In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 883-887
Ziel dieses Beitrags ist es, basierend auf einer vergleichenden Analyse der europäischen Erfahrungen der Modernisierung in der Mitte des 19. und im frühen 20. Jahrhundert die grundlegenden theoretischen Annahmen der Modernisierungstheorien und der Konvergenztheorien zu prüfen. Einleitend wird an die Erkenntnis erinnert, daß es nicht einen einzigartigen Weg der Modernisierung gibt. Im zweiten Abschnitt werden die historische Entwicklung der Modernisierungstheorie und die Bedeutung von T. Parsons für die Entwicklung skizziert. Die seit Anfang, aber hauptsächlich seit Mitte der 60er Jahre beginnende weitreichende Kritik an den Annahmen der frühen Modernisierungstheorien sind Gegenstand des folgenden Abschnitts: Die Hauptkritikpunkte waren Ahistorizität und Eurozentrismus. Die aus diesen Entwicklungen (sowohl der Theorie wie auch der Realität) hervorgehende Erkenntnis wird im vierten Abschnitt beschrieben: Es ist die Möglichkeit einer neuen Perspektive des historischen Prozesses im allgemeinen und des Modernisierungsprozesses im speziellen. Dabei wird ein Bereich besonders erörtert: das Wesen der Tradition und ihr Ort im sozialen Leben. Während diese neue Sichtweise bislang nur auf nicht-westliche Gesellschaften angewandt wurde, wird sie im fünften Abschnitt auf westliche Gesellschaften bezogen. Ansatzpunkt ist die Analyse der spezifischen Kombination von kulturellen Orientierungen und strukturellen Charakteristika der westeuropäischen Gesellschaften. Diese Analyse kommt zu dem Schluß: Im modernen Europa entwickelte sich der Versuch einer rationalen Kultur, effizienten Ökonomie, zivilen Klassengesellschaft und eines Nationalstaats. Im folgenden Abschnitt werden die Voraussetzungen dafür skizziert, um anschließend an diese für alle europäischen Gesellschaften gültigen Merkmale die Variationen zu nennen. Abschließend wird auf die Unterschiede zwischen den USA (und anderen ehemaligen Kolonien) und den westeuropäischen Ländern eingegangen, um sie in den Rahmen einer vergleichenden Analyse einzubinden. (RW)
Soziale Ungleichheit in irgendeiner Form charakterisiert alle bekannten Gesellschaften. Weder die Sozialgeschichte noch die historisch interessierte Soziologie kann von dieser Tatsache und Grunderfahrung des menschlichen Zusammenlebens absehen. In den Beiträgen des Sammelwerkes werden in vergleichender Perspektive Strukturen und Entwicklungen der sozialen Schichtung vom späten 18. bis zum 20. Jahrhundert in England, Frankreich, Deutschland, Italien und den USA historisch und systematisch analysiert. Gefragt wird dabei nach den jeweiligen Veränderungen des sozialen Systems, nach den Bedingungen unter denen sich die Auflösung der ständisch gegliederten Gesellschaft und die Herausbildung der Klassengesellschaft vollzog. Eine in mehrfacher Hinsicht entscheidende Problematik der europäischen und amerikanischen Sozialgeschichte wird analytisch dargestellt. Dabei werden insbesondere Übereinstimmungen und nationale Verschiedenheiten des mit dem Aufstieg und dem Fortschreiten des Industriekapitalismus verbundenen gesellschaftlichen Transformationsprozesses herausgearbeitet. Jeweils zwei Historiker übernehmen die Diskussion der neuzeitlichen Entwicklung sozialer Ungleichheit in England, in Frankreich und in Deutschland. Ergänzende und kontrastierende Beiträge behandeln die Entwicklung in Italien und den USA.