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Geschlecht
In: Politische Theorie: 25 umkämpfte Begriffe zur Einführung, S. 126-141
Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion um Sex und Gender. Zum einen geht es darum, wie tiefgreifend Geschlechtsmerkmale überhaupt sexualisiert worden sind und wie weitreichend folglich die theoretische Operation einer Entnaturalisierung angelegt werden sollte. Zum anderen wird diskutiert, ob ein affirmativer Rekurs auf Geschlechterdifferenzen politisch geboten ist oder ob er wegen kontraproduktiver Folgen vermieden werden sollte. Der Beitrag zeichnet die Geschichte der schrittweisen Entbiologisierung der Kategorie Geschlecht nach und weist abschließend auf praktische Konsequenzen der geschlechtertheoretischen Grundpositionen für die Geschlechterpolitik hin. (ICE2)
Beschreiben/Zersetzen: Dekonstruktion als Institutionskritik
In: Politische Philosophie und Dekonstruktion: Beiträge zur politischen Theorie im Anschluss an Jacques Derrida, S. 165-180
Der Verfasser entwickelt ein Verständnis der Dekonstruktion als Verfahren der Kritik sozialer Institutionen und Machtverhältnisse. Bei Derrida findet er ein Verfahren der kritischen Analyse logisch-begrifflicher Hierarchien, das sich auch auf soziale Institutionen anwenden lässt, die als sinnbestimmte Strukturen ebenfalls durch kontingente Unterscheidungen stabilisiert werden. Indem die Dekonstruktion sowohl den idealen Charakter der normativen Bestimmungen als auch die materiellen Voraussetzungen der Reproduktion institutionell stabilisierter sozialer Differenzen thematisiert, bewirkt sie eine Entnaturalisierung sozialer Hierarchien und Gegensätze und beweist ihre Anschlussfähigkeit an sozialkritische und politische Debatten. (ICE2)
Religion Revisited: Women's Rights and the Political Instrumentalisation of Religion ; Tagung vom 5.–6. Juni 2009 in Berlin
In: Gender: Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Band 2, Heft 1
ISSN: 2196-4467
"Wie sind Religion und Politik miteinander verflochten und was sind die Folgen dieser Verflechtung? Wann wird die Religion zur Gefahr für Gleichberechtigung und Demokratie?
Diesen Fragen ging die Konferenz "Religion Revisited" der Heinrich-Böll-Stiftung und des United Nations Research Institute for
Social Development (UNRISD) im Juni 2009 in Berlin nach. Der Fokus der Konferenz lag darauf,
die Stimmen der Religionen zu identifizieren und zu problematisieren. Wer redet im
Namen der Religionen, wer setzt und wacht über ihre Grenzen, wer formt ihr normatives Rückgrat? Haben Frauen Zugang zu diesem
Bereich der Gestaltung? Wenn nicht, wie ist Veränderung möglich? Obwohl Zwang von außen als Instrument ausgeschlossen bleibt, scheint das ausschließliche Vertrauen auf interne Reformen der religiösen Gemeinschaften die Kraft der Gewohnheit zu unterschätzen.
Stattdessen sollten kritische Argumente zugänglich gemacht werden, neue Lesarten von Texten etc., um das Absolute des Gegebenen
zu relativieren. Es bedarf einer Entnaturalisierung von tradiertem Verhalten, allerdings ohne dieses zu entwerten." (Autorenreferat)
Soziologie als "Wirklichkeitswissenschaft" jenseits von Naturalismus und Virtualitätseuphorie: Eröffnungsvortrag des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 23-41
Der für den Kasseler Soziologiekongress gewählte Titel "Die Natur der Gesellschaft" eröffnet unterschiedliche Bedeutungsfelder: Zum einen geht es um den Anspruch mancher Naturwissenschaftler, abschließende Erklärungen zu liefern, welche die Sozial- und Kulturwissenschaften vielleicht sogar überflüssig machen könnten. Mit diesem Kampf der Disziplinen war stets auch die Frage verbunden, ob es eher "die Gesellschaft" oder "das Leben" sei, durch die man zu einem Verständnis der Existenzbedingungen des Menschen kommen könne. Zum anderen ergab sich eine Herausforderung für die Soziologie durch reduktionistische naturwissenschaftliche Erklärungsansätze und deren große öffentliche Resonanz. Die Formulierung "Natur der Gesellschaft", die sich schon bei Georg Simmel findet, weist vor diesem Hintergrund auf die soziale Konstruktion von äußerer und innerer Natur sowie auf die sozialen und soziologischen Verständnisse naturaler Voraussetzungen des menschlichen Lebens hin. Der Kasseler Soziologiekongress hat zum Ziel, sich vor allem mit den Ursachenformen, Funktionen und Folgen der heutigen biopolitischen Wende auseinanderzusetzen. Der vorliegende Eröffnungsvortrag thematisiert unter anderem die evolutionstheoretische Einheitswissenschaft, die "Entnaturalisierung" der Soziologie, die Sonderstellung des Menschen in der Natur, die lebensphilosophischen Ansätze in der Soziologie und die disziplinübergreifenden Annäherungsmöglichkeiten zwischen Soziologie als "Wirklichkeitswissenschaft" und den Lebenswissenschaften. (ICI2)
Bodification and Beautification: Zur Verkörperung sozialer und kultureller Differenzen durch Schönheitshandeln
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 579-592
"Körper sind dankbare Projektionsflächen: In Körper schreiben sich Attraktivitätsnormen oder auch die Vorstellung der Verschiedenheit genau zweier Geschlechter ebenso ein wie über den Körper die Wirkung nach außen inszeniert und die gesellschaftliche Struktur der Zweigeschlechtlichkeit realisiert wird. Eine solche gleichzeitige Verkörperung von Gesellschaft und Vergesellschaftung von Körper bezeichne ich als bodification. Damit ist der Körper auch empfänglich für mediale, wissenschaftliche und milieuspezifische Überformungen, die das eigene Handeln orientieren und leiten. Vor allem sind es sozial geteilte Konstruktionen rund um die Bedeutung von Körper( lichkeit), die tief in das Alltagswissen um Selbst und Körper eingelassen - eben verkörpert sind. Zur Rekonstruktion einiger kulturell differenzierender Verkörperungen wähle ich als empirisches Untersuchungsfeld das gänzlich profane 'Sich schön machen'. Dabei handelt es sich um eine körpernahe Handlungspraxis, die mit, auf und im Körper stattfindet. Gleichwohl geht es mir nicht um Schönheit als ästhetische Kategorie, sondern um Schönheitshandeln als einem Akt der sozialen Positionierung. Das nenne ich beautification: Schönheitshandeln ist ein Medium der Kommunikation, das der Inszenierung der eigenen Außenwirkung zum Zweck der Erlangung von Aufmerksamkeit und Sicherung der eigenen Identität dient und zugleich ein sozialer Prozess, in dem Menschen versuchen, soziale (Anerkennungs-)Effekte zu erzielen. Vor diesem Hintergrund will ich in meinem Beitrag zeigen, wie verkörpertes Schönheitshandeln kulturelle und soziale Differenzen produziert. Dazu stütze ich mich auf 30 Diskussionen mit Gruppen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, sexueller Orientierung und sozialer Lage, die sich mit dem Thema 'sich schön machen' auseinandergesetzt haben. Die Argumentation entwickle ich in drei Schritten: Erstens sind Praxen verkörperten Schönheitshandelns mit spezifischen Normalitätsvorstellungen verknüpft, die sich bei genauerem Hinsehen als Ideologien privaten Schönheitshandelns ('schön mache ich mich für mich und nicht für die anderen') und/oder als Naturalisierungen von Männlichkeits- und Weiblichkeitskonstruktionen entpuppen. Zweitens werden zur Schaffung sozialer Unterschiede Reflexions- und Artikulationsfähigkeit bzw. Sprachkompetenzen relevant. Dies ist - so die Beobachtung bei einigen Gruppen - beim Reden über Sexualität der Fall, das Ansätze der Entideologisierung privaten Schönheitshandelns und der Entnaturalisierung von Geschlecht enthält. Drittens laufen in diesen Fällen kulturelle und soziale Differenzierungen nicht oder nur nachgeordnet über Geschlecht, sozialen Status, Ethnizität oder Alter, sondern über die Bewusstheit und Reflexion der Konstruiertheit von Geschlecht und Sexualität. Dabei hat - so eine weitere Beobachtung - die Fähigkeit und Bereitschaft, über Sexualität zu sprechen, mit der Marginalisierung nicht-heteronormativer Lebensformen zu tun." (Autorenreferat)