Der Einfluß von Verbänden in der EG
In: Gegenwartskunde: Zeitschrift für Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Bildung, Band 33, Heft 3, S. 289-300
ISSN: 0016-5875
Das Wirken der Verbände auf EG-Ebene ist bisher nur ansatzweise erfaßt worden. Hier soll der Frage nachgegangen werden, "aufgrund welcher Faktoren Verbänden ein besonderes politisches Gewicht" zukommt und inwieweit "das Verfassungssystem der EG einer einseitigen Einflußnahme" Vorschub leistet. Das politische System der EG zeichnet sich durch zwei Charakteristika aus: (1) ein Übergewicht bürokratischer Entscheidungsfindung; (2) einen erhöhten Bedarf an externer Informationsbeschaffung. Dies eröffnet Ansatzpunkte für ein Tätigwerden der Verbände zwischen EG-Kommission und nationaler Ministerialbürokratie. Zum einen als externer Informationsbeschaffer und zum anderen in mehr oder weniger direkter Einflußnahme. Der Einfluß, der dabei ausgeübt werden kann ist davon abhängig, wie groß oder schwach der Einfluß der nationalen Verbände im politischen Kräftespiel ist. Die Heterogenität der Verbandszusammenschlüsse auf europäischer Ebene bildet gleichsam natürliche Grenzen für deren Handlungsfähigkeit, in einer Zeit zunehmender "Re-Nationalisierung" der Entscheidungsfindung und bei allem guten Willen im Europaparlament. Resümierend kann gesagt werden, daß von einer Herrschaft der Verbände im europäischen Rahmen nicht gesprochen werden kann, daß aber die Konstruktionsprinzipien der EG diese Einflußnahme auf konkrete Politikbereiche eröffnen. Die politische Entwicklung wird von ihnen nicht bestimmt. (HM)