In: Forschungserträge aus der Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Probleme, Perspektiven, Handlungsfelder und Desiderata der beruflichen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, in Europa und im internationalen Raum., S. 153-174
Der Autor stellt aus bildungshistorischer Perspektive die spezielle Entwicklung des Berufsbildungssystems in Deutschland dar und vergleicht die Entwicklung bei Entstehung des Deutschen Reichs mit jener im Rahmen der augenblicklich stattfindenden Europäisierung. In beiden Fällen wurde bzw. wird den Bildungssystemen einen institutionellen Referenzrahmen hinzugefügt. "Das Vorliegen bzw. Fehlen einer sprachgemeinschaftlichen Tradition der Bezeichnung von Institutionen zählt dann aber zu den wirksamen Faktoren für die Ausprägung kultureller Differenzen zwischen den jeweiligen Einigungsverläufen". Anders als bei der "positiven europäischen Integration des Hochschulsektors im Zuge des Bologna Prozesses... dominieren hier [im Berufsbildungsbereich] sprachgemeinschaftliche und institutionelle Unterschiede von Arbeit und Ausbildung, die der Nationalstaatenbildung zu verdanken sind". (DIPF/Orig./pr).
Der Autor widmet sich einer vergessenen Periode der Imperien- und Mythenbildung, indem er den Einbruch des Schwedischen Imperiums in das Deutsche Reich im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges thematisiert und sowohl den damaligen ideenpolitischen Austausch von Deutungseliten nachweist, als auch langfristige Verbindungen zwischen Schweden und Deutschland bis hinein in die wohlfahrtsstaatlichen Debatten des späten 20. Jahrhunderts aufzeigt. Seine Ausführungen beginnen mit einem historischen Rückblick auf die schwedische Imperiumsbildung und den Niedergang des Deutschen Reiches. Er beschreibt im Anschluss daran die soziale Lage der deutschen Gebiete unter den protestantischen "Rettern". Die Rolle der Deutungseliten der deutschen Ostseeländer im Dienste Schwedens in der Geschichte der politischen Theorien verdeutlicht er in einem weiteren Abschnitt, indem er die politische Publizistik sowie die Darstellungen von Herrschaftsansprüchen in Kunst und Architektur in den Blick nimmt. (ICI)
Auf dem Hintergrund der in der Bundesrepublik in den letzten Jahren zunehmenden Ausländerfeindlichkeit und Gewalttaten gegen Fremde und Asylbewerber analysiert der Beitrag die politisch-rechtlichen und historischen Hintergründe der "fatalen" Mischung aus ultraliberaler, wohlfahrtspaternalistischer und rassistischer Politik in Deutschland, die der politischen Kultur des Westens ansonsten fremd ist. Für die Situation, die aus den historischen Festlegungen der Artikel 16 und 116 des Grundgesetzes erst entstanden ist, sind keine pragmatischen und realpolitischen Akteure in Politik und Gesellschaft vorhanden, die auf Abhilfe drängen. Diskutiert wird hier die Tatsache, daß die Ausländerpolitik des ehemaligen Deutschen Reiches ungeachtet bundesdeutscher Realität noch nicht zur Einwanderungspolitik geworden ist. Verantwortlich dafür ist u.a. auch die aufgrund des Artikels 116 des Grundgesetzes festgelegte ethnische Definition der staatsbürgerlichen Zugehörigkeit. Grundsätzliche Probleme einer expliziten und gesetzlichen Regelung der Zuwanderung müssen kritisch durchleuchtet werden; zentrales Ziel ist die inhaltliche Frage und weniger der technische Aspekt der Einwanderungspolitik: dies bedeutet einmal eine Neufassung des Bürger-Begriffs und damit die Verständigung über die Kriterien der Zugehörigkeit zum deutschen Volke, zum anderen die Präzisierung des Begriffs der multikulturellen Gesellschaft. Die für das Ausland so unverständliche Handlungsunfähigkeit deutscher politischer Akteure wurzelt in der übertriebenen Befürchtung vieler Kritiker und auch Befürworter der multikulturellen Gesellschaft, Multikultur könne in eine Aufgabe aller Werte und Erziehungsziele münden. Eine Gesellschaft der ethnischen Indifferenz und Gleichgültigkeit kann jedoch etwas Wichtiges leisten: das Bewußtsein über die Notwendigkeit, Distanz zu bewahren, Tabus zu respektieren und Differenzen wahrzunehmen. (ICH)
In den Sozialwissenschaften herrscht Konsens darüber, dass die Parteien im Deutschen Reich eindeutig in der Sozialstruktur verankert waren und Interessenkoalitionen zwischen sozialen Gruppen und politischen Akteuren das Wählerverhalten stabilisierten. Der vorliegende Beitrag diskutiert diese These an Hand empirischer Daten, die die einzelnen Parteien politischen Familien zuordnen und ihre saldierte Wählerrekrutierung zwischen 1871 und 1933 darstellen. Des Näheren wird der Frage nachgegangen, inwieweit die konfessionelle Spaltung, die Urbanisierung und die Industrialisierung die Wählerrekrutierung der liberalen, konservativen und sozialistischen Parteienfamilien sowie der Parteien des politischen Katholizismus in diesem Zeitraum bestimmen. Die Interpretation des Autors zeigt, dass die Konstanz der Spannungslinien und deren Erklärung in der Vergangenheit zu stark in den Mittelpunkt gerückt wurden. Die Ergebnisse dokumentieren demgegenüber eine Dynamik einiger wichtiger Aspekte des deutschen Parteiensystems. (ICA)
In diesem Beitrag wird die Mobilisierung der Wähler durch die NSDAP und die übrigen Parteien in der ersten österreichischen Republik zwischen 1930 und 1933 im Vergleich zum Deutschen Reich - besonders Berlin und Bayern - untersucht. Im Vordergrund steht die Wirkungsweise von "Cleavages" auf das österreichische Parteiensystem jener Zeit. Unter Cleavages werden dabei analog einer Definition von Pappi dauerhafte politische Konflikte verstanden, die in der Sozialstruktur ihre Verankerung haben und im Parteiensystem ihren Niederschlag finden. In dem katholisch geprägten und städtearmen Österreich jener Zeit bedeutet dies vor allem eine Kontrastierung des Spannungsverhältnisses zwischen der Hauptstadt Wien und dem restlichen Land, das heißt, zwischen Zentrum und Peripherie. Datenbasis sind die Wahlergebnisse der Nationalratswahlen vom 9.11.1930, Einzelergebnisse der Landtagswahlen 1931 und 1932 in Österreich, sowie der Gemeindedatensatz aller österreichischen Gemeinden nach Wahlergebnissen, Konfessionsdaten und der Gliederung der Bevölkerung nach Wirtschaftsabteilungen (analog zum Deutschen Reich) laut Volkszählung 1934 in Österreich. Mit diesen Daten wurden überwiegend Korrelationsanalysen auf Aggregatdatenebene durchgeführt, die keine Rückschlüsse auf die Individualebene zulassen. Ganz deutlich weisen die Analysen eine Gegensätzlichkeit von Metropole (Wien) und Provinz aus, was zu einer getrennten Betrachtung der Wählerbasis der Parteienlager führt. Der Untersuchung des Wahlverhaltens in Wien wird in einem weiteren Abschnitt ein Vergleich zwischen Wien und Berlin hinzugefügt. Anschließende Abschnitte sind dem Wahlverhalten im übrigen Österreich und dann einem Vergleich zwischen diesem und Bayern als ähnlicher Peripherie innerhalb des Deutschen Reiches gewidmet. (ICF)
In diesem Beitrag wird die Mobilisierung der Wähler durch die NSDAP und die übrigen Parteien in der ersten österreichischen Republik zwischen 1930 und 1933 im Vergleich zum Deutschen Reich - besonders Berlin und Bayern - untersucht. Im Vordergrund steht die Wirkungsweise von "Cleavages" auf das österreichische Parteiensystem jener Zeit. Unter Cleavages werden dabei analog einer Definition von Pappi dauerhafte politische Konflikte verstanden, die in der Sozialstruktur ihre Verankerung haben und im Parteiensystem ihren Niederschlag finden. In dem katholisch geprägten und städtearmen Österreich jener Zeit bedeutet dies vor allem eine Kontrastierung des Spannungsverhältnisses zwischen der Hauptstadt Wien und dem restlichen Land, das heißt, zwischen Zentrum und Peripherie. Datenbasis sind die Wahlergebnisse der Nationalratswahlen vom 9.11.1930, Einzelergebnisse der Landtagswahlen 1931 und 1932 in Österreich, sowie der Gemeindedatensatz aller österreichischen Gemeinden nach Wahlergebnissen, Konfessionsdaten und der Gliederung der Bevölkerung nach Wirtschaftsabteilungen (analog zum Deutschen Reich) laut Volkszählung 1934 in Österreich. Mit diesen Daten wurden überwiegend Korrelationsanalysen auf Aggregatdatenebene durchgeführt, die keine Rückschlüsse auf die Individualebene zulassen. Ganz deutlich weisen die Analysen eine Gegensätzlichkeit von Metropole (Wien) und Provinz aus, was zu einer getrennten Betrachtung der Wählerbasis der Parteienlager führt. Der Untersuchung des Wahlverhaltens in Wien wird in einem weiteren Abschnitt ein Vergleich zwischen Wien und Berlin hinzugefügt. Anschließende Abschnitte sind dem Wahlverhalten im übrigen Österreich und dann einem Vergleich zwischen diesem und Bayern als ähnlicher Peripherie innerhalb des Deutschen Reiches gewidmet. (ICF)
In dem Beitrag werden die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Osteuropa von 1871 bis 1945 betrachtet. Die Veränderungen in der Staatenstruktur in Mittel- und Osteuropa werden nachgezeichnet und ihre Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen analysiert. Im Mittelpunkt steht der Begriff der historischen Chance, definiert als Kontinuität und Wandel in der Struktur des Verhältnisses der Staaten zueinander. Die verschiedenen Phasen der Beziehungen werden chronologisch betrachtet: (1) das Verhältnis des Deutschen Reiches zu den drei osteuropäischen Kaiserreichen 1871 - 1918; (2) das Finden und Zurückgewinnen politischer Positionen zwischen 1918 und 1933 mit dem Zerfall der Großmächte und der Entstehung von Klein- und Mittelstaaten; (3) Osteuropa als Objekt nationalsozialistischer Machtpolitik von 1933 - 1945. Der skizzierte Geschichtsverlauf zeigt den mittel- und osteuropäischen Raum als einen historisch-geographischen Bereich, dessen Schwierigkeiten aus der ständigen Ungleichzeitigkeit von Problemstellung und Lösungsmöglichkeiten resultierte. Der Begriff der historischen Chance wird in seiner Zeit- und Interessengebundenheit sichtbar. (RW)
Der Autor befaßt sich anhand der zeitgenössischen Diskussion und der Reichstagsprotokolle mit der Wandlung der öffentlichen Meinung in Deutschland vor 1914 im Hinblick auf einen möglichen europäischen Krieg. Nach 1870/71 zeigte sich in der öffentlichen Meinung, d. h. der Meinung der politisch aktiven Gruppen und Schichten, ein breites Vertrauen auf eine friedliche Lösung zwischenstaatlicher Konflikte. Im Zuge der imperialistischen Rivalitäten gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich jedoch die Erwartung eines Krieges, in dem um das Überleben der eigenen Nation gerungen werden mußte. Eine fatalistische Kriegsbereitschaft entstand und schwächte schließlich die Resistenz gegenüber kriegerischen Tendenzen. (BJ)
Das allmählich vollzogene Überwechseln des japanischen Kaiserreichs aus der Koalition der Versailler Siegermächte in das schließlich im September 1940 geschlossene Bündnis mit den beiden in Europa auf Revision des 1919 geschaffenen Status quo bedachten Mächten Deutschland und Italien stellt einen singulären Fall dar. Wirkten in beiden Ländern innerpolitisch-soziale Determinanten derart zwingend, daß ein deutsch-japanisches Zusammenrücken unbeschadet der unterschiedlichen politischen Zielsetzungen und der verschiedenartigen Selbstdarstellung der Diktaturen einer inneren, affinen Logik entsprach? Oder war die deutsche Option für Japan, wie umgekehrt die japanische für das Reich, stärker das Ergebnis eines sich über Jahre hinziehenden Interessenkampfes relativ autonomer politisch-wirtschaftlicher Gruppierungen und stärker durch die Politik der übrigen, vorwiegend der beiden angelsächsischen, Mächte determiniert? Welchen Einfluß übte in beiden Ländern die politische Führung aus oder war die Allianz lediglich das launische Zufallsprodukt eines momentanen Entschlusses, der auf deutscher Seite der rastlosen Dynamik Hitlers und in Japan der politischen Verblendung der das Land regierenden Militärs entsprang? Nach einer schematisch-überblicksartigen Analyse der historisch-sozialen Prämissen eines deutsch-japanischen Zusammenfindens werden die Beziehungen zwischen beiden Ländern in vier Phasen aufgeteilt: (1) 1933 bis 1936 als Periode offener außenpolitischer Option; (2) 1936 bis 1939 als Periode deklarierter, jedoch nicht vollzogener Option; (3) 1939 bis 1941 als die Zeit der suspendierten Option; (4) das Kriegsbündnis bis zur Kapitulation des Deutschen Reiches als Spanne einer erzwungen realisierten Option. (KW)
Der Autor untersucht anhand von Vereinsakten und Vereinszeitschriften den Einfluß der Kriegsvereine auf die Kriegsmentalität im deutschen Kaiserreich. Entstanden in der Atmosphäre des neugegründeten deutschen Reiches bildeten die Kriegsvereine um die Jahrhundertwende mit ihrer hohen Zahl an Mitgliedern, mit ihrem national-militärischem Gedanken- und Gefühlsgut einen spürbaren Beitrag zur wilhelminischen Alltagswelt. In der Mentalität der Kriegsvereine war kriegerisches und bürgerliches Leben grundsätzlich miteinander verbunden. Prinzipien des Militärs galten auch im Zivilbereich, militärische Verhaltensformen und Rituale wurden auf den Alltag übertragen. Dieser von den Kriegsvereinen ausgehende soziale Militarisierungsprozeß nahm im Laufe des Kaiserreiches zu und wurde von staatlicher Seite unterstützt. (BJ)
Der Beitrag beschreibt die Reaktionen der deutschamerikanischen Bevölkerung auf den deutschen Sieg über Frankreich und die Schaffung des Deutschen Reiches im Jahre 1871. Von wenigen Ausnahmen abgesehen begrüßten sowohl Liberale wie Konservative den Sieg und die deutsche Einigung. Die Liberalen standen allerdings mißbilligend der preußischen Monarchie und der im Laufe der folgenden Jahre durchgeführten deutschen Politik gegenüber. Als Beispiel für die Einstellung der gebildeten und liberalen Deutschamerikaner steht Carl Schurz, den die deutsche Einigung erfreute, der sich aber angesichts der reaktionären Entwicklungen im neuen Reich nach anfänglichem Optimismus wenig zuversichtlich zeigte. (BF)
The present article is a summary of a quantitative Social History in three volumes (can be obtained directly from the author) treating of the 24 cathedral chapters of the Old German Empire in the 17th and 18th Century. The research on the cathedral chapters which were as well spiritual as secular corporations, until now is rather traditional in its methods, i.e. focusing on the constitutions and the biographies of the canons. Actually there are only a few monographies. Our study which comprehends all chapters examines 5 725 cases. The case-unit is not the person, but the prebend. The following variables are taken up: name (locality) of the chapter, dignitaries, degrees (for commoners), the ways of applying to and retiring from the chapters, social status (seven categories for the nobility, two for the commoners), advancements in rank, origin, cumulations. The completeness of the data is generally more than 90%, often towards 100%. All data is published in form of chronological lists of the canons in every chapter, besides an index of names is given. Therefore our work serves as a reference-book too. The data were processed with SPSS, crosstabulations and other statistics are published also. For regional inquiries the chapters were classified into three groups: Northern Germany, the chapters of the Knights of the Empire (i. e. Rhineland and Franconia), Southern Germany and Austria. To show the chronological development we divided the entire period (1601-1803) into four periods of about fifty years. The article presents some important results for every variable. Some general Statements are possible. From the viewpoint of social history the hypothesis of three regional types has been verified. Chapters at the border of the Empire form a particular group which shows more and more deviations to the Standard. On the other hand the chapters in the center assimilate. Spatial mobility decreases, local recruitment increases. There are tendencies to closeness and occasional provincialism. Cumulations increase in the second half of 18th Century. Canons from the middle and lower classes were almost completely eliminated during the two centuries. Thus the European feudal reaction can clearly be demonstrated using the example of the German cathedral chapters. Our research shows that the chapters get into a crisis in the late 18th Century. They could no more accomplish their functions as providing institutions for the German nobility. For many reasons the run to the prebends grew as well as the commoners' criticism influenced by the Enlightenment. They disapproved the loss of the chapters' spiritual functions, the prevalence of the nobility, the grewing exclusion of the commoners and the enormous cumulations. Proposals to a reform failed. The difficult Situation in the Empire during the Napoleonic Wars forced the secularization (1803) which brought the end to the old German cathedral chapters.
Der Beitrag befaßt sich mit der Entwicklung des deutschen Nationalismus nach dem Ersten Weltkrieg. Insbesondere wird analysiert, welche politischen Kräfte in der Agitation gegen die Versailler Verträge und die Kriegsschuldfrage aktiv waren und wie diese gegen Ende der zwanziger Jahre zunehmend an politischem Gewicht gewannen. Dabei wird dem Zusammentreffen dieser Agitation mit nationalistischen Strömungen besonderer Augenmerk geschenkt. Die dabei angestrebte Rechtsregierung und die betriebene Aushöhlung der Weimarer Republik war eine Fortsetzung der nationalistisch-imperialistischen Tendenz des Kaiserreichs und mit gleicher außenpolitischer Realitätsblindheit von denselben Gruppen betrieben. In den Umbruchjahren 1929-1933 verstand es die NS-Propaganda von diesen verschiedenen nationalistischen Strömungen zu profitieren ohne für eine zu optieren. Die autoritär-nationalistische Prädisposition hinderte große Teile der Bevölkerung daran, die verbrecherischen Konsequenzen des Nationalsozialismus zu erkennen. (RW)
Der Beitrag betrachtet das Verhalten bestimmter Bevölkerungsschichten bei der Errichtung der NS-Diktatur. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob der deutsche Adel als eine sich traditionell verstehende Elite hier eine Sonderstellung einnahm, die sich vom sittlichen und politischen Selbstverständnis des bürgerlichen Konservatismus abhob. Dass der "adlige Verhaltenskodex" als "Sicherheitsgeländer", von dem noch Marion Gräfin Dönhoff schrieb, sich keineswegs von Anfang an als Beharrungskraft gegen den Nationalsozialismus erwies, wurde schon am "Tag von Potsdam" augenfällig, als der vierte Sohn des letzten Kaisers, Prinz August Wilhelm von Preußen, zu den Feierlichkeiten in SA-Uniform mit Hakenkreuzbinde erschien. Das Ausmaß, in dem sich Angehörige der verschiedenen Adelshäuser in den NS-Staat einbinden ließen, die vielfältigen Karrierechancen insbesondere beim Militär nutzten und noch nicht einmal davor zurückscheuten, die Mitgliedschaft in der zumindest vor 1933 in Adelskreisen als vulgär geltenden NSDAP oder einer ihrer Massenorganisationen anzustreben, wird von dem Autor in seinem Beitrag aufgezeigt. Demgegenüber macht der Autor außerdem deutlich, dass die Loyalität des Adels gegenüber Hitler nicht erst ab dem Moment an ihre Grenzen stieß, als sich nach 1943 die militärische Niederlage Deutschlands deutlich abzeichnete, sondern dass auch die Abscheu vor der wachsenden Monstrosität der vom NS-Staat ausgehenden Verbrechen eine Rolle spielte und dass hierbei unter den Angehörigen des Adels die Bereitschaft zum Widerstand zumindest stärker ausgeprägt war, als im nationalkonservativen Bürgertum. (ICA2).
Der Beitrag betrachtet das Verhalten bestimmter Bevölkerungsschichten bei der Errichtung der NS-Diktatur. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob der deutsche Adel als eine sich traditionell verstehende Elite hier eine Sonderstellung einnahm, die sich vom sittlichen und politischen Selbstverständnis des bürgerlichen Konservatismus abhob. Dass der "adlige Verhaltenskodex" als "Sicherheitsgeländer", von dem noch Marion Gräfin Dönhoff schrieb, sich keineswegs von Anfang an als Beharrungskraft gegen den Nationalsozialismus erwies, wurde schon am "Tag von Potsdam" augenfällig, als der vierte Sohn des letzten Kaisers, Prinz August Wilhelm von Preußen, zu den Feierlichkeiten in SA-Uniform mit Hakenkreuzbinde erschien. Das Ausmaß, in dem sich Angehörige der verschiedenen Adelshäuser in den NS-Staat einbinden ließen, die vielfältigen Karrierechancen insbesondere beim Militär nutzten und noch nicht einmal davor zurückscheuten, die Mitgliedschaft in der zumindest vor 1933 in Adelskreisen als vulgär geltenden NSDAP oder einer ihrer Massenorganisationen anzustreben, wird von dem Autor in seinem Beitrag aufgezeigt. Demgegenüber macht der Autor außerdem deutlich, dass die Loyalität des Adels gegenüber Hitler nicht erst ab dem Moment an ihre Grenzen stieß, als sich nach 1943 die militärische Niederlage Deutschlands deutlich abzeichnete, sondern dass auch die Abscheu vor der wachsenden Monstrosität der vom NS-Staat ausgehenden Verbrechen eine Rolle spielte und dass hierbei unter den Angehörigen des Adels die Bereitschaft zum Widerstand zumindest stärker ausgeprägt war, als im nationalkonservativen Bürgertum. (ICA2)