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Die FDP hat zwei Seelen in ihrer Brust. Erstmalig mit ihrer Gründung nach dem 2. Weltkrieg ist es wenigstens vordergründig gelungen, linke und rechte Liberale seit Mitte des 19. Jahrhunderts in einer einzigen Partei zu organisieren. Die gegenläufigen Interessen beider Flügel auszutarieren war immer das größte innerparteiliche Problem der FDP. Wer diese Partei des Liberalismus... The post Hort des Liberalismus: FDP? first appeared on Blog der Republik.
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Forschungsministerin will Große Anfrage der Bundestagsopposition zum weiteren Vorgehen beim WissZeitVG "spätestens bis Ende Juni 2024" beantworten. Derweil kritisiert die Unionsfraktion die Themensetzung im Forschungsausschuss.
ANFANG OKTOBER HATTE die Bundestagsopposition von CDU/CSU eine Große Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, Überschrift: "Weiteres Vorgehen der Bundesregierung hinsichtlich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes" (WissZeitVG). Darin heißt es: "Aufgrund der fortschreitenden Zeit bedarf es aus Sicht der Fraktion der CDU/CSU nun dringend Klarheit, ob, wie, und wann die Regierungskoalition eine Novellierung des WissZeitVG vornehmen wird."
Jetzt ist bekannt geworden, welchen Zeitraum Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) gegenüber dem Bundestag für die Beantwortung in Aussicht gestellt hat. "Die Antwort wird ihnen spätestens bis Ende Juni 2024 zugehen", schrieb sie an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Acht Monate nach Fragestellung. 12 Monate nach Vorstellung des BMBF-Referentenentwurfs.
Rechtlich ist das nicht zu beanstanden. Die Bundesregierung muss Große Anfragen gar nicht beantworten. Und wenn sie es möchte, hat sie bis zu ein Jahr lang Zeit dafür. Politisch aber ist die Rückmeldung aus dem BMBF bemerkenswert – bedeutet sie doch, dass Stark-Watzinger die Frage nach dem weiteren Fahrplan zur Novelle erst beantwortet will, wenn sie nach den ursprünglichen Planungen längst da sein sollte.
"Bis Ende 2023", hatte etwa Stark-Watzingers parlamentarischer Staatssekretär Jens Brandenburg einst als Ziel genannt. Das war allerdings vor dem Hin und Her um die WissZeitVG-Eckpunkte im Frühjahr. Im April 2023 hatte Brandenburg dann zu Protokoll gegeben, das Jahresende 2023 sei immer nur "der frühestmögliche Zeitpunkt" gewesen, ein Gesetzesbeschluss hielt er hier im Blog nun "voraussichtlich im ersten Quartal 2024" für "erreichbar". Das allerdings war wiederum, bevor die Ampel-Fraktionen öffentlich einräumen mussten, bei einer zentralen Frage, der Postdoc-Befristung, keinen Konsens gefunden zu haben. Zuletzt sagte Brandenburg im Newsletter Research.Table, der Gesetzentwurf befinde sich weiter in Ressortabstimmung.
Und nun also eine Antwort zum weiteren Vorgehen bis spätestens Ende Juni 2024? Diese Fristangabe führte dazu, dass die Union das Thema der Großen Anfrage umgehend auf die Tagesordnung des Bundestages setzen ließ. Das wiederum ist ihr Recht, wenn die Bundesregierung nicht innerhalb von drei Wochen inhaltlich antwortet. Die Plenardebatte sollte eigentlich am Mittwoch, den 8. November stattfinden, wurde jedoch kurzfristig von der Agenda genommen. Das sei allerdings nur der aktuellen innen- und außenpolitischen Lage geschuldet, heißt es aus der CDU-/CSU-Fraktion, man werde die Aussprache bei nächster Gelegenheit nachholen.
Ampel-Ausweichmanöver im Forschungsausschuss?
Den Druck auf Stark-Watzinger versucht die Union derweil auch anderswo zu erhöhen. In einem Brief an Kai Gehring (Grüne), den Vorsitzenden des Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, haben sich führende Unions-Wissenschaftspolitiker jetzt über die Themensetzung in dem Gremium beklagt.
Die großen aktuellen Debatten zum inhaltlichen Kernbereich des Ausschusses fänden "zu oft und zu lange" anderswo statt, kritisierten Thomas Jarzombek und Stephan Albani am 31. Oktober. "Über Aktivitäten des BMBF erfahren die Ausschussmitglieder zu oft erst aus der Presse." Der Ausschuss komme seiner parlamentarischen Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung "nicht in dem gebotenen Maße" nach. "Zentrale bildungs- und forschungspolitische Vorhaben der Bundesregierung, die bereits öffentlich angekündigt wurden, finden sich in den aktuell in Abstimmung befindlichen Planungen nicht wieder."
Schützt die Ampel-Mehrheit bei der Themenplanung im Ausschuss die Bundesforschungsministerin, damit sie nicht mit ihrer – aus Sicht der Union – mageren Arbeitsbilanz öffentlich bloßgestellt wird? Zumindest ist das der Vorwurf, der kaum verhohlen aus dem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden Gehring spricht.
Als Themen, die nicht in der Themenplanung auftauchten, aber dahin gehörten, nennen die CDU-Politiker Jarzombek und Albani in ihrem Brief als erstes: "das für die Zeit nach der parlamentarischen Sommerpause angekündigte Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes", außerdem: "die Gründung der DATI inklusive inhaltlichem Konzept, die angekündigte große Strukturreform des BAföG und die inhaltliche Ausgestaltung der anstehenden Bund- Länder-Verhandlungen zu einem Nachfolgeabkommen zum DigitalPakt Schule."
Und sie fügen hinzu, es handle sich bei diesen und weiteren Themen "um zentrale Themen des Regierungshandelns im Bereich unseres Ausschusses. Insofern müsste die Auseinandersetzung mit diesen Themen im Interesse aller demokratischen Parteien sein." Auch an den Ausschussvorsitzenden persönlich richten sich die beiden. "Wir wären Ihnen dankbar", schreiben sie Gehring, "wenn Sie uns in diesem Sinne gegenüber der Bundesregierung noch stärker unterstützen und u.a. auf einen angemessenen wie tagesaktuellen Informationsfluss seitens des BMBF hinwirken würden."
Ausschussvorsitzender Gehring: Wünsche der Union umfassend berücksichtigt
Kein Wunder, dass Kai Gehring in seinem nur zwei Tage später versandten Antwortschreiben angefasst reagierte. Hat er doch nach eigenem Empfinden viel Energie darauf verwendet, die Ausschussarbeit agiler, transparenter und lebendiger zu gestalten. Die Fachausschüsse des Bundestages seien die "Maschinenräume unserer Demokratie", hatte er im Interview hier im Blog bekräftigt. Und ausgerechnet der Maschinenraum, für den er zuständig ist, soll jetzt seine Arbeit nicht ordentlich machen?
Gehring verweist in seiner Antwort an die CDU-Parlamentarier darauf, dass die Agenda der Ausschussberatungen von ihm nur moderiert, aber von den Obleuten der Fraktionen beschlossen werde. In den vergangenen zwei Jahren sei dies "einvernehmlich" gelungen. Übersetzt: Die Union erregt sich künstlich über eine Themenplanung, die sie selbst mitgetragen hat. Explizit fügt Gehring hinzu: "Den Aufsetzungswünschen der Unionsfraktion wurde dabei als stärkster Oppositionskraft seit Anbeginn der Wahlperiode umfassend Rechnung getragen."
Wobei der Konflikt um die Ausschussagenda nicht neu ist und im vergangenen Herbst schon einmal öffentlich geführt wurde. Allerdings hatten sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen Ende November 2022 dann tatsächlich auf eine gemeinsame Planung für das erste Halbjahr 2023 verständigt.
Gehring widerspricht insofern auch dem Vorwurf, die Regierungsvorhaben kämen nicht genug vor. "Einige der von Ihnen genannten Themen", schreibt er an die Adresse von Jarzombek und Albani, schienen "bereits mit dem Vorschlag der Koalitionsfraktionen für die kommenden Ausschusssitzungen abgedeckt zu sein". So sei beispielsweise ein Gespräch zur Lage der Studierenden vorgeschlagen, "in dessen Rahmen ein Austausch zur BAföG- Reform oder dem KfW-Studienkredit passend erscheint. Die Thematisierung des Digitalpakts im Rahmen eines der vorgeschlagenen, bildungspolitischen Gespräche wäre ebenfalls naheliegend." DATI sei mehrmals und erst kürzlich Beratungsgegenstand gewesen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz erwähnt der Ausschussvorsitzende hingegen nicht.
Die Ausschussplanung für die Monate Dezember und Januar steht derweil noch aus. Mal schauen, ob das WissZeitVG darauf auftauchen wird.
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5G - das Handynetz des Todes (futurezone.at)What are electromagnetic fields? (who.int)Idiopathic environmental intolerance attributed to electromagnetic fields (formerly 'electromagnetic hypersensitivity') (ncbi.nlm.nih.gov)5G-Mobilfunk und die Party der Verschwärungs-Schwurbler (quantenquark.com)5G: Das Versagen der Bundesregierung gefährdet unseren Wohlstand (SPIEGEL ONLINE)
Bildnachweise
Gerhard Schick CC-BY-SA-4.0Charlie Winter on Twitter
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Die Massenproteste gegen Rechts haben deutlich gemacht: Viele Menschen wollen dem Erstarken der extremen Rechten nicht länger zuschauen. Sie wollen eine demokratische Gesellschaft ohne Wenn und Aber. Dabei dürften die Proteste eher einen lautstarken Anfang als das Ende der Auseinandersetzungen markieren. Denn die Entwicklungen und Krisen, die der extremen Rechten den Nährboden bereiten, bestehen weiterhin. Der zivilgesellschaftliche Aufbruch ist dabei zugleich Angebot und Aufforderung an die Politik, eine andere Mitte zu finden, die sich von den nach Rechts schielenden Narrativen der "Besorgten Bürger" löst. Author information
Daniel Mullis
Dr. Daniel Mullis ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am PRIF im Programmbereich "Glokale Verflechtungen". Er arbeitet zu Krisenprotesten sowie zum aktuellen Rechtsrutsch in Europa. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit Neoliberalisierungsprozessen und Stadtentwicklung. // Dr Daniel Mullis is a Postdoctoral Researcher at PRIF's Research Department "Glocal Junctions". He works on crisis protests and the current shift to the right in Europe. He also works on neoliberalization processes and urban development. | Bluesky: @daenumullis.bsky.social
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Der Beitrag Aufstehen gegen Rechts – ein langer Weg zu gehen erschien zuerst auf PRIF BLOG.
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Haltung und Handeln: Wie sich die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften konkret für die Beförderung und Befestigung einer offenen, demokratischen Gesellschaft einsetzt. Eine Replik von Christoph Markschies.
Christoph Markschies ist Professor für Antikes Christentum an der Humboldt-Universität zu Berlin und Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Foto: BBAW, Pablo Castagnola.
UNTER DER ÜBERSCHRIFT "Bekenntnisse sind gut, Taten sind besser", hat Kristin Eichhorn, Literaturwissenschaftlerin an der Universität Stuttgart und eine der Initiatorinnen von "#IchbinHanna", am vergangenen Donnerstag in diesem Blog die Wissenschaft dazu aufgefordert, sich für die Demokratie und die offene Gesellschaft nicht nur mit Erklärungen einzusetzen, sondern sich ihrer Gefährdung und Aushöhlung auch aktiv entgegenzustellen. Sie schreibt: "Um effektiv für den Erhalt unserer Demokratie einzustehen, muss man sich der schleichenden Normalisierung von sie unterwandernden Tendenzen im Alltagshandeln aktiv und ständig entgegenstellen. Das ist unbequem und etwas völlig anderes als der übliche wissenschaftliche Diskurs. Es braucht also ein verändertes Auftreten, um nicht von den Ereignissen überrannt zu werden."
Wer wollte da widersprechen? Längst wird nicht mehr nur gegen eine offene Gesellschaft gehetzt, vielmehr werden konkrete Schritte gegen sie vorbereitet, und man muss befürchten, dass solche Positionen in unserem Land parlamentarische Mehrheiten gewinnen können. Es braucht also ohne Zweifel ein verändertes Auftreten. So wichtig die verschiedenen Erklärungen der Wissenschaftsorganisationen sind (unter dem Hashtag "#LauteWissenschaft" gesammelt), um sich immer wieder der eigenen Haltung zu versichern und sie öffentlich zu machen – auf die Taten kommt es in der gegenwärtigen Situation an, und an ihren Taten kann man die Haltung von Institutionen am besten erkennen.
Genau in diesem Sinne versucht die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften zu handeln: Gerade hat sie gemeinsam mit zahlreichen Menschen aus Politik und Wissenschaft, die zudem aus vielen europäischen Ländern stammen, ein Manifest "Reclaiming Europe" veröffentlicht, in dem nicht nur dazu aufgerufen wird, gemeinsam Europa aus den Händen derer zurückzuholen, die es in eine lose Gemeinschaft antiliberaler oder gar autoritärer Nationalstaaten verwandeln wollen. Vielmehr wird die Gründung eines transnationalen Netzwerks jüngerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bekannt gemacht, in dem gemeinsam agiert und ein verbreiteter Westzentrismus der Wissenschaft überwunden werden soll. Außerdem werden gemeinsame Forschungsprojekte angestoßen und finanziert. So sollen die demokratischen Kräfte durch konkrete wissenschaftliche Arbeit gestärkt werden.
Die Idee des Netzwerks entstand, weil die Trägerinstitutionen deutliche Konsequenzen aus ihrem Erschrecken über den Angriff Russlands auf die Ukraine, dem allgemeinen Entsetzen über autoritäre Tendenzen in Europa und dem oftmals mangelnden Wissen über unsere Nachbarn ziehen wollten. Das Netzwerk wird "Junges Netzwerk TransEuropa" heißen, weil es bei der Ukraine, den baltischen Staaten, Polen oder Ungarn nicht um "den Osten" geht. Diese Länder liegen, wie es im Manifest heißt, "im Norden, Süden und in der Mitte Europas und gehören allesamt zum Kern der europäischen Landschaft. Ihre komplexe Geschichte ist voller Verflechtungen".
Wissenschaft auf die Marktplätze und in die Fußgängerzonen
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften wirbt aber mit ihren Partnern nicht nur für den weiteren Aufbau des Jungen Netzwerks TransEuropa um möglichst viel Unterstützung, sondern organisiert gemeinsam mit anderen Wissenschaftsorganisationen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Hochschulrektorenkonferenz ein Programm, Wissenschaft auf die Marktplätze und in die Fußgängerzonen zu bringen, zunächst in den drei Bundesländern, in denen im Spätsommer Landtagswahlen anstehen. Mit dem "Salon Sophie Charlotte", einer jährlichen Großveranstaltung im Akademiegebäude, die mit ihren vielfältigen Formaten in diesem Januar erneut viele hundert Gäste angezogen hat, wurden wieder zentrale Fragen aufgegriffen, die nicht zuletzt auch Menschen bewegen, die dem gegenwärtigen demokratischen System bzw. der Wissenschaft skeptisch gegenüber stehen: der Klimawandel, die Transformationen der Gesellschaft, das Schicksal der Arbeitsgesellschaft. Ich halte das alles für konkrete Taten zur Beförderung und Befestigung einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
Zu den genannten Aktivitäten gehört auch das Nachdenken über unterschiedliche Versuche der Diskurskontrolle im deutschen Wissenschaftssystem, über das an der Akademie geforscht wird. Solche Forschung ist sicher kein Teil der "Diskurse der Undemokraten", die das Narrativ einer Cancel Culture nutzen, um den Raum des Sagbaren gegen die offene Gesellschaft schleichend oder offen zu erweitern. Es ist allerdings auch kein vorauseilender Gehorsam gegenüber problematischen Argumenten oder Strategien, wenn man den Debattenraum auch für Positionen innerhalb des demokratischen Spektrums offenhält, die man selbst so nicht oder nur partiell teilt, die aber diskutiert werden müssen. Und es ist schließlich auch kein kommunikativer Missgriff ins falsche Register, wenn man Menschen, die man als Teil der Wissenschafts-Community prinzipiell für diskussionsfähig hält, auf wissenschaftliche Publikationen hinweist. Es geht im Blick auf die Diskussion um die sogenannte Cancel Culture weniger um bekenntnishafte Abgrenzungen, als um wissenschaftliche Argumentation. Dazu hat eine Arbeitsgruppe der Akademie publiziert, und es wäre eher verwunderlich, wenn die Akademie nicht auf diesen eigenen Beitrag zur Debatte verweist, und dies in vorlaufender Sorge, dass ihre Kommunikation möglicherweise nicht jeden und jede erreicht.
Mir widerstrebt, diese Aufzählung von Aktivitäten unserer Akademie fortzusetzen, weil man sich für die Verteidigung der Demokratie natürlich nie genug einsetzen kann und trotz aller sorgfältigen Vorbereitung eigenen Handelns nicht ausgeschlossen ist, dass man die falsche Strategie gewählt hat und das, was man will, nicht richtig kommuniziert. Ich habe beispielsweise sehr viel für die Vorbereitung der Einsätze auf den Marktplätzen und in den Fußgängerzonen von Menschen gelernt, die ähnliche Initiativen teilweise seit Jahren unternehmen. Sie bewahren einen vor der Vorstellung, dass es allein mit dem Aussprechen einer wissenschaftlichen Wahrheit oder dem Bekenntnis zu bestimmten Grundprinzipien getan ist. Kommunikation ist der Ernstfall. Und diese Kommunikation sollte man nicht zu früh abbrechen, solange – wie die Fachleute sagen – noch über zwanzig Prozent unentschlossen sind, ob sie antidemokratisch wählen sollen oder nicht.
Am Ende liegt mir noch einmal daran, eine zentrale Übereinstimmung mit Kristin Eichhorn festzuhalten: Gerade, weil wir nicht vorsorglich in Deckung gehen wollen, ist es notwendig, sicherzustellen, dass die eigenen Taten von größtmöglicher Effektivität im Blick auf Strategie und Kommunikation geprägt sind, und nicht nur von Haltung und Bekenntnis. Letzteres sollte selbstverständlich sein, an erstem müssen wir alle noch arbeiten. Möglichst gemeinsam.
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Die Liberalen Hochschulgruppen fordern eine Erhöhung der Bedarfssätze, die das BMBF ablehnt. Derweil gerät dessen Zeitplan in Gefahr, denn gleich zwei andere Bundesminister haben einen Leitungsvorbehalt gegen die Pläne von Bettina Stark-Watzinger eingelegt.
DIE TERMINPLANUNG des BMBF war ehrgeizig. Anfang Januar hatte das Ressort von Bettina Stark-Watzinger (FDP) seinen Referentenentwurf präsentiert, am 7. Februar sollte die BAföG-Novelle bereits das Bundeskabinett passieren. Doch daraus wurde nichts. Gleich zwei andere Ministerien hatten in der Ressortabstimmung einen sogenannten Leitungsvorbehalt eingelegt: die Häuser von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und von Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Und während das BMBF mit dem Wirtschaftsministerium offfenbar inzwischen eine Einigung hat erzielen können, steht diese mit dem Bauministerium noch aus.
Dabei kam die straffe BMBF-Planung nicht von ungefähr. Die Uhr tickt: Der Beschluss der Bundesregierung muss bis Mitte März fallen, um sicherzustellen, dass der Gesetzgebungsprozess bis zum Sommer regulär mit dem zweiten Durchgang im Bundesrat enden kann. Dann träte die Novelle wie angekündigt zum August in Kraft. Diese Woche entfällt die Kabinettssitzung karnevalsbedingt, die nächste Möglichkeit für eine Befassung wäre dort also am 21. Februar.
Das Wirtschaftsministerium hatte auf eine Erhöhung auch der Bedarfssätze gedrängt. Die Einigung mit dem BMBF sieht nun vor, dass im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Entwurf ans Kabinett versandt wird, die Prüfung einer Erhöhung im parlamentarischen Verfahren noch einmal in Aussicht gestellt wird. Ein reiner Formelkompromiss also, denn genau eine solche Debatte hatten die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen ohnehin bereits angekündigt. Unklarer ist, worin genau die Vorbehalte von Geywitz bestehen, womöglich geht es hier auch um Kopplungsgeschäfte mit anderen Ampel-Gesetzesvorhaben. Im BMBF spricht man von einer "Blockade", die man bedaure. Man hoffe auf eine schnelle Aufhebung, damit die Reform rechtzeitig kommen könne.
BMBF-Pläne entsprechen nicht ihren Vorstellungen einer "umfassenden Reform", sagen LHG und RCDS
Unterdessen erntet die FDP-Ministerin Stark-Watzinger jetzt noch einmal Kritik aus dem eigenen Lager für die ohnehin schon vielkritisierte Reform. Der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) kritisiert in einer Erklärung zusammen mit dem Bundesverband des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die geplanten Änderungen entsprächen nicht ihren Vorstellungen einer "umfassenden Reform". Weitere Änderungen seien nötig, um das Studium "freier, unbürokratischer und fairer" zu gestalten, darunter eine weitere Entbürokratisierung und Digitalisierung der Antragsstellung.
Soweit, so bekannt aus der Stellungnahme, die der LHG bereits im Januar abgegeben hatte, als das BMBF seinen Referentenentwurf in die Hochschulcommunity verschickt hatte. Umso bemerkenswerter an der neuen Erklärung ist, dass nun auch die liberalen Studierenden gemeinsam mit ihren RCDS-Kollegen eine Nachbesserung bei den BAföG-Bedarfssätzen verlangen: "Wir fordern analog zum Bürgergeld einen automatischen Anpassungsmechanismus an die Inflationsrate, damit die Studenten in Zeiten der Verteuerung unterstützt werden."
Eine Erhöhung der Bedarfssätze im Rahmen der aktuellen Reform hatte das Bundesbildungsministerium jedoch wiederholt für nachrangig erklärt. "Im langfristigen Mittel sind die BAföG-Bedarfssätze stärker gestiegen als die Verbraucherpreise", sagte BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg (ebenfalls FDP) hier im Blog.
Das Ministerium verwies auf eine eigens in Auftrag gegebene Inflations-Wirkungsanalyse, die Mitte 2023 monatliche Ausgaben von 986 Euro für das Jahr 2024 prognostizierte – im Vergleich zu einem aktuellen BAföG-Höchstsatz von 934 Euro. "Insgesamt können voll geförderte Studierende mit Kindergeldanspruch also monatlich bis zu 1.184 Euro an staatlicher Unterstützung beziehen, während die Vergleichsgruppe im Schnitt lediglich 986 Euro monatlich ausgibt", sagte eine Sprecherin.
Einig sind sich die liberalen Studierenden mit der SPD-Bundestagsfraktion
Einig sind sich LHG und RCDS in ihrer Kritik dagegen, siehe oben, unter anderem mit der SPD-Bundestagsfraktion. Die fürs BMBF zuständige Haushälterin Wiebke Esdar sagte Ende Januar, sie hoffe, dass der BAFöG-Gesetzentwurf bald das Kabinett passiere, damit anschließend die parlamentarischen Beratungen beginnen könnten. "Dann werden unsere FachpolitikerInnen – eng abgestimmt mit denen im Haushaltsausschuss – in die Verhandlungen gehen. Die SPD wird für weitere Verbesserungen für die Studierenden kämpfen."
Der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek hatte es zuletzt gar als "zynisch" bezeichnet, "den Studierenden zu unterstellen, sie hätten am Monatsende ein erhebliches Plus gehabt. Das deckt sich nicht mit der Lebensrealität, insbesondere angesichts der Mieten in den großen Städten." Die Regierungskoalition müsse an dem gemessen werden, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde. "Von einem 'grundlegend reformierten BAföG' sehe ich nichts."
In ihrer Erklärung bezeichnen LHG und RCDS auch die Freibetragsgrenze für die Erwerbstätigkeit für "weiterhin reformbedürftig". Außerdem müsse das BAföG elternunabhängiger werden. Zwar sei zu begrüßen, dass Geschwister zukünftig bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt werden; die Abhängigkeit vom Rest der Familie bestehe jedoch weiter. "Es kann nicht sein, dass Studenten im Zweifelsfall gegen ihre Eltern klagen müssen, um BAföG zu erhalten", sagte der LHG-Bundesvorsitzende Jan-Lukas Gescher.
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Im Kampf für ein Klima der Offenheit und Freiheit sind die Hochschulen allein überfordert – weshalb den Bundesländern jetzt eine besondere Verantwortung zukommt. Ein Gastbeitrag von Stephan Seiter.
Stephan Seiter ist seit 2021 Mitglied des Bundestages für die FDP und Sprecher seiner Fraktion für Forschung, Technologie und Innovation. Bis zu seiner Wahl war er Professor für Volkswirtschaftslehre an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Foto: DBT/Stella von Saldern.
AN DEN DEUTSCHEN HOCHSCHULEN kam und kommt es aktuell zu Ausschreitungen und Vorfällen, die in ihrem Ausmaß, ihrer Intensität und ihrem Inhalt betroffen machen. Das Behindern von Rednerinnen und Rednern und die Gewalt insbesondere gegen jüdische Studierende gefährden das Klima der Offenheit und Freiheit des wissenschaftlichen Diskurses. Es geht um nichts Geringeres als die Verteidigung der nach Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten Freiheiten.
Insbesondere die Bundesländer müssen ihre legislative und exekutive Macht zur Durchsetzung der Wissenschaftsfreiheit einsetzen, allein sind die Hochschulen damit überfordert. An den folgenden Leitsätzen muss sich die Wissenschaftspolitik dabei meiner Auffassung nach orientieren:
1. "Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung." Der Verfassungsgrundsatz nach Artikel 5 des Grundgesetzes definiert die einzige legitime Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit. Die Wissenschaftsfreiheit schützt keine Verfassungsfeinde und ist zu jeder Zeit und insbesondere im Hochschulraum durchzusetzen.
2. Die Wissenschaftsfreiheit ist eine konstituierende Eigenschaft der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland. Die deutsche Geschichte – vom Nationalsozialismus bis hin zum DDR-Unrechtsstaat – lehrt uns: Freiheit und Demokratie brauchen eine unabhängige Wissenschaft. Sie ist ein unverzichtbarer Teil der wehrhaften Demokratie.
3. Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind unfrei, wenn Hochschulmitglieder im Rahmen ihrer Hochschulaktivität Hetze, Bedrohungen oder sogar Gewalt ausgesetzt sind. Die Bundesländer sind maßgeblich für die innere Sicherheit verantwortlich. Sie tragen auch die Verantwortung für die Sicherheit an Hochschulen. Zu diesem Zweck müssen Bund und Länder Beratungsstellen zur juristischen, psychologischen und kommunikativen Unterstützung bedrohter Wissenschaftler stärken und Täter mit allen Mitteln des Rechtsstaates zur Rechenschaft ziehen.
4. Die Länder sind in der Pflicht, ihre Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit den geeigneten rechtlichen Mitteln auszustatten, damit diese ihrer Aufgabe der Wahrung der Wissenschaftsfreiheit und Sicherheit an ihren Institutionen nachkommen können. Dazu zählt unter anderem die Möglichkeit der Zwangsexmatrikulation antisemitischer Gewalttäter.
5. Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen geprägt sein von einem Klima der Freiheit. Pauschale Selbstbeschränkungen der Wissenschaft, die über die verfassungsrechtlichen Beschränkungen hinausgehen, sind aus diesem Grund abzulehnen. Dazu zählen weitreichende Zivilklauseln.
6. Das Behindern von Lehr- und Diskussionsveranstaltungen durch Einschüchterungsversuche oder Gewalt sind keine Formen des legitimen Protests. Es ist die Aufgabe des Rechtsstaats, seine Bürger und Institutionen von derartigen illegitimen Formen des Protests zu schützen, zugleich müssen die Hochschulen aber auch konsequent die Unterstützung der Polizei in Anspruch nehmen.
7. Hochschulen müssen ein Ort des freien Austausches sein. Keine Theorie oder politische Ideologie – auch nicht der Postkolonialismus – hat einen Anspruch auf absolute Wahrheit. Studien und Berichte, die darauf hindeuten, dass Studierende und Forschende aus Angst vor Repressionen Selbstzensur betreiben, sind alarmierend. Diesen Entwicklungen muss die offene Gesellschaft konsequent mit Diskurs, Streit und Debatte begegnen.
Das deutsche Wissenschaftssystem ist für die Zeitenwende noch nicht gewappnet. Im Umgang mit einer neuen sicherheitspolitischen Realität sind deutsche Hochschulen fast machtlos einem Spannungsfeld aus öffentlicher Erwartung, dogmatischer Selbsteinschränkung und teils realitätsferner Landesgesetzgebung ausgesetzt. In allen Feldern ist es nun angesagt, sich verstärkt von der Freiheit leiten zu lassen.
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Der Referentenentwurf steckt seit Monaten in der Ressortabstimmung fest, doch keine Reform sei keine Option, sagt SPD-Forschungspolitiker Oliver Kaczmarek: "Das BMBF muss jetzt Kompromissvorschläge machen."
BUNDESFORSCHUNGSMINISTERIN Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte für Aufsehen gesorgt mit ihrer Ansage, möglicherweise erst Mitte nächsten Jahres zu sagen, wie es mit der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) weitergeht. "Bis Ende Juni 2024" werde dem Bundestag die entsprechende Auskunft zugehen, teilte sie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vor einigen Wochen mit.
Dass der BMBF-Referentenentwurf seit Juni 2023 in der regierungsinternen Ressortabstimmung feststeckt, ist doppelt ärgerlich. Erstens, weil Stark-Watzingers Ministerium sich zuvor trotz monatelanger Berichterstatter-Gespräche inklusive Extra-Schleife in einem zentralen Punkt, der Postdoc-Höchstbefristung, mit den Regierungsfraktionen der SPD und der Grünen nicht einig geworden war, also das parlamentarische Beratungsverfahren nochmal viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Doch kann das überhaupt erst beginnen, wenn die Ressortabstimmung durch ist und das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen hat.
Hinzu kommt zweitens, dass nicht wirklich der Eindruck entsteht, dass das BMBF beim Finden einer Lösung vorankommt. Dazu müsste es vor allem einen wirksamen Kompromiss mit dem Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) erarbeiten, das einen sogenannten Leitungsvorbehalt eingelegt hat. Die Bedenken im BMAS beziehen sich dem Vernehmen nach vor allem auf die im Referentenentwurf ausbuchstabierten Regelungen zur Tarifsperre. Die soll zwar gelockert, aber im Kern erhalten bleiben, was weiter eine Ausnahme von der Tarifautonomie bedeuten würde. Mit dem Ergebnis, dass wissenschaftliche Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiter keine alternativen Modelle etwa bei der Frage der Höchstbefristungsdauer vereinbaren dürften.
Offiziell halten sich sowohl BMAS als auch BMBF bedeckt. Aus dem BMAS heißt es, es sei guter demokratischer Usus, "dass wir regierungsinterne Gespräche nicht kommentieren. Dabei möchten wir es auch in diesem Fall belassen." Aus Koalitionskreisen ist indes zu hören, dass das BMBF dem BMAS bislang keinen Lösungsvorschlag vorgelegt habe. Eine Sprecherin des BMBF teilt lediglich mit, die Ressortabstimmung dauere noch an, "zur zeitlichen Planung werden wir uns daher nicht äußern."
Zumal jetzt bekannt wird, dass offenbar auch das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium einen Leitungsvorbehalt gegen den BMBF-Referentenentwurf eingelegt hat. Auch das BMWK bat auf Anfrage um Verständnis, "dass wir laufende Ressortabstimmungen nicht kommentieren können".
Kompromissräume zugemacht
Ungeduldig wird derweil nicht nur die CDU-/CSU-Fraktion, die per parlamentarischer Anfrage hatte wissen wollen, wie es mit dem WissZeitVG weitergeht, sondern auch das Lager der "#IchbinHanna"-Initiative.
Zumal das BMBF zwar weiter nichts zum weiteren Zeitplan bis zum Kabinettsbeschluss sagt, dafür aber schon mal mögliche Kompromissräume mit den Regierungsfraktionen zumacht. Kurz nachdem bekannt geworden war, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages eine Befristungshöchstquote, als verfassungskonform eingestuft hatte, erteilte die Pressestelle des Ministeriums der Idee bereits im Research.Table eine Absage: Sie sei nicht "wissenschaftsadäquat" und "nicht umsetzbar". Eine Befristungshöchstquote könnte, so hoffen ihre Befürworter, den Konflikt um die Höchstbefristungsdauer entschärfen, weil sie Anteile befristeter und unbefristeter Stellen vorschreiben würde.
Amrei Bahr von "#IchbinHanna" kritisierte diese Argumente indes als fadenscheinig, offenbar fehle es dem BMBF am nötigen Vorstellungsvermögen und dem politischen Willen. "Die Diskussion um die Befristungshöchstquote lässt sich nicht mehr aufhalten, und das ist auch gut so", schrieb Bahr in ihrem Newsletter. "Nun wird es Zeit, die Energie in die Debatte über ihre Ausgestaltung zu stecken."
"Gesetzliche Regelung oder Freiräume für die Tarifparteien"
Auf den offensichtlichen Stillstand reagiert jetzt auch der Koalitionspartner SPD und erhöht den Druck auf Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger, denn offenbar fürchtet man auch dort ein Aussitzen. "Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht zu reformieren, ist keine Option", sagt der forschungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Oliver Kaczmarek auf Anfrage. "Aber die Novelle muss strukturelle Verbesserungen beinhalten." In der öffentlichen Debatte sei klar geworden, dass die Postdoc-Phase der Knackpunkt sei. "Umso wichtiger ist aus meiner Sicht, jetzt die unterschiedlichen Positionen zu einem tragbaren Kompromiss zusammenzuführen. Dazu muss das BMBF Kompromissvorschläge machen."
Dass im Referentenentwurf eine Anschlusszusage enthalten sei, die den Übergang zu einer Dauerbeschäftigung ausbuchstabiert, sei bereits "ein echter Paradigmenwechsel". Aber sie müsse deutlich früher möglich sein als erst nach vier Jahren. "Hierfür braucht es entweder gesetzliche Regelungen oder Freiräume für die Tarifparteien." Fest stehe, so Kaczmarek: "Die Betroffenen warten auf die Novelle. Umso wichtiger ist, das Gesetzgebungsverfahren bald zu ermöglichen und sich in Regierung und Parlament aufeinander zuzubewegen."
Das mit dem Aufeinanderzubewegen in der Regierung kann man freilich auch als Ansage unter anderem in Richtung von Kaczmareks Parteifreund Hubertus Heil im BMAS deuten. Doch die Federführung hat das BMBF. Jetzt muss nur noch das mit der Führung kommen.
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Die Debatte um "#IchbinHanna" ist in den Hintergrund gerückt, die WissZeitVG-Novelle lässt auf sich warten. Könnte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages neuen Stoff geben?
Screenshot des WissZeitVG-Erklärvideos von YouTube.
ES WAREN SCHON bessere Zeiten für die "#IchbinHanna"-Initiative. Hohe Befristungsquoten und unsichere Karriereaussichten sind schon länger nicht mehr das große wissenschaftspolitische Debattenthema. Das hat mit den internationalen Krisen zu tun, vor allem aber auch viel mit dem Spardruck, unter dem die Haushalte von Bund und Ländern stehen. Die Kosten der Corona-Krise und der Energie-Notpakete schlagen zu Buche, die schlechte Konjunktur tat auf der Einnahmeseite ihr Übriges, und jetzt wirft das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 die Budgetplanungen von Bund und – oft übersehen, aber teilweise noch heftiger – Ländern über den Haufen. Da kann man es schnell als Luxus-Diskussion abtun, wenn junge (und nicht mehr so junge) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
Das wäre indes ein grundlegender Irrtum. Denn auch wenn die Rhetorik vieler Wissenschaftslenker immer noch impliziert, es handle sich bei "#IchbinHanna" um eine sozialpolitische Diskussion oder, negativer formuliert, vorrangig um den eigennützigen Lobbyismus der Betroffenen (der, nur nebenbei gesagt, zu den meisten demokratischen Aushandlungsprozessen gehört), so ist die Wahrheit doch komplexer: Die Wirtschaftskrise ändert nichts am Fachkräftemangel, umgekehrt aber macht der Fachkräftemangel die Wirtschaftskrise noch schlimmer. Und je stärker die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften in der Wirtschaft zunimmt, desto größer wird der Wettbewerbsnachteil der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wenn sie ihren Beschäftigten nicht mehr zu bieten haben. Dann kehren ausgerechnet die Motiviertesten, die Talentiertesten und Agilsten der Wissenschaft den Rücken. Attraktive Jobs "unterhalb" oder "neben" der Professur nützen also nicht nur denen, die sie sich aufgrund ihrer Leistung verdienen, sondern vor allem profitiert die Wissenschaft selbst, weil sie wettbewerbsfähiger wird.
Wie stark die Debatte aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, der allgemeinen sowieso, aber auch der wissenschaftspolitischen, ist freilich auch daran zu erkennen, dass das BMBF der Unions-Opposition neulich mitgeteilt hat, dass es zum weiteren Vorgehen beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) möglicherweise erst Mitte 2024 Auskunft geben will. Weder scheint man im Ministerium noch Zeitdruck zu spüren, noch einen (prompt ausgebliebenen) Aufschrei der Szene zu befürchten. Auch der von den Gewerkschaften ausgerufene Hochschulaktionstag am 20. November inklusive Warnstreiks blieb außerhalb der Szene weitgehend ohne Widerhall.
Hebel zur Debatten-Wiederbelebung
Womöglich hat der Wissenschaftliche Dienst (WD) des Bundestages den Befürwortern einer grundlegenden Reform nun einen neuen Hebel zur Debatten-Wiederbelebung gegeben. In einem bereits Ende September verfassten, aber erst jetzt in der Breite bekannt gewordenen Gutachten bescheinigt der WD, dass eine Befristungshöchstquote wohl verfassungskonform wäre, sowohl formell als auch materiell. Eine solche Forderung war in der Debatte ums WissZeitVG immer wieder aufgetaucht, hatte aber in die vom Ministerium vorgelegten Eckpunkte keinen Eingang gefunden. Kein Wunder: Die Hochschulen und Forschungsinstitute lehnen sie (fast) geschlossen als dirigistisch ab.
Doch der WD führt auf einem guten Dutzend Seiten überzeugend aus: Nicht nur hätte der Bund die hochschul- und arbeitsrechtliche Kompetenz für eine solche Regelung. Zugleich würde sie zwar tatsächlich Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit und Autonomie der Wissenschaftseinrichtungen, ihre Ressourcenallokation und personalpolitische Selbstbestimmung bedeuten, genauso in die Wissenschaftsfreiheit (Teilhabechancen) künftiger Wissenschaftlergenerationen. Doch wären solche Eingriffe – in bestimmten Grenzen – gerechtfertigt, um die Berufsfreiheit, die Wissenschaftsfreiheit und die Karrierechancen der gegenwärtigen Postdocs zu schützen. Wie eine solche Befristungshöchstquote praktisch ausgestaltet werden könnte und auf welcher Ebene sie angesiedelt sein sollte, damit sie funktioniert und die unterschiedlichen Interessen zum Ausgleich bringt, müsste man diskutieren. Einen Vorschlag hatte zum Beispiel Tobias Rosefeldt bereits im März 2023 hier im Blog formuliert.
Keiner behauptet, dass der Umbau einfach wird. Geht es doch nicht nur um einen grundlegenden Umbau der Karrieresysteme, um die Etablierung transparenter und verlässlicher Kriterien auf dem Weg zur Dauerstelle, es geht genauso um die Bereitschaft der Professoren, auf die bisherigen Abhängigkeitsstrukturen zu verzichten. Zugleich braucht es die Akzeptanz auf Seiten der jungen Wissenschaftler, dass mehr Tenure Track und mehr Dauerstellen zwangsläufig mit anderen Evaluationen als bislang einhergehen. Evaluationen, in denen das Nichtweiterkommen genauso die Regel sein wird wie der Einstieg in die Entfristung. Sonst wird ein solches System nicht funktionieren, und die Skepsis der wissenschaftlichen Arbeitgeber wären nur zu berechtigt.
Fest steht: Zwar ergibt eine Debatte über eine Befristungshöchstquote unabhängig von einer WissZeitVG-Novelle Sinn. Gelänge es jedoch tatsächlich, eine ernsthafte Diskussion über das Für und Wider anzuzetteln, könnte es sogar noch zur Gelegenheit werden, dass der Gesetzbeschluss zum WissZeitVG auf sich warten lässt. Wenn, ja wenn, die Ampelfraktionen im Bundestag bereit sind, noch einmal ein bisschen Staub aufzuwirbeln.
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Wie gehen Deutschlands Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen mit dem Nahostkonflikt um? Wie mit Antisemitismus und einer extrem aufgeheizten politischen Stimmungslage? Eine Analyse.
"AN DEUTSCHEN HOCHSCHULEN ist kein Platz für Antisemitismus", sagte Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) am Tag nach der HRK-Mitgliederversammlung Mitte November 2023. Die Hochschulen müssten Orte sein, an denen sich Jüdinnen und Juden wohl und sicher fühlen können, "ohne Wenn und Aber". Die Erklärung, die Rosenthal diesmal im Namen aller HRK-Mitgliederhochschulen abgab, war nicht seine erste, und sie kam fünf Wochen nach dem Terrorangriff auf Israel.
Dennoch kam sie genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn seit Hamas-Terroristen am 7. Oktober die Grenzanlagen überwunden und wahllos Männer, Frauen und Kinder misshandelt und ermordet und rund 240 Geiseln in den Gaza-Streifen verschleppt hatten, war viel passiert. In Israel, im Gazastreifen, aber auch auf dem deutschen Hochschulcampus. Die HRK zählt auf: "Unverhohlene Drohungen mit körperlicher Gewalt, das Anbringen von Plakaten oder Graffiti sowie Kundgebungen, die den Terror der Hamas gutheißen, die Opfer ausblenden oder aufrechnen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen und Jüdinnen und Juden insgesamt angehen und einschüchtern sollen".
Erste Einigkeit bröckelte schnell
Dabei hatte es direkt nach den Hamas-Verbrechen so ausgesehen, als würde Deutschlands Wissenschaftscommunity in großer Einigkeit reagieren. Vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) über die Allianz der Wissenschaftsorganisationen bis hin zu Studierendenverbänden und Hochschulen überall im Land: Die Verurteilungen der Untaten waren fast immer ohne Zögern und Relativierungen, unmissverständlich, mitfühlend und zugleich kämpferisch ausgefallen. "Wir stehen solidarisch an der Seite des Staates Israel. Wir gedenken der Israelis und der Menschen aus aller Welt, die dem Terror der Hamas zum Opfer gefallen sind. Unser Mitgefühl gilt ihren Familien und Freunden, insbesondere auch unseren Kolleginnen und Kollegen an den israelischen Universitäten und am Weizmann Institute of Science", schrieben etwa Max-Planck-Gesellschaft und Minerva-Stiftung am 11. Oktober 2023. "Sehr klar" und "außergewöhnlich" nannte denn auch etwa die Vizepräsidentin für Internationales der Universität von Tel Aviv, Milette Shamir, im Research.Table die deutschen Reaktionen.
Während die Hochschulleitung der Hebräischen Universität in Jerusalem den amerikanischen Elite-Unis Stanford und Harvard vorwarf, diese hätten "uns im Stich gelassen". Die ersten Erklärungen der beiden US-Universitäten hätten trotz der extremen Immoralität der Hamas-Terrorakte nicht klar Täter und Opfer benannt. Das Ziel, eine geschlossene Hochschul-Gemeinschaft zu erhalten, sei von Stanford und Harvard über die eindeutige Verurteilung des Bösen gestellt worden, so der Vorwurf aus Jerusalem.
Weitere Aufregung verursachte ein Brief des studentischen "Harvard Undergraduate Palestine Solidarity Committee", demzufolge allein das "israelische Regime" mit seinem "Apartheid"-System die Verantwortung trage für alle kommende Gewalt. 33 weitere Harvard-Studierendengruppen setzten ihre Unterschrift darunter. Woraufhin unter anderem der frühere US-Finanzminister und ehemalige Harvard-Präsident Larry Summers auf der Plattform "X", vormals Twitter, kommentierte, dieses Statement mache ihn krank: Das "Schweigen der Harvard-Leitung" verbunden mit dem Brief der Studierenden sorge dafür, dass Harvard "bestenfalls neutral" dastehe angesichts der "Terrorakte gegen den jüdischen Staat Israel".
Den richtigen Ton treffen
Es sollte nur ein paar Tage länger dauern, bis die Auseinandersetzungen um die Einordnung der Ereignisse in Israel und Gaza dann doch die deutsche Wissenschaft erreichten. So löschte die Hochschule Düsseldorf (HSD) Mitte Oktober 2023 einen Instagram-Beitrag, in dem sie ihre Solidarität mit Israel erklärt hatte, nachdem die antisemitischen Kommentare darunter überhandnahmen. In einer neuen Version, diesmal ohne Kommentarfunktion, sprach die Hochschule dann von einer politischen Diskussion, die zum Teil "in Ton und Inhalt nicht angemessen war". Der Post sei so verstanden worden, "dass nur das Leid der Menschen in Israel gesehen wird. Aber die HSD steht selbstverständlich an der Seite aller Opfer von Krieg und Gewalt." Ein Schritt hin zur nötigen Ausgewogenheit – oder das Einknicken vor dem Mob?
Fest steht: In den Chef*innen-Etagen vieler deutscher Wissenschaftseinrichtungen war in den vergangenen Wochen die Sorge groß, nicht den richtigen Ton zu treffen. Man möchte in der jetzigen politischen Lage alles richtig machen, aber was heißt das? Das Ergebnis waren mitunter gleich klingende, schablonenhaft ähnliche Formulierungen.
Eine blutige Nase wiederum holte sich der Potsdamer Universitätspräsident Oliver Günther, als er – nach einem ersten sehr klaren Solidaritätsstatement zugunsten Israels – einen verunglückten Versuch der vermeintlichen Differenzierung unternahm. Günther kritisierte die durch die israelische "Besetzung verursachten prekären und teilweise menschenunwürdigen Lebensumstände weiter Teile der palästinensischen Bevölkerung" und fügte hinzu: "Offensichtlich ist auch, dass sich diese Probleme nicht durch eine aggressive Siedlungspolitik und Schikanen gegen die Zivilbevölkerung – schlicht: Gewalt jeglicher Art lösen lassen. Ganz im Gegenteil führen solche Maßnahmen, wie wir vor wenigen Tagen gesehen haben, nur zu mehr Gewalt." Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kommentierte flugs im Berliner Tagesspiegel: "Was Israel in diesen schweren Stunden nicht braucht, sind Schuldzuweisungen, Belehrungen, Relativierungen oder gar Versuche einer Täter-Opfer-Umkehr ausgerechnet aus Deutschland."
Trauerfeier eskaliert
Besonders eindrücklich sind die Ereignisse, die sich in den vergangenen Wochen an der Universität Kassel zugetragen haben. Ein autonomes AStA-Referat hatte einen Film zeigen wollen, der ausschließlich Position für Palästina ergreift. Was die Hochschulleitung um Unipräsidentin Ute Clement untersagte. Als wenig später die Jüdische Hochschulunion einen Stand auf dem Campus aufbaute, inklusive Israel-Flagge, kochte die Stimmung hoch. Umso mehr, als bekannt wurde, dass ein früherer Kasseler Student mitsamt seiner Familie im Gazastreifen getötet worden war, laut "Palestinian Lives Matter" bei einem israelischen Angriff.
Clement erlaubte eine Trauerfeier auf dem Campus unter der Auflage, sie nicht zu einer politischen Kundgebung zum Konflikt zwischen Israel und Palästina zu missbrauchen. Clement hielt sogar eine Rede. "Zuerst sah es so aus, als würde es eine würdige Veranstaltung bleiben, dann wurde sie aber doch gekapert." Ihre Palästinensertücher hatten Teilnehmer nach Aufforderung der Unipräsidentin während deren Trauerrede noch abgenommen. Als dann Redner doch gegen Israel zu agitieren begannen, stellte Clement das Mikrofon ab. Später erklärte die Hochschulleitung, sie sehe ihr "Vertrauen missbraucht".
"Morgens, mittags und nachts", denke sie seitdem über sie Situation nach, sagt Clement, ihr sei dabei immer klarer geworden: Es gebe bei dem Thema in Deutschland ein Schisma, auch an den Hochschulen. "Da sind Menschen meiner Generation, etwas jünger und älter, die alle ihr Leben lang gesagt haben: Nie wieder. Und die jetzt fassungslos vor dem stehen, was Juden in Israel und anderswo geschieht. Und da sind viele Studierende und Angehörige der jungen Generation, viele mit arabischen Wurzeln, aber nicht nur, die das für einseitige Parteinahme halten und das Gefühl haben, ihre Stimme werde in dem Konflikt nicht gehört. Die uns Älteren, die wir an das Existenzrechts Israels als deutsche Staatsräson glauben, vorwerfen, wir würden in unserem Rassismus nicht das Leid der getöteten Kinder in Gaza und anderswo sehen.“
Sie sei erschrocken über solche Wahrnehmungen, sagt Clement, aber es sei wichtig, ihnen einen Rahmen zu geben, um Radikalisierungen zu verhindern. "Genau das sehen wir als Hochschulleitung jetzt als unsere Aufgabe: eine gewaltfreie Debatte ermöglichen, die auf der Grundlage von Argumenten und Fakten stattfindet." Weshalb sie auf dem Zentralcampus jetzt zwei Banner aufgehängt haben, auf Deutsch und auf Englisch, mit den Grundsätzen, die für alle gelten sollen. Unter anderem steht da: "Klar muss sein: Wir schauen nicht weg, wenn Menschen leiden. Das Existenzrecht Israels wird nicht in Frage gestellt. Das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat wird nicht in Frage gestellt." Jede Form des Terrors sei abzulehnen, jegliche NS-Vergleiche verböten sich. "Genau wie jede Form von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit." Der gesamte Uni-Senat stehe dahinter, sagt Clement. Was sie sich wünscht: dass sich alle Hochschulen in Deutschland gemeinsam einen solchen Diskursrahmen geben.
Hitzige Töne und gegenseitig Vorwürfe
Und tatsächlich lud HRK-Präsident Walter Rosenthal direkt nach der HRK-Mitgliederversammlung zu einer weiteren virtuellen Austauschrunde ein "mit einem besonderen Fokus auf Maßnahmen zum Schutz von jüdischen Studierenden sowie auf die Moderation von Konflikten auf dem Campus". Wie hatte er in seiner Erklärung gesagt: "Wir dulden keine Gewalt, weder verbal noch physisch, keinen Antisemitismus, keinerlei Ausgrenzung – auch nicht gegen Studierende und Mitarbeitende palästinensischer Herkunft, die sich aktuell ebenfalls Sorgen machen." Und er fügte hinzu: Das Miteinander an einer Hochschule und die produktive Diskussion auf und neben dem Campus beruhten auf wechselseitigem Respekt, der Wahrung wissenschaftlicher Grundsätze, auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Einhaltung der Gesetze.
Doch statt produktiven Diskussionen und wechselseitigem Respekt gibt es seit Wochen hitzige Töne und gegenseitige Vorwürfe. Etwa als die Staatsekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Sabine Döring auf "X" kritisierte, die international bekannte US-Philosophin Judith Butler kontextualisiere in einem Meinungsbeitrag das "Opfer" Hamas, aber nicht den "Täter" Israel. "So kommt – trotz ‚Ich verdamme den Terror der Hamas‘ — am Ende eben doch eine Relativierung desselben heraus". Und Döring, zugleich Philosophieprofessorin an der Universität Tübingen, fügte hinzu: Wenn man Butlers "hehre Vision" umsetze, würde der Staat Israel empirisch aufhören zu existieren und jüdisches Leben würde aus der Region rückstandsfrei getilgt.
Dörings Post löste Zustimmung, aber auch empörte Reaktionen in der Wissenschaftsszene aus. Der Historiker Ben Miller bezeichnete es ebenfalls auf "X" als "intellektuell grotesk, wenn jemand, insbesondere eine Deutsche, auf die Arbeit einer jüdischen Philosophin, die in der jüdischen intellektuellen Tradition arbeitet, mit dem Vorwurf reagiert, sie würde das jüdische Leben nicht genug wertschätzen". Was Döring pessimistisch resümieren ließ: "Sehen Sie, das ist genau der Grund, warum wir keine Chance mehr haben, miteinander einen fruchtbaren Diskurs zu führen."
Ein praktisches Ausrufezeichen der Verbundenheit mit Israel setzte derweil die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und vereinbarte mit ihrer israelischen Partnerorganisation Israel Science Foundation (ISF) eine weitere Stärkung ihrer Zusammenarbeit. Zu den Zielen gehört, die gemeinsame Förderung deutsch-israelischer Forschungsprojekte zu ermöglichen und die Ausarbeitung eines bilateralen Begutachtungsverfahrens. DFG-Präsidentin Katja Becker betonte, das sogenannte Memorandum of Understanding sei bereits vor dem Terrorangriff der Hamas ausgearbeitet worden. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Israel und in der Region bekommt die Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit nun zusätzliche Bedeutung, auch als Zeichen der Solidarität."
Dieser Artikel erschien zuerst im DSW Journal 4/2023.
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Der neue Max-Planck-Präsident Patrick Cramer über Nachholbedarf bei der Postdoc-Förderung, Deutschlands Standortschwächen, die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft – und notwendige Veränderungen aus eigener Kraft.
Patrick Cramer ist Biochemiker und Molekularbiologe und seit 22. Juni 2023 Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Fotos: Christoph Mukherjeee/MPG.
Herr Cramer, können Sie in wenigen Sätzen beschreiben, was für Sie die Mission der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ausmacht?
Die MPG betreibt Grundlagenforschung auf international höchstem Niveau und steht dazu mit der ganzen Welt in Kontakt. Sie rekrutiert von überall her die besten Talente, vor allem gibt sie den Forschenden die größtmögliche Freiheit und finanzielle Sicherheit, damit sie auch riskante Forschungsprojekte über einen langen Zeitraum durchführen und so bahnbrechende Ergebnisse erzielen können.
Ich behaupte, das hätte schon Adolf Harnack so ähnlich formuliert, und der war der erste Präsident des MPG-Vorläufers Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vor mehr als 100 Jahren.
Ja, das ist ein altes Credo, dass herausragende Forscherpersönlichkeiten der Dreh- und Angelpunkt unseres Erfolgs sind, dass wir Personen fördern und deren Ideen – und nicht Forschungsprogramme. Aber natürlich ist im Laufe der Jahrzehnte vieles dazugekommen, und noch mehr haben wir jetzt vor. Lassen sie mich mit einer Sache anfangen, die mir persönlich wichtig ist: Wir wollen uns als Forschungsgesellschaft weiter öffnen. Dazu gehört, unsere Karrierewege zu reformieren, wir wollen unsere jungen Forscher noch besser fördern, ihnen neue Optionen und Perspektiven ermöglichen.
Das hört sich natürlich erstmal gut an mitten in der Debatte um die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Aber was heißt das konkret?
Wir werden ein interdisziplinäres Postdoc-Programm etablieren, um die Phase zwischen der Promotion und dem Eintritt in die unabhängige Forschung zu füllen. Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Wir wollen unsere Forschungsnetzwerke und Standorte weiterentwickeln, wir wollen die Digitalisierung vorantreiben und als Forschungsgesellschaft unsere Verantwortung für eine demokratische Gesellschaft wahrnehmen. Dazu gehört, über unser bisheriges Verständnis von Wissenschaftskommunikation hinauszugehen. Wir haben sehr viele Expertinnen und Experten in unseren Reihen, die wir ermutigen wollen, zu aktuellen und gesellschaftspolitisch relevanten Themen ihre Stimme zu erheben. Und wir wollen zeigen, dass bei uns alle willkommen sind: alle Nationalitäten, alle Geschlechter – alle, die zu unseren Zielen beitragen wollen und unsere Werte teilen.
Patrick Cramer, Jahrgang 1969, studierte in Stuttgart und Heidelberg, er war Doktorand am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Grenoble und Postdoc an der Stanford University. 2001 erhielt er eine Tenure-Track-Professur für Biochemie an der LMU München. Zwischen 2004 und 2013 leitete er als das LMU-Genzentrum, bevor er 2014 als Direktor der Abteilung "Molekularbiologie" am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen startete. Von 2022 an fungierte er als geschäftsführender Direktor des neu gegründeten MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften. Im Juni 2022 wurde er zum Präsidenten der MPG und Nachfolger von Martin Stratmann gewählt.
Wenn Sie junge Forscher möglichst früh in die unabhängige Forschung begleiten wollen, wenn sie sich explizit neue Optionen und Perspektiven für Postdocs auf die Fahnen schreiben – verabschieden sie sich damit nicht endgültig von genau jenem Grundprinzip der Max-Planck-Gesellschaft, das Sie am Anfang beschrieben haben und das den Namen Harnacks trägt? Die Institute wurden traditionell um die von Ihnen erwähnten herausragenden Forschungspersönlichkeiten gebaut, damit die sich als Direktoren voll ausleben konnten – die maximale Freiheit, aber die maximale Freiheit nur für die Chefs.
Das kommt darauf an, wie Sie das Harnack-Prinzip definieren. Von der Ausgangslage vor dem Zweiten Weltkrieg, als ein Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft von einem Direktor – und ich benutze bewusst nur die männliche Form – geleitet wurde, haben wir uns inzwischen weit entfernt. Seit Jahrzehnten gibt es Direktorien oder Kollegien an der Spitze der Institute, und fast ebenso lange gibt es Nachwuchsgruppenleitungen, die ebenfalls unabhängig agieren können.
Wenn Sie die Postdocs in Max-Planck-Instituten fragen, werden viele davon auch heute noch sagen, dass sie abhängen vom Willen und Goodwill der Direktoren.
Ich glaube, diese Einschätzung stimmt in der Regel so nicht, und man muss unterscheiden. Wenn jemand eine Promotion anstrebt, geht es gar nicht anders, dann braucht es einen Mentor oder eine Mentorin, mit der er oder sie das Promotionsprojekt erarbeitet. Da braucht es Betreuung, das ist ein Beginn in Abhängigkeit, aber dann schwimmen sich die jungen Leute zunehmend frei. Genau das habe ich auf meiner Tour gesehen und gehört. Ich habe in den vergangenen Wochen alle 84 Max-Planck-Institute bereist, ich habe mit sehr vielen Doktoranden und Postdocs in separaten Runden gesprochen, und überall haben die jungen Leute eigentlich dasselbe gesagt: dass sie unter dem Strich überwiegend sehr zufrieden sind mit ihrer Arbeitssituation, mit den Entfaltungsmöglichkeiten, die sie haben. Natürlich gibt es arbeitsrechtlich betrachtet immer jemanden, der ihnen gegenüber weisungsbefugt ist. Doch ist die Kultur an den allermeisten Instituten inzwischen so, dass die jungen Leute sich in einer recht großen Freiheit entfalten können und trotzdem natürlich zu gemeinschaftlichen Forschungszwecken beitragen.
"Meine wichtigste Botschaft lautet: Ich nehme diese Ergebnisse ernst."
Dass die die große Mehrheit, 83 Prozent, der Postdocs angeben, zumindest einigermaßen glücklich zu sein, gehörte auch zu den Ergebnissen einer neuen Umfrage von PostdocNet, der Interessenvertretung der Postdoktorandinnen und -doktoranden der MPG. Gleichzeitig berichtete aber auch mehr als die Hälfte der befragten Postdocs, leichte depressive Symptome zu haben, kaum weniger klagten über leichte Angstzustände, und mehr als ein Fünftel zeigten laut Umfrage Anzeichen einer mittelschweren bis schweren klinischen Depression. Wie passt das zusammen?
Als die Studie herauskam, war ich zwar noch nicht MPG-Präsident, aber ich habe trotzdem gleich die Vertreter unseres PostdocNet angeschrieben und sie bei meinen Institutsbesuchen getroffen. Wir haben vereinbart, dass wir uns, sobald ich im Amt bin und die Sommerpause vorbei ist, zusammensetzen und noch einmal in Ruhe über die Ergebnisse sprechen – und über das, was wir tun können, um die Situation weiter zu verbessern. Meine wichtigste Botschaft lautet: Ich nehme diese Ergebnisse ernst, wobei ich nicht weiß, wie groß das Problem tatsächlich ist, da nur jeder vierte Postdoc in der MPG an der Umfrage teilgenommen hat.
Was bedeutet das?
Ich will mit dem Positiven anfangen. 76 Prozent der Befragten können sich vorstellen oder haben fest vor, in der Wissenschaft zu bleiben. Das ist ein erstaunlich hoher Wert, den Sie anderswo sicher nicht so finden würden. Das heißt: Wer als Postdoc zu uns in die MPG kommt, will Wissenschaft, und das auf Dauer. Das ist doch großartig, und das verpflichtet uns, mit diesen hochmotivierten Talenten sorgsam umzugehen. Wir müssen ihnen Karrierewege innerhalb und außerhalb der MPG aufzeigen, und zwar weit über die Option einer Professur hinaus.
Wenn ich Sie richtig verstehe, entstehen die Depressionen und die Ängste dann dadurch, dass die hochfliegenden Pläne vieler Postdocs irgendwann auf die real existierende MPG-Wirklichkeit treffen?
Nein, das sage ich nicht. Bevor ich MPG-Präsident wurde, habe ich ein sehr großes Institut in Göttingen geleitet mit rund 1000 Mitarbeitenden, und bei einer solchen Zahl gibt es immer einzelne Menschen, die medizinische Hilfe brauchen – nach persönlichen Schicksalsschlägen, nach Todesfällen in der Familie zum Beispiel. Und dann kam in den vergangenen Jahren die Corona-Pandemie hinzu. Ich muss gerade an eine Doktorandin denken, die aus ihrem Heimatland in den Tropen zu uns wechselte, mitten in den kalten, grauen Göttinger Winter hinein, und dann begann der Lockdown. Sie musste wie alle in ihrem Zimmer sitzen ohne Austausch mit anderen Menschen. Die PostdocNet-Umfrage reflektiert also möglicherweise ein Stückweit auch diese Vereinsamung, die gerade junge Menschen in dieser Zeit erlebt haben – kombiniert mit einer Zukunftsangst, die ich ganz grundsätzlich in der Generation beobachte angesichts von Klimakrise und einer veränderten internationalen Sicherheitslage. Insofern ist die seelische Lage vieler Doktoranden ein Spiegelbild dessen, was wir auch anderswo in der Gesellschaft sehen.
"Mein Ziel ist, dass von den Direktorinnen und Direktoren bis hin zu den Gruppenleitern alle, die Personalverantwortung tragen, sensibilisiert und achtsam sind."
Das klingt jetzt aber schon so, als würden Sie die Verantwortung der MPG für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter herunterspielen.
Keineswegs! Aber diese Probleme sind ja auch in anderen Umfragen in den vergangenen Jahren zutage getreten. Haben wir schon gehandelt? Die Antwort ist: ja. In unserem Intranet, zu der alle Menschen mit einer MPG-Mailadresse Zugang haben, gibt es eine komplette und meines Erachtens sehr gut gemachte Seite zur körperlichen und seelischen Gesundheit. Ein sehr niedrigschwelliges Angebot bis hin zu einer Notfallnummer, die rund um die Uhr erreichbar ist, wenn man sich mal richtig schlecht fühlt. Dieses Element der Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitenden will ich weiter stärken. Mein Ziel ist, dass von den Direktorinnen und Direktoren bis hin zu den Gruppenleitern alle, die Personalverantwortung tragen, sensibilisiert und achtsam sind, dass sie Mitarbeiter, die Auffälligkeiten und Anzeichen einer Erkrankung zeigen, ansprechen und auf Hilfsangebote hinweisen.
Nur dass mitunter die Vorgesetzten genau das Problem und die Ursache von seelischen Problemen sein können. In den vergangenen Jahren sind mehrfach Fälle von mutmaßlichem Machtmissbrauch und Mobbing in der MPG an die Oberfläche gekommen.
Erstens: Wir müssen unsere jungen Leute gut behandeln. Zweitens: Dass das ganz überwiegend geschieht, habe ich auf meiner Reise gesehen. Wenn wir die MPG als Ganzes nehmen, haben wir über 24.000 Mitarbeitende und darunter mehr als 1000 Führungskräfte. Dass es einzelne Vorgesetzte gibt, die sich nicht korrekt verhalten, die ihre Macht missbrauchen, das wird sich leider nie ganz verhindern lassen. Aber ich halte es für unzulässig, aus wenigen Einzelfällen Rückschlüsse auf die Allgemeinheit zu ziehen.
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Sie sollten aber Rückschlüsse ziehen, indem Sie die Strukturen in der MPG anpassen.
Unsere Strukturen müssen wir immer anpassen, einfach weil sich auch die Welt um uns herum verändert. Als Forschungsgesellschaft haben wir hier eine Führungsrolle. Vergangene Woche erst habe ich ein dreistündiges Seminar geleitet für elf neu berufene Direktorinnen und Direktoren, die Mehrheit übrigens Frauen und aus dem Ausland. Letzteres ist wichtig in dem Zusammenhang: Unsere Mitarbeitenden kommen aus unterschiedlichen Kulturen und unterschiedlichen Teilen der Welt, auch deshalb müssen wir unsere Führungskräfte schulen. Mit zu den ersten Briefen, die ich als Max-Planck-Präsident unterschrieben habe, gehörte die Begrüßung neu eingestellter Forschungsgruppenleiter inklusive der dringlichen Einladung, an den entsprechenden Schulungen teilzunehmen. Zu diesen präventiven Maßnahmen gehören auch verpflichtende Umfragen an allen Instituten, die von unabhängigen Stellen durchgeführt werden und von allen Mitarbeitenden anonym beantwortet werden können. Es geht um die Bewertung von Arbeitsklima, Arbeitsumfeld, Arbeitsbedingungen und Vorgesetzten. Es gibt darüber hinaus auch die Möglichkeit, offen auf bestimmte Missstände und Sorgen hinzuweisen. Anlaufstellen dafür sind die Ombudspersonen, die wissenschaftlichen Fachbeiräte, die im Rahmen der Fachbeiratsbesuche in Abwesenheit der Führungskräfte mit Doktorandinnen und Doktoranden sowie den Postdocs sprechen. Wir haben zudem eine Anwaltskanzlei, die ebenfalls unabhängig von der MPG Beschwerden entgegennimmt und diese dann auf Wunsch auch erst einmal nur anonym an uns weitergibt. Und wenn dann konkrete Vorwürfe von Fehlverhalten auftreten, haben wir drittens transparente Regeln für standardisierte Verfahren entwickelt – inklusive externem Rat und ohne Einwirkung des Präsidenten, der bei allen Untersuchungen und ihrer Bewertung bewusst außen vor bleibt.
"Die Phase nach der Promotion ist die Zeit im Leben, in der man für ein paar Jahre frei forschen kann – wenn man einen guten Chef hat. Und damit es in der Hinsicht weniger auf Glück ankommt, wollen wir eine Struktur schaffen."
Vorhin haben Sie angekündigt, die Karrierewege für Postdocs zu reformieren, ihnen neue Optionen und Perspektiven ermöglichen zu wollen – vor allem in Form eines neuen interdisziplinären Postdoc-Programms. Das klingt nach einem großen Rad: Es gibt 2.400 Postdocs in der MPG.
Wir haben erkannt, dass wir an der Stelle Nachholbedarf haben. Wir haben sehr gute Promotionsprogramme mit einer guten Betreuung und klaren Regeln. Doch nach der Promotion folgt eine Phase, in der vieles unklar ist. Dabei sind genau das die Jahre, in denen sich entscheidet, ob ein junger Mensch in der Wissenschaft bleibt oder etwas Anderes macht. Hier wollen wir ansetzen mit unserem neuen Programm, wir wollen Orientierung und einen klaren Rahmen bieten, ohne dass es zu einer Verschulung kommt. Das wäre auch widersinnig, denn die Phase nach der Promotion ist die Zeit im Leben, in der man mal für ein paar Jahre frei forschen kann. Zumindest kann sie das sein – wenn man einen guten Chef hat. Und damit es in der Hinsicht weniger als bislang auf Glück ankommt, wollen wir eine Struktur schaffen. Erstens: Jeder Postdoc soll neben seinem direkten Vorgesetzten einen zweiten Mentor, eine zweite Mentorin aus einem anderen Max-Planck-Institut erhalten. Das fördert die Interdisziplinarität, ermöglicht aber auch den so wichtigen Blick von draußen: Wie entwickeln sich die Postdocs? Erhalten sie die Unterstützung, die sie brauchen? Zweitens: Wir führen eine Mindestvertragslaufzeit ein. Mir wären drei Jahre am liebsten, und dann nochmal drei, aber es kann sein, Stichwort Wissenschaftszeitvertragsgesetz, dass wir bei zwei plus zwei Jahre landen.
Sie wollen also wie bisher sechs Jahre Postdoc-Befristung und dann erst den möglichen Einstieg in einen Tenure Track, der wiederum nur die Aussicht auf eine Dauerstelle enthält? Die Unterstützer von "#IchBinHanna" sehen in einem solchen Konzept eine Verschlimmbesserung der gegenwärtigen Lage.
Da verstehen Sie mich falsch. Das eine hat nichts mit dem Anderen zu tun. Das neue Postdoc-Programm für die sogenannte R2-Phase und unsere Tenure-Track-Auswahlverfahren für R3 sollen parallel laufen. Das heißt: Sie können sich jederzeit, wenn Sie soweit sind, aus dem Postdoc-Programm heraus dafür bewerben. Natürlich in transparenter Konkurrenz mit ausgezeichneten jungen Forschenden auch von außerhalb der MPG. Je nach Fächerkultur kann es sein, dass Sie dann nur für sechs oder neun Monate R2-Postdoc sind, in den Computerwissenschaften etwa, wo die guten Leute oft kurz nach der Promotion in Tenure-Track-Programme gehen. Während es in den Rechtswissenschaften oder in vielen geisteswissenschaftlichen Fächern, in denen die Leute erst Monografien schreiben müssen, um sich zu bewerben, mehrere Jahre dauern kann.
Und wozu dann die Unterteilung in zwei befristete Verträge?
Weil es in der Mitte des Programms eine Karriereberatung geben muss, um eine Entscheidung zu fällen, wie es weitergeht. Wir planen auch einen Workshop, zentral im Harnack-Haus in Berlin. Das Ziel ist, dass sie sich nach zwei oder drei Jahren Postdoc mit der Frage auseinandersetzen, wo genau sie ihre Zukunft sehen, auch außerhalb der akademischen Welt. Haben sie schon mal darüber nachgedacht, eine Firma zu gründen? Wie genau funktioniert das eigentlich? Oder wäre es eine Option, an eine internationale Einrichtung zu gehen? Welche kämen da überhaupt in Frage? Oder doch der Wechsel in die Wirtschaft?
Viele werden das Gefühl haben, Sie wollten sie loswerden.
Darum geht es nicht. Wir wollen aber, dass unsere Postdocs die vielen Optionen sehen und verstehen, die sie haben – innerhalb und außerhalb der MPG, innerhalb und außerhalb der Wissenschaft. Wir wollen sie mit Max-Planck-Alumni zusammenbringen, die von ihren Karrierewegen berichten und Rat geben können. So dass dann die zweite Vertragslaufzeit zu einem Sprungbrett wird: Für einige, die wissenschaftlich Talentiertesten, um sich auf ihren Einstieg in die Spitzenforschung vorzubereiten, über besagte R3-Stellen. Aber natürlich werden, wenn wir ehrlich sind, diejenigen, die in der akademischen Welt bleiben, immer in der Minderheit sein, und noch weniger werden ihre wissenschaftliche Laufbahn in der MPG durchleben. Und das ist gut und richtig, denn die Übrigen werden anderswo in der Gesellschaft und Wirtschaft gebraucht und erfolgreich sein.
"Wir wollen keinen Missbrauch, keine Kettenverträge, bis jemand 50 Jahre alt ist. Solche Fälle gab und gibt es, und die halte ich für unverantwortlich."
Ist das, was Sie da durch zusätzliches Mentoring und Workshop-Coachings erreichen wollen, nicht eigentlich ureigenste Aufgabe eines guten und engagierten akademischen Vorgesetzten? Gerade auch das Führen ehrlicher Gespräche über die langfristige wissenschaftliche Eignung von Postdocs?
Ich habe solche Gespräche immer mit all meinen Postdocs geführt, und dabei ist das Wichtigste, dass man sich als Vorgesetzter möglichst freimacht von seinen eigenen Interessen, die Leute einfach möglichst lang in den eigenen Projekten weiterforschen zu lassen. Erst recht, wenn man vielleicht längst weiß, dass es für den einen oder die andere höchste Zeit wäre, sich nach einer alternativen Karriereoption umzuschauen – bevor sie so alt sind, dass es immer schwieriger wird, außerhalb der Wissenschaft unterzukommen. Das ist unsere Verantwortung als Direktorinnen und Direktoren, als Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter. Als MPG wollen wir künftig nur ein bisschen mehr nachhelfen, indem wir langjährige Verträge und die Zweiteilung in der Mitte zum Standard machen, damit es nicht mehr zu diesem Automatismus immer neuer Vertragsverlängerungen kommt. Wir wollen keinen Missbrauch, keine Kettenverträge, bis jemand 50 Jahre alt ist. Solche Fälle gab und gibt es, und die halte ich für unverantwortlich. Ganz unabhängig von dem, was in einem Wissenschaftszeitvertragsgesetz steht.
Ganz am Anfang unseres Gesprächs haben sie gesagt, die MPG betreibe Grundlagenforschung auf international höchstem Niveau und rekrutiere von überall her die besten Talente. Die aus Frankreich stammende Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier, seit 2015 bei Max Planck, sagte neulich der FAZ, dass sie zwar nirgends so lange gewesen sei wie in Deutschland – dass sie aber in der CRISPR-Forschung "nicht mehr wettbewerbsfähig" sei. Vor allem nicht gegenüber den USA und ganz besonders nicht, wenn es um die Rekrutierung des Personals gehe. Der dortige Enthusiasmus sei ansteckend. "Hier funktioniert das anders", fügte Charpentier hinzu, "und am Ende ist es zu spät, wenn das Schiff längst losgesegelt ist." Hört sich das für Sie auch so an, als würde sich Frau Charpentier per Zeitungsinterview von Max Planck wegbewerben?
Nein, ich kenne Emmanuelle Charpentier gut, und ich sehe nicht, dass sie ihre Kritik auf die MPG bezogen hat. Sie leidet unter der derzeitigen Situation wie wir alle in der deutschen Wissenschaft. Es ist sehr schwer, Fach- und Führungskräfte zu gewinnen, und in der Mitte Berlins, wo sie arbeitet, ist es nochmal schwieriger. Und wenn es darum geht eine neue Technik auch in die Anwendung zu bringen, mobilisieren die US-Amerikaner viel schneller viel mehr Geld. Wo sie sicher auch Recht hat: In den USA und in China entstehen gerade Monopolstrukturen in der Künstlichen Intelligenz. Wir haben zwar immer noch einige der absolut führenden KI-Forscher bei uns, werden in Europa aber durch die geltenden Regelungen beschränkt. Immerhin tut sich anderswo, in der Grünen Gentechnik, auf EU-Ebene nach 20 Jahren politischen Diskussionen etwas, wir könnten nach einer Liberalisierung der Vorgaben wieder Anschluss finden an den internationalen Wettbewerb.
Das ging mir zu schnell. Wenn Forschende wie Emmanuelle Charpentier die mangelnde Dynamik in Deutschland beklagen, beziehen sie sich nicht auch auf die wissenschaftlichen Institutionen? Hand aufs Herz: Ist die MPG in all ihrer Tradition und ihrem Stolz auf das Erreichte noch hungrig genug?
Und ob wir hungrig sind. Ich erlebe diese Neugier überall, wo ich hinkomme. Sie ist unsere Triebfeder. Ich habe bei meinen Institutsbesuchen gesehen, wie Liebgewonnenes aufgegeben wird, wie unsere Wissenschaftler bereit sind, den nächsten großen Schritt zu gehen, ihre Forschungsrichtung zu ändern. Als Präsident habe ich mir vorgenommen, durch die Berufungen, die ich vornehme, noch stärker als bislang neue Forschungsfelder zu erschließen. Und dabei will ich wegkommen von der Frage, die immer zuerst kommt.
Die da lautet?
"Wie wollt ihr das denn finanzieren?" Meine Antwort: Wir dürfen nicht beim Geld anfangen, sondern bei den Ideen. Wir müssen fragen, was jetzt in diesem Moment am dringendsten erforscht werden muss. Dann lande ich zum Beispiel bei der großen Frage nach der Interaktion von Menschen und Maschinen. Wie entstehen emergente Eigenschaften in Maschinen, die wir als Menschen nicht programmiert, nicht beabsichtigt haben? Wie lernen und verhalten sich Maschinen, wie verändern sie sich auch im Umgang mit uns Menschen, mit der Gesellschaft? Es gab noch nie eine Technologie, die so eng an den Kern des Menschseins herankam, und das ist nur ein Beispiel für ein riesiges Forschungsfeld an der Grenze zwischen Technik-, Geistes- und Sozialwissenschaft. Wenn wir diese tollen Ideen haben, müssen wir da entschieden reingehen, unabhängig von den finanziellen Wechselwirkungen.
"Wir werden als MPG unsere Bedürfnisse moderat, aber mit der nötigen Transparenz formulieren – und zugleich unsere Verantwortung für die Gesellschaft wahrnehmen."
Die aber ja nun einmal da sind. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) muss nächsten Jahr sparen. Zwar erhalten die MPG und die anderen außeruniversitären Forschungsgesellschaften ihren üblichen Budgetaufwuchs von drei Prozent, aber die politischen Widerstände gegen den zugrundeliegenden Pakt für Forschung und Innovation (PFI) nehmen offenbar zu. Sorgt Sie das?
Wir sind dankbar, dass wir Teil des Paktes sind. Und wir gehen davon aus, dass die Politik ihr Versprechen, ihn bis Ende des Jahrzehnts fortzusetzen, einhält. An der Stelle will ich, ohne Forderungen zu stellen, lediglich darauf hinweisen, dass die drei Prozent mittelfristig keinesfalls reichen werden, um den Status Quo zu halten angesichts von Inflation und der Explosion der Energiekosten. Ich hoffe, dass sich das in den kommenden Jahren, wenn die Preissteigerungen wieder niedriger werden, etwas ausgleicht. Unabhängig davon haben wir aber selbst Spielräume, die ich nutzen will: Ein Drittel unserer Direktorinnen und Direktoren wird bis 2030 ausscheiden, das gibt uns die Möglichkeit zu den Berufungen, von denen ich eben sprach. Wir können und werden also aus der Substanz heraus handeln. Aber natürlich gibt es Bereiche, wo wir ohne zusätzliches Geld nicht gestalten können. Wenn wir bei KI wirklich vorn dabeibleiben wollen, braucht es irgendwann ein deutsches oder europäisches Rechenzentrum, das eine Größenordnung größer ist als alles, was wir jetzt haben. Und wenn wir das mit der Nachhaltigkeit ernst nehmen und bis spätestens 2035 als Forschungsgesellschaft klimaneutral sein wollen, wird das nur über ein Sonderprogramm für die energetische Sanierung gehen. Das ist bei den Universitäten und den anderen Forschungsorganisationen nicht anders. Zugleich sollten wir als Wissenschaft aber moderat auftreten mit unseren Forderungen in der aktuellen Lage.
Warum?
Weil wir doch sehen, wie enorm belastet der Staatshaushalt ist nach der Corona-Pandemie und angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Und weil es nicht nur die Wissenschaft, sondern auch andere Bereiche unserer Gesellschaft gibt, die genauso dringend Unterstützung benötigen. Ich denke hier vor allem an den Bildungssektor. Darum werden wir als MPG unsere Bedürfnisse moderat, aber mit der nötigen Transparenz formulieren – und zugleich unsere Verantwortung für die Gesellschaft wahrnehmen.
Sie wollen Ihre Wissenschaftler ermutigen, sich mit ihrer Expertise stärker an gesellschaftlichen Debatten zu beteiligen. Haben Sie den Eindruck, dass die MPG ihre Kompetenz abseits der klassischen Wissenschaftsdiskurse unter Wert verkauft hat?
Es ist ja nicht so, dass wir uns in der Vergangenheit nie geäußert, dass wir die gesellschaftlich-politische Entwicklung nicht immer schon mitgeprägt hätten. Der erste Kontakt zwischen Israel und Deutschland nach dem Krieg entstand zwischen dem Weizmann-Institut und der Max-Planck-Gesellschaft: Otto Hahn reiste damals mit einer kleinen Delegation nach Israel. Auf dieser langen Tradition des gesellschaftlichen Engagements wollen wir aufbauen. Aber wir wollen schneller werden. Meine Idee ist, dass wir dafür je nach Thema einen unterschiedlichen Kreis von Expertinnen und Experten zusammenbringen. Bleiben wir beim Beispiel Israel und dem aktuellen Verfassungsstreit. Wir wollen jetzt Stellung beziehen und uns solidarisch zeigen mit unseren wissenschaftlichen Partnern vor Ort. Darum habe ich Max-Planck-Wissenschaftler eingeladen, die sich mit Israel auskennen, damit wir uns beraten können. Das ist ein Beispiel, wie wir rasch ein Meinungsbild erstellen können, ohne jedes Mal alle Wissenschaftlichen Mitglieder der MPG befragen zu müssen. Meine Aufgabe als Präsident wird sein, dieses Meinungsbild möglichst schnell in die Öffentlichkeit zu transportieren. Auf die Debatten, die dadurch entstehen, freue ich mich.
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Da mache er sich überhaupt keine Sorgen, kommentiert der Bildungsforscher Olaf Köller Forderungen, aus dem internationalen Schulvergleich auszusteigen: "Nicht wissen zu wollen, was ist, passt nicht in die heutige Zeit." Zur Kritik von Lehrerverbänden an Andreas Schleicher sagt Köller, in der Substanz liege der OECD-Bildungsdirektor "oft gar nicht falsch".
Olaf Köller ist Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel und Ko-Vorsitzender der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz. Foto: IPN/Davids/Sven Darmer.
Herr Köller, der Lehrerverband wirft OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher nach dessen Interviews in der Stuttgarter Zeitung und anderswo Unwissenschaftlichkeit vor, der Philologenverband fordert die Aussetzung von PISA, solange Schleicher internationaler PISA-Koordinator ist. Die FAZ will sogar unabhängig von Schleicher den Ausstieg Deutschlands aus der weltweit größten Bildungsstudie. Was ist da los?
Es gab in Deutschland schon häufiger Empörung von Lehrerverbänden und Politikern über Aussagen von Andreas Schleicher. Doch auch wenn diese im Ton manchmal überzogen und im aktuellen Fall sicher mit Absicht provokant formuliert waren, in der Substanz liegt er oft gar nicht so falsch.
Zum Beispiel?
Dass wir in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hohe Lehrergehälter haben. Nehmen Sie eine 50 Jahre alte Studienrätin, verheiratet, zwei Kinder, privat krankenversichert, mit einem Nettogehalt von über 5000 Euro im Monat. Wenn sie krank ist, bekommt sie schnell einen Arzttermin, und wenn sie in Ruhestand geht, kann sie mit 3500 Euro und mehr Pension rechnen. Damit steht sie im Vergleich zu fast allen ihren internationalen Kolleginnen und Kollegen extrem gut da. Und wenn Andreas Schleicher sagt, wir hätten in Deutschland ein Problem mit der Unterrichtsqualität, muss man das nicht so drastisch ausdrücken wie er, aber für die Feststellung an sich gibt es empirische Evidenz, auch in der aktuellen Pisastudie.
"Wenn wir sehen, dass die mathematikbezogene Motivation erneut heruntergegangen ist, kann man schon mit einiger Plausibilität die Hypothese ableiten, dass das mit der Qualität das Unterrichts zu tun hat."
Evidenz welcher Art?
Rund 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland, die ein Gymnasium besuchen, berichten davon, dass ihr Mathematikunterricht wenig unterstützend und kaum kognitiv aktivierend sei. Und bei Pisa 2022 haben wir eine Ergänzungsstudie durchgeführt, die Aufschluss über die Qualität der Klassenarbeiten gibt: meist relativ triviale mathematische Routine und kaum Aufgaben, die zur Problemlösung herausfordern.
Die Philologenverband-Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing wirft Schleicher vor, mit seinem fortgesetzten Lob der Schulsysteme undemokratischer Staaten wie China "könnte man zudem annehmen, dass der PISA-Koordinator dem Missbrauch schulischer Bildung durch totalitäre Systeme nachgerade das Wort rede".
Ich würde wirklich allen Seiten raten, die Polemik herauszunehmen. Wir wissen seit der ersten Timms-Studie Mitte der 90er Jahre, dass viele asiatische Länder sehr, sehr guten und aktivierenden Unterricht anbieten. Und das nicht nur in Mathematik. Auch in den Naturwissenschaften oder in Englisch folgt der Unterricht einer anderen Choreographie als bei uns. Das betrifft die Volksrepublik China, das betrifft aber auch demokratische Staaten wie Japan oder Taiwan. Überall gibt es einen klaren Blick dafür, welche Aufgaben ich als Lehrkraft wählen muss, um in 45 oder 60 Minuten das Unterrichtsziel zu erreichen, das ich mir selbst gesteckt habe. Klar bekommen wir bei Besuchen zum Teil einstudierte Vorführstunden gezeigt, aber auch wenn wir das einpreisen, bleibt die Feststellung: Viele asiatische Schulsysteme wissen, was guten Unterricht ausmacht, und wir können einiges von ihnen lernen.
Auch die FAZ kommentierte, Schleicher nutze jede Gelegenheit, Kausalitäten aus PISA-Daten abzuleiten, die es überhaupt nicht gebe.
Den Vorwurf halte ich für überzogen. Natürlich wissen wir, dass Pisa-Daten in der Regel keine kausalen Schlüsse zulassen. Aber Hinweise geben sie schon. Wenn wir etwa sehen, dass die mathematikbezogene Motivation zwischen 2018 und 2022 in Deutschland erneut deutlich heruntergegangen ist, kann man daraus schon mit einiger Plausibilität die Hypothese ableiten, dass das etwas mit der Qualität das Unterrichts zu tun hat. Natürlich ist das dann nur eine Hypothese, die man weiter untersuchen muss. Und das tun wir. Das Quamath-Programm, das über zehn Jahre hinweg die Qualität mathematischen Unterrichts in Deutschland verbessern soll, hat die Kultusministerkonferenz übrigens auch nicht gestartet, weil wir hierzulande so einen Bombenunterricht haben.
"Herr Schleicher trägt zur Bildungsforschung in Deutschland nichts bei. Er schadet ihr aber auch nicht."
Der Philologenverband befindet: "Ob sich die seriöse empirische Bildungsforschung von dem Schaden und Vertrauensverlust erholt, den Andreas Schleicher ihr in Deutschland zufügt, bezweifeln wir."
Wenn Sie in Deutschland herumfragen, wer die Protagonisten der empirischen Bildungsforschung sind, würde der Name Andreas Schleicher gar nicht fallen. Er ist als Leiter des OECD-Direktorats für Bildung primär dafür verantwortlich, dass PISA weltweit administrativ klappt. Sogar er selbst hat, glaube ich, nicht den Anspruch, Bildungsforscher im engeren Sinne zu sein. Wenn Sie nach Deutschland schauen, Tina Seidel von der TU München, die ist eine Bildungsforscherin, oder Nele McElvany von der TU Dortmund. Soll heißen: Die deutsche Bildungsforschung ist viel breiter aufgestellt als nur mit PISA, wobei ich ich persönlich auch die deutschen PISA-Koordinatorinnen dazu zählen würde. Herr Schleicher aber trägt zur Bildungsforschung in Deutschland nichts bei. Er schadet ihr aber auch nicht.
Der Lehrerverband fragt trotzdem: "Wenn man den PISA-Macher nicht mehr ernstnehmen kann, kann man dann noch PISA ernstnehmen?"
Andreas Schleicher ist nicht verantwortlich für die Feldarbeit in den Ländern, nicht für die Erhebung der Daten. Er schreibt auch nicht den PISA-Bericht. Er zieht Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen wie viele andere auch. Der frühere Hamburger Bildungssenator Ties Rabe zum Beispiel. Oder Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. PISA spielt in der Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz (KMK) eine zentrale Rolle, weil diese Studie über die Jahre hinweg immer wieder verlässliche Information über die Leistungsfähigkeit unseres Bildungssystems liefert.
Aber wie verlässlich sind die? Es gebe gute Gründe, an der Aussagefähigkeit der Daten zu zweifeln, schreibt die FAZ. Deutschland sei das einzige Teilnehmerland, das eine Zielpopulation von über 99 Prozent im Jahr 2018 und über 90 Prozent im Jahr 2022 hatte. "Das bedeutet, dass auch Förderschüler dabei sind. Andere Länder haben deutlich niedrigere Zielpopulationen und deshalb bessere Ergebnisse."
Diesem FAZ-Kommentar liegt ein Missverständnis zugrunde, eine Verwechslung zwischen Zielpopulation und Teilnahmequoten. Die meisten PISA-Staaten haben eine Zielpopulation von über 90 Prozent, das ist der Anteil der 15jährigen Schülerinnen und Schüler, der potenziell getestet wird. Bei den tatsächlich getesteten liegt Deutschland wie viele andere Staaten zwischen 85 und 90 Prozent. Man kann sich also nicht einfach damit herausreden, dass in Deutschland andere Schülerpopulationsanteile getestet würden. Und selbst wenn wir sagen würden, wir lassen einfach alle internationalen Vergleiche weg, müssten wir immer noch konstatieren: Das deutsche Gymnasium hat in Mathematik zwischen 2012 und 2022 im Vergleich mit sich selbst rund 50 Punkte verloren, das entspricht dem Lernzuwachs von mehr als anderthalb Schuljahren.
Genau das fordert die FAZ ja: Deutschland soll aus PISA und weiteren internationalen Studien wie IGLU und Timss aussteigen und dafür den nationalen Vergleich des IQB-Bildungstrends ausweiten.
Dann hätten wir aber nicht mehr den Benchmark mit Ländern, die ganz ähnliche Bildungssysteme haben wie wir: Österreich, die Schweiz, Luxemburg. Und wenn wir den Blick etwas weiten, sehen wir viele EU-Länder, die bei PISA ähnlich hohe Teilnahmequoten erreichen wie wir und wo trotzdem immer wieder interessante Reformen stattfinden. Polen oder Estland, um nur zwei zu nennen. Insofern würden uns ohne PISA-Teilnahme viele Erkenntnisse entgehen: etwa auch, dass es in den vergangenen Jahren in vielen Ländern abwärts ging, aber in Deutschland eben stärker als im internationalen Durchschnitt. Das sind Informationen, die man hinsichtlich ihrer Bedeutung nicht unterschätzen sollte, auch zur Einordnung bildungspolitischer Weichenstellungen in Deutschland.
"Es verlangt auch keiner von den Wirtschaftsweisen, keine Prognosen mehr zum Wirtschaftswachstum abzugeben, weil wir uns in einer Konjunkturkrise befinden."
Die heftige Kritik an PISA erinnert an Grundsatzdebatten in den ersten Jahren nach Einführung der Studie in den Nullerjahren. Kommen die jetzt wieder?
Wir haben schon nach dem IQB-Bildungstrends 2021 und 2022 erlebt, dass die Rolle der Lehrkräfte und die Qualität des Unterrichts in den Fokus rückte. Was nicht wundert bei einem solchen Leistungsrückgang auch an den Gymnasien. Was mich wundert ist, dass die Lehrerverbände sich in Reaktion darauf gleich in solch eine defensive Haltung begeben haben. Man kann ja über einzelne Punkte und Methodiken diskutieren, aber jetzt einfach den Ausstieg aus PISA zu fordern, und das dann noch mit Äußerungen von Andreas Schleicher zu begründen, erscheint mir nicht zielführend. Es verlangt auch keiner von den Wirtschaftsweisen, keine Prognosen mehr zum Wirtschaftswachstum abzugeben, weil wir uns in einer Konjunkturkrise befinden. Nicht wissen zu wollen, was ist, passt nicht in die heutige Zeit. In keinen Politikbereich. Ohne Informationen über Problemlagen, etwa dass in Mathematik in Deutschland 30 Prozent zur Risikogruppe zählen, ziehen wir den Karren nicht aus dem Dreck. Das muss auch den Lehrerverbänden klar sein.
Der Deutsche Lehrerverband nutzt die Informationen aus den Studien selbst durchaus für seine Argumentation. So stellt er fest, dass der steigernde Leistungsabfall in den PISA-Studien parallel zur Implementierung zu "Änderungen in Pädagogik, Methodik und Didaktik" gelaufen sei, wobei als Beispiele "Kompetenzorientierung, selbstgesteuertes Lernen, Absage an Leistungsprinzip, Gründung neuer Gesamt- und Gemeinschaftsschulen" genannt werden. Diese Änderungen müsse die deutsche Bildungspolitik daher überprüfen, fordert der Lehrerverband.
Die Kompetenzorientierung war vielen schon immer ein Dorn im Auge. Da liegt es natürlich nahe zu sagen: Die Ergebnisse sind deshalb schlecht, weil wir die Dinge nicht mehr so machen, wie wir sie früher gemacht haben. Aber wie ich schon erwähnte: Wenn wir uns den tatsächlichen Unterricht anschauen, wie er vielerorts an deutschen Schulen läuft, lautet die Diagnose eher, dass dort noch ziemlich viel so gemacht wird wie immer. Wir Bildungsforscher wären richtig glücklich, wenn wir im Matheunterricht beobachten könnten, dass dort eine stärkere Ausrichtung am Leben außerhalb der Schule erfolgen würde. In Englisch ist das der Fall, der Englischunterricht hat Antworten gegeben auf die sich verändernde Welt, und die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im IQB-Bildungstrend sind zwischen 2016 und 2022 gestiegen.
Ist PISA in Deutschland ein Auslaufmodell, Herr Köller?
Nein, da mache ich mir gar keine Sorgen. Die nächste Erhebungsrunde für PISA 2025 ist in Vorbereitung, die KMK bekennt sich zur Qualitätssicherung im Bildungssystem, bei dem PISA, Timss und CO eine ebenso wichtige Rolle spielen wie der IQB-Bildungstrend. Im Übrigen steht PISA nicht nur in Deutschland auf festem Boden, sondern ist international eine Riesen-Erfolgsgeschichte. 2000 sind wir mit 32 Staaten gestartet, inzwischen sind wir bei fast 90 Ländern und Regionen weltweit angelangt. Überall herrscht der Eindruck, dass PISA keinen Blödsinn produziert, sondern ein wichtiger Indikator ist zur Feststellung der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme.
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