Verbetrieblichung und betrieblicher Konflikt
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 64, Heft 2, S. 329-359
ISSN: 0023-2653
Seit den 1990er Jahren sind die Arbeitsbeziehungen in Deutschland durch Dezentralisierungs- und Verbetrieblichungstendenzen gekennzeichnet. Die Abkehr von (flächen-) tarifvertraglichen Regelungen und die damit einhergehende Verlagerung von Verhandlungsmasse auf die betriebliche Ebene werden je nach ordnungspolitischem Grundverständnis höchst unterschiedlich bewertet. Kritiker dieser Entwicklung befürchten eine zunehmende Belastung der betrieblichen Ebene durch Verteilungskonflikte. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit es tatsächlich Hinweise auf eine Verschlechterung der betrieblichen Arbeitsbeziehungen im Rahmen von Verbetrieblichungstendenzen gibt und unter welchen Bedingungen diese auftreten. Auf Basis theoretischer Vorüberlegungen und anhand von Daten einer für die deutsche Privatwirtschaft repräsentativen Befragung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreten wird untersucht, inwiefern die Qualität der Zusammenarbeit der Betriebsparteien und das betriebliche Konfliktniveau insgesamt vom Modus der Tarifbindung abhängig sind. Die Daten liefern Hinweise auf die konfliktentlastende Funktion des Flächentarifvertrages. Vor allem ein Wandel etablierter betrieblicher Regulierungsmuster erhöht die Konfliktwahrscheinlichkeit und belastet die Beziehungen zwischen den Betriebsparteien.