polska unter der Führung von Justizminister Zbigniew Ziobro konnten bei den Sejm-Wahlen 2019 Stimmen hinzugewinnen und ihre Position im Regierungsbündnis stärken. Mit seinem Eintreten gegen die Abhaltung der Präsidentschaftswahlen am ursprünglich angesetzten Wahltermin, dem 10. Mai, machte Gowin deutlich, dass er durchaus gewillt ist, sich PiS-Chef Kaczyński entgegenzustellen. Und so ist auch in den kommenden drei Jahren immer wieder mit Versuchen der beiden Juniorpartner zu rechnen, ihre eigenen politischen Vorstellungen innerhalb der Regierung stärker zur Geltung zu bringen, ohne jedoch die Koalition als solche zu gefährden. 4. Auswirkungen auf Polens Beziehungen zu Deutschland und der Europäischen UnionAuch wenn es lange Zeit nicht danach ausgesehen hatte, passierte es letztlich doch. Gegen Ende des Wahlkampfes spielte Präsident Duda die "anti-deutsche Karte", die bisher immer für ein bis zwei Prozentpunkte gut war. Diesmal richtete sich der Vorwurf gegen die vermeintliche Einflussnahme deutscher Medien und Medienverlage auf die Präsidentschaftswahlen in Polen. Sogar der Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Warschau wurde in dieser Angelegenheit ins polnische Außenministerium einbestellt. Dennoch dürfte weiterhin gelten, dass nach den Wahlen nichts so heiß gegessen wird, wie es im Wahlkampf gekocht wurde. Trotz der mitunter harschen Rhetorik von polnischer Seite waren die deutsch-polnischen Beziehungen in den vergangenen Jahren auch viel von Pragmatismus geprägt. Beide Länder sind füreinander wichtige Handelspartner, zudem stehen Deutschland wie auch Polen als EU-Mitglieder vielfach vor ähnlichen Herausforderungen, bei deren Bearbeitung sie auf gegenseitige Kooperation angewiesen sind. Für Deutschland ist Polen ein wichtiger Partner innerhalb der EU, gerade jetzt während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Hier stehen zahlreiche wichtige Aufgaben auf der Agenda, darunter die Aushandlung des mehrjährigen Finanzrahmens (wo man auf Polens Zustimmung angewiesen ist), die Umsetzung des Green New Deal und die zuletzt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückten Corona-Hilfen. Polen wiederum hat in der Vergangenheit wie kein anderes Land von den Geldern aus Brüssel profitiert und kann auf diese Zahlungen auch in Zukunft nicht verzichten. Zudem ist die Regierung in Warschau bestrebt, keine fundamentalen weiteren Integrationsschritte ohne polnische Beteiligung zuzulassen, um ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" zu vermeiden.Die europäischen Institutionen stehen mit der polnischen Regierung weiterhin im Konflikt. Unter anderem läuft ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des fortwährenden Umbaus des polnischen Justizsystems. Wie bereits angesprochen, haben Mitglieder der Regierung schon am Wahlabend von der Notwendigkeit einer Fortsetzung der umstrittenen Reformen gesprochen. Es wird dann von der EU abhängen, wie sie hierauf reagiert und ob sie, anders als in der Vergangenheit, Zähne zeigen wird. Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel hat kürzlich vorgeschlagen, die Gelder im Rahmen des Recovery-Programms zur Linderung der Corona-Auswirkungen in den Mitgliedstaaten an rechtsstaatliche Kriterien zu knüpfen, was der polnischen Regierung kaum gefallen dürfte und potenziell Zündstoff für erneute Konfrontationen birgt.
Blog: SozBlog
Die COVID-19-Pandemie führte zu massiven und anhaltenden gesellschaftlichen Umbrüchen. Neben Maßnahmen wie Lockdowns und Kontaktbeschränkungen wurden viele Beschäftigte entweder arbeitslos, auf Kurzarbeit oder in die Heimarbeit geschickt. Angesichts dieser Bedingungen stellt sich die Frage, inwiefern die Pandemie als möglicher Katalysator für Plattformarbeit dient. Denn die Geschäftsmodelle von Plattformunternehmen basieren darauf, verschiedenste Dienstleistungen mit einer hohen … "Profitieren Plattformen von der Covid-19-Pandemie? Kurzfristige Auswirkungen auf ortsabhängige und ortsunabhängige Plattformarbeit" weiterlesen
Blog: RSS-Feed soziopolis.de
Stellenausschreibung des Thünen-Instituts für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen in Braunschweig. Deadline: 22. Juni 2023
Blog: DVPW-Blog
Der politische Wettbewerb in Westeuropa und darüber hinaus wird häufig mit den Begriffen rechts und links umschrieben. Die zeitgenössische Forschung ist sich darin einig, dass man – um den politischen Wettbewerb heutzutage adäquat zu erfassen – zwischen wirtschaftlichen und soziokulturellen Fragen unterscheiden muss. Empirisch zeigt sich, dass viele westeuropäische Bürger in wirtschaftlichen Fragen eher linke Positionen und in soziokulturellen Fragen eher rechte bzw. autoritäre Positionen aufweisen. Von politischen Parteien wird eine solche linksautoritäre Position aber kaum vertreten. Wir haben uns in unserer Forschung mit den Auswirkungen dieser linksautoritären Angebotslücke auf die betroffenen Bürger beschäftigt. Wir wollten herausfinden, ob sich linksautoritär eingestellte Bürger seltener an Wahlen beteiligen, weniger Vertrauen in die politischen Institutionen und Akteure haben und unzufriedener mit dem demokratischen Prozess sind.