In: Die politischen Parteien in Westeuropa: Geschichte - Programm - Praxis ; ein Handbuch, S. 70-121
In dem vorliegenden Beitrag werden die Parteien und das Parteiensystem in der Bundesrepublik Deutschland analysiert. Einleitend wird die Entwicklung des Parteiensystems seit 1949 beschrieben. Anschließend werden alle relevanten Parteien der BRD entsprechend den sieben Gesichtspunkten Sozialstruktur, nahestehende Interessenverbände, Organisation, Ideologie/Programmatik, Tendenzen/Gruppen/Konflikte, Position im Parteiensystem und Partei in der Regierung dargestellt. Berücksichtigt werden die folgenden Parteien: CDU, CSU, FDP, SPD, NPD, DKP. An den Beitrag angehängt ist eine Tabelle der Wahlergebnisse (prozentualer Stimmenanteil und Mandatszahl) in den Jahren 1949 bis 1976. (KW)
"Insgesamt zeigt sich, daß die gegenwärtige gesundheitspolitische Situation in der Bundesrepublik Deutschland sehr komplex ist. Mit Anhalten und Vertiefung der ökonomischen Krise haben in zunehmendem Maße äußere Einflüsse das innere Gefüge der Beziehungen und Strukturen im Gesundheitswesen, das sich in den 50er und 60er Jahren gefestigt hatte, infragegestellt. Da das bundesrepublikanische Gesundheitswesen in seinem ökonomischen Kern gesetzlich geregelt ist, sah sich der Staat infolge der Einnahmeausfälle bei steigenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gezwungen, verstärkt zu intervenieren. Er bediente sich dabei des Konzepts der 'einnahmeorientierten Ausgabenpolitik', des staatlichen Rückzugs aus Defizitfinanzierungen bei gleichzeitigem Ausbau der ökonomisch-politischen Globalsteuerung, die auch eine Verschärfung der sozialen Kontrolle beinhaltet. Damit verbundene Reprivatisierungstendenzen, die vor allem zu Lasten der Sozialversicherten und der Beschäftigten im Gesundheitswesen gehen, wurden von den Unternehmerverbänden und ärztlichen Standesorganisationen unterstützt und begrüßt." (Autorenreferat)
Ausgehend von den ökonomischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen Deutschlands stellen die Verfasser in ihrem Handbuchartikel zunächst die Entstehung und Entwicklung der Gewerkschaften dar. Im weiteren werden Organisationsstruktur, Größe und Programmatik des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf dem Hintergrund der historischen Entwicklung beschrieben. Weitere Abschnitte sind der betrieblichen Interessenvertretung, dem Verhältnis der Gewerkschaften zu Arbeitgebern, Parteien und staatlichen Organen sowie den Schwerpunkten gewerkschaftlicher Tätigkeit in der BRD gewidmet. Der sehr ausführliche Artikel enthält durch insgesamt 14 Tabellen eine Vielzahl von statistischen Angaben und wird außerdem durch eine umfassende Literaturliste und die Adressen des DGB und aller Einzelgewerkschaften ergänzt. (KS)
Die 70er Jahre können in der Bundesrepublik als Jahrzehnt der Parlamentarismusforschung betrachtet werden (neue Impulse und Fragestellungen, öffentliche Subventionierung, Institutionalisierung). Ausgehend von einer Skizze dieses Aufschwunges der Parlamentarismusforschung gibt der Verf. einen Überblick zum gegenwärtigen Profil dieses politikwissenschaftlichen Arbeitsfeldes (These vom Funktionsverlust der Parlamente, Theoriedefizite der Forschung, empirische Ansätze und Defizite, Zeitgebundenheit der Forschungstrends). In einer historischen Rückschau werden die wichtigsten Stationen der bundesdeutschen Parlamentarismusforschung kritisch gesichtet (die wichtigsten Veröffentlichungen - Gesamtanalysen und Einzeldarstellungen - werden vorgestellt); besondere Berücksichtigung finden die Arbeiten seit dem 'Aufbruch' Ende der 60er Jahre. Nach einer kurzen Beschreibung methodischer Bemühungen geht der Beitrag auf das nach wie vor bestehende komparatistische Defizit ein. Ein abschließender Teil der vorliegenden Darstellung der Parlamentarismusforschung richtet sich auf zentrale Desiderata; weiterhin klärungsbedürftig bleibt die Position des Parlamentes im politischen Kommunikations- und Entscheidungsprozeß, zudem sollten sich die Forschungsbemühungen in stärkerem Maße auf parlamentsinterne und parlamentsexterne Interaktionsmuster sowie generell auf die Rolle der Opposition richten. (JL)
Der Aufsatz fragt nach dem "Beitrag der Wissenschaft, insbesondere der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zur Erkennung und Lösung der uns heute bewegenden beschäftigungspolitischen Probleme und damit zur Fundierung arbeitsmarktpolitischer Entscheidung". "Welche Ansatzpunkte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gibt es, welche werden angewendet, welche bieten sich eventuell für Testprogramme an? Wie sehen die Forschungsperspektiven für das nächste jahrzehnt aus?" (IAB2)
"Die Ausführungen versuchen zunächst, einige Entwicklungslinien im Verhältnis zwischen Stadt und Staat aufzuzeigen, dabei fragend, ob das historisch immer spannungsreiche Verhältnis mit der relativen Statik der verfassungsrechtlichen Perspektive ausreichend erfaßbar ist oder ob nicht eine der Dynamik der Entwicklung entsprechendere und öffentliche wie private Reaktionsweisen einbeziehende Sichtweise angemessener erscheint. Ein Überblick über aktuelle Entwicklungstendenzen im Verhältnis von Stadt und Staat in der Bundesrepublik nimmt diese Fragestellung auf. Er verweist in verschiedenen Bereichen auf eine Repolitisierung und Bedeutungssteigerung der kommunalen Ebene, die aufgrund spezifischer struktureller, prozessualer und inhaltlicher Ausprägungen die Routinen föderalstaatlicher Problemverarbeitung vor veränderte Aufgaben stellen, zwar nicht neue, aber veränderte Problemlösungen, Lösungsverfahren und Einstellungsweisen zu erfordern scheinen. Diese These wird dann anhand einzelner Problem- und Politikbereiche überprüft, wobei nach den erkennbaren Auswirkungen des ökonomischen und kulturellen Strukturwandels auf die städtischen Räume der Bundesrepublik unterschieden wird. Der Ausweis möglicher Handlungsperspektiven sowie schließlich der Versuch einer auch theoretischen Fassung der Veränderungen im Prozeß der föderalstaatlichen Willensbildung und Entscheidung beschließen diesen Überblick." (Autorenreferat)
In: Zukunftsorientierte Planung und Forschung für die 80er Jahre: deutsche und amerikanische Erfahrungen im Bereich der Erziehungs-, Wohnungs-, Beschäftigungs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltpolitik, S. 95-108
Der Beitrag beginnt mit einer Schilderung der Hauptprobleme, vor denen die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik Mitte der 70er Jahre auf Grund von politischen, wirtschaftlichen sowie demographischen Veränderungen steht. Anschließend werden einige Beiträge der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung skizziert, die im Hinblick auf die eingangs genannten Probleme und für die Fundierung beschäftigungspolitischer Entscheidungen bedeutsam sind. Weitere Ausführungen betreffen die Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit getroffen wurden bzw. möglich wären. Hieraus werden beschäftigungspolitische Schlußfolgerungen gezogen und Ansatzpunkte für soziale Testprogramme beschäftigungspolitischer Maßnahmen aufgezeigt. Abschließend werden Forschungsperspektiven unter inhaltlicher Schwerpunktsetzung aus dem künftigen Forschungsprogramm des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kurz angesprochen. (NG)
In: Zukunftsorientierte Planung und Forschung für die 80er Jahre: deutsche und amerikanische Erfahrungen im Bereich der Erziehungs-, Wohnungs-, Beschäftigungs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltpolitik, S. 56-63
In dem Beitrag zur Wirkungsanalyse von Förderungsprogrammen bzw. Instrumenten der Wohnungspolitik werden zunächst die in der BRD vorfindlichen Förderungsmaßnahmen und deren Entwicklung dargelegt. Dabei zeigt sich, daß Förderungsmaßnahmen in den jeweils neuen Wohnungsmarktsituationen entwickelt wurden und dann später in einer weiteren Phase der Entwicklung ergänzt wurden. Dieses gilt sowohl für den sozialen Wohnungsbau wie auch für die Förderung des Eigentumerwerbs (Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen). Als weitere Ausweitung des wohnungspolitischen Instrumentariums kam 1965 die Einführung des Wohngeldes hinzu. Die jüngste Phase der Wohnungspolitik brachte Programme zur städtebaulichen Umgestaltung (Stadtsanierungsprogramme) und Programme zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen. Im zweiten Teil des Beitrages werden die zukünftigen politischen Probleme dargelegt. Dazu zählt, daß sich die kaufkräftige Wohnungsnachfrage von den älteren Baubeständen mit dichter Bauweise in die Randzonen der Städte verlagert, während ibs. in den Großstädten ein ökonomischer Absterbeprozeß einsetzt, der durch Förderungsprogramme kaum aufzufangen ist, da hier verschiedene Faktoren zusammen kommen; Schwierigkeiten auf der Angebotsseite, z.B. dichte Bebauung, Umweltbelastung, Schwierigkeiten auf der Nachfrageseite, z.B. zu geringes Einkommen, und drittens Schwierigkeiten auf der Unternehmerseite bzw. auf der Eigentümerseite, z.B. private Einzeleigentümer mit hohem Alter, mit geringer Fähigkeit, die Erneuerungsprobleme organisatorisch zu bewältigen. Hierin liegt das zentrale Thema der gegenwärtigen wohnungspolitischen Debatte. Der Autor spricht sich in diesem Zusammenhang für eine Beibehaltung der Neubauförderung qua Eigentumsförderung aus und präferiert die Objektförderung gegenüber der Individualförderung (Wohngeld). (NG)
Ausgehend von einer Skizze der enormen Expansion und Etablierung der Politikwissenschaft in der Bundesrepublik stellt der Verf. fest, daß der Teilbereich der Entwicklungsländerforschung quantitativ und qualitativ deutlich zurückblieb. Es läßt sich im einzelnen zeigen, daß das Nachhinken des Interesses für die Dritte Welt mit der Entwicklung des Faches selbst zusammenhing. In der Aufbauphase (1949/50 bis frühe 60er Jahre) ging der Blickwinkel der Politologen selten über den europäisch-nordatlantischen Horizont heraus. Erst in der Konsolidierungsphase der Disziplin (um die Mitte der 60er Jahre) rückte - mit dem Vordringen von Scientismus und neuer politischer Ökonomie - auch die Erforschung der Entwicklungsländer stärker in den Gesichtskreis der westdeutschen Politikwissenschaft. Kritisch analysiert der Verf., wie die Überbetonung ökonomischer Kategorien (besonders in der Dependenztheorie) und die Dominanz kapitalismuskritischer Perspektiven eine konkrete Beschäftigung mit spezifischen politischen Strukturen und Prozessen in der Dritten Welt behindert haben. Hinsichtlich der gegenwärtigen Forschungssituation werden verschiedene Probleme (u.a. organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten) skizziert. Im Anschluß an die Beschreibung neuerer Forschungslinien konstatiert der Verf. die Notwendigkeit einer engen Verknüpfung (wechselseitige Rückkoppelung) von politikwissenschaftlicher Grundlagenforschung über die Entwicklungsländer und einer politikwissenschaftlichen Beteiligung an Projekten der praktischen Entwicklungspolitik; sinnvolle Entwicklungspolitik bedarf der systematischen wissenschaftlichen Beratung. (JL)
In: Zukunftsorientierte Planung und Forschung für die 80er Jahre: deutsche und amerikanische Erfahrungen im Bereich der Erziehungs-, Wohnungs-, Beschäftigungs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltpolitik, S. 178-183
Der Autor setzt sich mit den Hindernissen, die in der BRD gegenüber dem Kraftwerksbau bestehen, auseinander. Insbesondere legt er dar, daß es zwischen der Umweltproblematik einerseits und der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik andererseits zu Zielkonflikten kommt. Die Bundesregierung hat in dieser Frage bislang keine feste Stellung bezogen. Die Exekutive hätte aber die Pflicht vorzugeben, was sie den Bürgern an Umweltrisiken oder -belastungen zumuten will, und daraus eine mit der Energiepolitik konsistente Strategie für den Bau entsprechender Energieversorgungskapazitäten zu entwickeln. Anders gesagt wäre es an der Zeit, Umweltschutz an die anderen Ziele der Politik, insbesondere der Energiepolitik, zu adjustieren. Der Umweltschutz kann und sollte in dem Umfang betrieben werden, wie die Volkswirtschaft entsprechende Leistungen erbringen kann und es unter der Zielsetzung sparsamer Energieverwendung verantwortet werden kann. Im letzten Teil des Beitrages werden die wirtschaftshemmenden Grenzwertbestimmungen des geplanten Bundes-Immissionsschutzgesetzes kritisch betrachtet. (NG)
In: Enquete-Kommissionen und Royal Commissions: Beispiele wissenschaftlicher Politikberatung in der Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien, S. 181-290
Der Autor zieht ein vorläufiges Fazit aus der Arbeit der Enquete Kommissionen in der BRD. Dabei geht es ihm weniger um die Ergebnisse der Arbeit, als um die Analyse der Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft und ihren Einfluß auf den politischen Prozeß. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Fallbeispiele der Kommission 'Auswärtige Kulturpolitik' und der Kommission 'Verfassungsreform'. Hauptprobleme der Arbeit sieht der Autor in der fehlenden gesetzlichen Absicherung der Rechte und Befugnisse der Kommissionen und dem problematischen Verhältnis zwischen Wissenschaftlern und Politikern. In einem Anhang werden Materialien des Deutschen Bundestages zu den Enquete-Kommissionen veröffentlicht. (BG)
In dem Beitrag wird der Rechtsextremismus in der BRD untersucht. Zunächst werden die Begriffe Rechtsextremismus, Faschismus, Nationalismus definiert und die ideologischen Grundlagen skizziert. Es werden die neonazistischen Tendenzen in der BRD seit 1974 nachgezeichnet und problematisiert. Als rechtsextremistische Hauptkraft wird die NPD untersucht. Es folgt eine Analyse der Organisationen der Alten Rechten und der Neuen Rechten. Als sichtbarer Teil des Rechtsextremismus werden dessen Publikationen betrachtet. In einer abschließenden Einschätzung wird festgestellt, daß der Rechtsextremismus weder für die demokratische freiheitliche Ordnung noch für die Sicherheit der BRD eine Gefahr ist. (KW)
Die Autorin skizziert methodische Überlegungen und inhaltliche Ergebnisse einer empirischen Studie zum politischen Protest in der BRD. Die Wahl der qualitativen Methode wurde von der Natur des Gegenstandes bestimmt, so davon, daß eine weitverbreitete Abneigung der Teilnehmer des politischen Protestes besteht, sich als Gegenstand soziologischer Studien zur Verfügung zu stellen. Aus der Untersuchung ergaben sich folgende Hauptgesichtspunkte: (1) Ausschlaggebend für viele Verknüpfungen innerhalb der Protestbewegung ist die allgemeine Ablehnung von Theorie und Ideologie. Einzelne Ideen werden bejaht, sind aber nicht in zusammenhängende Ideologien eingebunden. (2) In der Bewegung gegenüber dem Establishment zeichnet sich ein Wertwandel ab, der über die von Inglehart gekennzeichneten materialistischen und postmaterialistischen Werte hinausgeht. (3) Sprachliche Kommunikation wird abgelehnt und damit auch Theorie, die Sprache als Träger benötigt. (UH)