"Das Christentum ist seinem Selbstverständnis nach eine Liebesreligion, aber seine Geschichte ist nicht zuletzt auch eine Geschichte der Gewalt. Der Text versucht diesen Widerspruch zu erklären. Er untersucht mit den Mitteln der Analytischen Sozialpsychologie, ausgehend vom Text der Bibel, was in dieser Religion der Ausübung von Gewalt entgegenkommen kann." (Autorenreferat)
In: Kirchliche Zeitgeschichte: KZG ; internationale Zeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft = Contemporary church history, Band 22, Heft 2, S. 519-549
Es gibt inzwischen kaum ein Politikfeld, in dem Evaluierung nicht in irgendeiner Form praktiziert wird. Die Evaluierungslandschaft zeichnet sich dabei sowohl durch Vereinheitlichungs- als auch Pluralisierungstendenzen aus. In unterschiedlichen Evaluierungsarrangements kommen spezifische Akteure, Praktiken und Standards zusammen. Zudem handelt es sich nicht um politikfreie Räume. Vielmehr sind diese "Varieties of Evaluation" selbst Ausgangspunkt, Medium und Gegenstand von Politiken der Evaluation, also der Auseinandersetzung um legitime Formen der Politikbewertung Der Themenschwerpunkt unternimmt eine Bestandsaufnahme, indem er die Formen und Folgen von Politikevaluation als Evaluationspolitik sowohl in theoretisch wie empirisch ausgerichteten Beiträgen nachzeichnet. In interdisziplinärer Absicht werden aktuelle Befunde der Politik- und Verwaltungswissenschaft, der Governance- und Policy-Analyse, der politischen Soziologie und der Soziologie der Bewertung vorgestellt.
'Der Beitrag diskutiert das Konzept von Geschichts- und Vergangenheitspolitik und analysiert ihre gesellschaftlichen Funktionen, Medien und Akteure. Dabei fasst der Artikel die politikwissenschaftliche Diskussion zu Geschichts- und Vergangenheitspolitik überblicksartig zusammen und offeriert begriffliche Modifikationen. Im Anschluss daran wird das Politikfeld in den Rahmen eines konflikttheoretischen Gesellschaftsmodells gestellt. Geschichtspolitische Konflikte reflektieren einerseits die politisch-kulturelle Konstellation einer pluralistischen Gesellschaft, sie produzieren andererseits diese Konfliktstruktur stets aufs Neue. Geschichtspolitische Diskurse sind offene Prozesse und können nicht durch totalisierende Deutungen geschlossen werden. Geschichts- und Vergangenheitspolitik sind Bestandteil des gesellschaftlichen Kampfes um die kulturelle Hegemonie.' (Autorenreferat)
In: Kirchliche Zeitgeschichte: KZG ; internationale Zeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft = Contemporary church history, Band 33, Heft 2, S. 288-300
In der deutschen Nachkriegspolitik finden sich einige fundamentale Richtungswechsel. Sie trafen und treffen auf ein politisches System, das der Zielerreichung von Politikwenden hohe Hürden setzt, zugleich aber auch eine bemerkenswerte Offenheit und Flexibilität erkennen lässt. Politik und Verwaltung erweisen sich im Rückblick in einem Ausmaß als wandlungsfähig, wie es gängige Restriktionsanalysen nicht erwarten ließen. Die im politischen System angelegten Konsenshürden und Koordinationsprobleme wurden in transformativen Wendeprojekten fallweise unterschiedlich angegangen und verarbeitet. "Muddling Through", flexible Verhandlungspraktiken und "auf Sicht fahren" sind im föderalen Mehrebenensystem mit Koalitionsregierungen und starken gesellschaftlichen Spitzenverbänden seit jeher anzutreffen. Neu sind Veränderungen im Modus der Interessenvermittlung, insbesondere der Niedergang korporatistischer Steuerungsformen und der Verlust berechenbarer Mehrheitsverhältnisse in Bund und Ländern, die im früheren Dreieinhalb-Parteiensystem der Bundesrepublik noch gegeben waren. Insgesamt ist eine Zerfaserung der Interessenvermittlung in diverse Ad-hoc-Kommissionen und Gipfelrunden festzustellen, die - wie am Beispiel der Energiewende gezeigt wird - die Bildung einer breiten operativen Konsensbasis und Koordination erschwert.
Die COVID-19 Pandemie entwickelte sich seit März 2020 zu einer umfassenden Herausforderung für Gesellschaften, Gesundheitssysteme, Staaten und Volkswirtschaften weltweit, so auch in Deutschland. Politik und Verwaltung hierzulande reagierten schnell und durchaus entschlossen. Dabei öffnete sich mit der "Corona-Krise" ein Gelegenheitsfenster. Dennoch lassen sich echte Policy- Reformen oder auch institutionelle Reformen, deren Bedarf im Krisenmoment schonungslos offengelegt wurde, (bislang) nicht nachweisen - das zeigt der Überblick über die Beiträge zu diesem Themenschwerpunktheft. Dieser Einleitungsbeitrag ordnet die Beiträge theoretisch ein und wirft dabei zugleich einen systematisierenden Blick auf den politischen und administrativen Umgang mit der Pandemie.
Im Laufe der vergangenen Jahre hat der belarussische Präsident Aljaksandr Lukaschenka in der Öffentlichkeit Erwartungen genährt, dass eine Änderung der Verfassung unumgänglich sei. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Verfassung ist seit 2004 nicht angetastet worden. Im Inneren kann der belarussische Präsident zur Gestaltung der Politik und zur Änderung oder Ausweitung seiner Macht Dekrete einsetzen. Die Verfassungspolitik in anderen postsowjetischen Staaten wie auch die Spannungen innerhalb des Unionsstaates von Belarus und Russland zeigen, dass Eingriffe in die Verfassung mehr Risiken als Nutzen mit sich bringen. Die diskursiven Verweise auf die Verfassung sollten allerdings nicht als bedeutungslos abgetan werden; sie signalisieren, dass die Verfassung Lukaschenkas politische Vision verkörpert: uneingeschränkte Vormachtstellung des Präsidenten, staatliche Souveränität, Neutralität in den Außenbeziehungen und sozialstaatlichen Paternalismus.
Die besprochene Monografie interessiert sich besonders für Manifestationen von Subjektivität in der Wissensgesellschaft. In einem ersten Teil verfolgt die Studie, wie die diskursive Ordnung der Wissensgesellschaft auch auf der dominanten Konzeption eines unabhängigen, eigenverantwortlichen und wissensfähigen Subjekts beruht. Der zweite Teil untersucht daraufhin am Beispiel von Bürgerkonferenzen zu Themen der Biomedizin, wie sich einzelne Subjekte im Verhältnis zu dieser diskursiv vorgegebenen Subjektivitätsvorstellung verhalten und selbst als Subjekte konstituieren. Dabei kommt vor allem diese zweite Teilstudie zu wirklich neuen und überraschenden Einsichten. Allerdings wird ihr im Vergleich zum ersten Teil zu wenig Raum gewährt, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Angeregt durch die Diskussion von JUNGEs Buch werden zwei weitere Punkte diskutiert. In einem ersten Schritt muss die Wissenschaft an sich noch etwas genauer betrachtet werden, da diese eine entscheidende Rolle in denjenigen Aushandlungsprozessen spielt, in deren Rahmen die Wissensgesellschaft geschaffen und ausgestaltet wird. Daraufhin wird ein Politikbegriff näher bestimmt, der zwar umfassend, zugleich aber nicht zu allgemein sein soll. Daher wird vorgeschlagen, Politik als graduelles Phänomen zu verstehen, das zwar allgegenwärtig sein mag, in bestimmten Situationen aber besonders deutlich zutage tritt. Um Politik im Kontext einer Pluralisierung des Wissens zu analysieren wird empfohlen, sich auf Situationen zu konzentrieren, in denen Agency und agonistischer Widerstreit sichtbar werden.
"In Österreich wurde 2007 im Zuge einer Wahlrechtsreform das aktive Wahlalter gesenkt, bei der vorgezogenen Nationalratswahl 2008 durften somit erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Diese neue Situation war Anlass für eine Nachwahlstudie 'Wählen mit 16', welche sich mit den politischen Einstellungen, dem Wahlverhalten und Demokratieverständnis von 16- bis 18-Jährigen beschäftigte. Der Artikel fasst einige zentrale Ergebnisse der Studie zusammen. Dazu zählen u.a., dass Jugendliche nicht als homogene Gruppe betrachtet werden können, sondern differenzierte Einstellungen an den Tag legen, und dass der Status als SchülerIn oder Erwerbstätige/r ein besonders wichtiger Einflussfaktor ist." (Autorenreferat)
"Der vorliegende Artikel setzt sich mit österreichischer Behindertenpolitik auseinander. Er behandelt die Frage, welche nationalen und internationalen Kontexte und Einflüsse dieses Feld prägen, welche Faktoren und Kategorien die unterschiedlichen Entwicklungen im Politikfeld Behindertenpolitik bestimmen und wie das Spannungsfeld im Bereich von Behindertenpolitik strukturiert ist. Der Artikel ist als politikwissenschaftlicher Vergleich angelegt (Österreich, Schweden, USA), indem der Einfluss der USA und Schwedens auf österreichische Behindertenpolitik analysiert wird. Es wird herausgearbeitet, aus welchen historischen Gegebenheiten sich österreichische Behindertenpolitik entwickelt hat, wie sie gegenwärtig formuliert wird und welche zukünftigen Entwicklungen zu erwarten sind." (Autorenreferat)
Der Buchtitel ist Programm: Raymond Geuss, 1946 in Indiana (USA) geboren und seit 2007 Professor für Philosophie in Cambridge (GB), kritisiert in seiner schmalen Abhandlung Klassiker der (politischen) Philosophie – etwa Kant, Rawls oder Nozick – in scharfem, zum Teil auch polemischem Tonfall. Ihren Theorien unterstellt Geuss einen verfehlten Realismus und setzte ihnen einen eigenen, realistischen Ansatz der politischen Philosophie entgegen. Seiner Idee einer politischen Philosophie liegen vier Thesen zugrunde, welche Raymond Geuss bereits in der Einleitung vorstellt. Die Thesen lauten: Erstens: Die politische Philosophie muss realistisch sein. Dies bedeutet für Geuss, dass die politische Philosophie nicht von einem fiktiven Ideal ausgehen, sondern sich mit den realen Motivationen der Menschen oder der tatsächlichen Beschaffenheit von Institutionen beschäftigen soll. Zweitens: In der Politik geht es in erster Linie ums Handeln und um die Kontexte des Handelns. Drittens: Politik ist immer historisch verortet, also immer kontext- und zeitabhängig. Viertens: Politik ist eher ein Handwerk oder eine Kunst als eine reine Theorieanwendung. Zudem wendet er sich gegen all jene Theoretiker, die in der Tradition Kants stehen und dabei Theorien mit universellem Anspruch aufstellen, die beinhalten, Politik sei angewandte Ethik.