Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Diskurstheorie die praktische Autorität des Strafrechts begründen kann. Zunächst ist die These aufgestellt, dass strafrechtliche Normen ausschließlich und inhaltsunabhängig zu befolgen sind. Danach wird betont, dass in einer Demokratie strafrechtliche Normen dadurch als verbindlich anzuerkennen sind, dass prozedurale Bedingungen erfüllt werden. Nur unter diesen Voraussetzungen lässt sich von strafrechtlicher Schuld sprechen.
Die Diskurstheorie nach Ernesto LACLAU und Chantal MOUFFE führt den FOUCAULTschen Diskursbegriff mit dem (post-)marxistischen Hegemoniebegriff sowie den poststrukturalistischen Arbeiten von Jacques DERRIDA und Roland BARTHES zusammen. Diskurse werden dabei betrachtet als temporäre Fixierung von Differenzbeziehungen. Bedeutung, d.h. jegliche soziale "Objektivität", wird als Effekt einer solchen Fixierung konzeptionalisiert. Die Diskussion über eine angemessene Operationalisierung der Diskurstheorie steht erst in den Anfängen. Im Beitrag wird argumentiert, dass eine Triangulation zweier sprachwissenschaftlicher Verfahren geeignet ist, temporäre Fixierungen herauszuarbeiten: Mittels korpusbasierter lexikometrischer Verfahren sowie der Analyse narrativer Muster werden die Regelhaftigkeiten der Verknüpfung von Elementen herausgearbeitet und bspw. im diachronen Vergleich gegenübergestellt. Am Beispiel eines geographischen Forschungsprojekts wird gezeigt, wie auf diese Weise die historisch kontingente Konstitution einer internationalen Gemeinschaft und "Weltregion" analysiert werden kann.
Die Novelle "Der Sandmann" von E. T. A. Hoffmann zieht ihre Leser auf bemerkenswerte Weise in ihren Bann. Dabei speist sich ihre Anziehungskraft aus einer besonderen Tiefenstruktur. Auf diesen verborgenen Gleisen steigert sich die Spannung der Handlung zunächst kontinuierlich und unaufhaltsam, um sich dann am Ende plötzlich in der Katastrophe des Freitods aufzulösen. Auf den ersten Blick bietet sich bloß eine märchenhafte Liebesgeschichte dar. Bei näherer Betrachtung offenbart sich hier allerdings eine ungemein prägnante Versinnbildlichung einer Dichotomie, die das europäische Denken über Rationalität bis heute einschneidend prägt. Durch die Figuren, Metaphern und Kulissen der Handlung hindurch wird der ewige Streit zwischen Romantik und Aufklärung, zwischen Leidenschaft und Rationalität, zwischen den Verlockungen der dunklen und den Verheißungen der aufgeklärten Welt in Szene gesetzt. Hoffmanns Novelle demonstriert aber auf eindrucksvolle Weise, dass am Ende keine Seite für sich allein erfolgreich sein kann. Die Versöhnung zwischen den Menschen - hier im Sinne des liebenden Paars - bleibt beiden, Aufklärung wie Romantik, versagt. (ICF2)
'Die Diskurstheorie nach Ernesto Laclau und Chantal Mouffe führt den Foucaultschen Diskursbegriff mit dem (post-)marxistischen Hegemoniebegriff sowie den poststrukturalistischen Arbeiten von Jacques Derrida und Roland Barthes zusammen. Diskurse werden dabei betrachtet als temporäre Fixierung von Differenzbeziehungen. Bedeutung, d.h. jegliche soziale 'Objektivität', wird als Effekt einer solchen Fixierung konzeptionalisiert. Die Diskussion über eine angemessene Operationalisierung der Diskurstheorie steht erst in den Anfängen. Im Beitrag wird argumentiert, dass eine Triangulation zweier sprachwissenschaftlicher Verfahren geeignet ist, temporäre Fixierungen herauszuarbeiten: Mittels korpusbasierter lexikometrischer Verfahren sowie der Analyse narrativer Muster werden die Regelhaftigkeiten der Verknüpfung von Elementen herausgearbeitet und bspw. im diachronen Vergleich gegenübergestellt. Am Beispiel eines geographischen Forschungsprojekts wird gezeigt, wie auf diese Weise die historisch kontingente Konstitution einer internationalen Gemeinschaft und 'Weltregion' analysiert werden kann.' (Autorenreferat)
Der Autor beschäftigt sich in Auseinandersetzung mit Habermas und Alexy mit der Frage, ob auf der Grundlage der Diskurstheorie die Möglichkeit praktischer Erkenntnis erwiesen werden kann. Die Diskurstheorie verficht in der Nachfolge Kants die These, daß moralische Normen und Urteile einen wahrheitsanalogen Geltungsanspruch aufweisen, der kognitiv einlösbar ist. Vertritt man - wie die Diskurstheorie - die Auffassung, daß moralische Normen und Urteile als notwendig und universal geltend auf der Grundlage eines bestimmten Vernunftkonzepts erwiesen werden können, so stellt sich die Aufgabe, diesen weitreichenden Geltungsanspruch in geeigneten Argumentationsschritten plausibel zu machen. -- Mit der vorliegenden Arbeit zeichnet Peter Gril die unterschiedlichen Begründungswege von Habermas und Alexy nach und vergleicht ihre jeweiligen Stärken und Schwächen. Das Ergebnis der immanenten Kritik ist, daß beide Versionen ihr selbstgesetztes Ziel, nämlich die Möglichkeit praktischer Erkenntnis darzulegen, nicht erreichen: Habermasens oberste Prämisse, daß das Telos der Sprache Verständigung ist, ist unhaltbar, ebenso die darauf gegründete zentrale Argumentationsfigur des performativen Selbstwiderspruchs. -- Alexys Ansatz verzichtet zwar auf zahlreiche besonders kritikanfällige Prämissen bei Habermas, muß jedoch auf Ersatzannahmen zurückgreifen, die die selbstgezogenen Grenzen der Diskurstheorie sprengen. -- In einem abschließenden Teil wird ein abgeschwächter Begründungsbegriff für moralische Urteile und Normen entworfen, der - aufbauend auf der Basis individuellen Wollens - den Gesichtspunkt der Zweckrationalität in den Vordergrund stellt.
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Der Verfasser rekonstruiert den Zusammenhang von Handlungsfähigkeit und Existenz im Foucaultschen Werk. Aus der Sicht einer pragmatischen Diskurstheorie, die an handlungstheoretische Motive des amerikanischen Pragmatismus anschließt, kommen die Übersetzungsverhältnisse zwischen Intentionalität, Existenz und diskursiver Formation in den Blick. Diese Perspektive lässt sich entgegen mancher Einschätzungen aus den Foucaultschen Analysen selbst herausarbeiten. Der Verfasser tut dies entlang der existenzialistischen Motive, die bei Foucault zu finden sind. So führt ihn seine Analyse von Machtbeziehungen immer wieder zum Problem der Freiheit. Dort liegen Spuren eines Sozial-Existenzialismus, welcher die menschliche Handlungsfähigkeit als Freiheit, sich unterschiedlich auf diskursive Anrufungen zu beziehen, nicht als ahistorische conditio humana bestimmt, sondern als eingebettete, je historisch spezifische Agency, deren Entfaltung sich in Foucaults Hinweisen auf gesellschaftliche Differenzierungsprozesse in der Spätantike nachzeichnen lässt. Personen sind gezwungen, sich selbst in Aussagen zu entwerfen, dadurch auf differente diskursive Zumutungen zu reagieren sowie dies in Wiederholungen zu variieren. (ICE2)
Die rechtswissenschaftliche Arbeit widmet sich der interdisziplinären Grundlagenforschung der Mediation. Es handelt sich soweit ersichtlich um die erste umfassende Diskursanalyse dieses Verfahrens. Jonas Hennig untersucht die bestehenden Vorteile der Mediation von ökonomischen Aspekten bis zur befriedenden Wirkung und stellt heraus, dass diese zwar hilfreich sind, aber die Mediation nicht vollständig legitimieren. Anschließend wird auf Grundlage der alexyschen Diskurstheorie herausgearbeitet, dass Mediation ein auf Richtigkeit abzielender Diskurs ist, der zahlreiche Methoden und Prinzipien beinhaltet, die eine ideale Diskurssituation fördern. Es wird versucht, daraus die wohl erste überpositive und universelle Legitimationsgrundlage der Mediation abzuleiten. Ebenso wird die Diskurssituation der Mediation mit derjenigen des Straf- und Zivilprozesses verglichen. Inhaltsverzeichnis Einleitung -- Einführung: Gegenstand, Relevanz und Ziel der Arbeit - Gang der Ausarbeitung -- A. Das Verfahren der Mediation -- Begriff und Prinzipien der Mediation - Geltung der Mediationsprinzipien - Rolle des Mediators - Struktur der Mediation - Methoden der Mediation -- B. Begründungsansätze der Mediation -- Pragmatische Dimension - Gesetzliche Dimension -- C. Die Theorie des allgemeinen praktischen Diskurses -- Einführung und Abgrenzung zu anderen Diskurstheorien - Begründung der Diskursregeln nach Alexy - Verhältnis von realem und idealem Diskurs -- D. Der Juristische Diskurs als Sonderfall des allgemeinen praktischen Diskurses -- Juristische Fragen als praktische Fragen - Der Anspruch auf Richtigkeit im juristischen Diskurs - Spezifisch juristische Einschränkungen (Sonderfallthese im engeren Sinne) - Ergebnis: Bestätigung der Sonderfallthese -- E. Diskurstheoretische Analyse der Mediation -- Erste Diskursthese der Mediation: Richtigkeitsthese - Zweite
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In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 4787-4795
"Ausgangspunkt des Beitrags ist die Annahme, dass der Glaube an die Natürlichkeit der Geschlechtsunterschiede für die binäre Geschlechterordnung und die Identifizierung von Subjekten als 'Frauen' und 'Männer' konstitutiv ist. Aus einer diskurstheoretischer Perspektive stellen sich im Anschluss hieran zwei Fragen: Wie und wo wird dieses unproblematische Wissen zum Gegenstand von diskursiven Ereignissen? Und welche Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen sind in solchen Ereignissen sag- und damit auch lebbar? Im Beitrag sollen diese Fragen anhand selbst erzeugten empirischen Materials beantwortet werden. Es sind dies Interviews, die die Verfasserin mit gleich- und gegengeschlechtlichen Paaren geführt habe, die unterschiedlichen sozialen Milieus angehören und mit kleinen Kindern zusammen leben. Dabei soll auch aufgezeigt werden, welche Implikationen eine diskurstheoretische Position für die Analyse qualitativer empirischer Daten haben. Statt nach den Begründungszusammenhängen zu fragen, die eine Aussage plausibel machen und in der 'Tiefe zu graben', so wie es in den klassischen hermeneutischen Verfahren geschieht, werden Handlungs-, Denk- und Gefühlspraktiken auf der 'Oberfläche' dekonstruiert. Leitend ist die Frage, wie im Reden durch die Signifikationspraxis Wahrnehmungs- und Handlungsmuster konstruiert, Relevanzen festgelegt und Sinnhorizonte verschoben werden. Damit bekommen die interpretierten Texte einen anderen Status. Das, was die befragten sagen, wird nicht als Ausdruck der Tatsache verstanden, dass jemand eine Frau oder ein Mann ist, die oder der als solche/r bestimmten Interessen verfolgt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass Individuen in der Kette von Äußerungen, in denen sie Konventionen anrufen, vergesellschaftet und Frau oder Mann werden. Individuen handeln diesem Ansatz zufolge also weniger unter dem sozialen Druck einer Norm als vielmehr unter der Vorstellung, überhaupt nur dann als Subjekt existieren zu können, wenn sie sich von den Normen appellieren lassen." (Autorenreferat)
Die Stellung von Subjekt und Akteur im Diskurs gehört zu den zentralen Problemen der Diskurstheorie. Der folgende Dialog dreht sich um die Schülerin Sarah, die sich mit ihren LehrerInnen (Szene 1), Eltern (Szene 2) und FreundInnen (Szene 3) über die Frage diskursiver Agency auseinandersetzt. Dabei wird sie mit strukturalistischen und poststrukturalistischen sowie pragmatisch-interaktionalen Perspektiven zur Frage konfrontiert, inwiefern Subjekte Diskurse produzieren oder umgekehrt Diskurse Subjekte hervorbringen. Der Dialog greift auf theoretische Positionen in den Sozial- und Sprachwissenschaften zurück, die in Gestalt fiktiver Personen performativ dargestellt und in Beziehung gesetzt werden. Dabei geht es um fundamentale Fragen der Diskurstheorie wie etwa: Wie ist sozialer Sinn zu sehen – als das Produkt einer Grammatik, die von den DiskursteilnehmerInnen ausgeführt wird, oder als das Produkt ihrer kreativen Praxis? Agiert das Subjekt als eine vernunft- bzw. wissensgeleitete Handlungsinstanz oder stellt es eine Illusion innerer Einheit dar, die in kontingenten diskursiven Akten vernäht wird? Inwiefern wird es zum Objekt hegemonialer Praktiken, die auf die Konstruktion einer sozialer Ordnung oder einer Sprachideologie zielen? Die zentrale Figur ist die siebzehnjährige Sarah, die als Tochter eines marokkanischen Vaters und einer deutschen Mutter in einem Gymnasium zwei Leistungskurse in Deutsch und Sozialwissenschaften besucht. Sie sieht sich auf Grund ihrer ungezügelten Intelligenz, ihrer rebellischen Art und ihrer interkulturellen Biographie in ihrer Schule tendenziell als eine Außenseiterin. In der Schule hat sie mit LehrerInnen "aus altem Schrot und Korn" zu tun. Mit ihren top-down pädagogischen Methoden stehen diese für ältere strukturalistische Tendenzen in der Soziologie und Linguistik. Ihre Eltern dagegen, die die pragmatisch-interaktionistische Wende in diesen Disziplinen personifizieren, sind von dem liberalen und kritischen Geist der 1970er Jahre getragen. Sarah ist kein Kind, das sich einfach mit den ...
Der vorliegende Beitrag verfolgt zwei Ziele: Zum einen setzt er sich kritisch mit den vorliegenden konstruktivistischen Erklärungen der wankelmütigen deutschen Außenpolitik im Kontext des Afghanistan- und des Irakkriegs (2001-2003) auseinander. Zum zweiten bietet er die hegemoniethoretisch orientierte, poststrukturalistische Diskurstheorie als alternativen Rahmen zur Deutung dieser Politik an und stellt das hieran angelehnte methodische Vorgehen der Hegemonieanalyse dar. Im Kern kritisieren wir an den bisherigen Erklärungsversuchen, dass sie Ideen zumeist als vorgängig gegeben betrachten (nur so ergibt die Rede davon, dass Ideen erklärende Faktoren sein können, ja Sinn) und dann ihre Forschung darauf ausrichten, diese rekonstruierten Ideen mit der stattfindenden Politik abzugleichen. Eine diskurstheoretisch informierte Perspektive, wie wir sie vorschlagen, geht stattdessen einerseits von der Instabilität der Ideen aus und andererseits von der daraus resultierenden Notwendigkeit, die konkreten Kämpfe und Auseinandersetzungen um die je konkrete Artikulation von Bedeutungszusammenhängen genau zu analysieren. Der Blick, der das bessere Verstehen des Wankelmuts erlauben soll, richtet sich also weniger auf die Ideen, sondern auf die konkreten artikulatorischen Kämpfe, die die je relevante Idee immer aufs Neue herstellen. Wir illustrieren dies durch eine beispielhafte Hegemonieanalyse eines Ausschnitts des parlamentarischen Regierungsdiskurses zwischen September 2001 und März 2003.