Zur Rolle der Diplomatie im Dritten Reich
In: Das Diplomatische Korps 1871-1945: Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 1982, S. 171-199
Der Beitrag untersucht anhand gedruckter und ungedruckter Quellen das deutsche diplomatische Korps während der Zeit des Nationalsozialismus. 1933 bahnte sich ein qualitativer Wandel in der deutschen Außenpolitik an. Statt Revision war jetzt Expansion das Ziel. Das Auswärtige Amt zeigte - teils aus Opportunismus, teils um Schlimmeres zu verhindern - ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Die meisten Beamten identifizierten sich schnell nach außen hin mit der Politik des Nationalsozialismus, ohne mit seinen Endzielen übereinzustimmen. Fast alle Spitzendiplomaten blieben in ihrem Ämtern. Die außenpolitischen Forderungen der Nationalsozialisten waren jedoch mit Hilfe des konservativen Beamtenapparates des Auswärtigen Amtes allein nicht zu erfüllen. Während deshalb die offizielle Diplomatie aus taktischen Erwägungen bis 1939 den Friedenswillen beteuerte, übernahmen die neu eingerichteten NS-Diensstellen Teile ihrer Aufgaben. Im Verlaufe des Krieges wurden immer stärker Parteifunktionäre eingesetzt. Die Mehrheit der Beamten erlag der Verführung des Nationalsozialismus oder hat moralisch oder intellektuell versagt. Sie tragen damit partielle Verantwortung für die Politik des Dritten Reiches. (AM)