Zusammenfassung Die Europäische Kommission macht sich seit geraumer Zeit für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für in Europa steueransässige Körperschaftsteuersubjekte stark. Mit dem Richtlinienentwurf vom 16.3.2011 liegt nun ein konkreter Vorschlag zu einer einheitlichen steuerlichen Gewinnermittlung vor, um vom Ecofin-Rat der nationalen Wirtschafts- und Finanzminister angenommen zu werden - die Steuerwelt wartet gespannt auf eine Beschlussfassung. Ein wichtiges Ziel dieser partiellen Harmonisierung ist, die grenzüberschreitende Verrechnung von Steuergewinnen und -verlusten zu ent-problematisieren, wobei durch eine Formelzuteilung das endgültige Besteuerungsrecht bei den Mitgliedstaaten verbleiben soll. Der vorliegende Beitrag möchte die technische Diskussion um das konkrete GKKB-Design um Grundsätzliches zu dieser angedachten Änderung des europäischen Steuerrechtsgefüges ergänzen. Die ordnungsökonomische Sicht soll verdeutlichen, dass die GKKB ein begrüßenswerter Eingriff für mehr Steuertransparenz und allokative Effizienz durch eine nutzungsorientierte Erhebung wäre, der körperschaftsteuerliche Standortwerbung weiterhin zuließe.
Pascal Saint-Amans, OECD, stellt die Vorschläge der OECD und eine Analyse ihrer Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und die Investitionstätigkeit vor. Demnach dürften die Steuereinnahmen weltweit erheblich steigen, das globale Investitionsniveau dagegen kaum ändern. Clemens Fuest, ifo Institut und Ludwig-Maximilians-Universität München, sieht in dem "Prinzip der Besteuerung am Ort der Wertschöpfung" weder eine Aussage über die Logik oder Zielsetzung der bestehenden Besteuerungsregeln oder eine Leitlinie für die derzeit diskutierten Reformen der internationalen Besteuerungsregeln noch eine Aussage darüber, wie die internationalen Besteuerungsregeln aussehen sollten. Die Ausrichtung der Besteuerung an der Wertschöpfung sei vielmehr eine politische Formel, die weite Interpretationsspielräume eröffne und es erlaube, den Anliegen von Staaten mit sehr unterschiedlichen Interessen entgegenzukommen. Joachim Englisch, Universität Münster, sieht als Folge des Mindeststeuerkonzepts mögliche Aufkommenssteigerungen, während die Neuausrichtung der internationalen Aufteilung der Besteuerungsrechte erhebliche Risiken hat. Sie sei allerdings als Wegbereiter für weitere Reformen interessant. Deborah Schanz, Ludwig-Maximilians-Universität München, sieht noch viele Unklarheiten in den Vorschlägen der OECD. An den Details könnte die weltweite Neuordnung des Steuersystems noch scheitern. Regelungen mit einer geringeren Komplexität könnten für den Erfolg der Reform entscheidend sein. Andreas Oestreicher, Universität Göttingen, sieht in den Vorschlägen der OECD ein "komplexes Konzept mit einigen Vorteilen und Lücken sowie neuen Anreizen". Nadine Riedel, Universität Münster, befasst sich mit der Zielsetzung, den ökonomischen Effekten und der Ausgestaltung des GloBE-Vorschlags der OECD: Auf jeden Fall müsse vermieden werden, dass komplexe Regeln mit Befolgungs- und Administrationskosten eingeführt werden, die nur geringe positive Effekte auf Steuersatzhöhe und Steuereinnahmen hätten. Pola Schneemelcher, Jacques Delors Centre Berlin, empfiehlt eine Einigung auf ein geeintes europäisches Vorgehen in den OECD-Verhandlungen, damit die Reform des internationalen Steuersystems eine Chance für Europa werden könne. Die meisten EU-Mitgliedstaaten gelten derzeit als Hauptverlierer internationaler Steuervermeidung. Von einer erfolgreichen Reform des internationalen Steuersystems würden sie daher vergleichsweise stark profitieren. Für Wolfgang Schön, Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München, erweist sich die Besteuerung der Digitalwirtschaft als Einstiegstor in eine große Umwälzung der internationalen Steuerregeln, die die physische Präsenz in einem Staat durch die Erzielung ortsspezifischer Renten ersetzt. Luzius Cavelti, Universität Basel, und Christian Jaag, Swiss Economics, diskutieren die Frage, wie eine juristische Person im internationalen Steuerrecht richtig erfasst werden kann.