Entwicklungshilfe - Privatinvestitionen
In: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium: sowi, Band 1, Heft 4, S. 18-20
ISSN: 0340-2304, 0340-2304
Obwohl der Umfang der Privatinvestitionen im Bereich der Entwicklungshilfe weit hinter den öffentlichen Leistungen zurückbleibt, ist ihre Rolle in der öffentlichen Diskussion umstritten. Durch die Konzentration auf bestimmte Regionen und Branchen können die Privatinvestitionen in Form von Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen und Lieferantenkrediten eine ganz entscheidende Wirkung auf die wirtschaftliche und politische Struktur betroffener Länder haben. Giesecke und Schmitt untersuchen die Privatinvestitionen hinsichtlich der Probleme, die sich für die Investoren aus den Industrieländern ergeben, fragen aber kaum nach den Auswirkungen der getätigten Investitionen für die Entwicklungsländer. Auf dem Hintergrund des marktwirtschaftlichen Prinzips, nach dem jede Investition eine gute Rendite erzielen muß, werden alternative Investitionsmöglichkeiten und Risiken unter Berücksichtigung verschiedener rechtlicher, steuerlicher und politischer Gegebenheiten diskutiert. Die Kritiker der Privatinvestitionen verweisen auf deren unter Umständen eher entwicklungshemmenden Charakter. Eine gute Zusammenfassung ihrer Argumente bietet der Aufsatz von Hemmerich, der die geringsten entwicklungsfördernden Wirkungen den sogen. auslandsbezogenen Investitionen zurechnet, da sie nicht an den inländischen Bedürfnissen eines Entwicklungslandes orientiert und auch nur unbedeutende Beschäftigungs- und Einkommenseffekte erzielen. Im Falle der inlandsbezogenen Investitionen wirkt sich in der Regel die privatwirtschaftliche Standortwahl der Betriebe negativ aus, da sie nach der marktwirtschaflichen Systemlogik von der höchsten Profitrate bestimmt wird. Dadurch verschärft sich der bereits bestehende sozialökonomische Dualismus zwischen industrialisierten Ballungsräumen und unterentwickeltem Hinterland noch mehr. Eine andere bedenkliche Konsequenz der inlandsbezogenen Privatinvestitionen liegt in der ungleichen Konkurrenz der ausländischen mit den einheimischen Unternehmern. Fragen der Profitspannen und des Gewinnrückflusses stehen im Mittelpunkt der Untersuchung von Grosche und Lehmann-Richter, die deutsche Industrieunternehmen über ihre Investitionen in Entwicklungsländern befragt haben. Gerade die engagiertesten und einflußreichsten Gesellschaften haben jedoch zu den entscheidenden Fragen keine Angaben gemacht. (HH)