Das Luftverkehrsabkommen Open Skies: Inhalt und Bedeutung für den transatlantischen Luftverkehrsmarkt
In: Bachelorarbeit
Inhaltsangabe:Einleitung: 'We are here to mark an extraordinary achievement: a comprehensive, first stage, U.S.-EU Air Transport Agreement.' Diese Worte richtete Condoleezza Rice in ihrer Rede zur Verkündung des Abschlusses des ersten einheitlichen Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union am 30. April 2007 an die Öffentlichkeit. Damit fanden die seit viereinhalb Jahren andauernden Verhandlungen über die weitere Öffnung des transatlantischen Luftverkehrsmarktes im Luftverkehrsabkommen 'Open Skies' ein erstes Ergebnis. Der Begriff 'Open Skies' - Abkommen wird standardmäßig für ein Vertragsmodell verwendet, welches eine Mustervorlage zur Vereinbarung von Luftverkehrsrechten zwischen zwei Nationen darstellt. Dieser Abschluss eines bilateralen Vertrages dient zur Liberalisierung des Luftverkehrs zwischen zwei Staaten. Es handelt sich um weniger restriktiv gestaltete Konventionen, deren Ziel die Schaffung eines freien Luftverkehrsmarktes zwischen den zwei unterzeichnenden Nationen ist. Den Luftverkehrsgesellschaften jeder Vertragspartei wird die uneingeschränkte Bedienung von Strecken zwischen einem Städtepaar der beiden Länder gewährt. Darüber hinaus sieht ein solches Abkommen den Wegfall von Restriktionen hinsichtlich Kapazität bzw. Code Sharing vor. Der 'Open Skies' - Standard wird als geeignete Vertragsform zur Öffnung des Luftverkehrsmarktes zwischen zwei Staaten betrachtet, da hier die Marktkräfte frei wirken können. Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit einem wesentlichen Aspekt der Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarkts und den ihr zugrundeliegenden regulativen Rahmenbedingungen. Obzwar in der Vergangenheit weltweit zahlreiche bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem 'Open Skies' - Standard abgeschlossen wurden – die z. T. bis heute in Kraft sind – liegt der Fokus der vorliegenden Analyse auf dem Luftverkehrsabkommen 'Open Skies' zwischen den USA und der EU, welches am 30. März 2008 in Kraft getreten ist. Gang der Untersuchung Zunächst soll die Historie des transatlantischen Luftverkehrsrechts in Grundzügen dargestellt werden. Gegenstand der Untersuchung bildet dabei die luftverkehrsrechtliche Entwicklung der beiden Vertragspartner USA und Europäische Union. In diesem Teilstück der Arbeit soll herausgestellt werden, welche Notwendigkeiten zum Abschluss des 'Open Skies' - Abkommens USA - EU geführt haben. Gegenstand des zweiten Kapitels stellt das Abkommen selbst dar. Im ersten Abschnitt wird die Zielsetzung der Verhandlungen herausgearbeitet. Dem schließt sich im zweiten Abschnitt die inhaltliche Darstellung des Vertrages – mit besonderem Augenmerk auf die Deregulierung der Eigentümer- und Kontrollklausel sowie die Einräumung unternehmerischer Freiheiten –an. Der dritte Abschnitt widmet sich der Evaluation der Zukunftsfähigkeit des Abkommens sowie dessen möglicher Weiterentwicklung. Im dritten Kapitel der Arbeit wird auf die Bedeutung dieses Vertrages für den transatlantischen Luftverkehrsmarkt eingegangen sowie eine Aussage zu ersten ökonomischen Auswirkungen getroffen. Abschließend folgt eine Gesamtbetrachtung, in welcher die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend aufgeführt werden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: I.Einleitung6 1.Definition und Abgrenzung6 2.Gang der Untersuchung7 II.Die Deregulierung des transatlantischen Luftverkehrs im Überblick8 1.Entwicklung bilateraler Luftverkehrsabkommen8 a)Manifestierung des Hoheitsprinzips8 b)Liberalisierung des US-amerikanischen Luftverkehrsmarkts10 c)Schaffung eines Luftverkehrsbinnenmarkts innerhalb der EU11 d)Entwicklung des transatlantischen Luftverkehrsmarkts12 aa)Bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem 'Open Market' – Standard13 bb)Bilaterale Luftverkehrsabkommen nach dem 'Open Skies' – Standard14 2.Das Erfordernis eines Gemeinschaftsabkommens16 a)Nachteilige Auswirkungen der bilateralen Luftverkehrsabkommen vor Abschluss eines einheitlich geltenden Vertrages16 b)Die 'Open Skies' - Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 5. November 200218 aa)Verletzung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EGV19 bb)Verletzung der EU-Außenkompetenz gem. Art. 10 EGV19 cc)Auswirkungen der 'Open Skies' – Urteile20 c)Die Verhandlungen zum Abschluss eines einheitlich geltenden Luftverkehrsabkommens20 d)Exkurs: Das Bermuda II - Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA22 III.Das Luftverkehrsabkommen 'Open Skies'23 1.Zielsetzung des Abkommens gem. Präambel23 2.Inhaltliche Schwerpunkte des Abkommens26 a)Aufbau und Anwendungsbereich (Präambel, Art. 18, Art. 22, Anhang 4 des Abkommens)26 b)Gewährung von Rechten zugunsten der Vertragsparteien (Art. 3, Anhang 1 des Abkommens)28 c)Erlass und Widerruf von Genehmigungen (Art. 4 - 5 des Abkommens)30 d)Sicherheitsbestimmungen (Art. 8 - 9 des Abkommens)32 e)Eigentümer- und Kontrollklausel (Art. 6, Anhang 4 des Abkommens)33 f)Wettbewerbsbestimmungen (Art. 2, Art. 20, Anhang 2 - 3 des Abkommens)36 g)Unternehmerische Freiheiten (Art. 10, Anhang 5 des Abkommens)37 h)Gebühren- und Preisgestaltung (Art. 11 - 14 des Abkommens) 42 i)Gemeinsamer Ausschuss (Art. 18 des Abkommens)43 j)Inkrafttreten, Streitschlichtung, Kündigung (Art. 19, Art. 23, Art. 25 - 26 des Abkommens)45 3.Erste Wertung46 IV.Bedeutung des Abkommens und erste ökonomische Auswirkungen52 1.Evaluation des 'Open Skies' - Abkommens EU-USA52 2.Slotallokation54 3.Wirtschaftliche Auswirkungen des Abkommens57 V.Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse60 Literatur- und Quellenverzeichnis62 Anhang69Textprobe:Textprobe: Kapitel 3, Erste Wertung: Den Liberalisierungsbestrebungen der Europäischen Union gingen bereits Ende der 1990er Jahre Überlegungen zur Entwicklung eines freien transatlantischen Luftverkehrsmarkts, einer 'Transatlantic Common Aviation Area - TCAA' voraus. Dies hätte die Schaffung eines einheitlich geltenden Rechtsrahmens, innerhalb dessen der Luftverkehr hätte stattfinden sollen, impliziert. Es sollte eine umfassende Reform erfolgen. An die Stelle der bisher geltenden traditionellen Luftverkehrsabkommen sollte ein Rechtsregime treten, welches zwingend gleichermaßen für die Luftfahrtgesellschaften beider Seiten gelten sollte. Dazu hätte die Kompetenz zur Setzung einheitlicher Rechtsvorschriften von den Vertragsstaaten auf ein gemeinsames normgebendes Organ übertragen werden müssen. Einzelne Interessengruppen der Vertragspartner leisteten jedoch politischen Widerstand, unter anderem wegen sicherheitstechnischer Fragen und möglicher negativer Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerrechte. Weiterhin stellten die Anforderungen an Eigentum und Kontrolle an die Unternehmen beider Vertragspartner entscheidende Hindernisse dar, da eine rechtliche Angleichung eine vollständige Öffnung des Marktes bedeutet hätte. Dies schlösse auch den US-amerikanischen Inlandsmarkt ein. Es war daher von vornherein eher unwahrscheinlich, dass sich die USA einer supranationalen Rechtsordnung unterwerfen würden. Demgegenüber stellte der Abschluss eines 'Open Skies' - Abkommens die realistische Möglichkeit dar, einen freien transatlantischen Luftverkehrsmarkt zu schaffen, jedoch unter Beibehaltung der jeweilig geltenden Rechtsordnungen. Mit der Vereinbarung des Luftverkehrsabkommens 'Open Skies' zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika wurde ein erster Schritt zur Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarkts getan, welcher als '… unprecedented breakthrough in the global aviation industry' gilt, '(but) several issues remain to be addressed in second stage negotiations'. Die erste Stufe des 'Open Skies' - Abkommens zwischen der EU und den USA hat, wie bereits erwähnt, nicht alle angestrebten Verhandlungsziele in die Tat umsetzen können. Von Seiten der Europäischen Union waren u. a. der Zugang zum Inlandsluftverkehrsmarkt der USA sowie einheitliche Regelungen bei der Vergabe staatlicher Beihilfen erklärte Ziele zu Beginn der Verhandlungen. Beides konnte nicht erreicht werden. Der Zugang zum US-amerikanischen Inlandsluftverkehrsmarkt bleibt weiterhin verschlossen und staatliche Beihilfen können zwar bemängelt werden, jedoch liegen keine einheitlichen Vorschriften zur Vergabe vor. Hingegen konnten auch Neuerungen in der Luftverkehrspolitik geschaffen werden, indem es beispielsweise erstmals Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gestattet wird, eine Strecke von einem Punkt außerhalb ihres Heimatlandes in die USA zu bedienen. Im Ergebnis sind zwar die ersten Schritte gemacht worden, die den Weg zur Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrsmarkts beschreiten. Eine Reihe von Verhandlungseckpunkten sind jedoch auf die Entwicklung einer zweiten Stufe des Abkommens vertagt worden. Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen sollten gem. Art. 21 des Abkommens spätestens 60 Tage nach dem Beginn der Interimsanwendung des Abkommens, damit im Mai 2008, beginnen, um rasch Fortschritte zu erreichen. Wichtigstes Ziel ist eine weitere Öffnung der Märkte zur Schaffung von Vorteilen für die Verbraucher, Luftfahrtgesellschaften und Arbeitnehmer. Darüber hinaus sollen die Vorschriften für ausländische Investitionen weiter gelockert werden, um Bedingungen zu schaffen, die der globalen Luftfahrtindustrie eher entsprechen. Dies soll auch Drittländer dazu ermutigen, ihre eigenen Luftverkehrsmärkte dem freien Wettbewerb zu öffnen. Zur Erreichung deutlicher Fortschritte haben die Vertragsparteien die Agenda für die weiterführenden Verhandlungen bereits in der ersten Stufe des Abkommens festgelegt. Folgende Zielsetzungen werden in den kommenden Verhandlungen prioritär behandelt: - eine weitere Liberalisierung der Verkehrsrechte; - die Erweiterung der Möglichkeiten für Auslandsinvestitionen; - durch Umweltschutzmaßnahmen und infrastrukturelle Grenzen hervorgerufene Effekte; - ein breiterer Zugang zu staatlich subventioniertem Luftverkehr und wet leasing-Bestimmungen. Um hinsichtlich der genannten Tagesordnungspunkte hinreichend zügig entsprechende Fortschritte zu machen, soll ein genau festgelegter Zeitplan die Entwicklung des Nachfolgeabkommens sichern. Art. 21 Abs. 3 des Gemeinschaftsabkommens legt daher fest, dass spätestens 18 Monate nach der Aufnahme der Verhandlungen über eine zweite Stufe des Abkommens die ersten Weiterentwicklungen überprüft werden sollen. Weitere 12 Monate später soll ein Nachfolgeabkommen vereinbart worden sein. Ist dies nicht der Fall, so haben die Vertragsparteien die Option, die in diesem Abkommen gewährten Rechte zu suspendieren. Eine solche Aussetzung träte jedoch frühestens mit der Flugplanperiode in Kraft, welche ein Jahr nach Notifizierung der Aussetzung der Rechte beginnt. Der ehemalige EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot äußerte sich gegenüber der Financial Times Deutschland in einem Interview optimistisch: 'Ich bin guter Hoffnung, dass die USA Mehrheitsbeteiligungen zulassen. Es kommen starke Impulse von den Unternehmen'. Damit erwartet die Europäische Union, dass die Regierung der Vereinigten Staaten die Eigentümer- und Kontrollvorschriften weiter lockern wird und Mehrheitsbeteiligungen an US-amerikanischen Luftfahrtgesellschaften seitens Fluggesellschaften der Mitgliedsländer der EU gestattet werden und damit eine tatsächlich Kontrolle durch ein ausländisches Unternehmen ermöglicht wird. Die Verhandlungen zur Vereinbarung einer zweiten Stufe des Abkommens, welche im Mai 2008 im slowenischen Ljubljana begonnen haben, finden vor dem Hintergrund einer schwachen Konjunktur in den USA und einer signifikanten Dollar-Schwäche statt, wodurch die US-Fluggesellschaften mit immer stärker ansteigenden Treibstoffkosten umzugehen haben. Barrot rechnet mit einem Entgegenkommen der Vereinigten Staaten und verleiht seinen Worten Nachdruck, indem er auf die Möglichkeit der EU verweist, entsprechende Anflugrechte der USA wieder zurückzuziehen. Auch Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber sieht Konsequenzen von großer Tragweite voraus, falls sich die USA nicht zur Öffnung ihres Inlandsluftverkehrsmarkts entscheiden werden. Seinen Worten zufolge verhindere dies Fusionen von Luftfahrtgesellschaften der USA mit denen der EU und begünstige damit eine beschleunigte Konsolidierung auf dem Luftverkehrsmarkt der EU. Dies führe womöglich rasch zur Schaffung eines Gegengewichts auf der EU-Seite gegenüber den bereits erfolgten Zusammenschlüssen US-amerikanischer Airlines. Sollten Joint Ventures zwischen den Luftfahrtgesellschaften der Vertragspartner verboten bleiben, so drohen möglicherweise Ankäufe von Mitbewerbern aus dem Nahen Osten. Hierbei gilt die Airline Emirates als potentieller Kandidat, die gewinnträchtigste und größte Luftfahrtgesellschaft der Erde zu werden, der die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen wird, die Verzögerung zu seinen Gunsten zu nutzen und Marktanteile zu gewinnen. Aus diesem Grund ist es wichtig, einen tatsächlich freien transatlantischen Luftverkehrsmarkt zu schaffen, damit eine Konsolidierung der Branche dazu genutzt werden kann, wettbewerbsfähig zu bleiben. Zusätzlich sei eine Haltungsänderung seitens der US-Amerikaner hinsichtlich des Handels mit Verschmutzungsrechten im Luftverkehr laut Aussage des französischen Kommissars mit dem Präsidentschaftswechsel zu erhoffen. Die Europäische Union will den Flugverkehr ab dem Jahr 2011 mit in den Emissionshandel einbeziehen und möchte mit den Vereinigten Staaten an einem Strang ziehen. Bisher stoßen die Vorhaben zum Klimaschutz jedoch bei US-Partnern auf Kritik. Für die Zukunft gibt es seitens der Europäischen Union große Pläne. Man arbeitet seit über 15 Jahren an dem Projekt Single European Sky, das die Aufteilung des Luftraums in größere, funktionale Gebiete als bisher entlang der Landesgrenzen vorsieht. Damit wären wesentlich weniger Überwachungsstellen notwendig, was einer Kosteneinsparung in Höhe von über vier Milliarden Euro gleichkommen würde. Zudem könnten Flüge pünktlicher sein und hätten den Vorteil eines höheren load factors. Die Umsetzung dieses Projektes wird notwendig, um überhaupt eine vergleichbare Situation zu den Vereinigten Staaten zu schaffen. Innerhalb Europas bestehen mehrere hundert Kontrollzonen, die unter nationaler Überwachung stehen. Das sind weitaus mehr als in den USA, welche nur neun Kontrollzonen besitzen. Diese werden von Kontrollzentralen mit nur einem Betriebssystem überwacht, dessen Programmierung einzig in englischer Sprache umgesetzt wird. In der EU hingegen werden 22 Computersysteme zur Überwachung betrieben, welche untereinander unvereinbar sind und mit 30 verschiedenen Programmiersprachen betrieben werden. Damit betrugen zu Beginn dieses Jahrtausends die Kosten für die Luftraumüberwachung auf der EU-Seite 667 USD pro Flug, in den Vereinigten Staaten lagen die Kosten bei nur 380 USD pro Flug. Der ehemalige EU-Verkehrskommissar arbeitete intensiv an diesem Projekt, damit das zukünftige Luftverkehrsmanagement effizienter gestaltet werden kann. Seinen Worten zufolge 'kann (man) den Luftraum nicht mehr entlang nationaler Grenzen kontrollieren. Die Airlines machen starken Druck, diesen Zustand zu ändern.' Die Vervollständigung des freien Binnenmarktes ist von enormer Bedeutung, um eine gemeinsame Luftverkehrspolitik gegenüber Drittstaaten wie den USA umsetzen zu können. Die Europäische Union muss dazu als einheitlicher Markt akzeptiert werden. Dem Handelsblatt gegenüber äußerte Barrot, dass eine zweite Stufe des Abkommen genauso wichtig sein wird wie die erste. 'Mehr als eine Milliarde Flugreisende im Jahr ist in Europa und den Vereinigten Staaten unterwegs. Wenn es uns gelingt, die Hindernisse ein für alle Mal zu beseitigen, die dem Wettbewerb auf den beiden Märkten entgegenstehen, auf die mehr als 50 Prozent des internationalen Luftverkehrs entfallen, werden wir eine neue Ära der modernen Luftfahrt einleiten'.