Veränderungen in der Wissenschaft (v. a. im Sinne einer Ökonomisierung und Medialisierung im Kontext des New Public Management) und in den Medien (v. a. eine ökonomische Krise im Zuge der Digitalisierung) führen zu einem weit reichenden Wandel der Formen, Strukturen und der Kräfteverhältnisse von Wissenschaftskommunikation zwischen Wissenschaft, Wissenschafts-PR und Journalismus. Der vorliegende Beitrag skizziert einige dieser Veränderungen und führt bisherige Empfehlungen ebenso wie aktuelle Fragestellungen zweier Arbeitsgruppen der deutschen Wissenschaftsakademien zu diesem Themenkomplex zusammen. Die Autoren kommen zu dem Fazit, dass die Analyse der Chancen und Risiken der fortschreitenden Digitalisierung der Kommunikation von Wissen in der Gesellschaft als dauerhaftes Feld der Technikfolgenabschätzung etabliert werden sollte. ; Changes in science (especially in terms of commodification and increased media attention in the context of New Public Management) and in the media (in particular an economic crisis in the process of digitization) will lead to a far-reaching transformation of the forms, structures and power relations in science communication between science, science PR and journalism. This paper outlines some of these changes and integrates previous recommendations and current issues of two working groups of the German Academies of Sciences on this topic. The authors conclude that analysis of the opportunities and risks of continuing digitization of knowledge communication in society should be established as a permanent field of technology assessment.
Erkenntnisse aus der Wissenschaft sind für Politik und Gesellschaft wichtig und häufig auch Grundlage für Entscheidungen. Damit steht die Wissenschaft in besonderer Verantwortung und die Wissenschaftskommunikation vor neuen Herausforderungen und wachsenden Anforderungen. Für das Leibniz-Institut für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut (GEI) hat die Vermittlung seiner Forschungsarbeit einen hohen Stellenwert. Die Wissenschaftskommunikation ist ein wichtiger Aspekt und ein wesentlicher Bestandteil von Wissenstransfer. Es geht nicht mehr nur darum, zu informieren und verständlich zu erklären. Es geht um viel mehr. Es geht um einen Dialog mit der bildungsinteressierten Öffentlichkeit und der Bildungspolitik. Doch wie kann Wissenschaftskommunikation den Transfer zwischen unterschiedlichen Gruppen befördern? Und welche Formate eignen sich dafür? Catrin Schoneville beschreibt in ihrem Beitrag die vielfältigen Tätigkeiten des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut (GEI) in Braunschweig. ; Findings from science are important for politics and society and often also form the basis for decisions. This means that science has a special responsibility and science communication faces new challenges and growing demands. The Leibniz Institute for Educational Media | Georg Eckert Institute (GEI) attaches great importance to communicating its research work. Science communication is an important aspect and an essential component of knowledge transfer. It is no longer just about informing and explaining in a comprehensible way. It is about much more. It is about a dialogue with the education-interested public and education policy. But how can science communication promote transfer between different groups? And which formats are suitable for this?
Der aktuelle Migrationsdiskurs mit den postmodern inspirierten Konzeptkomplexen "Hybridität", "diversity" und "Transkulturalität" erscheint zunehmend paradox und weist Überschneidungen auf, die die Kommunikation in Wissenschaft, Politik und Planung erschweren. Hierbei stehen sich kritische, gegen hegemoniale Zuordnungsmuster gerichtete, und kosmopolitische Positionen mit liberalen Zielformulierungen sowie transgressive Positionen, oft sogar innerhalb eines Konzepts, gegenüber. Solche scheinbaren Widersprüche lassen sich durch eine systematische Betrachtung der (post-)modernen Beobachterpositionen und Planungshorizonte im Diskurs aufdecken. Aus der Analyse der aktuellen Konzepte werden vier grundlegende Impulse oder "Momente" abgeleitet, die den Migrationsdiskurs bewegen. Mit deren Hilfe lassen sich sowohl unterschiedliche Diskurspositionen leichter einordnen und vergleichen als auch Anforderungen, die eine zunehmend postmoderne Gesellschaft an Planung und Politik stellt, stringenter formulieren. ; The current migration discourse with its concept complexes "hybridity", "diversity" and "transculturality", which are inspired by postmodernism, appears increasingly paradoxical and presents contradictions which complicate communication in science, politics and planning. Here, critical positions aiming at hegemonial ascriptions are contrasted with cosmopolitical positions with their liberal formulation of goals as well as with transgressive positions, often within the frame of a single concept. These apparent contradictions can be resolved by a systematic examination of the (post-)modern observer positions and planning horizons in the discourse. From an analysis of the current concepts, four fundamental impulses or "moments" are derived which are driving the migration discourse. With the help of these moments, different discourse positions can be more easily classified and compared, and, on the other hand, the challenges of an increasingly postmodern society for politics and planning can be formulated in a more stringent way.
Mit der zunehmenden Ökonomisierung sowie der Vermessung und Digitalisierung von Wissenschaft steht der akademische Sektor vor enormen Herausforderungen. Der Bedarf der Öffentlichkeit an wissenschaftlicher Expertise und die Erwartungen an eine faktenbasierte Politik sprechen alle Disziplinen an, dies ist nicht erst seit der Coronavirus-Pandemie offensichtlich. Vor diesem Hintergrund sind »Wissenschaftskommunikation« und »Public Science« zu eigenständigen und zunehmend geforderten Elementen akademischer Praxis geworden. Die disziplinären Besonderheiten erfordern jedoch differenzierte Analysen dieser neuen Entwicklung. Der Workshop zu Herausforderungen und Chancen von Wissenschaftskommunikation in den Gesellschaftswissenschaften hat sich in diesem Lichte auf die Erkenntnisse aus der (soziologischen) Wissenschaftsforschung konzentriert. Der vorliegende Text dokumentiert die Abschlussdiskussion. With the increasing economization as well as the ›governance by numbers‹ and digitalization of science, the academic sector faces tremendous challenges. The public's need for scientific knowledge and expectations of fact-based policies affect all disciplines; this has been obvious not only since the coronavirus pandemic. In this light, »science communication« and notions of »public science« have become independent and increasingly demanded elements of research and teaching. However, the disciplinary characteristics require differentiated analyses of this new development. The workshop on challenges and opportunities of science communication in the social sciences focused on the findings of (sociological) science research. This article documents the closing discussion.
Die Stellung von Subjekt und Akteur im Diskurs gehört zu den zentralen Problemen der Diskurstheorie. Der folgende Dialog dreht sich um die Schülerin Sarah, die sich mit ihren LehrerInnen (Szene 1), Eltern (Szene 2) und FreundInnen (Szene 3) über die Frage diskursiver Agency auseinandersetzt. Dabei wird sie mit strukturalistischen und poststrukturalistischen sowie pragmatisch-interaktionalen Perspektiven zur Frage konfrontiert, inwiefern Subjekte Diskurse produzieren oder umgekehrt Diskurse Subjekte hervorbringen. Der Dialog greift auf theoretische Positionen in den Sozial- und Sprachwissenschaften zurück, die in Gestalt fiktiver Personen performativ dargestellt und in Beziehung gesetzt werden. Dabei geht es um fundamentale Fragen der Diskurstheorie wie etwa: Wie ist sozialer Sinn zu sehen – als das Produkt einer Grammatik, die von den DiskursteilnehmerInnen ausgeführt wird, oder als das Produkt ihrer kreativen Praxis? Agiert das Subjekt als eine vernunft- bzw. wissensgeleitete Handlungsinstanz oder stellt es eine Illusion innerer Einheit dar, die in kontingenten diskursiven Akten vernäht wird? Inwiefern wird es zum Objekt hegemonialer Praktiken, die auf die Konstruktion einer sozialer Ordnung oder einer Sprachideologie zielen? Die zentrale Figur ist die siebzehnjährige Sarah, die als Tochter eines marokkanischen Vaters und einer deutschen Mutter in einem Gymnasium zwei Leistungskurse in Deutsch und Sozialwissenschaften besucht. Sie sieht sich auf Grund ihrer ungezügelten Intelligenz, ihrer rebellischen Art und ihrer interkulturellen Biographie in ihrer Schule tendenziell als eine Außenseiterin. In der Schule hat sie mit LehrerInnen "aus altem Schrot und Korn" zu tun. Mit ihren top-down pädagogischen Methoden stehen diese für ältere strukturalistische Tendenzen in der Soziologie und Linguistik. Ihre Eltern dagegen, die die pragmatisch-interaktionistische Wende in diesen Disziplinen personifizieren, sind von dem liberalen und kritischen Geist der 1970er Jahre getragen. Sarah ist kein Kind, das sich einfach mit den ...
Die Diskursforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten auch im deutschen Sprachraum als ein dynamisches Forschungsfeld etabliert. Ihre terminologische Vielfalt ist allerdings selbst für Spezialistinnen und Spezialisten kaum mehr zu überblicken. Dieses Wörterbuch – das erste seiner Art – kommt dem steigenden Bedarf nach Verständigung über disziplinäre Grenzen hinweg nach. Mit seinen 554 Einträgen deckt es die Breite der Diskursforschung in Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Erziehungswissenschaft und Geographie ab. Ein unentbehrliches Kompendium für jeden Diskursforscher ; info:eu-repo/semantics/published
Das Hauptaugenmerk des Beitrags liegt auf der Art und Weise, wie Sprachnutzer metapragmatische Marker anwenden, um sich als kritisches Subjekt zu positionieren. Zu diesem Zweck wird eine Streitschrift des Bologna-Kritikers und Pädagogik-Professors Dietrich Lemke analysiert, der kritisiert, wie der Bologna-Prozess in Deutschland durchgesetzt wurde. Die Analyse zeigt, wie großflächige Deutungsmuster – etwa Frames oder Logiken – durch den Gebrauch kleinformatiger metapragmatischer Marker als Strukturmuster sich in einem konkreten Text manifestieren und funktionieren. Metapragmatische Marker erlauben es SprachnutzerInnen, zwischen bevorzugten und zurückgewiesenen Diskursen, Identitäten und Praktiken zu unterscheiden. Mehr noch: Sie stellen eine Vorbedingung für die Äußerung politischen und kritischen Bewusstseins dar. Daher ermöglicht ein metapragmatischer Ansatz, Mikro- und Makroperspektiven auf Diskurse zu vernetzen und dadurch Diskurstheorie und Diskursanalyse durch Erkenntnisse aus dem Poststrukturalismus und der linguistischen Pragmatik zu verbinden. Zudem erlaubt es der hier skizzierte Denkansatz zu analysieren, wie Akteure sich innerhalb der Vielheit der Stimmen, Äußerungen und Praktiken, von denen sie denken, dass sie in der öffentlichen Sphäre wirksam sind, diskursiv verorten. Dieser Fokus auf die Art und Weise, wie soziale Akteure ihr reflexives und metapragmatisches Bewusstsein im Diskurs markieren, zwingt die WissenschaftlerInnen dazu, sich an den jeweils vorliegenden Text zu halten und Spekulation sowie Überinterpretation in der Untersuchung von Diskursen zu vermeiden. Die Analyse mündet in einem schematischen Überblick von Dietrich Lemkes reflexiver Kritik an der Durchsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland. ; info:eu-repo/semantics/published
Eine zentrale Aufgabe anwendungsorientierter Sozialwissenschaft ist die Transformation sozialwissenschaftlichen Wissens in gesellschaftliche Praxis. Der Praxisbezug von Sozialwissenschaft kann als Kommunikationsproblem zwischen Wissenschaftlern und Andwendern verstanden werden. Die Dialogprobleme zwischen den beiden Gruppen lassen sich an Hand unterschiedlicher Auffassungen über sozialwissenschaftlicher Handeln verdeutlichen. ; A major exercise of applied social science is the transformation of social science knowledge into social practices. The practical application of social science can be understood as a communication problem between scientists and those using social science research and results in political as well as day to day decision making. The dialogue Problems between the two groups are elucidated by the different views over what social science is or ought to be.
William Binney, ehemaliger technischer Direktor des US-Geheimdiensts National Security Agency (NSA), gewährt in seinem Vortrag einen Insidereinblick in die Überwachungsmöglichkeiten, die durch das Internet entstanden sind. Sein Vortrag unter dem Titel "The Internet, an Intrusive Surveillance System", gehalten am 21. Januar 2015, ist ein Zusatztermin im Rahmen der Ringvorlesung "Wer regiert das Internet? Regulierungsstrukturen und -prozesse im virtuellen Raum", die von der Arbeitsgruppe Netzpolitik, einem interdisziplinären Netzwerk von Nachwuchswissenschaftlern an der Ruperto Carola, durchgeführt wird. Die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden machten 2013 die Überwachungspraktiken des Geheimdienstes sowie verbündeter Dienste öffentlich bekannt. William Binney verließ die NSA bereits Ende 2001 aus Protest gegen die Datensammelpraxis nach den Terroranschlägen des 11. September und betätigte sich ebenfalls als früher Whistleblower zum Thema Überwachung. Im Sommer 2014 wurde er als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags befragt.
Multimedia ist mittlerweile auch in der Pädagogik und Psychologie zu einem wichtigen Gegenstandsbereich aufgerückt, nachdem man diese neue informationstechnologische Entwicklung zunächst den Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Wirtschaftswissenschaft, der Kommunikationswissenschaft u.a. überlassen hatte. Dabei widmet sich die Pädagogik, motiviert durch publizierte Besorgnisse von Politikern, Lehrern, Eltern und Erziehern, den neuen Medientechnologien eher unter medienerzieherischen Aspekten, während in der Psychologie eher die kognitiven Wirkungen und instruktionalen Verwendungsmöglichkeiten von Multimedia das Forschungsinteresse bestimmen. Aber auch die möglichen Einflüsse von Multimedia einschließlich Online-Datennetze auf Emotion, Einstellung und Kommunikationserleben findet mittlerweile höchste Aufmerksamkeit in der Psychologie. ; Multimedia has now also become an important subject area in education and psychology, after this new information technology development had initially been left to the engineering sciences, computer science, economics, communication science and others. In this context, pedagogy, motivated by publicised concerns of politicians, teachers, parents and educators, devotes itself to the new media technologies rather under media-educational aspects, while in psychology the cognitive effects and instructional uses of multimedia rather determine the research interest. But the possible influences of multimedia, including online data networks, on emotion, attitude and communication experience are now also receiving the greatest attention in psychology.
Wissenschaftskommunikation und gesellschaftliches Engagement mit der Wissenschaft wurden in den letzten Jahren wiederholt gefordert, insbesondere während der COVID-19-Pandemie. Die Akademien der Wissenschaften Schweiz haben daher die ExpertInnengruppe «Communicating Sciences and Arts in Times of Digital Media» mit einem doppelten Mandat eingesetzt: Erstens sollte sie den Status quo von Wissenschaftskommunikation und gesellschaftlichem Engagement mit der Wissenschaft in der Schweiz systematisch erfassen. Zweitens sollte sie Verbesserungspotenziale identifizieren und entsprechende Empfehlungen erarbeiten. Die Empfehlungen sind in dieser Broschüre zusammengestellt. Sie thematisieren die Rolle kommunizierender WissenschaftlerInnen, institutionelle Wissenschaftskommunikation, Wissenschaftsjournalismus und weitere Aspekte. Sie richten sich an Stakeholder und EntscheidungsträgerInnen aus Wissenschaft und Hochschulen, an Förderinstitutionen und Stiftungen, an Politik, Medienhäuser und andere Akteure. ; Akademien der Wissenschaften Schweiz (2021) Förderung der Wissenschaftskommunikation und des gesellschaftlichen Engagements mit der Wissenschaft in der Schweiz. Empfehlungen der ExpertInnengruppe «Communicating Sciences and Arts in Times of Digital Media» In Science in the Swiss Public. The State of Science Communication and Public Engagement with Science in Switzerland. Swiss Academies Reports 16 (8).
Im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts "MeWiKo - Medien und wissenschaftliche Kommunikation", das die Auswirkungen wissenschaftsjournalistischer Berichterstattung auf den innerwissenschaftlichen Impact von Publikationen untersucht, wurde im Januar 2020 eine vierwöchige Redaktionsethnographie im Science Media Center Germany (SMC) mit Sitz in Köln durchgeführt. Während dieser Ethnographie, die besonders an der Rolle und Struktur der intermediären Organisation interessiert war, brach erstmals COVID-19 in Europa aus. Diese unvorhersehbare Entwicklung führte dazu, dass im Oktober 2020 eine Folgeethnographie beim SMC durchgeführt wurde, die sich auf die Entwicklungen in der Redaktion seit der Pandemie fokussierte. Die wichtigsten Ergebnisse sind im Folgenden zusammengefasst: Das SMC ist eine redaktionelle, intermediäre Organisation zwischen Wissenschaft und Journalismus. Sein Hauptpublikum ist der Wissenschaftsjournalismus, den es durch die Bereitstellung wissenschaftlicher Expertise unterstützt, beispielsweise durch die Vorauswahl neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, das Identifizieren von öffentlich diskutierten wissenschaftlichen Themen und das Zusammenfassen komplexer Wissenslagen. Mithilfe der ethnographischen Daten konnten drei übergeordnete Ziele definiert werden, die die Arbeit des SMC prägen: Den praktischen Journalismus zu unterstützen; wissenschaftliche Themen von gesellschaftlicher Relevanz in den öffentlichen Diskurs bringen; den Stellenwert gesicherten wissenschaftlichen Wissens in Gesellschaft und Politik zu erhöhen. Wir konnten in unseren Ethnographien mehrere Redaktionsprozesse identifizieren: Gatewatching verschiedener wissenschaftlicher, medialer und politischer Quellen; Entscheidungsfindung über Berichterstattung basierend auf journalistischen, wissenschaftsimmanenten, strategischen und organisatorischen Kriterien; Erstellung und Verbreitung von Berichten. Die Position und Arbeit des SMC ist abhängig von flexiblen, vertrauensvollen Beziehungen zu Akteur:innen aus Wissenschaft, Journalismus und Gesellschaft. Als intermediäre Organisation muss das SMC flexibel auf externen Einflüssen in Journalismus, Wissenschaft und Gesellschaft regieren können. Es muss seine Arbeitspraktiken ständig an die Entwicklungen in diesen Bereichen anpassen, und auf dadurch neu entstandene Bedürfnisse eingehen können. Das SMC entwickelt sich ständig weiter. Es verändert sich als Organisation durch personelle Veränderungen, überarbeitet und erschafft redaktionelle Praktiken und innoviert Produkte. Das SMC nimmt in seinen Arbeitspraktiken mehrere intermediäre Rollen ein: Knowledge-Broker, Trust-Broker, Value-Broker. Insbesondere die letzten beiden Rollen waren während der COVID-19 Pandemie verstärkt wahrnehmbar. Das SMC tritt vermehrt als eigenständiger Akteur auf und nimmt eine zentrale Position in der Wissenschaftskommunikation ein, die über ihr Wirken in den Journalismus hinausgeht. ; As part of the BMBF joint project "MeWiKo - Media and Scientific Communication", two four-week newsroom ethnographies were conducted in January and October 2020 at the Science Media Center Germany (SMC), based in Cologne. During the first ethnography, which was particularly interested in the role and structure of the intermediary organization, the first cases of COVID-19 were detected in Europe. This unpredictable development led to a follow-up ethnography being conducted in October 2020, which focused on developments in the SMC-newsroom since the beginning of the pandemic. The dataset from both ethnographies contains 28 interviews, 42 field notes, 168 SMC publications. The main findings are summarized below: The SMC is an editorial, intermediary organization between science and journalism. The SMC main audience is science journalism, which it supports by providing scientific expertise, for example, by pre-selecting new scientific findings, identifying publicly debated scientific issues, and summarizing complex scientific knowledge. With the help of the ethnographic data, we were able to define three overarching goals that shape SMC work: To support practical journalism, to bring scientific topics with socio-political relevance into the public discourse, and to raise the status of qualitative, scientific knowledge in society and politics. We were able to identify several editorial processes in our ethnographies: Gatewatching of various scientific, media, and policy sources; decision-making about reporting based on journalistic, scientific, strategic, and organizational criteria; and the production of publications ad broadcasts. The position and work of the SMC depends on flexible, trusting relationships with actors from science, journalism, and society. As an intermediary organization, the SMC must be able to react flexibly to external influences in journalism, science and society. It must constantly adapt its working practices to developments in these fields and be able to respond to new needs that arise as a result. The SMC is constantly evolving. It changes as an organization through personnel changes, revises and creates editorial practices, and innovates products. The SMC assumes several intermediary roles in its work practices, defined by us as Knowledge-Broker, Trust-Broker, Value-Broker roles of which the latter two were particularly apparent during the COVID-19 pandemic. The SMC increasingly emerges as an independent actor, occupying a central position in science communication that extends beyond its impact into journalism.
Der Beitrag folgt der Annahme, dass Migrationspolitiken mit defizit- und problemorientierten Migrationsdiskursen verwoben sind. Die Kritik an vorherrschenden Migrationspolitiken müsste aus Sicht einer kritischen Migrationsforschung also auch an der Kritik dominanter Migrationsdiskurse ansetzen. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern der hiesigen Migrationsforschung eine Einmischung in politische, mediale und gesellschaftliche Öffentlichkeiten möglich ist bzw. wie diese wirkmächtig sein kann. Einmischung im Sinne verschiedener Spielarten der Wissenschaftskommunikation wird exemplarisch anhand der Arbeit dreier Akteure reflektiert: Annette Treibel, Klaus J. Bade und Gerald Knaus, die sich auf sehr unterschiedliche Weise in den öffentlichen Diskurs eingemischt haben. Es geht darum, aus diesen Beispielen zu lernen. Im Ergebnis zeigt der Beitrag, dass Wissenschaftskommunikation gründlich vorbereitet werden muss. (Kritische) Migrationsforscher* innen sollten sich – so das Plädoyer – trotz aller Risiken einmischen. Interfere! But how? Migration Research between Science Communication, Critical Policy Monitoring and Policy Advice The paper assumes that migration policies are interwoven with deficit- and problem-oriented migration discourses. From the perspective of critical migration research, the criticism of prevalent migration policies should therefore also be based on the criticism of dominant migration discourses. In the following, I study the extent to which local migration research is able to intervene in political, media and social public spheres and how this can be effective. Interference in the sense of different varieties of science communication is reflected exemplarily by the work of three actors: Annette Treibel, Klaus J. Bade and Gerald Knaus, who have interfered in the public discourse in very different ways. The point is to learn from these examples. As a result, the article shows that science communication needs to be thoroughly prepared. (Critical) migration researchers should – so the plea – interfere despite all risks.
Die Adorno-Forschung findet derzeit wachsendes Interesse im französischsprachigen Raum. Zwar wurde Adornos Denken in Frankreich spät und immer stückweise rezipiert, wobei vor allem seine Arbeiten zur Soziologie, Ästhetik und Philosophie herauszuheben sind, aber es wäre doch verfehlt zu glauben, dass es zu seinen Lebzeiten völlig übergangen worden wäre. Seine Beziehungen zu verschiedenen französischen Zeitschriften wie Diogène, Mercure de France, Preuves, Communications und Arguments sowie zu Gelehrten wie Edgar Morin, Kostas Axelos, Lucien Goldmann und anderen bezeugen, dass er in der Tat bestimmte Tendenzen des französischen Denkens bereits seit den 1950er Jahren stimuliert hat. Überdies legen seine Auftritte in der Sorbonne 1958 und im Collège de France 1961 Zeugnis ab von seiner Auseinandersetzung mit den intellektuellen Kreisen Frankreichs und insbesondere mit der Bedeutung der Heidegger'schen Philosophie für sie, mit einem Denken also, das sich ja als so entscheidend für die geistige Entwicklung des Frankfurter Philosophen und für die Erarbeitung der Negativen Dialektik erwiesen hat. Der Austausch und Dialog, der sich zwischen Adorno und Frankreich entfaltete, ist freilich keineswegs auf eine einfache Rezeption beziehungsweise eine Aktualisierung seiner kritischen Theorie beschränkt. Die Praktiken, die in Frankreich in der mehr oder weniger konfliktgeladenen Kontinuität seiner Pariser Auftritte entstanden, entwickelten sich sehr rasch in ganz spezifische Richtungen – man denke nur an die Fragment-Praxis in Arguments oder an die semio-anthropologische Faszination gegenüber der Kulturindustrie und der Massenkommunikation, wie sie sich um Intellektuelle wie Morin, Barthes und Friedmann in der Zeitschrift Communications herausbildete. Zwischen der Radikalisierung der Kritik an der Kulturindustrie in der Nachfolge der Adorno'schen Kritik und einer reformistischen Reaktion auf dieselbe, zeigen die Entwicklungen im französischen Denken eine ganze Reihe von Verwerfungen, die es ermöglichen, die Bedeutung des Dialogs mit der Frankfurter Philosophie und einer gewissen Taubheit ihr gegenüber richtig einzuschätzen. Im Gegenzug bildet die Beziehung, die sich allmählich zwischen dem deutschen Philosophen und Paris geknüpft hat – einer Stadt übrigens, die er als unbedeutend im derzeitigen industriellen und rationellen Entwicklungsprozess der modernen Gesellschaft ansah – , ein Schlüsselelement seines Denkens und Werkes und stellt gewissermaßen einen Raum bereit, der kritischen Abstand und philosophische Reflexion fördert. Praktisch jede seiner Auslandsreisen führt über Paris, wo er in der Tat eine Form intellektuell heiterer Gelassenheit und geistiger Obhut für das "staatenlose" Denken zu seinen Minima Moralia vorfindet. Adornos Pariser Aufenthalte schreiben sich in sehr verschiedenartige sozio-politische Kontexte ein und müssen in ihrer je eigenen Besonderheit gesehen werden, und zwar als Verbindungen eines selbst in Bewegung befindlichen Denkens zu einer jeweils anders sich darbietenden historischen und geografischen Situation. Wie also soll die Chronologie des Adorno'schen Werkes im Lichte der verschiedenen Pariser Aufenthalte und unter Berücksichtigung der jeweiligen Pariser Gesprächspartner, die seine theoretischen Ansichten und Interessen geprägt haben, neu überdacht werden? Inwieweit beeinflussten bestimmte Kontakte – wie etwa zu Jean Wahl und Georges Bataille 1937, zu Michel Leiris und René Leibowitz 1951 oder auch zu Samuel Beckett 1958 – möglicherweise sein Denken oder bezeugen im Gegenteil die Alterität beziehungsweise Isolation der französischen Kunstszene im Verhältnis zur deutschen Philosophie? So befragt, könnten vielleicht die Pariser Aufenthalte die bisweilen widersprüchlichen Verwerfungen, Umschwünge, Unsicherheiten und die intellektuellen Interessen Adornos neu beleuchten. Paris bleibt für ihn außerordentlich wichtig, weil ja dort die zwiespältigste und auch originellste Rezeption der deutschen Philosophie stattfand, von Hegel bis Heidegger über Marx, Schopenhauer und Nietzsche, also all der Denker, mit denen die Frankfurter kritische Theorie in Diskussion und Widerspruch steht. Die Vorträge im Collège de France stellen eine echte Phase der Vorbereitung, des Ausprobierens und des Gegeneinanderhaltens der Grundideen der Negativen Dialektik dar, zumal ja die drei in französischer Sprache gehaltenen Vorträge die jeweilige Basis mehrerer Teile dieses Adorno'schen Hauptwerks bilden. All diese verschiedenen Aspekte des Verhältnisses zwischen Adorno und Frankreich wollen wir vertiefen und dabei seine Rezeption zu Lebzeiten genauer erforschen, das heißt seine Pariser Auftritte und seine beruflichen und persönlichen Beziehungen zu den französischen Intellektuellen in den 1950er und 1960er Jahren; aber darüberhinaus soll auch seine posthume Rezeption untersucht werden. Wir schlagen folglich vor, im Rahmen dieser Studientage die Reflexion in zwei Hauptrichtungen zu lenken: - Eine erste Fragestellung richtet sich auf die Art und Weise, wie die französische Intellektuellenszene sich im Verhältnis beziehungsweise in Reaktion oder gar Gleichgültigkeit gegenüber der sich intensivierenden Rezeption Adornos in Frankreich entwickelt, und zwar von der Masseninformation und kommunikation über die Praktiken des Nouveau Roman bis hin zur strukturalen Semiologie. Inwieweit sind seine Auftritte, die Übersetzungen seiner Schriften und die Kommentare zu seinem Werk Antrieb beziehungsweise Hemmschuh der jeweiligen intellektuellen Strömungen in Frankreich gewesen? - Im direkten Anschluss an diese Fragestellung sollten die französischen Auftritte Adornos unseres Erachtens zugleich als in sich abgeschlossene Denkprozesse und als Neuanstöße zu einem dynamischen dialektischen Denken reflektiert werden. Daher gilt es, seine und die von ihm beeinflussten intellektuellen Arbeiten unter zweierlei Gesichtspunkten zu untersuchen: einerseits durch die Erforschung der Abhandlungen in ihrer je eigenen kontextuellen, philosophischen, raum-zeitlichen Singularität und andererseits durch ihre jeweilige Verortung im weiteren Raum der philosophischen Entwicklung, wobei sämtliche konkrete Praktiken des Diskurses, des Verhältnisses zum publizierten Werk, des formlosen Austauschs und der öffentlichen Rede mit einbezogen werden sollten, um zum Verständnis für die Bedeutung der deutsch-französischen Dialoge für Adornos Werk zu gelangen. ; Peer reviewed