Anglo-amerikanischer Consumerism und die Diskussion über Lebensstile in Deutschland
In: Gibt es einen deutschen Kapitalismus?: Tradition und globale Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft, S. 154-165
Thorstein Veblen gilt als Begründer der Theorie des symbolischen Konsums. Seine These war, dass der "demonstrative Konsum" (conspicious consumption) der Reichen die Funktion hat, die mit dem Reichtum verknüpfte soziale Macht symbolisch zum Ausdruck zu bringen. Die ursprünglich statischen Konsum- und Lebensstilhierarchien geraten damit in Bewegung. Es ist hier ein Mechanismus am Werk, der in der Konsumforschung als "Trickle Down-Effekt" beschrieben wird: Untergeordnete Schichten versuchen, ihren Status anzuheben, indem sie die Konsumgewohnheiten höherer Schichten nachahmen. Die Eliten reagieren darauf, indem sie ihre alten Statussymbole aufgeben und neue Moden entwickeln, durch die sie sich wieder von der Masse abheben können. Es entsteht eine sich selbst perpetuierende Dynamik der Konsummuster, durch die ursprünglich exklusive Güter immer stärker zu Massengütern werden. Der vorliegende Beitrag bezieht diesen Ansatz auf die Besonderheiten der deutschen Entwicklung.Die These, die vertreten wird, ist, dass sie vor allem in einer gewissen "Verzögerung" des Durchbruchs der modernen Konsumkultur bestehen. Diese Verspätung hatte zur Folge, dass auch die soziologische Reflexion über sie in Deutschland später als in Großbritannien und den USA einsetzte und hier die Form von "Lebensstil"- und "Milieutheorien" annimmt. Die Ausführungen bestätigen die These: Aus einer Vielzahl von Gründen erwiesen sich die überkommenen ständischen Hierarchien im Bildungs- und Berufssystem als ungewöhnlich stabil, sodass soziale Aufstiege vor allem aus den Unterschichten in die Mittelschichten, aber auch aus der Mittelschicht in die Oberschichten schwierig waren und vergleichsweise selten stattfanden. (ICA2)