Die Verfasserin analysiert die Entwicklungen im Rahmen des politischen Systems Russlands und stellt fest, dass es sich dabei um eine Stärkung von autoritären bürokratischen Strukturen und Institutionen handelt. In die Argumentation werden quantitative Daten im Hinblick auf die Aktivitäten einzelner Akteure im Rahmen der Machtstrukturen herangezogen. Vor diesem Hintergrund werden Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft aus dem liberalen politischen Spektrum unter die Lupe genommen. Im Mittelpunkt des Interesses steht der Handlungsspielraum dieser Akteure im Rahmen des bestehenden politischen Systems. Zum Schluss werden die Perspektiven oppositioneller Bewegungen und Organisationen zur Diskussion gestellt, wobei die Rolle der Regionen in diesem Kontext hervorgehoben wird. (ICF)
In: Soziologische Analysen: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der ad-hoc-Gruppen beim 19. Deutschen Soziologentag (Berlin, 17.-20. April 1979), S. 965-985
Gegenstand des Beitrags ist die Intention eines totalitären Regimes zur Mobilisierung der Bevölkerung aufgrund politischer Maßnahmen sowie die Reaktion der Gesellschaft hierauf. Beispielhaft erfolgt die Untersuchung an den Anzeigen zur Gestapo im nationalsozialistischen Deutschland. Dem Beitrag vorgeschaltet sind zum einen Überlegungen zur defizitären Bearbeitung des Themas Nationalsozialismus durch die deutsche Soziologie nach 1945, zum anderen eine Skizze der theoretischen Arbeit zur Typologie autoritären und totalitärer politischer Systeme von J. J. Linz. Der einleitend genannte Gegenstand ist ein Aspekt des Linzschen Modells. Ob, und wenn ja, inwiefern es dem NS-Regime gelungen ist, erfolgreich die Aufmerksamkeit der Bevölkerung gegenüber deviantem Verhalten zu mobilisieren, wird anhand der Ursachen zum Tätigwerden der Gestapo untersucht, wobei Anzeigen aus der Bevölkerung als Indikatoren für eine erfolgreiche Mobilisierung angenommen werden. Die Daten stammen aus einem empirischen Forschungsprojekt zur Analyse von Protest und Widerstand gegen den NS in der Stadt Düsseldorf. Aus den Akten der Staatspolizeileitstelle in Düsseldorf wurde eine Stichprobe von 825 Fällen gezogen. Für gut ein Viertel der Fälle wurden zusätzlich die Akten der Justizbehörden hinzugezogen. In Einzelfällen gelang es auch, betroffene Personen zu befragen. In Form verschiedener Tabellen werden die Vorgänge quantitativ unter verschiedenen Gesichtspunkten ausgewertet: Art der Anzeigeerstattung; Verteilung über die Jahre 1933-44; Motive und Inhalte der Anzeigen. Einzelne Fälle werden detailliert beschrieben. Die Ausführungen kommen zu dem Ergebnis: Heydrichs Ziel der Mobilisierung der Bevölkerung war zwar nicht erfolgreich, aber die indirekten Folgen sind als nicht unerhebliche Faktoren einer nationalsozialistischen Penetration der deutschen Gesellschaft zu sehen. (RW)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, S. 154-171
"Der Vortrag greift sozialisationstheoretische Forschungstraditionen auf, die im Rahmen der Frankfurter Schule der Soziologie entwickelt wurden. Es wird nach dem Verhältnis von Beziehungserfahrungen in der Familie, Persönlichkeitsentwicklung und der Herausbildung von Aggressionen gegen Minderheiten (ethnischen, religiösen u.a.) gefragt. Der Ansatz der Untersuchungen zur 'autoritären Persönlichkeit' (Adorno, Frenkel-Brunswik u.a.) enthält hierzu wesentliche Beiträge; gleichwohl ist er in Deutschland überwiegend auf Kritik gestoßen. Einige der gängigen Argumente werden im Vortrag knapp erläutert und kritisch kommentiert. Zentraler Ausgangspunkt für sozialisations- und beziehungstheoretische Deutungen ethnozentrischer Potentiale ist in der 'AP' der Versuch, Tendenzen zur Idealisierung von Autoritäten und Aggressionen- gegen Schwächere miteinander in Beziehung zu setzen. Der Vortrag greift diesen Gedanken auf und stellt ein komplexeres, auf die Attachment-Forschung zurückgehendes Modell der kognitiven und affektiven Repräsentation von Beziehungserfahrungen vor. Es werden Zusammenhänge zwischen der Repräsentation von Beziehungserfahrungen und Aggressionen gegen Minderheiten dargestellt und in ihren theoretischen Implikationen diskutiert. Dabei werden unterschiedliche Varianten des Umgangs mit Aggressionen gegenüber elterlichen Autoritäten herausgearbeitet, die für die Interpretation ethnozentrischer Aggressionspotentiale von großer Bedeutung sind. Es wird versucht, diese Ergebnisse in ein Modell politischer Sozialisation zu integrieren, das familiendynamische Deutungen und die Analyse manifester politischer Sozialisation miteinander verknüpft." (Autorenreferat)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 2701-2716
"Im Rahmen dieses Beitrags soll der Frage nachgegangen werden, welche spezifischen familialen Praxen bzw. elterlichen Erziehungsstile die Ausbildung markt- und wettbewerbsorientierter Werthaltungen fördern. Abhängige Variable sind die Werthaltungen des Hierarchischen Selbstinteresses (HSI). Das sind sogenannte 'verabsolutierte Logiken' der marktorientierten Gesellschaft, die darauf zielen, um jeden Preis besser als andere zu sein, Leistung zu zeigen und alleine bestehen zu können. Zu den Elementen des HSI-Syndroms, das sich auch als internalisierte Ellenbogenmentalität fassen lässt, gehören u.a. Leistungsorientierung, Konkurrenz denken und Machiavellismus. Die HSI-Werthaltungen beziehen sich direkt auf die soziale Platzierung im hierarchisch-geschichteten sozialstrukturellen System der Gesellschaft. Sie bilden die Grundlage für das Bestreben, einen im Vergleich zu anderen besseren Status zu erreichen. Auch wenn das Hierarchische Selbstinteressezunächst als konstruktiv erscheint, weil es auf das persönliche Fortkommen gerichtetist, hat es doch unter bestimmten Bedingungen - insbesondere unter dem Eindruck begrenzter Ressourcen - negative Folgen für die Gesellschaft (z.B. Fremdenfeindlichkeit). Die individuelle Ausprägung des Hierarchischen Selbstinteresses ist u.a. abhängig vom Geschlecht, dem sozioökonomischen Status und den elterlichen Erziehungsstilen. Entsprechend der Fragestellung der Sektionsveranstaltung sollen familiale Praxen im Zentrum der Analysen stehen. Ausgehend von Hypothesen aus der Sozialisations- und Autoritarismusforschung ist zu prüfen, welchen Einfluss autoritäre Erziehungspraktiken und ein leistungsorientierter Erziehungsstil sowie elterliche Werthaltungen auf die Ausprägung des Hierarchischen Selbstinteresses bei Schülern haben. Dabei deutet sich bereits an, dass die Werthaltungen des Hierarchischen Selbstinteresses in ihrem destruktiven Charakter gerade in niedrigeren Schichten zufinden sind; gleiches gilt für autoritäre Erziehungsstile. Es findet sich somit eine Verknüpfung sozialer Ungleichheit mit kultureller Differenzierung." (Autorenreferat)