Der verhaltenstheoretische Ansatz
In: Materialien aus der soziologischen Forschung: Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld, S. 682-696
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In: Materialien aus der soziologischen Forschung: Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld, S. 682-696
In: Soziologie und moderne Gesellschaft: Verhandlungen des 14. Deutschen Soziologentages vom 20. bis 24. Mai 1959 in Berlin, S. 90-99
In: Verhandlungen des 8. Deutschen Soziologentages vom 19.-21. September 1946 in Frankfurt am Main: Vorträge und Diskussionen in der Hauptversammlung und in den Sitzungen der Untergruppen, S. 115-134
In: Verhandlungen des 7. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1930 in Berlin: Vorträge und Diskussionen in der Hauptversammlung und in den Sitzungen der Untergruppen, S. 196-206
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Müssen Lehrkräfte und Wissenschaftler schon jetzt täglich ihre Arbeitszeit erfassen? Geht es nach dem Ministerium von Hubertus Heil, lautet die Antwort ja – unabhängig davon, wie es mit der feststeckenden Novelle des Arbeitszeitgesetzes weitergeht.
ES WAREN ARBEITSRECHTLICHE PAUKENSCHLÄGE. 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die
gesamte geleistete Arbeitszeit von Arbeitnehmern stets aktuell aufzuzeichnen ist. Im September 2022 konkretisierte das Bundesarbeitsgericht für Deutschland: Das EuGH-Urteil gelte nicht irgendwann in
der Zukunft, sondern bereits heute. Grundlage sei das geltende Arbeitsschutzgesetz: Alle Arbeitgeber seien verpflichtet, umgehend ein entsprechendes System zur Zeiterfassung einzurichten und zu
nutzen.
Seitdem läuft auf der politischen Bühne das Gerangel um mögliche Ausnahmen. Für die Wissenschaft hatte etwa der damalige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter-André Alt, schon vor
vier Jahren eine Sonderregelung gefordert, direkt nach Bekanntwerden des EuGH-Urteils.
Um Rechtssicherheit zu schaffen, arbeitet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) seit Monaten an einer Reform des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Ein Referentenentwurf kursierte
bereits – und verursachte gerade in der Wissenschaft neue Aufregung, weil sie offenbar doch wie andere Branchen auch behandelt werden soll. Die Kultusminister sorgen sich ebenso: Müssen
künftig sogar die Lehrkräfte jede Arbeitsstunde akribisch dokumentieren? Wie soll das überhaupt gehen? Und was würde das für die Attraktivität des Berufs in Zeiten des Pädagogenmangels
bedeuten?
KMK-Präsidentin Günther-Wünsch: Pflicht zur
Zeiterfassung gefährdet Attraktivität des Lehrerberufs
Grund für Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), zurzeit Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), einen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zu schreiben,
in dem sie doch noch gesetzliche Sonderregelungen für Lehrkräfte und für die Wissenschaft einfordert. Die Antwort, die sie kürzlich aus Heils Ministerium erhalten hat und die mir ebenfalls
vorliegt, dürfte Günther-Wünsch freilich nicht gefallen. Kurz gefasst lautet sie: Bei der Pflicht zur Zeiterfassung kann es nach Meinung des BMAS keine grundsätzliche Ausnahme geben, weder
für Schulen noch für Hochschulen oder sonstige Wissenschaftseinrichtungen, und auch Beamte fallen unter die Regelung. Folgt man der Logik des Ministeriums, hieße das sogar: Lehrkräfte könnten
theoretisch schon jetzt jederzeit eine Zeiterfassung einklagen.
In ihrem Schreiben vom 11. Juli hatte KMK-Präsidentin Günther-Wünsch kritisiert, der gegenwärtige Referentenentwurf zum Arbeitszeitgesetz trage der "besondere(n) Situation der Lehrkräfte" nicht
Rechnung. Diese bestehe darin, dass die Arbeitszeit von Lehrkräften, ob Beamte oder nicht, nur zu einem Teil messbar sei, und zwar in Form der erteilten Unterrichtsstunden, "während sie im
Übrigen hinsichtlich der zahlreichen außenunterrichtlichen Tätigkeiten (Unterrichtsvorteil- und Nachbereitung, Korrekturen, Eltern- und Schülerbesprechungen, Verwaltungsarbeiten, Vertretungen,
Aufsichten, Konferenzen, Schulausflüge, Klassenfahrten etc.) nicht im Einzelnen im Vorfeld prognostiziert und auch nicht arbeitgeberseitig überprüft werden kann." Es gehöre zum Berufsbild der
Lehrkraft, "dass diese ihre Aufgaben eigenverantwortlich und selbstständig ausübt".
Außerdem, führte Günther-Wünsch aus, drohe eine Ungleichbehandlung, weil die geplante Novelle des Arbeitszeitgesetzes die Erfassungspflicht nur für tarifbeschäftigte Lehrkräfte festlegen
würde. Eine solche Ungleichbehandlung widerspreche aber dem europäischen Arbeitnehmerbegriff. Und die KMK-Präsidentin warnte: Inmitten des Lehrkräftemangels hänge die Attraktivität des
Lehrerberufs "maßgeblich mit der Flexibilität der zeitlichen Arbeitseinteilung zusammen".
Arbeitsministerium: Nachteil einer Aufteilungspflicht
in Schulen und Hochschulen "nicht ersichtlich"
Die Antwort aus dem BMAS wurde von Heils beamteter Staatssekretärin Lilian Tschan verfasst, und sie gibt Günther-Wünsch Recht – aber mit anderen Konsequenzen als von dieser erhofft: "Wie Sie
richtig darstellen", schrieb Tschan Anfang August, schließe der europäische Arbeitnehmerbegriff Beamte ein. Daher müssten auch die für das Beamtenrecht zuständigen Innenministerien des Bundes
under Länder die Auswirkungen der EuGH-Entscheidung von 2019 prüfen.
Soll heißen: Die von Günther-Wünsch geforderte Gleichbehandlung besteht nach BMAS-Auffassung darin, dass wahrscheinlich auch Beamte ihre Arbeitszeit erfassen müssten, womit es
tatsächlich zwischen angestellten und verbeamteten Lehrern keinen Unterschied mehr gäbe. Tschan macht das mit Verweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2022 nochmal explizit:
"Auch das vom BAG in Bezug genommene Arbeitsschutzgesetz findet auf Beamtinnen und Beamte Anwendung."
Bleibt der Streitpunkt Wissenschaft. Auch hierauf war KMK-Präsidentin Günther-Wünsch in ihrem Brief an Heil eingegangen und hatte gefordert, dass "die Besonderheiten eines Arbeitnehmers im
Bereich der Forschung und Lehre" in der geplanten Novelle Berücksichtigung finden sollten. Andernfalls drohe hier eine weitere Ungleichbehandlung: Zum einen seien da die Professoren, die auch
unabhängig von einer Verbeamtung wegen der Besonderheit und Eigenständigkeit ihrer Tätigkeit nicht unter die Arbeitszeiterfassung fielen, zum anderen gebe es den Akademische Mittelbau, für
den sich "künftig Fragen insbesondere in Bezug auf die einzelnen Personalkategorien" ergeben könnten.
Deshalb bitte sie um Prüfung, ob für die Wissenschaft die Ausnahmevorschrift der Europäische Arbeitszeitrichtlinie angewandt werden könne. Diese nehme Personen von der Zeiterfassung aus, "deren
Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt werden kann, sowie Personen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis".
Doch auch hier lautet die Antwort auf dem BMAS: Njet. Tschan schrieb: "Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten sind heute schon für Arbeitnehmerinnen
in Schulen und Hochschulen einzuhalten und werden durch die Arbeitszeiterfassung nicht verändert. Daher sind für mich nachteilige Auswirkungen der Aufzeichnungspflicht nicht ersichtlich."
Pocht das Arbeitsministerium so auf der geltenden Rechtslage, weil die Novelle nicht vorankommt?
Außerdem werde die von Günther-Wünsch erwähnte Ausnahmeregelung der EU-Arbeitszeitrichtlinie vom EuGH "eng ausgelegt", ergänzt Tschan. "Die Vorschrift kann daher nur in Bezug auf
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genutzt werden, bei denen die gesamte Arbeitszeit (Dauer und Lage) wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus
festgelegt wird oder von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann." Sie finde hingegen keine Anwendung, wenn die Arbeitszeit nur teilweise nicht gemessen oder nicht
im Voraus festlegt oder nur zum Teil selbst festgelegt werden könne. "Der Umstand, dass der konkrete Umfang der Arbeitszeit nicht in jedem Fall im Voraus feststeht, steht einer nachträglichen
Dokumentation am Ende des Arbeitstages nicht entgegen."
Die Botschaft aus dem BMAS scheint damit klar: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt nach Auffassung des Ministeriums schon heute umfassend für alle Lehrkräfte in den Schulen, die
Kultusministerien müssten sie jetzt umsetzen. Ob Gerichte das genauso sehen, bleibt abzuwarten. Doch erste entsprechende Klagen könnten jederzeit kommen.
In der Wissenschaft ist die Lage ähnlich: Auch für sie lehnt das BMAS eine Bereichsausnahme ab. Wie die Hochschulen und Forschungsorganisationen darauf reagieren, die seit Jahren genau eine solche Regelung fordern, wird
spannend. Zumal die Unsicherheiten an der Stelle bleiben – verweigert das Arbeitsministerium in seiner sonst so klaren Antwort doch eine eindeutige Positionierung, ob zumindest Profs auch
künftig nicht ihre Arbeitszeit erfassen müssen.
Vielleicht pocht man im BMAS ja deshalb so auf die vermeintlich bereits geltende Rechtslage, weil die Gesetzesnovelle festzustecken scheint. Nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs ist nicht
mehr viel passiert, weil die Bundesministerien untereinander im Clinch liegen sollen. Vor allem die FDP stehe auf der Bremse, heißt es in der Ampel-Koalition. Offiziell teilt das
Arbeitsministerium auf Anfrage lediglich mit, dass der Gesetzentwurf sich "derzeit in der regierungsinternen Abstimmung befindet. Alles Weitere bleibt abzuwarten."
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Ideen für eine aktive und aktivierende Bildungsplattform zur deutschen Besatzung Polens 1939-1945 und zur deutsch-polnischen BeziehungsgeschichteSeit einiger Zeit wird öffentlich darüber diskutiert, wie in Deutschland angemessen an die deutsche Besatzung Polens 1939-1945 erinnert werden kann. Zu den Konzepten zählen das 2017 erstmals angeregte "Polendenkmal"[1] in der Mitte Berlins, ein Projekt, das das Deutsche Polen-Institut seitdem eng begleitet, aber auch eine damit zusammenhängende oder getrennt davon einzurichtende Dokumentation. Allerdings kommt ein wesentlicher Bestandteil unserer Vorschläge stets zu kurz, nämlich das Ansinnen, durch die Bildungsarbeit einer "Fliegenden Akademie" des Deutschen Polen-Instituts Wissen über deutsche Verbrechen auf polnischem Boden in die deutsche Gesellschaft hineinzutragen.Es fällt leichter, darüber zu streiten, wie ein Denkmal, eine künstlerische Dauerinstallation oder ein musealer Bau aussehen könnten und was davon sich besonders wirksam in Szene setzen kann. Die eher schwammige "Bildung" ist hingegen ein breites Feld. Dabei beinhaltet sie großes Potenzial, wenn es um die Erschaffung eines "lebenden" erinnerungskulturellen Projektes geht: Ein Projekt, das keinen Schlussstrich ziehen möchte, sondern Perspektiven eröffnet, indem es Wissen für eine möglichst breite Öffentlichkeit erschließt. Bildung hilft dabei, emotionale Zugänge zum Thema zu entwickeln oder zu vertiefen, denn erst, wer Bescheid weiß und verstanden hat, kann überhaupt Empathie empfinden. Genau das ist der springende Punkt: Es fehlt massiv an Wissen und an Empathie mit dem Leid Polens im Zweiten Weltkrieg, das durch den deutschen Überfall auf Polen und die grausame deutsche Besatzungsherrschaft in Polen mit all ihren Spezifikationen bedingt wurde – und das in Polen bis heute stark nachwirkt. Die Generierung von diesem Wissen und dieser Empathie war bereits den Erstunterzeichnern des Polendenkmal-Aufrufs ein Kernanliegen. Was kann Bildungsarbeit leisten?Bei der Bildung bzw. erinnerungskultureller Bildungsarbeit kommt der menschliche Faktor ins Spiel. Menschen begegnen anderen Menschen – ob persönlich oder in der virtuellen Welt –, sie bilden sich (weiter) – und das zuvorderst in einer institutionalisierten Form. Sie wird oft professionell initiiert und gelenkt, findet je nach der eigentlichen Bildungssituation aber oft auch freiwillig bzw. ehrenamtlich statt. Modernes, nachhaltiges Bilden bzw. Lernen erfolgt zugleich möglichst partizipativ und erfahrungsbasiert und dockt möglichst nah an das bestehende Wissen von Menschen in ihrer jeweiligen Lebenswelt an. Als Mehrwert können und sollen thematische Netzwerke entstehen, um inhaltliche Synergien zu erzeugen und so noch lange nach der konkreten Bildungssituation noch positive Nachwirkungen zu stimulieren. Beinahe "selbstverständlich" erscheint die Bildung als Ergänzung zum traditionellen Gedenkstein oder -bau, da moderne erinnerungskulturelle Instrumente heute nahezu automatisch einen Schwerpunkt auf Bildungsarbeit samt Didaktik legen. Denn es liegt auf der Hand, dass dies hilft, ein bestimmtes Anliegen klarer und breiter in der Öffentlichkeit zu verdeutlichen. Und dies wiederum unabhängig von dem jeweiligen zeitlichen Kontext, auch über Generationen hinweg, wenn Zeitzeugen nicht mehr am Leben sind oder Zeremonien nicht mehr ausgerichtet werden. Gewissermaßen löst sich also durch Bildungsarbeit der Inhalt von dem konkret verorteten Element der Erinnerungskultur und verselbständigt sich, er geht langsam vom kommunikativen ins kulturelle Gedächtnis, in den aktuellen Bildungskanon einer Gesellschaft über. Da dieser Bildungskanon im Zeitverlauf aber nicht starr, sondern wieder flexibel gestaltbar ist, wirkt wiederum neue Bildung auf den neuen Bildungskanon prägend ein.Bei meiner mehrjährigen Begleitung der Arbeit der "Polendenkmal"-Initiative habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, dass das derzeit noch angestrebte – also weder bereits errichtete noch politisch beschlossene – konkrete erinnerungskulturelle Ziel, thematische Leerstellen zu schließen, alleine durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Gestalt angenommen hat. Das "Polendenkmal" hat sich in den Köpfen der deutschen Öffentlichkeit als potenzielles Projekt des Verstehens und der Verständigung festgesetzt. Insofern entstand inzwischen also schon ein "virtuelles Denkmal", das vor allem durch die immer wieder vom Deutschen Polen-Institut organisierten öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen unter der Beteiligung von Wissenschaftler*innen (z. B. für Multiplikator*innen aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft), zahlreiche Interviews und publizierte sowie regelmäßig versendete Informationsmaterialien an Wirkung und Strahlkraft gewonnen hat. Zudem formen die Unterstützer*innen der Denkmalinitiative, Wissenschafter*innen und Journalist*innen ein hilfreiches deutsch-polnisches Netzwerk, das die Entwicklung des Projektes zumeist wohlwollend, gelegentlich auch konstruktiv-kritisch begleitet. Gedenken am Askanischen Platz in Berlin am 1.9.2020 (Foto: Katarzyna Mazur).Die "Fliegende Akademie"Was ist nun aber konkret mit einer "Fliegenden Akademie"[2] des Deutschen Polen-Instituts gemeint, die wir im Rahmen der "Polendenkmal"-Initiative angeregt haben und gerne in Zukunft umsetzen würden? Welche Einzelthemen könnte diese beispielsweise aufgreifen? Welche Zielgruppen könnte die Akademie in den Blick nehmen und welche Aktivitäten auf den Weg bringen? Und wozu wäre das am Ende gut?Wir möchten eine Plattform schaffen, die Bildung und Informationen zu Polen im Zweiten Weltkrieg vermittelt. Dabei könnte es sich um interdisziplinäre Angebote für eine breite Öffentlichkeit in Deutschland handeln, die mehr im Sinne der im Sinne einer "civic/citizenship education" stünden, also eines aktivierenden Lernens für Demokratie und für Zivilgesellschaft, als dass sie traditionelle "gesellschaftspolitische Bildung" wären. Zugleich sollte diese Plattform ein Netzwerk für bereits bestehende Angebote bilden und vorhandene Expertise verbinden, indem sie möglichst nichts dupliziert, sondern kreativ an diese Angebote anknüpft. Die "Fliegende Akademie" würde vom Deutschen Polen-Institut koordiniert und sollte im Idealfall mit einem mehrköpfigen Mitarbeiter*innenteam, ergänzt durch einen Berater*innenkreis von ausgewiesenen wissenschaftlichen Expert*innen zu Polen und dem östlichen Europa, in der gesamten Bundesrepublik aktiv werden. Darüber hinaus wären in spezifischen Projekten Synergien über die Grenzen Deutschlands hinaus förderlich.Gerade die beiden zuletzt genannten Ansprüche sind kaum ohne ressourcensparende Kooperationen mit bereits in dem Feld tätigen Institutionen aus dem In- und Ausland denkbar. Daher muss die "Fliegende Akademie" noch vor Beginn der Aufnahme ihrer Tätigkeit die Fühler ausstrecken. Stiftungen, Vereine und Verbände sowie Akademien bzw. Träger der gesellschaftspolitischen Bildung kommen als Teile des Netzwerks in Frage. Erste Recherchen brachten bereits interessante Erkenntnisse zu Tage: Geschichtliche Formate stellen bei den meisten Akademien der gesellschaftspolitischen Bildung in Deutschland derzeit keine thematischen Arbeitsfelder dar, und zur deutschen Besatzungszeit in Polen existieren nur vereinzelt Angebote. Im Sinne einer aktivierenden Bildung, die sich künftig auf die deutsch-polnische Verständigung und die Zukunft der Demokratie und Zivilgesellschaft positiv auswirken sollte, wäre es aber wünschenswert, dass dies anders aussieht. Hier könnten wir daher mit der angeregten "Fliegenden Akademie" alsbald einspringen.Die konkreten Einzelthemen, die die Akademie aufgreifen könnte, wären natürlich vorrangig geschichtlicher Natur: angefangen von der Vermittlung von Fakten über die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte, über deutsche Besatzungsherrschaft in den besetzten Gebieten Polens (sowie in den Nachbarstaaten), über Zwangsmigrationen/"Vertreibungen", Zwangsarbeit und Zwangsgermanisierung, Pol*innen in Konzentrationslagern, Displaced Persons aus Polen und dem östlichen Europa in Deutschland bis hin zu weiteren von der Besatzung gezeichneten Schicksalen von Menschen in Polen 1939-1945, auch im grenzüberschreitenden Vergleich. Sie könnten davon ausgehend erinnerungskulturelle Felder wie die Fülle an polnischen (und anderen) Erinnerungsorten an den Zweiten Weltkrieg in Deutschland oder auch polnische Gewalterfahrungen in den Fokus nehmen, aber auch deren Nachwirkungen in diversen europäischen Ländern und Gebieten. Es sind darüber hinaus aber auch zahlreiche weitere interdisziplinäre Verbindungen und sowie Bezüge zur Nachkriegszeit und Gegenwart denkbar.Bildung für wen? Bildungsangebote selbst können dabei für unterschiedliche Zielgruppen entstehen, wie etwa für Multiplikator*innen der Erwachsenenbildung, für Jugendliche (Schüler*innen ab 8./9. Klasse), für Lehrer*innen und Multiplikator*innen der außerschulischen Bildung sowie für Wissenschaftler*innen. Ebenso wäre ein Metaangebot für "Multiplikator*innen der Multiplikator*innen" sinnvoll, um die Inhalte an einzelne Institutionen der Bildungsarbeit weiterzuvermitteln sowie das angestrebte Netzwerk in diesem Bereich anzustoßen. Je nach Zielgruppe würden unterschiedliche Materialien und Methoden ausgewählt und genutzt – wo es bereits Materialien und Best practices gibt, sollte darauf zurückgegriffen werden und wo nicht, müssten diese erstellt werden. Digitale sowie hybride Angebote (eine Mischung aus Präsenz- und digitalem Format) würden, wo sinnvoll, zusätzlich zu reinen "Präsenzveranstaltungen" auch über die aktuelle Corona-Pandemiezeit in Gebrauch kommen. Aber auch gut ausgearbeitete traditionellere Bildungsinstrumente wie Publikationen und Tafelausstellungen wären nach wie vor gefragt.Beim Deutschen Polen-Institut existieren längst Tätigkeitsfelder, an die eine "Fliegende Akademie" nahtlos ansetzen kann: Wie schon erwähnt, fanden und finden für die interessierte Öffentlichkeit zahlreiche Begleitveranstaltungen im Rahmen des "Polendenkmal"-Projektes statt. Aus der letzten Zeit sei die Durchführung einer Gedenkstunde am 1. September 2020 in Berlin (auch online[3]) oder die Vorführung des teilweisen animierten Filmes "POLEN 39. Wie deutsche Soldaten zu Mördern wurden" mit Diskussion zur deutschen Erinnerung an den Überfall auf Polen und Beginn des Zweiten Weltkriegs[4] inkl. Facebook-Streaming genannt. Bei der schulischen Bildung kann das Deutsche Polen-Institut an die Kompetenz und die Erfahrungen anknüpfen, die es mit der Online-Plattform "Polen in der Schule"[5] und dem "Polenmobil"[6] bundesweit gesammelt hat.Filmdiskussion im Holocaust-Manhmal am 1.9.2020 (Foto: Katarzyna Mazur). Fliegende Akademie als "Zukunftsort"Und wofür wäre die Arbeit der "Fliegenden Akademie" nun am Ende gut? Erst sie würde das "Polendenkmal"-Projekt nachhaltig lebendig und aktivierend gestalten. Bereichert durch die praktischen Bildungsangebote der "Fliegenden Akademie" und zahlreiche menschliche Begegnungen wäre der neu eingerichtete Ort der Erinnerung an die deutsche Besatzung Polens nicht nur ein Gedenkort, sondern auch ein hoffnungsvoller "Zukunftsort" – ein Ort, an dem ausgehend vom von dort aus vermittelten Wissen an die grausame deutsche Besatzung Polens die Weichen für die gemeinsame, friedvolle deutsch-polnische Zukunft in Europa gestellt werden und an dem man bestenfalls Erkenntnisse zur Sicherung und Festigung von Demokratie insgesamt erwerben könnte.
[1] Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung Polens 1939-1945 in der Mitte Berlins, s. https://www.polendenkmal.de/.
[2] Der Name geht auf den Begriff "fliegende Universität" (Auf Poln.: uniwersytet latający) zurück, der auf eine Praxis des Studierens und Lernens vor allem im polnischen Untergrundstaat zurückgeht, die Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen hat und zu kommunistischen Zeiten im Sinne der Demokratieerziehung durch oppositionelle Kreise wiederaufgegriffen wurde.
[3] Siehe: https://www.polendenkmal.de/termine/archiv/gedenken-an-den-dt-ueberfall-auf-polen-2/.
[4] Siehe https://www.polendenkmal.de/termine/archiv/film-polen-39-wie-deutsche-soldaten-zu-moerdern-wurden-und-diskussion/.
[5] Siehe https://www.poleninderschule.de/.
[6]Siehe https://www.poleninderschule.de/polenmobil.
Die European Values Study ist ein groß angelegtes, länderübergreifendes und längsschnittliches Umfrage-Forschungsprogramm zu der Frage, wie Europäer über Familie, Arbeit, Religion, Politik und Gesellschaft denken. Die Umfrage wird alle neun Jahre in einer wachsenden Zahl von Ländern wiederholt und bietet Einblicke in die Ideen, Überzeugungen, Präferenzen, Einstellungen, Werte und Meinungen der Bürger in ganz Europa.
Wie die vorhergehenden Erhebungen in den Jahren 1981, 1990, 1999 und 2008 konzentriert sich auch die fünfte EVS-Welle weiterhin auf ein breites Spektrum von Werten. Die Fragen sind zwischen den Wellen und Regionen in hohem Maße vergleichbar, so dass sich der EVS für Forschungsarbeiten zur Untersuchung von Trends im Zeitverlauf eignet.
Mit der neuen Welle wurden die methodischen Standards gestärkt. Das full release des EVS 2017 enthält Daten und Dokumentationen von insgesamt 37 teilnehmenden Ländern. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des EVS.
Moralische, religiöse, gesellschaftliche, politische, berufliche und familiäre Werte der Europäer.
Themen: 1. Wahrnehmungen des Lebens: Bedeutung von Arbeit, Familie, Freunden und Bekannten, Freizeit, Politik und Religion; Glück; Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit; Mitgliedschaften in Freiwilligenorganisationen (religiöse oder kirchliche Organisationen, kulturelle Aktivitäten, Gewerkschaften, politische Parteien oder Gruppen, Umwelt, Ökologie, Tierrechte, Berufsverbände, Sport, Freizeit oder andere Gruppen, keine); aktive oder inaktive Mitgliedschaft in humanitären oder karitativen Organisationen, Verbraucherorganisationen, Selbsthilfegruppen oder gegenseitige Unterstützung; Freiwilligenarbeit in den letzten sechs Monaten; Toleranz gegenüber Minderheiten (Menschen anderer Rassen, starke Trinker, Einwanderer, Ausländer, Drogenabhängige, Homosexuelle, Christen, Muslime, Juden und Zigeuner - soziale Distanz); Vertrauen in Menschen; Einschätzung von fairem und hilfsbereitem Verhalten; interne oder externe Kontrolle; Lebenszufriedenheit; Bedeutung von Bildungszielen: wünschenswerte Eigenschaften von Kindern.
2. Arbeit: Einstellung zur Arbeit (Arbeit wird zur Entwicklung von Talenten benötigt, Geld ohne Arbeit zu erhalten, ist demütigend, Menschen werden faul, wenn sie nicht arbeiten, Arbeit ist eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft, Arbeit steht immer an erster Stelle); Bedeutung ausgewählter Aspekte der beruflichen Arbeit; Vorrang von Einheimischen vor Ausländern sowie Männern vor Frauen im Job.
3. Religion und Moral: Religionsgemeinschaft; aktuelle und ehemalige Religionsgemeinschaft; Kirchgangshäufigkeit derzeit und im Alter von 12 Jahren; Selbsteinschätzung der Religiosität; Glaube an Gott, Leben nach dem Tod, Hölle, Himmel und Wiedergeburt; persönlicher Gott vs. Geist oder Lebenskraft; Bedeutung Gottes im eigenen Leben (10-Punkte-Skala); Häufigkeit von Gebeten; Moralvorstellungen (Skala: Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen ohne Anspruch, Steuerbetrug, Einnahme von weichen Drogen, Annehmen von Bestechungsgeldern, Homosexualität, Abtreibung, Scheidung, Euthanasie, Selbstmord, Barzahlung zur Vermeidung von Steuern, Gelegenheitssex, Schwarzfahren im öffentlichen Verkehr, Prostitution, In-vitro-Fertilisation, politische Gewalt, Todesstrafe).
4. Familie: Vertrauen in die Familie; wichtigste Kriterien für eine erfolgreiche Ehe oder Partnerschaft (Treue, angemessenes Einkommen, gutes Wohnen, Aufteilung der Haushaltsarbeit, Kinder, Zeit für Freunde und persönliche Hobbys); Ehe ist eine veraltete Institution; Einstellung zum traditionellen Verständnis der Rolle von Mann und Frau in Beruf und Familie (Geschlechterrollen); homosexuelle Paare sind ebenso gute Eltern wie andere Paare; Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, Kinder zu bekommen; Verantwortung von erwachsenen Kindern für ihre Eltern, wenn sie langfristig betreut werden müssen; Hauptziel im Leben die eigenen Eltern stolz zu machen.
5. Politik und Gesellschaft: Politikinteresse; politische Partizipation; Präferenz für individuelle Freiheit oder soziale Gleichheit; Selbsteinschätzung auf einem Links-rechts Kontinuum (10-Punkte-Skala); individuelle vs. staatliche Verantwortung für die Bereitstellung; Übernahme jedes Jobs vs. Recht auf Ablehnung eines Jobs durch Arbeitslose; Wettbewerb gut vs. schädlich für Menschen; gleiche Einkommen vs. Anreize für individuelle Anstrengungen; privates vs. Staatseigentum von Wirtschaft und Industrie; Postmaterialismus (Skala); wichtigste Ziele des Landes für die nächsten zehn Jahre; Bereitschaft, für das Land zu kämpfen; Erwartung der zukünftigen Entwicklung (weniger Bedeutung der Arbeit und größere Achtung der Autorität); Institutionenvertrauen; wesentliche Merkmale der Demokratie; Bedeutung der Demokratie für den Befragten; Bewertung der Demokratie im eigenen Land; Zufriedenheit mit dem politischen System im Land; bevorzugte Art des politischen Systems (starker Führer, Expertenentscheidungen, Armee sollte das Land regieren, oder Demokratie); Wahlbeteiligung bei Wahlen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene; politische Partei mit der größten Anziehungskraft; andere politische Partei, die am besten gefällt; Bewertung von country´s Wahlen (Stimmen werden fair gezählt, Oppositionskandidaten werden am Arbeiten gehindert, Fernsehnachrichten begünstigen die Regierungspartei, Wählerbestechung, faire Berichterstattung über Wahlen, faire Wahlbeamte, reiche Menschen kaufen Wahlen, Wähler werden von Gewalt bei den Wahlen bedroht); Meinung zum Recht auf Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen, Überwachung aller E-Mails und aller anderen im Internet ausgetauschten Informationen, Sammeln von Informationen über jeden im Land ohne dessen Wissen, Interesse an Politik in den Medien, Besorgnis über die Lebensbedingungen der Menschen in der Nachbarschaft, der Menschen in der Region, der Finnischen Schweden, der Landsleute, der Europäer, aller Menschen weltweit, älterer Menschen, Arbeitsloser, Einwanderer, kranker und behinderter Menschen, gesellschaftlicher Ziele (Beseitigung von Einkommensungleichheiten, Grundsicherung für alle, Anerkennung von Menschen nach Verdiensten, Schutz vor Terrorismus); Bewertung der Dienstleistungen auf Schwedisch (hohe Qualität, höhere Qualität auf Finnisch, die Sprache spielt keine Rolle, die Qualität zählt); vorher im Ausland gelebt; Fähigkeit, Finnisch zu sprechen; verwendete Sprache im Umgang mit: Ehefrau/ Ehemann/ Partner/ Lebenspartner, Kindern, Mutter, Vater, Arbeitskollegen, Freunden.
6. Nationale Identität: Vertrauen in Menschen aus verschiedenen Gruppen (Nachbarschaft, persönlich bekannte Personen, Menschen, die man zum ersten Mal trifft, Menschen einer anderen Religion und Menschen einer anderen Nationalität); geografische Gruppe, zu der sich der Befragte zugehörig fühlt (Stadt, Region, Land, Europa, Welt); Staatsbürgerschaft; Nationalstolz; Bewertung der Auswirkungen von Einwanderern auf die Entwicklung des Landes; Einstellung gegenüber Einwanderern und ihren Bräuchen und Traditionen (Arbeitsplatzabbau, zunehmende Kriminalitätsprobleme, Belastung des Sozialsystems des Landes, ihre unterschiedlichen Bräuche und Traditionen erhalten vs. Bräuche übernehmen); wichtige Aspekte der nationalen Identität (im Land geboren worden zu sein, die politischen Institutionen und Gesetze des Landes zu respektieren, Abstammung des Landes, Landessprache sprechen, nationale Kultur teilen); wichtige Aspekte der europäischen Identität (in Europa geboren worden zu sein, europäische Abstammung, Christ sein, europäische Kultur teilen); Einstellung gegenüber der Erweiterung der Europäischen Union.
7. Umwelt: Einstellung zur Umwelt (Skala: Bereitschaft, einen Teil des eigenen Einkommens für die Umwelt zu geben, zu schwierig, viel für die Umwelt zu tun, wichtigere Dinge im Leben als der Umweltschutz, eigene Aktivitäten sind nutzlos, solange andere nicht das Gleiche für die Umwelt tun, Behauptungen über Umweltgefahren sind übertrieben); Schutz der Umwelt vs. Wirtschaftswachstum.
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr); im Land des Interviews geboren; Geburtsland; Einwanderungsjahr; aktueller rechtlicher Familienstand; Zusammenleben mit dem Partner vor der Heirat oder vor der Eintragung der Partnerschaft; Zusammenleben mit einem Partner; feste Beziehung; Zusammenleben mit Eltern oder Schwiegereltern; Anzahl der Kinder im Haushalt und außerhalb des Haushalts; Anzahl der Personen im Haushalt (Haushaltsgröße); Alter der jüngsten Person im Haushalt; Alter bei Abschluss der Ausbildung; höchster Bildungsstand (ISCED); Beschäftigungsstatus; Beschäftigung oder Selbständigkeit bei der letzten Stelle; derzeitige oder letzte Haupttätigkeit; Beruf (ISCO-08, SIOPS-08, ISEI-08, ESEC-08, EGP-11); Anzahl der Mitarbeiter (Unternehmensgröße); Überwachungsfunktion und Anzahl der beaufsichtigten Personen; Berufssektor (Regierung oder öffentliche Einrichtung, Privatwirtschaft oder Industrie oder private gemeinnützige Einrichtung); Arbeitslosigkeit länger als drei Monate; Abhängigkeit von der Sozialversicherung in den letzten fünf Jahren; Höhe des Haushaltseinkommens (wöchentlich, monatlich, jährlich).
Angaben zum Partner/Ehepartner: im Land des Interviews geboren; Geburtsland; höchster Bildungsstand (ISCED); Beschäftigungsstatus; Beschäftigung oder Selbständigkeit in der letzten Stelle; derzeitige oder letzte Haupttätigkeit; Beruf (ISCO-08, SIOPS-08, ISEI-08, ESEC-08, EGP-11); Anzahl der Mitarbeiter (Unternehmensgröße); Überwachungsfunktion und Anzahl der beaufsichtigten Personen.
Informationen über die Eltern des Befragten: Vater und Mutter im Land des Interviews geboren; Geburtsland von Vater und Mutter; Höhe des Haushaltseinkommens; höchster Bildungsstand von Vater und Mutter (ISCED); Beschäftigungsstatus von Vater und Mutter, als der Befragten 14 Jahre alt war; Berufsgruppe des Hauptverdieners im Alter von 14 Jahren; Charakterisierung der Eltern, als die Befragte 14 Jahre alt war (Skala: gerne Bücher lesen, politische Diskussionen mit ihrem Kind, Interesse an Nachrichten, Probleme über die Runden zu kommen, Probleme kaputte Dinge zu ersetzen).
Interviewer-Rating: Interesse des Befragten während des Interviews.
Zusätzlich verkodet wurde: Befragten-ID; Fallnummer-ID; Befragungsjahr; Beginn und Ende der Feldarbeit (Jahr und Monat); Ländercode (ISO 3166); Länderkürzel (ISO 3166); Land und Jahr der Feldarbeit (ISO 3166); Art der Datenerhebung; Region (NUTS); Ortsgröße (NUTS); Interviewdatum; Uhrzeit des Interviews (Stunde und Minute des Beginns und des Endes); Sprache des Interviews; Nummer des Interviewers; Duplizierung von Fällen nach Zusammenführung von Haupt- und Add on Datensätzen; Flag-Variable: Inkonsistenzen; Flag-Variable: vollständiger/unvollständiger Fall; monatliches Haushaltsnettoeinkommen (x1000), korrigiert um ppp in Euro; Haushaltsnettoeinkommen insgesamt (recodiert) .
In diesem nationalen Datensatz sind weitere länderspezifische Variablen enthalten.
GESIS
New Yorker Bauarbeiter, die auf einem Balken hoch über der Stadt ihr Mittagsbrot verzehren; der österreichische Außenminister Josef Figl, der auf dem Balkon des Belvedere steht und den Staatsvertrag in die Menge hält; Albert Einstein, der an seinem 72. Geburtstag Journalisten die Zunge zeigt. Bilder wie diese oszillieren zwischen Dokumentation und Inszenierung, verkörpern historische Momente oder Erzählversionen dieser Momente, und sie frieren in einer radikalen Gegenwärtigkeit fest, die sie geradezu für ein Archiv von Klischees qualifiziert. Während viele dieser Bilder Teil eines globalen ikonographischen Gemeinwissens westlicher Prägung darstellen, muten die Bilder und Bildformeln Osteuropas oftmals noch wie Geheimwissen an. Das von Susi K. Frank herausgegebene Buch lädt einerseits dazu ein, diese wenig bekannten "Bildformeln" zu entdecken und bietet andererseits aus bildwissenschaftlicher und kultursoziologischer Perspektive eine umfassende und informierte Reflektion darüber – um die Formel von W.J.T. Mitchell aufzugreifen – was Bilder wollen. In ihrem Sammelband Bildformeln. Visuelle Erinnerungskulturen in Osteuropa stellt Susi K. Frank als Herausgeberin Bildformeln des Sowjetischen solchen des Holocaust gegenüber, um in einem dritten Teil des Buches eine Konzeptualisierung von Bildformeln als intermediale Instrumente der Konstruktion bzw. der Revision zu unternehmen. Der Fokus auf Bildmaterial aus Osteuropa ist hierbei bewusst gewählt und zielt auf die Frage ab, "ob es spezifisch osteuropäische Bildformeln gibt, d. h. solche, die das kulturelle Gedächtnis speziell des sowjetischen Raums […] mitkonstituieren, und deren Entstehung und Produktivität wesentlich durch den kulturellen und politischen Kontext der Region mitbedingt sind?" (S. 14). Die Vielfalt der Gegenstände zwischen Text und Bild – von historischen Fotografien über Dokumentar- und Propagandafilme bis hin zu Romanen, Comics und Ausstellungsmaterialen –, die im vorliegenden Band diskutiert werden, ist bestechend. Im "Kapitel I. Formeln des Sowjetischen" finden sich vier Beiträge zu einem kanonisch-fotografischen Dokument der Oktoberrevolution, das auf einem theatralen Reenactment beruht (Beitrag Sasse), zu dem kollektiven 'wir' sowjetischer Identität, das bereits Dziga Vertovs Kino-Auge prägte (Beitrag Sandomirskaja), zu (post-)sowjetischen Bildern des Fahnenhissens als säkulare Ikonen (Beitrag Schwarz) und zu Bildformeln des Hasses und der Gewalt im 2. Weltkrieg in sowjetischen Medien (Beitrag Dobrenko). Das "Kapitel II. (Osteuropäische) Bildformeln des Holocaust in der Spannung zwischen Dokument und Monument" versammelt fünf Beiträge zu einem der berühmtesten sowjetischen Kriegsfotos mit dem Titel Leid (Beitrag Shneer), zu dem Shoah-Gedicht, auf das sich die genannte Fotografie bezieht (Beitrag Shrayer), zum Zusammenhang von Bildformeln und Undarstellbarkeit in West- und Osteuropa (Hicks), zum allerersten Spielfilm über den Holocaust aus dem Jahr 1947 von Wanda Jakubowska, dessen Bilder teilweise in Alan Resnais'Nuit et Brouillard(FR 1955) zitiert wurden (Beitrag Saryusz-Wolska) und zu einer fotografischen Installation Zacisze (dt. Abgeschiedenheit) des polnischen Künstlers Tadeusz Rolke. Im letzten "Kapitel III. Bildformeln zwischen Bild und Text – Instrumente der Konstruktion und Revision des kulturellen Gedächtnisses" verhandeln vier weitere Beiträge Bildformeln im Spannungsfeld von Intermedialität und Selbstreflexivität. Hier wird die im Kontext der Kriegsdarstellung bisher wenig beachtete Pathosformel "der toten Mutter mit lebendigem Kind" (S. 269) diskutiert (Beitrag Frank), sowie der slowakische Künstler Július Koller mit seiner an Aby Warburgs Mnemosyne-Atlas gemahnenden Archivkunst (Beitrag Pospiszyl). Posthum erscheint der Beitrag über die Danziger Werft, die als Ausgangspunkt der Solidarność-Bewegung gilt und die als Erinnerungsort in den Blick kommt, an dem zuweilen antagonistische Strategien von Gedächtnispolitik verfolgt werden (Beitrag Piotrowski). Der letzte Beitrag zeichnet die Bewegung des Motivs der Fliege von Vladimir Tatlins monumentalem Denkmal zur Dritten Internationale von 1920 über Ilya Kabakovs Das Leben der Fliegen (1992), Georgi Gospodinovs Natürliche[n] Roman (1996) bis hin zu Enki Bilals Comic-Epos Tetralogie des Monsters (1998–2007) nach. Die Fliege als dystopische Bildformel schlechthin und als postsozialistisches Symptom der politischen Anomie steht der einstigen Utopie des Kommunismus diametral gegenüber (Beitrag Zimmermann). Unter den an dem Unternehmen beteiligten zwölf Autorinnen und Autoren sind Slawist/innen, Historiker/innen, Kunstwissenschafter/innen und ein Filmkritiker aus Tschechien, Polen, Großbritannien, Deutschland, Schweiz und den USA. In ihrer sehr ausführlichen Einleitung zeichnet Frank eine Debatte aus dem Bereich der Bildwissenschaften, der historischen Kulturforschung und der Bildsoziologie vor dem Hintergrund des Visual Turn nach, die besonders nachhaltig rezipierte Bilder als "Schlagbilder" (Michael Diers, Kunstwissenschaft), "Schlüsselbilder" (Peter Ludes, Mediensoziologie) oder "Bild-Akte" (Horst Bredekamp, Kunstgeschichte) zu konzeptualisieren suchen. Wie Horst Bredekamp denkt auch Frank von Aby Warburg aus, wenn sie in einer Umwandlung der warburgschen Pathosformel den Begriff der "Bildformel" vorschlägt, der die interdisziplinär geführte Debatte neu befeuern soll. Versuchte Warburg mit der Pathosformel die ikonographische Kodierung pathetischer Gesten in der europäischen Kunst seit der Antike zu fassen, geht Frank von der zweiteiligen Überlegung aus, dass Bilder sich erstens wiederholen und dass sie dies zweitens nicht unbedingt im selben inhaltlichen Kontext tun: "Denn die Grundannahme besteht darin, dass Bilder gerade dadurch, dass sie nicht ganz neu sind, sondern in der ein oder anderen Weise aus vorhandenen ikonographischen Kodes generiert, besondere Wirkmächtigkeit gewinnen können, dass gerade eine gewisse – vielleicht im inhaltlichen Zusammenhang ganz unerwartete – Lesbarkeit ihre Wirkmächtigkeit erhöht. Im Prozess der Kodierung und Umkodierung, generieren sie selbst einen neuen Kode und werden damit ihrerseits als 'Formeln' anwendbar" (S. 9). Der Fokus auf die Affektdarstellung und -wirkung, der für Warburgs Pathosformel zentral war, wird hier zugunsten einer breiter gefassten prinzipiellen Formelhaftigkeit der Bilder aufgegeben. Die Umdeutung zur Bildformel ermöglicht zweierlei: erstens die Bilder in ihrer Symbolkraft zu fassen, zweitens komplexe ikonografisch kodierte Motive zu untersuchen, die oftmals im Dialog zwischen Text und Bild funktionieren. Fragen, die sich aus dem Konzept der hier diskutierten Bildformel ergeben, betreffen den Spannungsbereich von Authentizität und Artefakt, bzw. die Verfahren der Authentisierung, die in sog. Evidenzformeln gerinnen. Außerdem steht der Transfer der Bildformel zwischen den Medien im Vordergrund, beispielsweise wenn die intermediale Verbindung zwischen dem Shoah-Gedicht "Ich habe das gesehen" und einer sowjetischen Kriegsfotografie von 1942 erläutert wird (Beiträge Shneer, Shrayer). Die Analyse der Bildformel ist zudem produktiv für die foucaultsche Forderung, das Dokument als Monument zu begreifen und nicht transzendent zu deuten, sondern immanent zu beschreiben, wie dies beispielsweise in der Analyse des berühmten, vermeintlich authentischen Fotos der Erstürmung des Winterpalais geschieht (Sasse, vgl. S. 42). Die durchwegs sehr lesenswerten und teilweise überraschenden Beiträge von Bildformeln. Visuelle Erinnerungskulturen in Osteuropa scheinen mir für ihre Analysen Affekte zu mobilisieren, die, wenngleich weit entfernt vom Pathos, doch Emotionen triggern, die mit erlebten Traumata (Holocaust und Totalitarismus) zusammenhängen sowie mit dem Verlust einer revolutionären Utopie. Nicht zufällig, so scheint mir, wird das Buch auch visuell durch die Abbildungen zweier Orientierungspunkte eingefasst. Auf dem Titelbild sehen wir Tor II von Grzegorz Klamann, auf das im Beitrag von Piotr Piotrowski Bezug genommen wird und auf dem Buchrücken sehen wir Tatlins Tower von 1920, das Denkmal der Dritten Internationale von Vladimir Tatlin, auf das sowohl bei Piotrowski als auch bei Tanja Zimmermann eingegangen wird. Während Tatlins 'Turm' aus Kostengründen nie gebaut wurde und dennoch als Architekturikone und als Symbol einer revolutionären Utopie in die Geschichte einging, bedeutet das 'Tor' von Grzegorz Klamann eine Kritik an der offiziellen triumphalistischen Geschichte der Solidarność sowie die Einforderung einer kritischen Revision dieses Mythos. Nimmt man Tor II aber auch als Anspielung auf Tatlins Turm ernst, bezieht Klamann in seine Kritik am offiziellen Diskurs aber auch das Bedauern über die verlorene Utopie mit ein. Meines Erachtens zeigen die Beiträge des vorliegenden Bandes auch, wie präsent diese Utopie in den Bildformeln Ost- und Südosteuropas tatsächlich ist. Tanja Zimmermann bespricht in ihrem faszinierenden Beitrag "Fliegen und andere Insekten. Epiphanien des Scheiterns in der postkommunistischen Kultur Ost- und Südosteuropas" (S. 335–357) anhand des Bild- und Textmotivs der Fliege eine gesellschaftspolitische Entwicklung des Scheiterns und der Zersetzung, die sich symptomatisch im Auftauchen der Fliege in postsozialistischer Kunst und Literatur manifestiert. Sie schreibt: "Wollten die sowjetischen Biokosmisten in der Stalin-Zeit einen Neuen Menschen schaffen und die minderwertigen, parasitären Kreaturen, darunter auch die Insekten, aus der Welt tilgen (Groys/Hagemeister 2005: 52, 60, 352), steigen gerade die Fliegen in der postkommunistischen Zeit zu Trägern perfekten Erbgutes auf. Sie versammeln sich nun um die postsowjetischen Erinnerungsstätten – kommunalen Küchen und Klos. Diente die Verwandlung des sowjetischen Menschen in eine Fliege in den früheren Werken Kabakovs, […] als Allegorie des miserablen Lebens in der Sowjetunion, des Dissidententums und der Emigration, so wandelte sich die Fliege nach der Wende zur ironischen Figur des sich selbst entfremdeten postkommunistischen Kollektivmenschen" (S. 338f.). Scheint also die Fliege die Verkörperung par excellence eines heutigen Lebensgefühls, zeichnet Zimmermann gleichzeitig akribisch einen kulturhistorischen Diskurs nach, der den Topos der Fliege bereits in der Antike (Lob der Fliegen von Lukian von Samosata), in barocken Stillleben und 'memento mori'-Darstellungen sowie bei Kafka als auch Sartre verortet. Dennoch: die Häufung des Auftretens von Fliegen in der ost- und südosteuropäischen Kultur scheint bemerkenswert. Bemerkenswert ist auch die Schlussfolgerung von Zimmermann, die die Verbreitung des Fliegenmotivs letztlich auf die Sprachlosigkeit der heutigen, post-ideologischen Zeit zurückführt: "Folgt man den postkommunistischen Spuren der Fliege in Ost- und Südosteuropa, fungiert sie nicht nur als Index der gescheiterten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen und familiären Projekte, sondern erscheint im Nucleus aller negativen Zersetzungsprozesse. Damit fügt sie sich als Selbstbeschreibung bzw. Selbstprojektion der Identitäts- und Ortlosigkeit in die Tradition der negativen theologischen sowie der heteronormen Osteuropa- und Balkandiskurse ein. Sie offenbart die Unvereinbarkeit der ideellen und materiellen Werte, der ideologischen Projekte und ihrer pragmatischen Realisierungen. Als Bildformel drückt sie eine dunkle claritas aus, die dort in einer Epiphanie aufblitzt, wo die Sprache versagt" (S. 349f.). Mit diesem Satz schließt der Beitrag von Tanja Zimmermann und auch das Buch von Susi K. Frank. Gleichzeitig scheint er den auf dem Weg zur Bildformel verloren gegangenen Pathos in Erinnerung zu rufen. Wenn die Sprache versagt, weisen Bilder den Weg zum Gefühl.
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Das Waldhufendorf Nakléřov (Nollendorf) gehört, wie eine Vielzahl weiterer Orte im bis 1945 hauptsächlich von deutschsprachiger Bevölkerung besiedelten tschechischen »Grenzgebiet«, zu jenen Orten, die heute aus der Perspektive verschiedener Akteure als verschwunden oder untergegangen beschrieben werden. Auf Grund ihres allgegenwärtigen fragmentarischen Erhaltungszustands und der oft fehlenden Bausubstanz scheinen sie bei einer oberflächlichen Schau nicht als Interessensgebiete der Denkmalpflege in Frage zu kommen. Untersucht man sie mit den wertneutralen Analyse- und Inventarisierungsverfahren der Angewandten Historischen Geografie, so kommt man zu einem differenzierteren Ergebnis, das zum einen die Darstellung als verschwundene Orte fragwürdig erscheinen lässt und zum anderen zu einer Neufokussierung des Aspekts der Abwesenheit aus denkmalpflegerischer Sicht führt. Im Verlauf der Bestandsaufnahme der gegenwärtigen materiellen Verfasstheit des paradigmatisch untersuchten Ortes, der Gesamtschau des Noch-Vorhandenen als komplexem Netz unterschiedlichster Indizien, die sowohl auf historische Tiefenschichtungen als auch auf Abwesenheiten verweisen, hat sich gezeigt, dass der Ort Nakléřov über vielfältige Relikte und Spuren verfügt, die auf seine Entstehung sowie unterschiedliche historische Epochen und Zäsuren verweisen. Basierend auf dem Palimpsest als Vorstellungsgerüst und der Spurensuche als Leitmotiv einer verräumlichten Geschichtsschreibung führte der am Ort erprobte mikrohistorische Blick zu einer geschärften Perspektive auf verborgene und verschwundene Schichten und Objekte, auf sich räumlich ausdrückende Machtverhältnisse und politische Zäsuren. Zur Veranschaulichung wurden verschiedene Möglichkeiten einer GIS-basierten kartografischen Erfassung aufgezeigt, die der Besonderheit einer Landschaft der Leerstellen des 20. Jahrhunderts mit der Wüstung eines Ortes vor dem Hintergrund der Zwangsmigration der deutschen Bevölkerung und des politischen Regimewechsels nach 1945 gerecht werden sollte. In Fortführung der Denkanstöße von Norbert HUSE, den denkmalpflegerischen Leistungsbegriff in Frage zu stellen und auch Orte der Abwesenheit hinsichtlich ihrer potentiellen Denkmalwertigkeit zu hinterfragen, sowie in Anknüpfung an das Konzept der European Landscape Convention (2004), auch Landschaftsschäden und die Vergegenwärtigung nicht mehr vorhandener Landschaftscharakteristika in die Inventarisierung einzubeziehen, wurde im Untersuchungsgebiet der Kartierung stark geschädigter und verschwundener Bereiche und Objekte besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Den Ausgangspunkt bildete die Bestandsaufnahme der Kulturlandschaftselemente mit historischem Zeugniswert, die unabhängig von Kriterien wie Schönheit oder kunsthistorischer Wert erfasst wurden. Auf der Chronotop-Karte hingegen wurde die Genese des Ortes zurückverfolgt. Das gleichzeitige Nebeneinander ungleichzeitiger Elemente wurde in verschiedenen räumlichen Ausschnitten hinsichtlich seiner Entwicklungsgeschichte analysiert, historisch kontextualisiert und auf Kontinuitäten und Zäsuren hin überprüft. Dabei stand nicht die Eruierung eines kulturlandschaftlichen »Urtextes« im Fokus, sondern das Herausarbeiten von Zeitschichten. Eine Gründung als Waldhufendorf von deutschen Siedlern um 1100, wie in den Dorfchroniken kolportiert, war nicht nachweisbar. Zu belegen ist, dass sich das im Kern mittelalterliche Dorf mit einer spätestens in der ersten Hälfte des 17. Jh. planmäßig angelegten Waldhufenstruktur bis zur Zäsur von 1945 über ca. 350 Jahre in dieser Form auch weiterentwickelt hat. Mit der Zwangsmigration der deutschsprachigen Bevölkerung verschwand das »Pflegepersonal« der Kulturlandschaft. Auch durch die nachfolgende genossenschaftliche und militärische Nutzung veränderte sich der Ort flächendeckend. Die kleinteilige und durch pflanzliche Diversität gekennzeichnete Bewirtschaftung wich unter den neuen sozio-ökonomischen Bedingungen einer monokulturellen Flächenbewirtschaftung. Während die Teile des Flurbildes, die in funktionalem Zusammenhang mit der dörflichen Siedlung standen, größtenteils verloren gegangen sind, wurde der Charakter des Verkehrskorridors hingegen noch verstärkt. Der 1938 geplante Autobahnabschnitt auf der Trasse des prähistorischen Nollendorfer Passes wurde zu Beginn des 21. Jh. als Teil der A17 realisiert. Die zentrale Lage in einer Transitlandschaft erwies als entscheidend für die Entwicklung des Dorfes. Neben der Bedeutung als Handels- und Poststraße war die durch den Ort führende Querung des Osterzgebirges militärstrategisch wichtig und wurde im Verlauf verschiedener Kriege spätestens ab dem 11. Jh. bis 1945 rege genutzt. Mehrfach wurden Teile des Dorfes zerstört, doch im Gegensatz zur Zäsur nach 1945 erfolgte stets ein Wiederaufbau. Ernsthafte Bemühungen einer Neubesiedlung im Zuge der Wiederbesiedlungspolitik im Grenzgebiet sind nicht zu verzeichnen. Vielmehr wurden fast 90% des Gebäudebestands zwischen 1949–1964 als Abbruchhäuser verkauft oder dem Verfall überlassen. Heute existieren in Nakléřov bauliche Zeugnisse in unterschiedlichen Erhaltungsgraden, die im Zusammenhang mit verschiedenen Phasen der Expansion, Stagnation und Regression in der Siedlungsentwicklung zu sehen sind. Die historische Bedeutung des Ortes ist nicht allein aus seiner fragmentarisch erhaltenen Gebäudesubstanz abzuleiten, sondern liegt in der Kontinuität der Gebäudestandorte und der Verbindung von Flur und Bauparzelle. In einem Waldhufendorf stellen die Lesesteinwälle das materialisierte Ordnungsgefüge dar. An ihnen wird der Dorfgrundriss mit seiner Parzellenstruktur erkennbar, der zur ältesten materiellen geschichtlichen Überlieferung auf dem Lande gehört. Die bauliche Substanz tritt in ihrer Bedeutung in den Hintergrund, wird zum Inventar, das auf Grund besonderer Rahmenbedingungen ausgetauscht wird. Vielmehr ist es in Nakléřov das durch die Lesesteinrücken markierte Nichtmehrvorhandensein vieler baulicher Strukturen, das als Bestandteil des historischen Zeugniswertes des Ortes zu bewerten ist. Die Lesesteinrücken sind nicht nur Spuren im Sinne von siedlungsgeschichtlich relevanten Überresten, sondern zugleich auch Spuren im Sinne von materiellen Anhaltspunkten, die Abwesenheit bezeugen und über das impulsgebende Potential verfügen, diese Abwesenheit zu hinterfragen und dem spurenbildenden Geschehen nachzuspüren. Das für Nakléřov prägnante ubiquitäre Zusammenspiel von an- und abwesenden Objekten wurde auf einer eigens entwickelten, auch auf andere Orte (im Grenzgebiet) übertragbaren Kartierung (KE) festgehalten, in der die Materialströme 1945–2012 dokumentiert wurden. Aktuell durch materielle Konstellationen markierte Orte der Leere wurden dechiffriert, indem Relikte nach Zeitschichten gestaffelt mit Visualisierungen verschwundener Objekte hinterlegt wurden. Die über materielle Überreste transportierte Erfahrung von Abwesenheit wird auch an scheinbar kontext- und funktionslosen Elementen deutlich. Dazu gehört in Nakléřov z.B. ein Parkplatz, dessen Verwendungszweck zwar eindeutig ist, wohingegen sich seine Funktion an diesem Ort nicht ohne Hinzuziehung von Quellen erschließt. Ihn als Erwartungen störendes Element, dem eine »verdächtige Abwesenheit« inhärent ist, aufzufassen und als unabsichtliche Hinterlassenschaft zu hinterfragen, hat den Anstoß zur erinnerungskulturellen Dechiffrierung der banal anmutenden Fläche gegeben. Das Weiterverfolgen seiner Spur hat verschiedene Strategien der Verdrängung von erinnerungsstützenden und wahrnehmungslenkenden Artefakten und Zeichensetzungen sowie das dynamische und teils antagonistische Beziehungsgeflecht der sich in diesem räumlichen Ausschnitt befindlichen Objekte offengelegt. Neben Beschriftungen an einem Aussichtsturm und einem Schlachtendenkmal, deren Wechsel sich verändernde gesellschaftspolitische Bedingungen des 20. Jh. reflektieren, ist es ein »dichter Ort«, dessen geografische Lage zum Versuch einer gedächtnispolitischen Umcodierung und räumlichen Verankerung eines neuen Geschichtsnarrativs geführt hat. Der heute durch ein Holzkreuz markierte Ort war 300 Jahre lang Standort einer sakralen Landschaftsdominante, die 1975 in Vorbereitung der Installation eines Sowjetdenkmals gesprengt wurde. Die Planungsunterlagen belegen, dass ein Zulassen räumlich sichtbarer Erinnerungskonkurrenzen auszuschließen war und eine politisch motivierte Neubesetzung des Ortes unter besonderer Berücksichtigung seiner in die Landschaft ausgreifenden Raumwirkung angestrebt war. Einer der wenigen materiellen Überreste, die auf die Geschichte zur Errichtung des größten Sowjetdenkmals in Nordböhmen verweisen, ist der Parkplatz. Vor allem an diesem Beispiel hat sich auch gezeigt, dass der sich aus einem feinen Gespinst unterschiedlichster materieller Konstellationen zusammensetzende Ort als Geschichtsquelle nur bedingt anschaulich und »lesbar« ist. Neben die Bestimmung des historischen Zeugniswertes des Untersuchungsgebietes durch kartierte und »erzählte Geschichte« trat so zwangsläufig auch der Subtext einer Beschreibung des Prozesses der Spureninterpretation. Dieser »dichte Ort« ist heute ein Ort aktiver objektgebundener Gedenkpraktiken, der durch eine Koexistenz von Erinnerungssträngen gekennzeichnet ist und von unterschiedlichen Akteuren genutzt wird. Die zweisprachige Tafel am Schlachtendenkmal, Pläne zur Wiedererrichtung des Aussichtsturms und zu Baumaßnahmen unter Berücksichtigung der historischen Siedlungsstruktur deuten auf eine wachsende Akzeptanz des kulturhistorischen Erbes der deutschsprachigen Bevölkerung hin. Auch verschiedene tschechische Projekte zur Dokumentation des Grenzgebiets, einschließlich der Erfassung dessen, was zerstört oder nur noch in Überresten vorhanden ist, belegen die Bereitschaft, sich mit der Geschichte der Landschaft auseinanderzusetzen. Orte, an denen die Erfahrung von Abwesenheit und Leere auf den flächendeckend offensichtlichen Bruch im Grenzland verweist, beinhalten das Potential als »storyscape« zu fungieren und ein an den Raum rückgebundenes Erzählen von erinnerungskulturell und sozial bedeutsamen »Geschichten« zu initiieren. Der mögliche Denkmalwert eines Ortes wie Nakléřov als repräsentativer und zugleich singulärer Bestandteil einer historischen Kulturlandschaft besteht in seinem Vermögen, Fragen aufzuwerfen und eine Beschäftigung mit der Geschichte des Ortes im lokalen, regionalen und europäischen Kontext einzuleiten. Das denkmalpflegerische Kriterium der Leistung manifestiert sich nicht im Objekt, sondern im Potential eines bestimmten räumlichen Ausschnitts, erinnerungskulturelle Prozesse und angesichts »umstrittener« oder »geteilter« Objekte und Orte Dialoge in Gang zu setzen. Ein Ort, dessen historischer und erinnerungskultureller Wert aus dem Spannungsfeld zwischen an- und abwesenden Elementen, zwischen Leerstellen und Relikten resultiert, führt an die Grenzen traditioneller Denkmalbegrifflichkeiten, ist aber auf der Basis der Zusammenschau verschiedener theoretischer und praktischer Ansätze der Denkmalpflege, die unter dem Begriff »unbequeme Kulturlandschaft« zu subsumieren sind, in seiner potentiellen Denkmalwürdigkeit zu diskutieren. Die Grenzen dessen, was Denkmal sein kann, sind zwar seit den 1970er Jahren räumlich, substanziell und ideell durchlässiger geworden, werden aber immer noch von Ansprüchen an die materielle Substanz des Denkmals und an das Denkmal als Zeugnis von Leistung markiert. Auch HUSE sieht in der Bindung der Denkmalpflege »an die materielle Spur« sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche: »Wo es diese nicht mehr gibt, kann es auch keine Denkmalpflege mehr geben.« Aber Denkmalpflege kann es auch dort geben, wo die Spur in existentieller Abhängigkeit vom Vorhandensein der sie umgebenden Substanz als interpretationsoffenes Zeitfenster im Raum verstanden wird. Die Spur ist an das Vorhandensein von materieller Substanz gebunden, denn ohne diese wäre die Spur weder präsent noch wahrnehmbar. Spuren sind dergestalt als Ensembles zu begreifen, die aus einer Leerstelle sowie der sie umgebenden, sie hervorbringenden und auf sie verweisenden materiellen Umgebung bestehen. Für den Denkmalpfleger als Spurenleser stünde somit das sich über das Materielle ausdrückende Spannungsfeld zwischen Absenz und Präsenz im Fokus, das unter den Vorzeichen des Erinnerns und Vergessens für den kulturwissenschaftlichen Erinnerungs- und Gedächtnisdiskurs von Bedeutung ist. Ein umfassender Spurenbegriff wäre dem Substanzbegriff als Korrektiv zur Seite zu stellen, mit dem Potential, auf Abwesenheit als Resultat von destruktiven Einwirkungen hinzuweisen, Fragen auch nach (un)freiwilligen Zeugnissen, Kontexten, Ursachen, Menschen und ihrem Handeln aufzuwerfen, und dabei dennoch den Konnex zum Materiellen halten zu können. Ein Spurenbegriff, der über das Oszillieren der Spur zwischen ästhetischem und historischem Wert hinausgeht, verweisend auf tiefgreifende Verluste und Zerstörungsprozesse, scheint dazu geeignet, die Funktion des Denkmals auch als »Erinnerung an Brüche, Unschönes und Schwieriges, an Niederlagen und Irrwege, aber auch an Alternativen« zu stärken, die denkmalpflegerische Kanonbildung sowie Kernbegriffe der Disziplin wie Substanz und Leistung hinsichtlich ihrer generellen Anwendbarkeit auf die bestehende und potentielle Denkmalwelt zu hinterfragen. Orte und Objekte abseits traditioneller Vorstellungen vom Denkmal erfordern eine Neufokussierung des Substanzbegriffs, um eine komplexere und vielschichtige, auch konfligierende Deutungen zulassende Kultur- und Geschichtsbetrachtung zu ermöglichen. Eine Denkmalpflege als wissenschaftlich verankerte Disziplin, die sich mit ihren vielfältigen materialbasierten und verorteten Medien der Erinnerung, stärker in den fächer- und längst auch grenzübergreifenden Erinnerungsdiskurs einbringen will, braucht zu Beginn des 21. Jh. nach den Verwerfungen des 20. Jh. noch andere Orientierungspunkte, um sich auch in disparaten, auch von Destruktion geprägten Kulturräumen bewegen zu können.
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Das Waldhufendorf Nakléřov (Nollendorf) gehört, wie eine Vielzahl weiterer Orte im bis 1945 hauptsächlich von deutschsprachiger Bevölkerung besiedelten tschechischen »Grenzgebiet«, zu jenen Orten, die heute aus der Perspektive verschiedener Akteure als verschwunden oder untergegangen beschrieben werden. Auf Grund ihres allgegenwärtigen fragmentarischen Erhaltungszustands und der oft fehlenden Bausubstanz scheinen sie bei einer oberflächlichen Schau nicht als Interessensgebiete der Denkmalpflege in Frage zu kommen. Untersucht man sie mit den wertneutralen Analyse- und Inventarisierungsverfahren der Angewandten Historischen Geografie, so kommt man zu einem differenzierteren Ergebnis, das zum einen die Darstellung als verschwundene Orte fragwürdig erscheinen lässt und zum anderen zu einer Neufokussierung des Aspekts der Abwesenheit aus denkmalpflegerischer Sicht führt. Im Verlauf der Bestandsaufnahme der gegenwärtigen materiellen Verfasstheit des paradigmatisch untersuchten Ortes, der Gesamtschau des Noch-Vorhandenen als komplexem Netz unterschiedlichster Indizien, die sowohl auf historische Tiefenschichtungen als auch auf Abwesenheiten verweisen, hat sich gezeigt, dass der Ort Nakléřov über vielfältige Relikte und Spuren verfügt, die auf seine Entstehung sowie unterschiedliche historische Epochen und Zäsuren verweisen. Basierend auf dem Palimpsest als Vorstellungsgerüst und der Spurensuche als Leitmotiv einer verräumlichten Geschichtsschreibung führte der am Ort erprobte mikrohistorische Blick zu einer geschärften Perspektive auf verborgene und verschwundene Schichten und Objekte, auf sich räumlich ausdrückende Machtverhältnisse und politische Zäsuren. Zur Veranschaulichung wurden verschiedene Möglichkeiten einer GIS-basierten kartografischen Erfassung aufgezeigt, die der Besonderheit einer Landschaft der Leerstellen des 20. Jahrhunderts mit der Wüstung eines Ortes vor dem Hintergrund der Zwangsmigration der deutschen Bevölkerung und des politischen Regimewechsels nach 1945 gerecht werden sollte. In Fortführung der Denkanstöße von Norbert HUSE, den denkmalpflegerischen Leistungsbegriff in Frage zu stellen und auch Orte der Abwesenheit hinsichtlich ihrer potentiellen Denkmalwertigkeit zu hinterfragen, sowie in Anknüpfung an das Konzept der European Landscape Convention (2004), auch Landschaftsschäden und die Vergegenwärtigung nicht mehr vorhandener Landschaftscharakteristika in die Inventarisierung einzubeziehen, wurde im Untersuchungsgebiet der Kartierung stark geschädigter und verschwundener Bereiche und Objekte besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Den Ausgangspunkt bildete die Bestandsaufnahme der Kulturlandschaftselemente mit historischem Zeugniswert, die unabhängig von Kriterien wie Schönheit oder kunsthistorischer Wert erfasst wurden. Auf der Chronotop-Karte hingegen wurde die Genese des Ortes zurückverfolgt. Das gleichzeitige Nebeneinander ungleichzeitiger Elemente wurde in verschiedenen räumlichen Ausschnitten hinsichtlich seiner Entwicklungsgeschichte analysiert, historisch kontextualisiert und auf Kontinuitäten und Zäsuren hin überprüft. Dabei stand nicht die Eruierung eines kulturlandschaftlichen »Urtextes« im Fokus, sondern das Herausarbeiten von Zeitschichten. Eine Gründung als Waldhufendorf von deutschen Siedlern um 1100, wie in den Dorfchroniken kolportiert, war nicht nachweisbar. Zu belegen ist, dass sich das im Kern mittelalterliche Dorf mit einer spätestens in der ersten Hälfte des 17. Jh. planmäßig angelegten Waldhufenstruktur bis zur Zäsur von 1945 über ca. 350 Jahre in dieser Form auch weiterentwickelt hat. Mit der Zwangsmigration der deutschsprachigen Bevölkerung verschwand das »Pflegepersonal« der Kulturlandschaft. Auch durch die nachfolgende genossenschaftliche und militärische Nutzung veränderte sich der Ort flächendeckend. Die kleinteilige und durch pflanzliche Diversität gekennzeichnete Bewirtschaftung wich unter den neuen sozio-ökonomischen Bedingungen einer monokulturellen Flächenbewirtschaftung. Während die Teile des Flurbildes, die in funktionalem Zusammenhang mit der dörflichen Siedlung standen, größtenteils verloren gegangen sind, wurde der Charakter des Verkehrskorridors hingegen noch verstärkt. Der 1938 geplante Autobahnabschnitt auf der Trasse des prähistorischen Nollendorfer Passes wurde zu Beginn des 21. Jh. als Teil der A17 realisiert. Die zentrale Lage in einer Transitlandschaft erwies als entscheidend für die Entwicklung des Dorfes. Neben der Bedeutung als Handels- und Poststraße war die durch den Ort führende Querung des Osterzgebirges militärstrategisch wichtig und wurde im Verlauf verschiedener Kriege spätestens ab dem 11. Jh. bis 1945 rege genutzt. Mehrfach wurden Teile des Dorfes zerstört, doch im Gegensatz zur Zäsur nach 1945 erfolgte stets ein Wiederaufbau. Ernsthafte Bemühungen einer Neubesiedlung im Zuge der Wiederbesiedlungspolitik im Grenzgebiet sind nicht zu verzeichnen. Vielmehr wurden fast 90% des Gebäudebestands zwischen 1949–1964 als Abbruchhäuser verkauft oder dem Verfall überlassen. Heute existieren in Nakléřov bauliche Zeugnisse in unterschiedlichen Erhaltungsgraden, die im Zusammenhang mit verschiedenen Phasen der Expansion, Stagnation und Regression in der Siedlungsentwicklung zu sehen sind. Die historische Bedeutung des Ortes ist nicht allein aus seiner fragmentarisch erhaltenen Gebäudesubstanz abzuleiten, sondern liegt in der Kontinuität der Gebäudestandorte und der Verbindung von Flur und Bauparzelle. In einem Waldhufendorf stellen die Lesesteinwälle das materialisierte Ordnungsgefüge dar. An ihnen wird der Dorfgrundriss mit seiner Parzellenstruktur erkennbar, der zur ältesten materiellen geschichtlichen Überlieferung auf dem Lande gehört. Die bauliche Substanz tritt in ihrer Bedeutung in den Hintergrund, wird zum Inventar, das auf Grund besonderer Rahmenbedingungen ausgetauscht wird. Vielmehr ist es in Nakléřov das durch die Lesesteinrücken markierte Nichtmehrvorhandensein vieler baulicher Strukturen, das als Bestandteil des historischen Zeugniswertes des Ortes zu bewerten ist. Die Lesesteinrücken sind nicht nur Spuren im Sinne von siedlungsgeschichtlich relevanten Überresten, sondern zugleich auch Spuren im Sinne von materiellen Anhaltspunkten, die Abwesenheit bezeugen und über das impulsgebende Potential verfügen, diese Abwesenheit zu hinterfragen und dem spurenbildenden Geschehen nachzuspüren. Das für Nakléřov prägnante ubiquitäre Zusammenspiel von an- und abwesenden Objekten wurde auf einer eigens entwickelten, auch auf andere Orte (im Grenzgebiet) übertragbaren Kartierung (KE) festgehalten, in der die Materialströme 1945–2012 dokumentiert wurden. Aktuell durch materielle Konstellationen markierte Orte der Leere wurden dechiffriert, indem Relikte nach Zeitschichten gestaffelt mit Visualisierungen verschwundener Objekte hinterlegt wurden. Die über materielle Überreste transportierte Erfahrung von Abwesenheit wird auch an scheinbar kontext- und funktionslosen Elementen deutlich. Dazu gehört in Nakléřov z.B. ein Parkplatz, dessen Verwendungszweck zwar eindeutig ist, wohingegen sich seine Funktion an diesem Ort nicht ohne Hinzuziehung von Quellen erschließt. Ihn als Erwartungen störendes Element, dem eine »verdächtige Abwesenheit« inhärent ist, aufzufassen und als unabsichtliche Hinterlassenschaft zu hinterfragen, hat den Anstoß zur erinnerungskulturellen Dechiffrierung der banal anmutenden Fläche gegeben. Das Weiterverfolgen seiner Spur hat verschiedene Strategien der Verdrängung von erinnerungsstützenden und wahrnehmungslenkenden Artefakten und Zeichensetzungen sowie das dynamische und teils antagonistische Beziehungsgeflecht der sich in diesem räumlichen Ausschnitt befindlichen Objekte offengelegt. Neben Beschriftungen an einem Aussichtsturm und einem Schlachtendenkmal, deren Wechsel sich verändernde gesellschaftspolitische Bedingungen des 20. Jh. reflektieren, ist es ein »dichter Ort«, dessen geografische Lage zum Versuch einer gedächtnispolitischen Umcodierung und räumlichen Verankerung eines neuen Geschichtsnarrativs geführt hat. Der heute durch ein Holzkreuz markierte Ort war 300 Jahre lang Standort einer sakralen Landschaftsdominante, die 1975 in Vorbereitung der Installation eines Sowjetdenkmals gesprengt wurde. Die Planungsunterlagen belegen, dass ein Zulassen räumlich sichtbarer Erinnerungskonkurrenzen auszuschließen war und eine politisch motivierte Neubesetzung des Ortes unter besonderer Berücksichtigung seiner in die Landschaft ausgreifenden Raumwirkung angestrebt war. Einer der wenigen materiellen Überreste, die auf die Geschichte zur Errichtung des größten Sowjetdenkmals in Nordböhmen verweisen, ist der Parkplatz. Vor allem an diesem Beispiel hat sich auch gezeigt, dass der sich aus einem feinen Gespinst unterschiedlichster materieller Konstellationen zusammensetzende Ort als Geschichtsquelle nur bedingt anschaulich und »lesbar« ist. Neben die Bestimmung des historischen Zeugniswertes des Untersuchungsgebietes durch kartierte und »erzählte Geschichte« trat so zwangsläufig auch der Subtext einer Beschreibung des Prozesses der Spureninterpretation. Dieser »dichte Ort« ist heute ein Ort aktiver objektgebundener Gedenkpraktiken, der durch eine Koexistenz von Erinnerungssträngen gekennzeichnet ist und von unterschiedlichen Akteuren genutzt wird. Die zweisprachige Tafel am Schlachtendenkmal, Pläne zur Wiedererrichtung des Aussichtsturms und zu Baumaßnahmen unter Berücksichtigung der historischen Siedlungsstruktur deuten auf eine wachsende Akzeptanz des kulturhistorischen Erbes der deutschsprachigen Bevölkerung hin. Auch verschiedene tschechische Projekte zur Dokumentation des Grenzgebiets, einschließlich der Erfassung dessen, was zerstört oder nur noch in Überresten vorhanden ist, belegen die Bereitschaft, sich mit der Geschichte der Landschaft auseinanderzusetzen. Orte, an denen die Erfahrung von Abwesenheit und Leere auf den flächendeckend offensichtlichen Bruch im Grenzland verweist, beinhalten das Potential als »storyscape« zu fungieren und ein an den Raum rückgebundenes Erzählen von erinnerungskulturell und sozial bedeutsamen »Geschichten« zu initiieren. Der mögliche Denkmalwert eines Ortes wie Nakléřov als repräsentativer und zugleich singulärer Bestandteil einer historischen Kulturlandschaft besteht in seinem Vermögen, Fragen aufzuwerfen und eine Beschäftigung mit der Geschichte des Ortes im lokalen, regionalen und europäischen Kontext einzuleiten. Das denkmalpflegerische Kriterium der Leistung manifestiert sich nicht im Objekt, sondern im Potential eines bestimmten räumlichen Ausschnitts, erinnerungskulturelle Prozesse und angesichts »umstrittener« oder »geteilter« Objekte und Orte Dialoge in Gang zu setzen. Ein Ort, dessen historischer und erinnerungskultureller Wert aus dem Spannungsfeld zwischen an- und abwesenden Elementen, zwischen Leerstellen und Relikten resultiert, führt an die Grenzen traditioneller Denkmalbegrifflichkeiten, ist aber auf der Basis der Zusammenschau verschiedener theoretischer und praktischer Ansätze der Denkmalpflege, die unter dem Begriff »unbequeme Kulturlandschaft« zu subsumieren sind, in seiner potentiellen Denkmalwürdigkeit zu diskutieren. Die Grenzen dessen, was Denkmal sein kann, sind zwar seit den 1970er Jahren räumlich, substanziell und ideell durchlässiger geworden, werden aber immer noch von Ansprüchen an die materielle Substanz des Denkmals und an das Denkmal als Zeugnis von Leistung markiert. Auch HUSE sieht in der Bindung der Denkmalpflege »an die materielle Spur« sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche: »Wo es diese nicht mehr gibt, kann es auch keine Denkmalpflege mehr geben.« Aber Denkmalpflege kann es auch dort geben, wo die Spur in existentieller Abhängigkeit vom Vorhandensein der sie umgebenden Substanz als interpretationsoffenes Zeitfenster im Raum verstanden wird. Die Spur ist an das Vorhandensein von materieller Substanz gebunden, denn ohne diese wäre die Spur weder präsent noch wahrnehmbar. Spuren sind dergestalt als Ensembles zu begreifen, die aus einer Leerstelle sowie der sie umgebenden, sie hervorbringenden und auf sie verweisenden materiellen Umgebung bestehen. Für den Denkmalpfleger als Spurenleser stünde somit das sich über das Materielle ausdrückende Spannungsfeld zwischen Absenz und Präsenz im Fokus, das unter den Vorzeichen des Erinnerns und Vergessens für den kulturwissenschaftlichen Erinnerungs- und Gedächtnisdiskurs von Bedeutung ist. Ein umfassender Spurenbegriff wäre dem Substanzbegriff als Korrektiv zur Seite zu stellen, mit dem Potential, auf Abwesenheit als Resultat von destruktiven Einwirkungen hinzuweisen, Fragen auch nach (un)freiwilligen Zeugnissen, Kontexten, Ursachen, Menschen und ihrem Handeln aufzuwerfen, und dabei dennoch den Konnex zum Materiellen halten zu können. Ein Spurenbegriff, der über das Oszillieren der Spur zwischen ästhetischem und historischem Wert hinausgeht, verweisend auf tiefgreifende Verluste und Zerstörungsprozesse, scheint dazu geeignet, die Funktion des Denkmals auch als »Erinnerung an Brüche, Unschönes und Schwieriges, an Niederlagen und Irrwege, aber auch an Alternativen« zu stärken, die denkmalpflegerische Kanonbildung sowie Kernbegriffe der Disziplin wie Substanz und Leistung hinsichtlich ihrer generellen Anwendbarkeit auf die bestehende und potentielle Denkmalwelt zu hinterfragen. Orte und Objekte abseits traditioneller Vorstellungen vom Denkmal erfordern eine Neufokussierung des Substanzbegriffs, um eine komplexere und vielschichtige, auch konfligierende Deutungen zulassende Kultur- und Geschichtsbetrachtung zu ermöglichen. Eine Denkmalpflege als wissenschaftlich verankerte Disziplin, die sich mit ihren vielfältigen materialbasierten und verorteten Medien der Erinnerung, stärker in den fächer- und längst auch grenzübergreifenden Erinnerungsdiskurs einbringen will, braucht zu Beginn des 21. Jh. nach den Verwerfungen des 20. Jh. noch andere Orientierungspunkte, um sich auch in disparaten, auch von Destruktion geprägten Kulturräumen bewegen zu können.
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Kein Land vermittelt uns derzeit noch einen so umfassenden, geschlossenen Überblick über die Entwicklung der Baukunst der Schlösser, Guts- und Domänenpächterhäuser wie das heutige Mecklenburg-Vorpommern. Dies gilt für die Anfänge bis in die Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Der 1990 überlieferte Bestands-Zusammenhang ist nach bereits knapp zwei Jahrzehnten seit der Vereinigung der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR so stark gefährdet, dass die regionale Identität Mecklenburg-Vorpommerns für zukünftige Generationen schwierig nachvollziehbar sein wird. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zur Erhaltung des kulturellen Erbes im Zusammenhang, die Bekanntheit der Schlösser, Guts- und Domänenpächterhäuser sowie die Kenntnis ihres entwicklungshistorischen Kontextes bilden die Grundlage für ihren Erhalt – zur Wahrung der regionalen Identität des Bundeslandes. Der Verfasser der vorliegenden Schrift möchte einen Beitrag leisten, erstmalig den entwicklungshistorischen Zusammenhang der genannten Objekte, insbesondere im vormaligen Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, darzustellen. Der Untersuchungsschwerpunkt betrifft den Zeitraum etwa 1780-1920. Die Region Ludwigslust und das Amt Neuhaus werden als 'Entwicklungs-Zentrum' für die zeitgemäß-moderne Architektur der Schlösser, Guts- und Domänenpächterhäuser Mecklenburgs und Pommerns herausgestellt. Dazu werden die in der Region und dem Amt liegenden Standorte denkmaltopographisch analysiert, ihre Objekte stilkritisch bewertet und mit der zeitgemäß-vorherrschenden Architektur-Stilistik verglichen. Nach dem Forschungsergebnis ist der wichtigste Bestandteil der Gutshaus- und Domänenpächterhaus-Architektur Mecklenburgs und Pommerns auf 6 Entwicklungslinien/Bautrends – zwischen etwa 1700 und Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – zurückzuführen. Es werden insbesondere die 'Innovationsbauten', wie beispielsweise das Gutshaus Gresse, vorgestellt und die 'Innovations-Folgebauten' in die jeweiligen Bautrends eingeordnet. Zur Untermauerung des Forschungsergebnisses stützt sich der Verfasser auf 2 Anlagebände, nicht nur mit historischen Abbildungen und maßstabsgerechten Zeichnungen der untersuchten Objekte, sondern vielmehr ihrer Vorbilder, welche in nationalen und internationalen Kultureinflüssen stehen. Die Dokumentation beinhaltet gemäß anthropologischem Modell VASARIs die in Abfolge der architektonischen Stile geordneten Biographien der architektonischen Urheber, deren Objektkonzeption in der Region und dem Amt sowie anderen Landesteilen erfolgt war. Der 1. Dokumentationsteil beinhaltet diejenigen Urheber, welche unabhängig von Bautrends ihre Tätigkeiten entfalteten, hingegen der 2. Teil die Lebensläufe derjenigen Urheber, welche den in der Region und dem Amt begründeten 6 Bautrends in Mecklenburg und Pommern errichteten Objekte zuzuordnen sind. Die Erkenntnisse über die Urheber – in mehr als 70 Baumeister- und Architektenbiographien samt Werkverzeichnissen fixiert – lassen Rückschlüsse auf den entwicklungshistorischen Bestands-Zusammenhang der Schlösser, Guts- und Domänenpächterhäuser in Mecklenburg und Pommern zu. Die Biographien beleuchten nicht nur das familiär-intellektuelle Umfeld der Urheber, sondern vielmehr auch ihre 'akademische Herkunft' im Zusammenhang von Lehrern, Bildungsreisen, Kommilitonen und stilistisch-bautechnischem Einfluss. Schließlich unter diesen multipel-kulturellen Einflüssen erfolgte die Entwurfstätigkeit zur Vollendung dieser Objekte. Es ist zu konstatieren, dass die Biographien eine Vielzahl von Urheberschaften/Zuschreibungen von Gutshausentwürfen offenlegen: Das Repertoire staatsbediensteter Urheber beinhaltete u. a. auch Gutshäuser für private Auftraggeber. So sind zahlreiche Gutshäuser, oft bereits Abbrüchen anheimgefallen, im Nachhinein jedoch als 'kleine Werke großer Meister' zu interpretieren. Erst gemäß Positionierung der Objekte im überregionalen Kontext der Bautrends können sich die Konkretisierungen denkmalpflegerischer Empfehlungen ergeben. So würde, wie das Beispiel des in der Formensprache RAMÉEs im 'American Colonial Style' konzipierten Gutshauses Benz dokumentiert, weiteren Fehlinterpretationen und erneuten Abbrüchen wirksam vorgebeugt werden. Es liegt auf der Hand, dass weitere Abbrüche unterbunden und dem Erhalt des kulturellen Erbes Gutsanlagen erhöhte Priorität bei der Erarbeitung landespolitischer Zielstellungen gewidmet werden sollte. Spätestens zum Zeitpunkt dieser Publikation müsste die Kulturpolitik Mecklenburg-Vorpommerns im Kontext privater Initiativen mit dem Ziel der regionalen Identitätswahrung verantwortungsvoll konkretisiert werden. ; Mecklenburg-Vorpommern in north east Germany has many castles, great houses and public buildings which show a wider variety of architectural styles, from the early modern era to WWII, than anywhere else. These historic buildings – castles, manor houses and state property houses – were well maintained until the reunification of Germany in 1990 but many have since fallen into vacancy and dilapidation. Little has been done to protect this unique architectural heritage for future generations. Greater awareness of the historical importance of the buildings is needed to ensure they are preserved as an important part of the regional cultural identity. This research aims to reveal for the first time the historic and architectural context of Mecklenburg-Vorpommern's most important buildings, specifically in relation to the former Grand Duchy Mecklenburg-Schwerin. The research focuses on important buildings constructed between 1780 and 1920 in the Ludwigslust and Amt Neuhaus areas, which form the center for modern architecture in Mecklenburg and Pommerania. Firstly, the topography of each building is analysed and compared with the contemporary architecture of the time. This reveals six distinct categories of architectural development between 1700 and 1939/43. In the next step, the construction of each building is ordered according to the appropriate category. This enables innovative approaches to be identified so that the building can take its rightful place in architectural history. A particularly interesting example considered in the research is the neo-gothic manor house Gresse, near to the city of Boizenburg at Elbe. The work is supported by two volumes of evidence – analogue the anthropological model of VASARI: The volumes include historical photos, paintings and drawings showing original architectural features of the buildings and detailing national and international influences. They also include the studies of individual architects. The architects are categorized in clusters according to their favored style of architecture. This is supported by lists of references from the Ludwigslust, Amt Neuhaus and other regions. The first part documents those architects who designed buildings which were not categorized to an architectural trend-line. The second part includes those architects whose work was trend-setting in the Ludwigslust and Amt Neuhaus areas to the Grand Duchy and who were leaders of the six architectural categories. Based on the latest scientific findings, biographies have been compiled for more over 70 architects. The biographies go beyond personal details such as family, schools and teachers to include other major influences such as their multiple-cultural practice gained through international travel. By cross-referencing this information with the study of the buildings this research is able to further enhance our understanding of architectural development in the region. Furthermore, the research finds evidence to link buildings, for which the identity of architect was previously unknown, with renowned architects of the time. Some of the buildings in both public and private ownership have been left to decay and demolition. The discovery that they were built by leading architects presents a powerful case for their preservation as important cultural assets. The research will also help to challenge incorrect assumptions about the buildings in the future and help to ensure that any restoration work is consistent with the original design. Through the study of examples such as the manor house Benz: RAMÉE was able to construct it in the American Colonial Style. The manor house shows how restoration and modification should be undertaken, the research recommends measures including: that the official monument service should be able to prevent demolition; that the departments of building inspection should be able to consult the owners of monuments; that government should create strategies to preserve the cultural inheritance for the future generation; and that cultural and educational policy be re-designed urgently. To achieve these aims private foundations must work together to save the cultural identity of Mecklenburg-Vorpommern.
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Das Buch ist der zweite Band eines lexikalischen Nachschlagewerks (Band 1: Steiermark ist 2008 erschienen), das im Sinne literaturwissenschaftlicher Grundla-genforschung versucht, erstmals eine systematische, flächendeckende Dokumentation des literarischen Lebens Österreichs während der Ära des Nationalsozialismus (1938-1945) zu bieten. Es soll - vom methodischen Ansatz her - ohne einschränkenden, wertenden Rückgriff auf Kanonbildungen den Zugang zu jenem literarischen Geschehen öffnen, das dem offiziellen System des Dritten Reiches angehörte, das von den Lenkungsinstanzen des Kulturbetriebes gefördert, zumindest aber zeitweise geduldet wurde, und es soll der Analyse und Interpretation Materialien zu Entste-hungs- und Wirkungsbedingungen zur Verfügung stellen. Daher geht die Untersuchung von einem funktionalen Literaturverständnis aus und umfasst die wesentlichen institutionalisierten Faktoren des literarischen Kommunika-tionssystems: AutorInnen und deren Werke (einschließlich Hörfunk und Film) sowie Germanisten, kulturpolitische Lenkungsinstanzen (Förderung/Zensur, Literaturprei-se), literarische Vereinigungen, Medien (Verlage, Theater, Rundfunk). Für das Er-proben eines derartigen methodischen Ansatzes bietet die Diktatur des Dritten Rei-ches durch die Totalerfassung der sich an die Öffentlichkeit richtenden schöpferi-schen und medialen Tätigkeit durch die Reichskulturkammer im Jahre 1938 selten gute quellenmäßige Voraussetzungen. Unsere systematischen Recherchen über die Phase von 1938-1945 streben eine möglichst umfassende Beschreibung der Instituti-onen des literarischen Systems und der Integration der AutorInnen an. Zu diesem Zweck wurden außer Druckschriften im Bereich der Personenakten vornehmlich die Bestände des Bundesarchivs Berlin, Abt. Deutsches Reich (ehemaliges BDC) und die sogenannten "Gauakten" durchforstet (der Großteil der Personendaten bezieht sich auf eigene Angaben der Autoren). Wichtigste archivalische Basis für die Be-schreibung der Institutionen sind Akten aus dem Bundesarchiv Koblenz (jetzt im BA Berlin) und dem Wiener Stadt- und Landesarchiv. In die Erhebung von Material werden zudem sowohl die Vor- als auch die Nachge-schichte partiell systematisch einbezogen, um Kontinuitäten und Brüche aufzuzeigen. Besonders signifikant sind Literaturpreise und Ehrungen, welche die Integration eines Schriftstellers in die unterschiedlichen Systeme von der Monarchie bis zu Zweiten Republik illustrieren. Daher haben wir sie - soweit uns bekannt - in ihrer Gesamtheit verzeichnet. Der erstmalige Versuch, möglichst alle literarischen Vereine in Österreich und Anthologien des deutschen Sprachraums (soweit Texte von Öster-reicherInnen aufgenommen wurden) zu erheben, deckt die Zeit von 1933-1945 ab. Die Nachgeschichte wird nicht nur durch Literaturpreise und Ehrungen dokumen-tiert, sondern auch durch den Einbezug der schon genannten "Gauakten" im Öster-reichischen Staatsarchiv (Archiv der Republik). Dem methodischen Anliegen entsprechend, ein literarisches Teil-System des deut-schen Sprachraums in seinen institutionalisierten Faktoren lexikalisch aufzuschließen, wird ein neuer Typus von Handbuch versucht, eine spezifische Kombination von Personenlexikon und Sachwörterbuch, die zu einer Ganzheit vernetzt werden sollten. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Art der Darbietung ergab sich aus dem Faktum der nationalsozialistischen Teilung Österreichs in sieben "reichsunmittelbare" Gaue bzw. Teilsysteme des NS-Staates. Das Handbuch ist daher wie folgt gegliedert: Teil 1: Personenlexikon in mehreren Bänden nach den damaligen Gauen gegliedert. Vorgelegt wird nun der 2. Band über Kärnten. Der Beschreibung des jeweiligen re-gionalen literarischen Systems - analog zu Teil 2 (s.u.) - folgen die AutorInnen-Artikel, den Abschluss bilden Abkürzungs- und Quellenverzeichnisse. Der AutorIn-nenband steht in enger Vernetzung mit dem in Arbeit befindlichen Teil 2: Institutionen in Österreich, welcher Organigramme der Kultur zwischen 1938-1945 in den Reichsgauen enthält, es folgen Förderung / Zensur und Literaturpreise zwischen 1933 und 1945, literarische Vereine (1933-1945) und die Medien (Rundfunk, Theater, Film, belletristische Verlage, Druckschriften: ausgewertete Pe-riodika, Anthologien) sowie ein Abkürzungs- und Quellenverzeichnis. ; The book is the second volume of an encyclopedic reference work that, as the result of basic research in literary studies, represents the first systematic attempt to provide comprehensive documentation of the literary life of Austria during the Nazi era (1938-1945); the first volume (Styria) was published in 2008. From its methodological approach, it is intended to make the literary events that took place within the official system of the Third Reich as promoted, or at least tolerated, by the decision-makers in the cultural industry more accessible, without resorting to limiting, biased attempts to define a canon. Materials will be presented for the analysis and interpretation of the genesis and effects of these events and institutions. For this reason, the study is based on a functional understanding of literature and has taken key institutional elements of the literary communication system into consideration: authors and their works (including radio and film writers), scholars of German studies, the decision-makers of cultural policy (promotion/censure, literary awards), literary associations, publishing houses and theaters, anthologies and periodicals. The total control of all public creative and media activities in the year 1938 through the Third Reich dictatorship rarely provides good sources for the testing of this method. Our systematic research of the phase between 1938 and 1945 intends to create the most comprehensive description possible of the institutions within the literary system and the integration of authors. Apart from printed material in files pertaining to individuals, we primarily scrutinized the contents of the National Archive Berlin / Division on National Socialism (BDC) and what is known as the Gauakten or District Files for this purpose (the vast majority of personal information related to authors was provided by the authors themselves). The most important archival basis for the description of the institutions are files from the National Archive Koblenz (now in the National Archive Berlin) and the Municipal and Provincial Archives of Vienna. In the survey of material, some of the events that transpired before and after the critical Nazi years were systematically included in order to draw attention to continuities and breaks. Especially significant were literary awards and honors, which illustrate the integration of writers in the various governments from the monarchy up through the Second Republic. For this reason, we have included all such prizes that are known. The first attempt to list all literary organizations in Austria and all German-language anthologies, in which Austrian texts were included, covers the period between 1933 and 1945. The subsequent period has been documented not only through literary awards and honors, but also through the inclusion of the so-called Gauakten in the Austrian National Archive (Österreichisches Staatsarchiv / Archiv der Republik). In order to explore the institutional factors of the literary sub-system in German-speaking regions, a new kind of handbook was created in accordance with this methodological approach, a combination of encyclopedia of persons and specialized dictionary, which should be combined in a network to form a whole. Another factor that led to this format was the division of Austria by the Nazis into seven divisions subject directly to the German government. The handbooks have thus been structured as follows: Part I: Encyclopedia of Persons is divided into several volumes based on the administrative divisions (Gaue) at the time. The second volume will focus on Carinthia. The alphabetically-ordered author entries will be preceded by a literary and historical introduction and an organizational diagram of the literary-political associations of the individual divisions as well as an overview of institutions in the Gau. A list of abbreviations and a list of sources will be included at the end of each volume. The volumes devoted to individual authors will be cross-referenced with the second part. Part II: Institutions in Austria will focus on literary organizations 1938-1945, literary awards, promotion and censure, writers associations (1933-1945) and media (radio broadcasting, theatre, motion pictures, publishers, theaters, German-language anthologies, periodical publications), and include a list of abbreviations as well as a list of sources.
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In: Dissertation/Doktorarbeit
Aus der Einleitung: Diese Arbeit hat die Darstellung des Fremden in ihrer Entwicklungstendenz durch Beispiele der Chinaforschung in Deutschland mit den Sichtweisen der Forscher, den Diskursen und Methoden in der Vergangenheit und Gegenwart zusammengestellt und diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Fremdheitsprofile Chinas, der Chinesen und der chinesischen Kultur in der deutschen Forschungsliteratur (im weitesten Sinne) untersucht. In der Forschung über China sind verschiedene kulturrelativistische und kulturalistische Ansätze verbreitet, die zwar fruchtbare Möglichkeiten bieten, sich China als fremder Kultur zu nähern, jedoch sollten nach Meinung der Verfasserin Kultur bezogene Erklärungen gesellschaftlicher (politischer oder ökonomischer) Vorgänge nicht überschätzt werden. Die Darstellungen Chinas als fremdes Land sind meist xenophob oder xenophil motiviert. Während sich die Chinaforschung mit chinesischer Kultur beschäftigt, findet kaum eine theoretische Reflexion über den Begriff Kultur statt. Ebenso wenig, wie über den Begriff der Kultur reflektiert wird, findet in der Forschung eine Reflexion über die Forschungsmethoden statt, besonders den Kulturvergleich und das Kulturverstehen. Traditionell wurde ein Kulturvergleich oft in der Weise vorgenommen, dass das Chinabild als positives oder negatives Gegenbild zum Westen entworfen wurde. Diese Kontrastierung wird der Wirklichkeit Chinas nicht gerecht. Auch wenn diese Kontrastierung des Westens mit einem einseitgen, entweder positiven oder negativen Chinabild heute durch vielfältige andere Chinadarstellungen ergänzt wird, ist es nötig, sich über den Kulturvergleich Gedanken zu machen. Wie dies aussehen könnte, wurde in der vorliegenden Arbeit gezeigt. Das Ziel der Forschung sollte sein, die Möglichkeiten des Kulturverstehens - sowohl der fremden als auch der eigenen - zu erweitern. Zu diesem Zweck sollte in der kulturtheoretischen Fremdheits- bzw. Chinaforschung eine verstärkte Reflexion über Begriff und Konzept des Kulturverstehens stattfinden, aber auch die Reflexion über das Spannungsverhältnis von Eigenem und Fremdem könnte in der Forschung noch vertieft werden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: Inhalt3 Einleitung8 1.Absicht und Methode der Arbeit8 1.1Gegenstand und Ziel der Untersuchung8 1.2Das Textkorpus9 1.3Aufbau und Gliederung der Arbeit11 1.4Zur Methode der Untersuchung13 2.Forschungsbericht: China als fremdes Land und fremde Kultur14 2.1Chinaforscher in der Geschichte16 2.2Chinaforscher in der Gegenwart19 2.3Die Sinologie21 2.4Die außeruniversitäre institutionelle Chinaforschung25 2.5Chinabilder in den Massenmedien27 2.6China-Reiseführer31 2.7Kulturtheoretische Kritik der Forschung33 1.Kapitel: Dokumentation. Fremdheitsprofilierungen Chinas in verschiedenen Diskursen zwischen 1949 und 200537 1.1Historischer Rückblick: Vorstellung über China als Fremde in der Geschichte37 1.2Chinaprofilierungen zwischen 1949 und 200538 1.2.1Zeit übergreifende Profile38 1.2.2Zeitspezifische Profilierungen39 1.2.2.1Von der Gründung der Volksrepublik bis Ende der 1960er Jahre39 1.2.2.21970er bis Anfang der 1980er Jahre40 1.2.2.3Anfang der 1980er Jahre bis 198941 1.2.2.41990 bis 199742 1.2.2.5Nach 199743 1.2.2.6Aktuelle Diskussionen45 1.2.3Profilierung in der gegenwärtigen Chinaforschung: Interessen und Themen47 1.2.3.1Politische China-Profilierung51 1.2.3.1.1Politisch-strategische China-Analysen51 1.2.3.1.2Über das Dilemma zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen53 1.2.3.1.3Über die Situation der Menschenrechte56 1.2.3.1.4Über die Situation der Rechtsstaatlichkeit58 1.2.3.1.5Über die "Angemessenheit" der "westlichen Demokratie" und der Menschenrechte für China61 1.2.3.1.6Über die Möglichkeit und Perspektive einer "chinesischen Demokratie"62 1.2.3.1.7Traditionalismus und Nationalismus in China67 1.2.3.2Ökonomische China-Profilierung69 1.2.3.2.1Wirtschaftliche Interessen an China70 1.2.3.2.2Volkswirtschaftliche Analyse73 1.2.3.2.3Über den Einfluss von Chinas Erfolg auf Deutschland bzw. den Westen75 1.2.3.2.4Regionale Ungleichheit statt Ganzheit76 1.2.3.2.5Wirtschaftspolitische Analyse77 1.2.3.2.6Markterschließung, Investitionsberatung und Management-Training85 1.2.4China in der kulturwissenschaftlichen Forschung94 1.2.5Kulturanthropologische Profilierung: "die Chinesen"96 1.2.5.1Zum chinesischen "Volkscharakter"98 1.2.5.2"Die heutigen Chinesen"101 1.2.5.3"Ethnische Chinesen" - ein neuer Diskurs gewinnt an Bedeutung104 2.Kapitel: Xenologische Kritik an den Vorstellungen von China als kultureller Fremde107 2.1Grundlegende xenologische Annahmen107 2.2China als das "Fremde" und das "Eigene" in den Fremdheitsprofilen111 2.2.1Rätselhafte Fremde und xenophobe Profilierungen111 2.2.2"Schöne Fremde"112 2.2.3"Das Fremde als das aufgefasste Andere"114 2.2.4Das Fremde und das Eigene116 3.Kapitel: Kritik an den kulturtheoretischen Vorstellungen von China als fremder Kultur123 3.1Vorstellungen von chinesischer Kultur in den Fremdheitsprofilen123 3.2Umarbeitung chinesischer Kultur in konsistente Orientierungsmuster für die interkulturelle Wirtschaftskommunikation125 3.3Eindeutige und widerspruchsfreie Entitäten und "kultureller Kern"128 3.4Traditionalistische Klischees statt Dynamik und Wandel129 3.5Chinesische Kultur: Selbstgärung ohne Umwelt?136 3.6Einheit statt Vielfalt der chinesischen Kulturen137 3.7Universalität versus Partikularität der kulturellen Merkmale138 4.Kapitel: Kulturrelativistische und kulturalistische Ansätze in den Fremdheitsprofilierungen141 4.1Kulturrelativismus141 4.2Kulturalismus148 4.3Überlegungen zum Kultur vergleichenden Profilieren der Fremde154 4.3.1Analyse konkreter Beispiele: "Gesicht", "Beziehung" etc.154 4.3.2Theoretische Überlegungen zum Kulturvergleich167 4.3.2.1Übersetzbarkeit und kontextuelle Rekonstruktion169 4.3.2.2Stereotypenforschung170 4.3.2.3"Interkulturalität" statt "Interkollektivität"172 4.3.2.4Gegenstand des Kulturvergleichs: Differenzen, Gemeinsamkeiten und "Kulturbegegnungen"174 4.3.2.5"Kulturthemen" - Phänomenologie des Kulturvergleichs178 4.3.2.6Motive, Zielsetzung und Anspruch183 5.Kapitel: Kulturverstehen - Erkenntnisse über fremde Kulturen und Länder aus Fremdheitsprofilierungen186 5.1Epistemisches aus der Fremdkulturfoschung186 5.2Interkulturelle Hermeneutik187 5.2.1Hermeneutische Forschung187 5.2.2Hermeneutik und Xenologie: Verstehen und Interpretation der Fremde188 5.2.3Hermeneutik der Interkulturalität194 6.Kapitel: Ergebnisse und Zusammenfassung206 7.Quellen- und Literaturverzeichnis211Textprobe:Textprobe: Kapitel 1.2.3.2.5, Wirtschaftspolitische Analyse: Ein wichtiges Stichwort zur Analyse der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist die 'sozialistische Marktwirtschaft'. Sie ist zugleich ein wichtiges Stichwort der wirtschaftspolitischen Profilierung Chinas. Eine vergleichende Darstellung der deutschen und der chinesischen Wirtschaftsordnung wurde 1995 bei einer gemeinsamen Tagung der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften Beijing und dem Forschungsinstitut für Philosophie Hannover von Wissenschaftlern aus beiden Ländern begonnen. Die Ergebnisse mündeten in dem Buch Sozialistische Marktwirtschaft - soziale Marktwirtschaft: Theorie und Ethik der Wirtschaftsordnung in China und Deutschland. Vor einer Rekonstruktion der vergleichenden Profilierung chinesischer Wirtschaftsordnung in dem oben genannten Buch ist eine Betrachtung der zentralen Begriffe geboten, um die Vergleichbarkeit beider Wirtschaftsordnungen zu durchleuchten. Dabei auf die Anwendung jener klassisch-politisch definierten Begriffe "Sozialismus" und "Kapitalismus" zu verzichten, ist sicherlich ratsam, da die wirtschaftliche Ordnung in der Praxis schon längst nicht mehr so zu kategorisieren ist, wie sie von der marxistischen Theorie dargestellt wurde - falls sie es überhaupt jemals gewesen ist. Aus der Perspektive der modernen wirtschaftspolitischen Analyse sind die Wirtschaftsordnungen in zwei Hauptkriterien einzuteilen: Koordinationsverfahren und Eigentumsordnung. In Bezug auf die Eigentumsordnung fächert sich die abnehmende marktwirtschaftliche Ordnung auf der Skala vom Priorität-Gewähren des Privateigentums über das Priorität-Gewähren privaten und öffentlichen Eigentums bis zum Priorität-Gewähren öffentlichen Eigentums. In Bezug auf das Koordinationsverfahren nehmen marktwirtschaftliche Elemente ab: von der marktmäßigen Vereinbarung über die Kombination der marktmäßigen Mechanismen mit Lenkungsmaßen bis zur Verwaltungswirtschaft. Die Koexistenz der Prioritäten des öffentlichen und privaten Eigentums bzw. der marktmäßigen bzw. planungsmäßigen Lenkungsmaßnahmen sind in beiden Systemen, der deutschen und chinesischen Wirtschaftsordnung, präsent. Trotz quantitativer Unterschiede in der gegenwärtigen Setzung der verschiedenen Prioritäten verlaufen die Entwicklungen in beiden Systemen in die gleiche Richtung: Es gibt immer mehr Privatisierung und mehr marktmäßige Koordination. Der entscheidende qualitative Unterschied liegt in der rechtsstaatlichen Ausgangsbasis. So markiert nach Peter Koslowski der Begriff "Soziale Marktwirtschaft" in China den Versuch, die Wandlung von einer Zentralverwaltungswirtschaft zur Marktwirtschaft zu vollziehen und dabei "Elemente des Sozialismus weiterhin gültig sein zu lassen", z. B. autoritäre Elemente. Der Begriff "Soziale Marktwirtschaft" markierte und markiert in der Bundesrepublik Deutschland den Versuch, eine freiheitliche Ordnung von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft zu verwirklichen, die dem Leitbild der Marktwirtschaft und ihrem Gedanken der liberalistischen Privatrechtsautonomie verpflichtet ist, aber auf soziale Elemente insofern zurückgreift, als sie eine Sozialversicherung und gewisse Elemente der Umverteilung, etwa durch die Besteuerung und Transferzahlung, für die Sicherung einer freiheitlichen Ordnung für unabdingbar hält. In Bezug auf die wirtschaftspolitische Lage Chinas spricht Barbara Krug von einer "Koexistenz von plan- und marktwirtschaftlichen Strukturen" und einer "Situation 'institutioneller Schwäche', indem keines der Wirtschaftssysteme seine jeweiligen Sanktionen oder Anreize voll entfalten kann". Gemeinsam hat China laut Krug mit allen sozialistischen Ländern am Anfang der Reformen das "Fehlen von privater Ersparnis, handelbaren Produktionsfaktoren, Vertragssicherheit und Durchsetzbarkeit von privaten Eigentumsrechten". Speziell an China sei die institutionelle Schwäche auch in Bereichen, wo private Unternehmen zugelassen und erwünscht seien: Das Fehlen von Mittlerinstitutionen, z. B. "Banken, die Informationen potentieller Handelspartner generieren sowie Ersparnis poolen", "Anwälte, die die Vertrauenswürdigkeit potentieller Partner garantieren oder bindende Verträge aushandeln" sowie Dienstleistungen wie z. B. die Werbewirtschaft. Aus diesen Gründen schätzt Krug die Situation in China als "Situation der Unsicherheit und des Risikos" ein, was Unternehmensgründer ihrer Meinung nach einkalkulieren müssen. Dass die klassische Bezeichnung und das Verständnis von 'Sozialismus' oder 'Kapitalismus' immer mehr an ihrer ursprünglichen Bedeutung in Interdependenz zum gesamten politischen System verliert, zeigt auch der Wandel in der Bezeichnung der chinesischen Wirtschaftsordnung: Man verabschiedet sich von der "sozialistischen Marktwirtschaft" und spricht nun vom "Kapitalismus" als einem Merkmal der chinesischen Wirtschaft. Dieter Kuhn, Professor für Sinologie in Würzburg, fasst diese marktwirtschaftliche Entwicklung in China wie folgt auf: "Wenn wir die jüngsten Erklärungen und Planungen zu weiteren Reformen der Wirtschaft (vor allem im Kreditwesen, bei Investmentfonds und für Hightech-Unternehmen) in der Volksrepublik China betrachten, dann kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass der chinesische Premierminister Zhu Rongji um eine privatwirtschaftliche Anpassung an internationale Gegebenheiten bemüht ist. Da dies nicht um jeden Preis geschehen kann, bleibt abzuwarten, wie sich der Wettbewerb zwischen den chinesischen und dem amerikanischen Kapitalismus, der auch in den Vereinigten Staaten selbst und in British Columbia in Kanada bereits begonnen hat, entwickeln wird." Kuhn spricht vom "chinesischen Kapitalismus und seinen Besonderheiten". Die Grenzen der Demokratisierung, "bis zu denen sich der chinesische Kapitalismus auf den Kapitalismus des freien Marktes nach amerikanischem Modell politisch und wirtschaftlich einlassen kann", liegen nach Kuhn wegen den demographischen Bedingungen in der begrenzten Demokratisierung Chinas und im traditionalistischen chinesischen "Netzwerk", einer Art Wirtschaftsstruktur und –Kultur der "ethnischen Chinesen" mit Bezug auf die zwischenmenschliche Beziehung und mit "Familienbetrieben" als "Kern". Hier ist eine starke kulturalistische Argumentationsweise zur Unterstützung der These der institutionellen Rahmenbedingung der Wirtschaft zu erkennen. Verstärkt wird diese Argumentationsweise durch die Idee des chinesischen Sonderweges, der sich notwendigerweise aus kulturellen und gesellschaftlichen Gründen ergeben hat. Für das demographische Problem auf dem Arbeitsmarkt, dem Wohnungsmarkt, in der Verkehrspolitik und auch in der Sozialversicherung sieht Kuhn für den chinesischen Kapitalismus den Ausweg darin, Lösungen zu suchen, "die für China tauglich sind": "Die Regierung Chinas muss (...) eigene, auf China bezogene Strategien entwickeln, um das wirtschaftliche und demographische Problem des Landes zu lösen. (...) Es gibt bereits viele Indikatoren, die nahe legen, dass eine kapitalistische Struktur in der zukünftigen Wirtschaft in
In: Technik
Inhaltsangabe: Problemstellung: Die Marktstruktur der deutschen Elektrizitätswirtschaft im Jahr 2006 ist durch horizontale Konzentration auf der Erzeugungsebene und vertikale Integration über die verschiedenen Wertschöpfungsstufen gekennzeichnet. Durch die Fusionstätigkeit nach der Liberalisierung 1998 hat die Konzentration zugenommen. Die Zahl der überregionalen Verbundunternehmen hat sich durch Unternehmenszusammenschlüsse von acht auf vier reduziert. Der deutsche Strommarkt wird von RWE, E.ON, Vattenfall Europe und EnBW oligopolistisch beherrscht. Zusammen verfügen sie über 80 Prozent der deutschen Erzeugungskapazitäten für elektrische Energie. Zudem kontrollieren sie über vertikale Beteiligungen an regionalen Versorgern und lokalen Stadtwerken auch den Absatz von Elektrizität. Die Kombination aus dem privatwirtschaftlich verhandelten Netzzugang mit Ex-post-Kontrolle und der ausgeprägten vertikalen Verflechtung der Netzunternehmen führte zu Diskriminierungsanreizen der Netzbetreiber auf den nachgelagerten Ebenen. Der Gesetzgeber sah hierin die hauptsächliche Ursache für die hohen Netzzugangsentgelte und Strompreise sowie den fehlenden Wettbewerb zwischen etablierten Betreibern und neu in den Markt eintretenden Stromanbietern. Die niedrige Wettbewerbsintensität in Verbindung mit hohen Strompreisen veranlasste den Gesetzgeber, mit der Energierechtsnovelle vom 13. Juli 2005 den zukünftigen Verlauf einer disaggregierten Regulierung festzulegen. Dabei soll ausschließlich der Netzbetrieb reguliert werden. Der diskriminierungsfreie Zugang zur Netzinfrastruktur ist die Voraussetzung für Wettbewerb auf den anderen Stufen des Elektrizitätsmarktes. Drei Kernpunkte des neugeregelten Energiewirtschaftsrechts sind von besonders weitreichender Bedeutung. Der disaggregierte Regulierungsansatz unterscheidet die zu regulierenden Netzebenen von den wettbewerbsfähigen Stufen der Wertschöpfungskette. Das zum Jahr 2007 umzusetzende legal Unbundling, d.h. die gesetzlich verordnete Entflechtung der operationellen Organisationseinheiten Energieerzeugung, Übertragungs- und Verteilungsnetzbetrieb sowie Vertrieb für Unternehmen mit mehr als 100.000 Kunden, soll die Möglichkeit zur Quersubventionierung durch künstlich überhöhte Netznutzungsentgelte der bisher vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen (EVUs) unterbinden. Ein zweiter Kernpunkt des neuen Energiewirtschaftsgesetzes ist die Einrichtung einer Marktaufsicht. Die Bundesnetzagentur soll die Netzbetreiber auf dem deutschen Energiemarkt überwachen und für ein angemessenes Preisniveau sorgen. Zur Ermöglichung einer solchen Aufsicht erlegt das Gesetz den Versorgungsunternehmen umfangreiche Veröffentlichungs-, Dokumentations-, Berichts- und Auskunftspflichten auf. Das Thema dieser Arbeit ist der dritte Punkt, die noch auszugestaltende Anreizregulierung der Netznutzungsentgelte. Diese Entgelte machen ca. ein Drittel des Strompreises aus. Im Energiewirtschaftsgesetz ist der gesetzliche Rahmen für eine anreizbasierte Entgeltregulierung vorgegeben. Die Bundesnetzagentur hat zum 1. Juli 2006 den Vorschlag eines möglichen Anreizregulierungssystems vorgelegt. Nach der abschließenden Festlegung der Kalkulationsmethoden für die Netznutzungspreise durch die Bundesregierung werden Netzbetreiber und Verbundunternehmen wichtige Entscheidungen hinsichtlich ihrer Kalkulationen und Investitionen treffen müssen. Schon jetzt sind die "Voraussetzungen für eine [...] konstante Entwicklung – stabile Märkte, regulatorische Konsistenz, Investitionssicherheit" – nicht mehr gegeben. Der deutsche Kraftwerkspark und die Energienetze sind veraltet und benötigen Investitionen. Die zukünftige Bedeutung der Energieträger Kohle, Gas und Kernkraft ist jedoch auf Grund politischer Unsicherheiten schwer abschätzbar. Die Unternehmen der Energiewirtschaft fordern Planungssicherheit und "einen "zuverlässigen Regulierungsrahmen [...], der neuen Investitionen sowohl in die Elektrizitätserzeugung als auch in die Elektrizitätsinfrastruktur förderlich ist". Will der Gesetzgeber Versorgungsengpässe vermeiden, muss er gerade auf Grund der hohen vertikalen Integration in Deutschland die anreizbasierte Regulierung der Netzentgelte ausreichend und weitsichtig gestalten. Gang der Untersuchung: Der deutsche Elektrizitätsmarkt steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Nachdem die Entgelte für die Nutzung der Stromnetze traditionell verhandelt wurden, wird nun eine anreizorientierte Regulierung eingeführt, welche die Netzentgelte ex ante festlegt. Der deutsche Gesetzgeber erhofft sich dadurch ähnliche Erfolge wie sie andere europäische Länder erzielen konnten. In Deutschland existieren jedoch keinerlei Erfahrungen mit Anreizregulierungsregimen. Diese Arbeit stellt zunächst Ansätze und Instrumente der Anreizregulierung vor. Es wird gezeigt, welche theoretischen Möglichkeiten bei der Einführung einer Anreizregulierung für den deutschen Stromnetzbetrieb zur praktischen Anwendung kommen könnten. Ziel der Arbeit ist es, die Bewertung einzelner Ansätze zu ermöglichen. Dazu werden Kriterien für eine erfolgreiche Anreizregulierung innerhalb des deutschen Netzbetriebs definiert und in einem Bewertungsschema systematisiert. Dieses Schema wird genutzt, um erstens die vielfältigen theoretischen Möglichkeiten der Anreizregulierung vergleichbar zu machen, und zweitens die Wirkungen zu beschreiben, die die Umsetzung des im Juni 2006 vorgelegten Regulierungsvorschlags der Bundesnetzagentur auf die Netznutzungsentgelte in Deutschland tatsächlich hätte. Zum allgemeinen Verständnis führt das Kapitel II in die Strukturen und Besonderheiten der Elektrizitätswirtschaft ein. Dabei wird auf die besondere Stellung des Stromnetzes eingegangen und sukzessive das Thema der Arbeit, die Regulierung der Entgelte für die Netznutzung, herausgearbeitet. Das folgende Kapitel III erläutert zunächst den derzeitigen Status Quo nach dem 2005 novellierten Energiewirtschaftsgesetz sowie die gesetzlichen Anforderungen an eine Neuregulierung des Netzbetriebs. Hiernach werden detailliert fünf anreizorientierte Ansätze aus der Regulierungstheorie vorgestellt, die im Rahmen einer Anreizregulierung in Deutschland eingesetzt werden könnten. Auf Basis der in Kapitel II und III herausgearbeiteten Erkenntnisse über die praktischen Gegebenheiten und die theoretischen Regulierungsmöglichkeiten wird in Kapitel IV ein Bewertungsschema erstellt. In dieses Schema werden die ausgesuchten Regulierungsverfahren nach vier Kriterien eingeordnet und bewertet, und zwar hinsichtlich ihrer Einfachheit bei der Einführung und Umsetzung, der gesetzten Anreize zu Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen, der Anreize zur Sicherung der Versorgungsqualität, sowie ihrer fairen Verteilung von Gewinnen und finanziellen Risiken. Dieses Schema wird im Kapitel V zur Bewertung des von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen Regulierungskonzeptes aufgegriffen. Nach ausführlicher Analyse des Vorschlags werden die Regulierungselemente in das Anreizschema eingeordnet und bewertet. Zudem wird als Beispiel einer langjährig praktizierten Anreizregulierung der Netzbetrieb in Großbritannien herangezogen. Die dort gemachten Erfahrungen werden im zweiten Teil des Kapitels beschrieben. Abschließend erfolgt in Kapitel VI eine kurze, zusammenfassende Betrachtung. Inhaltsverzeichnis: INHALTSVERZEICHNISI ABBILDUNGSVERZEICHNISIII ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV 1.PROBLEMERLÄUTERUNG, ZIEL UND VORGEHENSWEISE1 1.1Problemstellung1 1.2Ziel und Vorgehensweise2 2.BESONDERHEITEN DER ELEKTRIZITÄTSWIRTSCHAFT5 2.1Die Struktur des Elektrizitätsmarktes5 2.2Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes8 2.3Das Netz als natürliches Monopol9 2.4Netzzugang und Netznutzungsentgelte10 3.DIE EINFÜHRUNG EINER ANREIZORIENTIERTEN REGULIERUNG13 3.1Derzeitiger Status Quo und Gesetzeslage13 3.1.1Die Situation vor der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes 200513 3.1.2Das novellierte Energiewirtschaftsgesetz von Juli 200516 3.1.3Die Entscheidung für eine Anreizregulierung21 3.2Die Anreizregulierung: Mechanismen und Ansätze23 3.2.1Price Cap-Regulierung23 3.2.2Total Revenue Cap-Regulierung29 3.2.3Weighted Average Revenue Cap-Regulierung31 3.2.4Yardstick-Regulierung33 3.2.5Sliding Scale-Regulierung36 3.3Zusammenfassung39 4.SCHEMA ZUR BEWERTUNG DER ANREIZREGULIERUNGS-ANSÄTZE.41 4.1Kriterien zur Bewertung der fünf Regulierungsansätze41 4.2Anreizwirkung und Zielerfüllung der fünf Regulierungsansätze43 4.2.1Price Cap-Regulierung43 4.2.2Total Revenue Cap-Regulierung49 4.2.3Weighted Average Revenue Cap-Regulierung51 4.2.4Yardstick-Regulierung54 4.2.5Sliding Scale-Regulierung57 4.2.6Zusammenfassung60 4.3Qualitätsregulierung als flankierende Maßnahme64 4.4Die Gefahr einer Regulierungsfalle68 4.5Zusammenfassung69 5.DIE ANREIZREGULIERUNG IN DER PRAXIS70 5.1Bewertung des Vorschlags der Bundesnetzagentur für eine Anreizregulierung der deutschen Stromnetzwirtschaft70 5.1.1Der Vorschlag der Bundesnetzagentur von Juni 200670 5.1.2Bewertung des Vorschlags nach den definierten Kriterien79 5.2Die Anreizregulierung in Großbritannien: Erfahrungen der britischen Regulierungsbehörde Ofgem86 5.3Zusammenfassung89 6.SCHLUSSBETRACHTUNG91 LITERATURVERZEICHNIS93 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG100Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: INHALTSVERZEICHNISI ABBILDUNGSVERZEICHNISIII ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV 1.PROBLEMERLÄUTERUNG, ZIEL UND VORGEHENSWEISE1 1.1Problemstellung1 1.2Ziel und Vorgehensweise2 2.BESONDERHEITEN DER ELEKTRIZITÄTSWIRTSCHAFT5 2.1Die Struktur des Elektrizitätsmarktes5 2.2Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes8 2.3Das Netz als natürliches Monopol9 2.4Netzzugang und Netznutzungsentgelte10 3.DIE EINFÜHRUNG EINER ANREIZORIENTIERTEN REGULIERUNG13 3.1Derzeitiger Status Quo und Gesetzeslage13 3.1.1Die Situation vor der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes 200513 3.1.2Das novellierte Energiewirtschaftsgesetz von Juli 200516 3.1.3Die Entscheidung für eine Anreizregulierung21 3.2Die Anreizregulierung: Mechanismen und Ansätze23 3.2.1Price Cap-Regulierung23 3.2.2Total Revenue Cap-Regulierung29 3.2.3Weighted Average Revenue Cap-Regulierung31 3.2.4Yardstick-Regulierung33 3.2.5Sliding Scale-Regulierung36 3.3Zusammenfassung39 4.SCHEMA ZUR BEWERTUNG DER ANREIZREGULIERUNGS-ANSÄTZE.41 4.1Kriterien zur Bewertung der fünf Regulierungsansätze41 4.2Anreizwirkung und Zielerfüllung der fünf Regulierungsansätze43 4.2.1Price Cap-Regulierung43 4.2.2Total Revenue Cap-Regulierung49 4.2.3Weighted Average Revenue Cap-Regulierung51 4.2.4Yardstick-Regulierung54 4.2.5Sliding Scale-Regulierung57 4.2.6Zusammenfassung60 4.3Qualitätsregulierung als flankierende Maßnahme64 4.4Die Gefahr einer Regulierungsfalle68 4.5Zusammenfassung69 5.DIE ANREIZREGULIERUNG IN DER PRAXIS70 5.1Bewertung des Vorschlags der Bundesnetzagentur für eine Anreizregulierung der deutschen Stromnetzwirtschaft70 5.1.1Der Vorschlag der Bundesnetzagentur von Juni 200670 5.1.2Bewertung des Vorschlags nach den definierten Kriterien79 5.2Die Anreizregulierung in Großbritannien: Erfahrungen der britischen Regulierungsbehörde Ofgem86 5.3Zusammenfassung89 6.SCHLUSSBETRACHTUNG91 LITERATURVERZEICHNIS93 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG100Textprobe:Textprobe: Kapitel 2.2, Besonderheiten des Elektrizitätsmarktes: Eine Besonderheit der Elektrizitätswirtschaft besteht in der Notwendigkeit eines leitungsgebundenen Transports von Strom. Elektrizität ist die Fähigkeit, elektrische Arbeit zu verrichten sowie Wärme und Licht zu produzieren. Sie beruht auf der Bewegung von unterschiedlichen elektrischen Ladungen (Elektronen) in einem elektrischen Leiter. Um elektrische Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher zu transportieren, benötigt man ein spezielles, leitungsgebundenes Transportsystem. Eine zweite Besonderheit ist die fehlende Speicherbarkeit von elektrischer Energie. Rückgriffe auf gespeicherte Vorräte sind nicht möglich. Das macht den Markt relativ unelastisch. Die Erzeugungskapazität muss sich an der maximalen Spitzenlast ausrichten, um Kapazitätsausfälle zu vermeiden und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Eine ausgeglichene Belastungsstruktur ist das primäre Ziel. Dies hatte die Entstehung von Verbundnetzen zur Folge, in denen durch Energieaustausch Lastschwankungen minimiert und Kraftwerke besser ausgenutzt werden können. Die dritte Besonderheit von Elektrizität ist ihre Homogenität und die damit einhergehende beschränkte Möglichkeit zu Produktdifferenzierung und Qualitätswettbewerb. .Aus Sicht des Verbrauchers ist die von ihm aus dem Netz entnommene elektrische Arbeit von Interesse. Dabei ist für ihn zunächst irrelevant, von welchem Anbieter bzw. aus welcher Primärquelle diese Strommenge stammt. Seit der Liberalisierung 1998 wird von Seiten der Unternehmen versucht, Elektrizität zu heterogenisieren und zu emotionalisieren. So werden einerseits die primären Energieträger beworben (regenerative Energieträger liefern .grünen. Strom), andererseits wird das Produkt Elektrizität zwecks Kundenbindung farbig belegt. Die Wechselquote unter Privathaushalten beträgt dennoch nur fünf Prozent. Dies kann damit erklärt werden, dass Strom .als Low-Interest-Produkt gilt, bei dem nur erhebliche Preisvorteile einen Anbieterwechsel auslösen. Industriekunden, für die bei der Wahl des Stromlieferanten der Preis stärker im Fokus steht, haben neue Verträge geschlossen (ca. 70 Prozent) oder einen neuen Lieferanten (ca. 30 Prozent) gewählt.
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