Von 26. bis 28. September 2002 fand am Volkskundlichen Seminar der Universität Bonn eine Interdisziplinäre Fachtagung zum Thema "Neue Medien und Arbeitswelt. Translokale Arbeits- und Organisationsformen als Herausforderung für die ethnographische Praxis" statt. Ihre Durchführung erfolgte in Zusammenarbeit mit der Kommission Arbeitskulturen in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde. Im Mittelpunkt der Tagung standen die neuartigen strukturellen Herausforderungen, die durch die Implementierung der modernen Informations- und Kommunikationstechniken einerseits, aber auch durch innovative Managementstrategien andererseits auf die institutionelle und organisatorische Gestaltung der Arbeitsverhältnisse einwirken. Hierbei standen die Auswirkungen auf die raumzeitlichen Komponenten des Arbeitslebens sowie die Organisation des betrieblichen Wissens im Vordergrund. Von besonderem Interesse waren hierbei u.a. die Folgen für die arbeitenden Subjekte: Welche Rückwirkungen auf die persönlichen Lebensverhältnisse sind zu diagnostizieren? Und in welcher Weise beeinflussen die Arbeitenden selbst über ihre lebensweltlichen Orientierungen die neuen Arbeitsverhältnisse mit? Den Möglichkeiten und Problemen einer aktiven wissenschaftlichen Mitwirkung an unternehmerischen Entscheidungsprozessen im Stil der Aktionsforschung bzw. über Trainingsangebote für Mitarbeiter wandte sich ein eigener Teil der Tagung zu. Die Tagung suchte und fand den interdisziplinären Dialog zu diesen Themen. Ebenso gelang der Gedankenaustausch mit den Praktikern aus diesem Berufsmilieu. Inhaltlich traten im Verlauf dieser Tagung folgende Gesichtspunkte in den Vordergrund: Erstens wurde die hohe Bedeutung der informellen Kommunikation und der soziokulturellen Rahmungen beim virtuellen Wissensaustausch mehrfach dargelegt. Zweitens verdeutlichten einige Referate den Einfluss lokaler bzw. regionaler Spezifika und traditioneller Orientierungen. Drittens konnte die umfassende Ausstrahlung biographischer und lebensweltlicher Prägungen auf die persönliche Konzeption des Arbeitsverhältnisses sichtbar gemacht werden. Besonders instruktiv erwies sich der Vergleich der verschiedenen methodischen Ansätze der vorgestellten Studien und Projekte. Hier waren vor allem der Umgang mit den Feldforschungsmethoden der Befragung und der Beobachtung sowie die fallweise aufwändige Einbindung der Forschenden in das Untersuchungsfeld aufschlussreich und anregend.
'Die Betrachtung von Geschwisterbeziehungen aus einer historischen Perspektive schließt weitgehend die empirische Analyse von emotionalen Aspekten und praktischem Rollenverhalten aus, während der ethnographische Ansatz es erlaubt, diese Dimension einzuschließen. In vergleichender Weise beschreibt der Autor zwei nepalesische Hochlandgesellschaften zuerst hinsichtlich der gegebenen sozio-strukturellen Faktoren: Das Sunuwar-Dorf ist charakterisiert durch die nukleare Familie, präferentielle Ultimogenitur, ein hohes Heiratsalter, ein Brautpreissystem und weit reichende Migration. Das Chetri-Dorf ist charakterisiert durch die erweiterte Familie, gleiches Erbrecht, ein niedriges Heiratsalter, ein Mitgiftssystem und die Expansion innerhalb der Nachbarschaft. Gemäß der verschiedenen strukturellen Merkmale unterscheiden sich die beobachteten Geschwisterbeziehungen: Unter den Sunuwar finden wir ein System von unterschiedlichen Rollen zwischen Brüder, das sich schon in der Kindheit etabliert, egalitäre und freundliche Beziehungen zwischen Brüdern und Schwestern genauso wie zwischen Schwestern und eine Kooperation der Geschwister des gleichen Geschlechts wie auch unter den Geschlechtern vor ebenso wie nach der Heirat. Im Gegensatz dazu gibt es unter den Chetri kein derartiges Rollensystem oder eine Kooperation, dafür aber einen boshaften Wettbewerb zwischen den gleichgeschlechtlichen Geschwistern wie auch zwischen den Geschlechtern, der sich mit dem Heiratsalter herausbildet und nach der Heirat in beiderseitiges Desinteresse mündet.
Der Artikel greift mit dem von Heather Paxson skizzierten Konzept der Mikrobiopolitik eine biopolitische Rezeptionslinie innerhalb des Fächerkanons der Kulturanthropologie und Europäischen Ethnologie auf, um zu hinterfragen, welche Praktiken und Politiken sich auf den regulierenden Eingriff in die Interaktionsbeziehung zwischen Menschen und Mikroben gründen. Die Idee der Mikrobiopolitik knüpft an naturwissenschaftliche sowie ethnografische Befunde an, die den Beitrag von Mikroorganismen zu Prozessen von Krankheit und Gesundheit, Evolution, Körpern und Körperpraktiken fokussieren. Basierend auf der Annahme, dass Viren und Menschen in enger wechselseitiger Beziehung zueinander stehen, wird das Beispiel der Influenza-Viren herangezogen, um zu diskutieren, auf welche Weise Viren an der Gestaltung des menschlichen Körpers sowie der Produktion von wissenschaftlichem Wissen beteiligt sind. Im Vergleich zwischen Mikrobiopolitik und Biopolitik zeigt sich, dass beide Perspektiven von der Prämisse ausgehen, dass Lebens- und Körperprozesse zum Gegenstand von Macht- und Wissensordnungen werden und damit möglichen politischen Interventionen einen Ansatzpunkt bieten. Beide Perspektiven unterscheiden sich jedoch darin, welche Lebensprozesse als relevant gelten, in welchen Zusammenhängen sich diese problematisieren lassen und welche Potenziale ihnen zugeschrieben werden. Für eine Mikrobiopolitik von Infektionskrankheiten steht dabei weniger das pathogene Potenzial von Mikroorganismen im Vordergrund, als vielmehr das biosoziale. ; ABSTRACT The article takes up, through the concept of microbiopolitics outlined by Heather Paxson, a line of biopolitics reception within the framework of Cultural Anthropology and European Ethnology, to investigate what policies and practices are based on medical regulated intervention in relationship within the interactions between men and microbes. The idea of microbiopolitcs is based on both natural-sciences diagnostics and ethnographic studies, putting the focus on the contribution of microorganism on disease processes and health, development, bodies and body practices. Based on the assumption that viruses and men are in close mutual relationships with one another, we take the example of the influenza virus, in order to discuss how viruses take part in the configuration of human bodies, as well as the production of scientific knowledge. In the comparison between microbiopolitics and biopolitics is shown that both perspectives are based on the premise that the body processes and life becomes the subject of orders of Power and Knowledge, and because of that, they are political interventions, which provide a starting point. However, they differ both perspectives in which processes of life are considered relevant, in which relationships they can be problematized and which potentials can be attributed to them. For a microbiopolitics of infectious disease which takes the spotlight is not much potential pathogenic microorganism, but the biosocial.
For centuries, new sailors from European and North American countries have embraced often brutal hazing in an elaborate ceremony at sea called 'crossing the line' (British-American) and 'Neptunusfeest' (Dutch). Typically enacted upon crossing the equator, the beatings, dunks, sexual play, mock baptisms, mythological dramas, crude shavings and haircuts, and drinking and swallowing displays have attracted a number of protests and even bans as well as staunch defenses and fond reminiscences. The custom has especially drawn criticism since the late twentieth century with the integration of women into the military and the questioning of its hierarchical codes of manliness. In this study, the persistent ceremony's changing meaning into the twenty-first century is examined with considerations of development, structure, symbolism, performance, and function. A timely study revising previous assumptions about the custom's origins, diffusion, and functions.
From the commemoration of September 11 to the Holocaust memorial in Berlin, recent decades have witnessed a substantial increase in the number of new public memorials built in both Europe and the United States. This volume considers the contemporary explosion of public commemoration in terms of changed cultural and social practices of mourning, memory, and public feeling. Positing memorials as the physical and visual embodiment of our affective responses to loss, Erika Doss focuses especially on the memorial ephemera of flowers, candles, balloons, and cards placed at sites of tragic death in order to better comprehend how grief is mediated in contemporary commemorative cultures.
Illustrates that racism in ethnology booms during periods of capitalist expansion marked by a high degree of economic-sphere antiuniversalism & subsides during periods characterized by economic univeralism. Ethnology's treatment of race is traced from the colonial racism of late 18th- & early-19th-century ethnology on Africa through contemporary antiassimilation rooted in sociobiology. It is shown that not only the prevalence & importance of racism in ethnology, but also the form & character of its arguments, vary according to universal/antiuniversal trends in contemporary capitalist development. 17 References. Adapted from the source document.
Angaben zur beteiligten Person Müller: Dr. Klaus E. Müller war Professor für Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main. Seine Forschungsschwerpunkte sind Verhaltens-, Religions- und Kognitionsethnologie. Dr. Klaus E. Müller was Professor for Ethnology at the University of Frankfurt-am-Main. His research specialities are behavioural, religious and cognitive ethnology.
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The term "anthropocene" refers to mankind's probably irreversible impact on the biosphere of the planet. It also heralds a renewed interest among anthropologists in environmental-human-relations. The paper argues that German-language European ethnology is called upon to reposition itself vis-a-vis these challenges.
This paper outlines the development of gender and sexuality as a research field and perspective in the German speaking Cultural Anthropology / European Ethnology against the backdrop of the current repositioning of the Commission for Women's and Gender Studies in the DGEKW.