Der Autor diskutiert unter Einbezug von Sekundärliteratur die unterschiedlichen Positionen zu dem Verhältnis der wirtschaftlichen EG-Integration Österreichs und seiner Neutralitätsverpflichtung. Er beschreibt und kommentiert die veränderten Rahmenbedingungen der Neutralitätsdiskussion in den 80er Jahren, die Beschränkungen des Handlungsspielraumes der EFTA-Länder im Verhältnis zur EG, die zunehmende Verflechtung des österreichischen Außenhandels mit den EG-Staaten (vor allem mit der BRD), die rechtlichen Aspekte einer österreichischen Vollmitgliedschaft und die darauf bezogene politische innerösterreichische Diskussion seit 1986, die Konsequenzen eines Beitritts Neutraler für die europäische Gemeinschaft und weist auf mögliche zukünftige Entwicklungen hin. Es wird betont, daß Neutralitätspolitik ihrem Sinn und Zweck nach auf andere Staaten gerichtet ist und diese, nicht der Neutrale selbst, entscheiden darüber, ob die Neutralitätspolitik des Neutralen "angemessen" ist. Das Selbstverständnis der EG im Sinne einer anzustrebenden politischen Union würde im Falle der österreichischen Mitgliedschaft mit dessen Neutralitätsvorbehalten kollidieren, daher sind Integrationsschritte unterhalb der Ebene der Mitgliedschaft anzustreben. Österreich wird aufgrund seiner wirtschaftlichen, kleinstaatlichen und neutralen Ausgangsposition eine möglichst weltoffene Politik der globalen Internationalisierung nahegelegt, was seinen Bedürfnissen nach gesellschaftlicher Identität und staatlicher Unabhängigkeit am ehesten entspricht. (ICK)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 2231-2239
"Die historisch tradierte 'ontologische Unsicherheit' (Nicole Lindstrom) der Zugehörigkeit Osteuropas zu Europa als Sinnbild okzidentaler Rationalität, Zivilisation und Moderne ist als zyklisch wiederkehrende 'Erfindung Osteuropas' (Larry Wolff) thematisiert und für die Entstehung von 'Balkanismus' (Maria Todorova) und 'eingenistete Orientalismen' (Milica BakicHayden) als ausschlaggebend betrachtet worden. Im Kontext der EU-Osterweiterung sowie der Herausbildung 'neuer' geopolitischer Antagonismen (Westen vs. Islam) nach den Anschlägen des 11. September gewinnen diese Analysekategorien zunehmend an Relevanz. Der Zusammenbruch kommunistischer Regimes und der gleichzeitig beginnende Wettkampf um die Integration in europäische und transatlantische Strukturen hatten daher die Wiederaufnahme der Identitätsdiskurse zur Folge, die das Verhältnis der Region zum Westen Europas Jahrhunderte zuvor geprägt hatten. In Anlehnung an die von Edward Said und Bakic-Hayden entwickelten Konzepte wird im Beitrag die These vertreten, dass der Orientalismus als westlicher Diskurs über 'den Osten' in den aktuell ausgehandelten, unterschiedlichen Identitätskonstruktionen ost- und ostmitteleuropäischer Gesellschaften eine bedeutende Rolle spielt. Um die Abgrenzung vom negativ aufgeladenen 'Osten' in Gestalt des Balkanraums einerseits und des asiatischen Raums andererseits zu vollziehen, rekurrieren politische, intellektuelle und mediale Diskurse auf kognitive Landkarten, die ihren jeweiligen Standort im Hinblick auf ihre Geschichte, Konfessionszugehörigkeit, zivilisatorischen Beitrag und/ oder Geographie als '(west)europäisch' erscheinen lassen. Die Auswirkungen des politischen und ökonomischen Desiderats der 'Europäisierung' und der dabei vorgenommenen Reduktion des europäischen Status auf die Mitgliedschaft in westeuropäischen Institutionen auf die Verfestigung bestehender Stereotype werden in dem Vortrag in historisch-vergleichender Perspektive aufgezeigt." (Autorenreferat)
Die Autoren verstehen den produktiven Umgang mit neuen Herausforderungen als Fähigkeit, aus historischen Erfahrungen Lehren zu ziehen. Für Europa ist dabei zum einen das deutsch-französische Verhältnis von zentraler Bedeutung. Dies gilt in einer Perspektive, die mindestens in die Zwischenkriegszeit zurückreicht. Zum anderen hat der Umgang mit den Diktaturen in Deutschland die Gestalt Europas geprägt. Noch immer steht die Frage nach der Ver- und Bearbeitung der DDR-Vergangenheit auf der Tagesordnung. Wer nach den Akteuren fragt, die den gesellschaftlichen Wandel tragen, muss Parteien und die Zivilgesellschaft genauer betrachten. Die organisatorische Stabilität der etablierten Parteien ist durch Mitgliederverluste, auch durch Versuche, erfolgreicheren Vorbildern im In- und Ausland nachzueifern, in einem hohen Maß herausgefordert. Parteien, die gesellschaftliche Minderheiten vertreten, ebenso wie Menschenrechtsorganisationen, z. B. im autoritär regierten Russland, sind immer wieder vor die Frage ihrer Fortexistenz bzw. der effizienten Wahrung der von ihnen vertretenen Interessen gestellt. Staat und Verwaltung setzen zur Bewältigung neuer Herausforderungen nicht zuletzt auf Reform und Innovation. Europa international wettbewerbsfähig zu machen und sicherheitspolitisch "auf Augenhöhe" mit den Großmächten zu bringen, erfordert nicht nur neue Initiativen der Union, sondern vor allem auch die Zustimmung und das Bemühen der EU-Mitgliedstaaten. Zum Schluss werden die Beiträge des Bandes präsentiert. (ICF2)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 1126-1139
Europa bietet heute ein in vielfältiger Weise zerrissenes, man könnte auch sagen mannigfaltiges Bild. Dies gilt in Bezug auf Sprache, Schule, Bildung, politische Kultur, Alltagskultur, Religion, Geschichte und Geographie. Eine Mitgliedschaft in der EU steht jedem europäischen Staat offen, der sich zu den Grundsätzen der Freiheit, Demokratie, Menschen- und Grundrechte sowie Rechtsstaatlichkeit bekennt. Konkretisiert werden die Beitrittsbedingungen in den Kopenhagener Kriterien. Der Beitrag zeigt die Vorteile eines EU-Beitritts für die Türkei auf, differenziert die Kosten eines solchen Beitritts und zeigt, dass ein türkischer Beitritt zu einer Rebalancierung des Verhältnisses von großen und kleinen EU-Staaten führen könnte. (ICE)
"(...) This chapter consists of two parts. In the first part, the issues of national identity and European integration are discussed from a more general point of view. For this purpose, the concepts of 'nation' and 'nation identity' are introduced and defined as well as their relation to 'European identity'. In the second part, a typology of the different outlooks of the individual nation states and their citizens towards the European Union is developed. (...)" (excerpt)
Der Beitrag befasst sich mit Prozess der Ausarbeitung der Ideen im Konvent bis zur endgültigen Fixierung der neuen Bestimmungen für die GASP und die ESVP im europäischen Verfassungsvertrag. Dabei geht es insbesondere um die Frage, welche Anteile des Konventsentwurfs nun eigentlich von der Regierungskonferenz übernommen und welche ausgesondert und verworfen oder abgeändert wurden, bzw. welche Gründe dafür zugrunde liegen. Wie durchsetzungsfähig sind letztlich Reformideen in der GASP und wie groß ist der Stellenwert von Deliberation im Konvent im Vergleich zum Verhandeln in der Regierungskonferenz bezogen auf den Gesamtverlauf des Verfassungsprozesses? In diesem Zusammenhang wird die bedeutsamste Neuerung, nämlich die Schaffung des Amtes eines Außenministers der Union, das restriktive Beschlussfassungsverfahren der GASP sowie die nach dem Verfassungsentwurf geplante größere Flexibilität in GASP und ESVP durch eine verstärkte Zusammenarbeit diskutiert. Die abschließende Betrachtung betont, dass ein Vergleich von Verfassungsentwurf und Verfassungsvertrag zeigt, dass eine ganze Reihe neuer Ideen, die in den Konvent eingebracht wurden, tatsächlich, wenn auch in teilweise veränderter Form in den von den Staats- und Regierungschefs unterzeichneten Vertragstext Eingang gefunden haben. Damit ist ein Reformpaket für die GASP vorgelegt worden, welches noch vor Jahren undenkbar erschien und die Option einer dynamischeren Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik beinhaltet. (ICH)
Die Einführung des Euro zu Beginn des Jahres 1999 hat eine in der deutschen Öffentlichkeit bisher wenig beachtete Nebenwirkung; sie wird einen wesentlichen Einfluß auf die Wirtschaftsentwicklung der west- und zentralafrikanischen Franc-Zone ausüben. Da der Franc CFA über ein jahrzehntealtes Kredit- und Budgetabkommen direkt an den französischen Franc (FF) gebunden ist, und der FF gemäß dem Vertrag von Maastricht im Euro aufgeht, wird auch der CFA-Franc ab dem 1.1.1999 an den Euro gebunden sein. Die weitaus überwiegende Mehrheit der politischen Entscheidungsträger in den betroffenen europäischen und afrikanischen Staaten erhofft sich von dieser Anbindung segensreiche Effekte auch für die afrikanischen Wirtschaften. Die Expertisen der Befürworter sind nicht immer unparteiisch, wie im Folgenden gezeigt wird. Es werden zwar keine blühenden Landschaften in den krisengeschüttelten afrikanischen Ländern versprochen, aber die Verantwortlichen in Paris werden nicht müde zu versichern, daß die Anbindung des F CFA an den Euro nur eine Fortführung des status quo bedeute, und wenn überhaupt, dann einen positiven Einfluß auf die CFA-Zone habe: mehr Stabilität durch Anlehnung an eine international respektierte und machtvolle Referenzwährung, verstärkte Investitionsneigung der europäischen Partner Afrikas, bessere Absatzchancen auf dem europäischen Markt etc.. Selbst orthodoxe Vertreter neoliberaler Theorien wie der IWF - dem in Bezug auf die Entwicklungszusammenarbeit und Strukturanpassung der Länder der CFA-Zone eine immer gewichtigere Stimme zugestanden wird - empfehlen in dieser Frage die Fortschreibung aus der Kolonialzeit übernommener dirigistischer inflexibler Regelungen, obwohl sie sonst eher marktwirtschaftlichen Lösungen den Vorzug geben.
Der Beitrag zur internationalen Krisen- und Konfliktbewältigung beleuchtet die Art und Weise, wie innerhalb der EU zivile und militärische Komponenten miteinander interagieren bzw. wie sie sich strategisch ergänzen können. Dabei gliedern sich die Ausführungen in folgende Punkte: (1) die neuen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen, (2) das Konzept umfassender Sicherheit im Rahmen der ESVP/GSVP, (3) die zivil-militärische Koordinierung als Antwort auf neue Herausforderungen, (4) konzeptionelle Unklarheiten (CIMIC, CMCO), (5) die Mehrdimensionalität der EU-Außenbeziehungen, (6) die interpillare und die intrapillare Dimension von CMCO sowie (7) CMCO als eine Kultur der Koordinierung. Zivil-militärische Koordinierung ist zwar an sich keine EU-spezifische Angelegenheit, durch ihre Beschaffenheit als umfassender Krisenmanager bietet die Union jedoch eine breite Anwendungsfläche für Konzepte so genannter integrierter Sicherheit, also für ein Sicherheitsverständnis, das kein rein militärisches ist, sondern andere Instrumente aus verschiedenen zivilen Politikbereichen mit einbezieht. Aus der Sicht umfassender Sicherheitspolitik sind militärisch-operative Fähigkeiten nur ein kleiner Teilbereich eines idealerweise weitaus differenzierteren Leistungsspektrums, das neben politischen, diplomatischen und strukturellen Instrumenten auch Kapazitäten für nicht-militärische Operationen umfasst. Die EU hat diesen umfassenden Ansatz zum Grundprinzip ihres außen- und sicherheitspolitischen Handelns erhoben und damit auf die strategischen Anforderungen reagiert, die sich nach Ende des Kalten Krieges allmählich abgezeichnet hatten. (ICG2)
Teilzeitarbeit in Führungsetagen ist eine Ausnahme, obwohl das Thema Arbeitszeitreduzierung durch veränderte Familienarrangements und zunehmende berufliche Belastung wichtiger geworden ist. Daran hat weder der seit mehr als 20 Jahren bestehende Rechtsanspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz noch das im Jahr 2019 eingeführte Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz nach zeitlich begrenzten Arbeitszeitreduktionen etwas geändert. Dieser Beitrag nutzt Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, um Teilzeitarbeit von Führungskräften in Deutschland sowohl im zeitlichen als auch im internationalen Vergleich einzuordnen und damit ein empirisches Fundament für die gesellschaftliche Diskussion um Teilzeitführungskräfte zu legen. Die Auswertungen zeigen: In Deutschland arbeiteten im Jahr 2019 laut eigener Aussage rund 14 Prozent der Führungskräfte in Teilzeit. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland damit zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an teilzeitarbeitenden Führungskräften. Die Auswertungen zeigen auch, dass in Deutschland der Anteil der weiblichen Führungskräfte in Teilzeit mit rund 32 Prozent deutlich über dem der männlichen Führungskräfte liegt (rund 3 Prozent) und es große Unterschiede nach Altersgruppen gibt. Als Motiv für eine Arbeitszeitreduktion geben Führungskräfte, insbesondere Frauen, zumeist Pflege- und Betreuungsverpflichtungen.
"The challenge is immense, because the ongoing revolutions in both the labour market and family structure that are creating fantastic new opportunities are also posing novel social risks and needs. Changing technologies, accelerating global integration, and the upgrading of human capital are essential to ensuring competitiveness. The labour market will be dominated by service occupations, and this means a general bias in favour of professional and technical skills. In response to the new needs of families, however, there will also be an expansion of low-level (and possibly low-paid) personal and social services. The availability of such service jobs offers the only realistic means of achieving full employment. Thus, the emerging economy will be knowledge- intensive in many, but not all, respects." (Author's abstract, IAB-Doku) ((en))
Der Aufsatz zu Vernunft und Freiheit in der Kultur Europas beschäftigt sich mit der politisch-philosophischen Theorie des Kommunitarismus und seinem möglichen Beitrag für die Verfassung Deutschlands und eines erweiterten Europas. So werden im ersten Schritt zunächst die Entstehung in den frühen 1980er Jahren und die Autoren (J. Rawls u.a.) des Kommunitarismus genannt. Im Anschluss werden sodann die drei Kernpunkte des Kommunitarismus skizziert und zwischen (1) konservativem, (2) liberalem und (3) universalistischem Kommunitarismus unterschieden. Der vierte Schritt beschreibt schließlich das Menschenbild sowie das Gesellschafts- und Staatsverständnis in der liberalen Erfahrung und in der liberalen Gesellschaftsvertragstheorie. Vor diesem Hintergrund wird die kommunitaristische Sicht anhand folgender Punkte dargestellt: (1) Mensch und Gemeinschaft, (2) soziale Gerechtigkeit und Verantwortung füreinander, (3) Begriff der Moral, (4) der kommunitaristische Rawls, (5) praktische Rationalität im Kommunitarismus sowie (6) der moderne Staat in kommunitaristischer Perspektive. Diese Grundzüge werden im sechsten Schritt abschließend auf den politischen und gesellschaftlichen Prozess der Einigung Europas angewendet. In diesem Zusammenhang gilt das Augenmerk vier Aspekten: (1) Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat, (2) Entwicklungsschritte der europäischen Einigung, (3) Einordnung in das kommunitaristische Rationalitätsverständnis und (4) die Frage nach dem Endziel einer immer engeren Union. (ICG2)
Mit der Aufnahme Zyperns in die EU wurde der ungelöste Zypernkonflikt zu einem inneren Problem der EU. Bis zum Europäischen Rat von Helsinki 1999 wurde von der Union konsequent die Politik verfolgt, dass Probleme und Konflikte eines Beitrittswerbers vor einem Beitritt gelöst werden müssen, um nicht ein Problem der EU zu werden. Ohne sich mit den Konsequenzen einer Aufnahme Zyperns ohne Lösung seiner Probleme eingehend zu befassen und die Auswirkungen auf die EU zu prüfen, wurde von dieser Politik abgegangen. Der Fall Zypern zeigt deutlich, wie wenig strategische Überlegungen bei den Erweiterungen eine Rolle gespielt haben und spielen. Das eherne geopolitische Gesetz, dass der, der einen Raum beherrscht, die mit diesem Raum verbundenen Probleme erbt, wurde total vernachlässigt. Als ein großes Problem werden die sehr weitgehenden Beschränkungen der Souveränität der Republik Zypern angesehen, die vor allem im sogenannten Garantievertrag von 16. August 1960 zum Ausdruck kommen. Diese Souveränitätsbeschränkungen sind ein Erbe der schwierigen Dekolonialisierung des Landes. Deutlich zeigen sich diese Souveränitätsbeschränkungen in der Verfassung der Republik Zypern sowie an den Beschränkungen, die Zypern im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik auferlegt wurden. Zypern wurde zwar Mitglied der UNO. Es wird festgestellt, dass die bestehenden Beschränkungen der Souveränität des Landes aber mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker und der Gleichheit der Staaten schwer vereinbar sind. Der Garantievertrag sieht vor, dass zwei EU-Mitglieder, Großbritannien und Griechenland, aber auch das Nicht-EU-Mitglied Türkei Interventionsrechte als Schutzmächte haben. Die festgelegten Interventionsrechte der Garantiernächte gehen weit und können, wie die politischen Entwicklungen gezeigt haben, leicht missbraucht werden. Es wird die These vertreten, dass die Türkei so die im Garantievertrag vorgesehenen Rechte eindeutig missbraucht hat, um den Norden Zyperns unter Verletzung des Völkerrechts und internationaler Verträge illegal zu besetzen. Die Besetzung eines Teils von Zypern durch türkische Truppen widerspricht eindeutig dem Völkerrecht, aber auch den Grundsätzen der UN-Charta. Die illegale Besatzungsmacht, die die Türkei auf Zypern unterhält, bedeuten auch de facto, dass die Türkei seit dem EU-Beitritt der Republik Zypern illegal Unionsgebiet besetzt. Darüber hinaus wurde die Insel durch die "Green Line" gespaltet. Des Weiteren wurde mit Unterstützung der Türkei ein eigener türkischer Staat auf der Insel gegründet, der allerdings nur von der Türkei anerkannt wird. Die türkische Besetzung Nordzyperns und der Unterhalt einer Besatzungstruppe durch die Türkei auf Zypern widersprechen auch eindeutig dem Allianzvertrag vom 16. August 1960, dem Zypern im Zusammenhang mit der Erreichung der Unabhängigkeit offensichtlich zustimmen musste. Daher ist es eigenartig, dass eine Vertragspartei nicht eine andere schützt, sondern sie besetzt. Trotz der türkischen Bemühungen, EU-Mitglied zu werden, so der Verfasser, zeigt die Türkei keinerlei Entgegenkommen und keinerlei Anzeichen, die Beziehungen zu Zypern zu normalisieren, im Gegenteil, die Türkei verhindert jegliche faktische Normalisierung. Es wird die These vertreten, dass die Republik Zypern selbst in der Lage sein muss, sich zu verteidigen, ihre Souveränität und Unabhängigkeit zu wahren und auch das Recht hat, im vollen Umfang an der GASP bzw. ESVP der Union teilnehmen zu können. Der Autor argumentiert, dass das Europäische Parlament richtig erkannt hat, dass die Türkei, obwohl sie EU-Mitglied werden will, keine ernstzunehmenden Bemühungen zur Lösung der Zypernfrage unternimmt. Die Anerkennung sämtlicher Mitgliedstaaten, darunter auch die der Republik Zypern, ist notwendiger Bestandteil des Beitrittsprozesses. Davon darf auch im Fall der Türkei nicht abgegangen werden. (ICG2)
"The governance of the European Union (EU) today represents a new form of legal pluralism. It involves relations between numerous sites of governance (Snyder 2000, 2002), encompassing the EU and its Member States but also including other institutions such as the World Trade Organisation (WTO). Both the European Court of Justice (ECJ) and the Court of First Instance (CFI) have contributed significantly to its construction. Especially since 1995, an increasing number of judicial decisions have created a dense web of relations between the EU, its Member States and the WTO. This chapter explores the ways in which the European courts have so far constructed this new form of multi-site governance. The chapter consists of three main parts, each focusing on a different strand in the emerging relations of multi-site governance. The first part discusses the integration of WTO law into EC law. The second part focuses on the position of individuals. The third part considers relations between WTO, the EU and the EU Member States. As summarised in conclusion, the European courts have articulated new relations between sites of governance which continue to reshape the distribution of law-making power in Europe." (author's abstract)
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Frage, wie sich die Gewerkschaften, im konkreten Fall vor allem die IG Metall, in ihrer Politik auf die Ergebnisse vorliegender Analysen zu "Arbeit im Übergang" beziehen können. Es geht um Herausforderungen in Kernbereichen gewerkschaftlichen Handelns. Im Blick auf diese Herausforderungen werden die Möglichkeiten einer neuen Arbeitspolitik aus politikwissenschaftlicher Perspektive thematisiert. Der Verfasser knüpft an die gewerkschaftlichen Debatten der jüngeren Vergangenheit an. Die IG Metall z.B. hat arbeitspolitische Neuansätze zwischen "innovativer" und "eigensinniger Arbeitspolitik" und neuer "Prekarität" auf einer Tagung im Sommer 2005 diskutiert. Es wird darauf Bezug genommen und nach deren Durchsetzungschancen vor dem Hintergrund einer latent zunehmend konfliktträchtigen Entwicklung gefragt, in der einzelbetriebliche Konflikte mittlerweile über nur sehr vereinzelte Fälle hinaus virulent werden. Es werden die Schwierigkeiten herausgearbeitet, denen die Gewerkschaften heute gegenüberstehen, wenn sie - einerseits anknüpfend an solche Konflikte, andererseits in Verfolgung eigener sozialer Initiativen - gegen den Druck des neoliberalen Rollback den Zusammenhang von primärer und institutioneller Arbeitspolitik neu entfalten wollen. Sie müssen dann, so der Autor, spannungsreiche und widersprüchliche Handlungsbedingungen bewältigen. Hierauf bezogen so etwas wie eine "Doppelstrategie" zu entwickeln, dürfte sich als eine große Herausforderung erweisen. Abschließend wird die Frage nach Ansatzpunkten für eine neue Politik der Arbeit zwischen schon institutionalisierter Arbeitspolitik und Ansätzen einer "primären Arbeitspolitik", die sie neu und erweitert konstituieren könnten, thematisiert, und auch auf Fragen eines internationalen Vergleichs eingegangen, um den Blick auf die supranationale, europäische Handlungsebene zu erweitern. Es wird argumentiert, dass die zentrale Herausforderung eines "union renewal" für die Gewerkschaften in der Bundesrepublik in der Frage liegt, ob und wie sie ihre institutionellen Strategien mit einer Politik der aktiven Unterstützung von Neuansätzen primärer Arbeitspolitik verknüpfen können. Im nationalen Handlungsrahmen liegen Verknüpfungen zu gewerkschaftlichen Initiativen in Kernbereichen ihrer Betriebs- und Tarifpolitik ("besser statt billiger", "Tarif aktiv") nahe. Im Blick auf die europäische Ebene bedeutet dies immer auch Positionierung in der Standortkonkurrenz. Hier sind neue arbeitspolitische Initiativen, die als konkretes Handeln in betrieblichen, lokalen und regionalen Kontexten beginnen müssen, auf Dauer nur dann produktiv zu nutzen, wenn die Gewerkschaften selbst in diesen neu entstehenden öffentlichen Räumen aktiver als bislang und im offenen Dialog mit ihren potenziellen Mitgliedern Alternativen zum "neoliberalen Einheitsdenken" entwickeln helfen würden. (ICG2)
In: Die Bundesrepublik Deutschland und die europäische Einigung 1949-2000: politische Akteure, gesellschaftliche Kräfte und internationale Erfahrungen ; Festschrift für Wolf D. Gruner zum 60. Geburtstag, S. 495-509
Der Beitrag beleuchtet die außenpolitische Position der DDR gegenüber der westeuropäischen Integration von 1957 bis 1989. Dabei zeigen die Ausführungen, dass es im Staats- und Parteiapparat der DDR einen differenzierten Annäherungsprozess an die EWG gab, der das von außen monolithisch erscheinende offizielle Verhältnis der DDR zum Integrationsprozess in Westeuropa relativiert. So beschreibt der erste Abschnitt die außenpolitische Haltung der DDR von 1957 bis 1967 im Zuge der Hallstein-Doktrin von 1955, der den Anspruch der Bundesrepublik ausdrückt, ganz Deutschland völkerrechtlich allein zu vertreten. Der zweite Abschnitt betrachtet die Periode von 1971 bis 1975, die in der Außen- bzw. Deutschlandpolitik von der Tendenz der Annäherung ohne Anerkennung geprägt ist. Der dritte Abschnitt erörtert schließlich die Haltung der SED-Regierung gegenüber der EG in den 1980er Jahren, die eine Anerkennung der westeuropäischen Integration ohne weitere Annäherung erkennen lässt. In den beschriebenen Phasen hat sich die offizielle Haltung der DDR gegenüber dem westeuropäischen Einigungsprozess gewandelt. Jedoch betreffen die Veränderungen nur den politisch-wirtschaftlichen Bereich der Integration. Die Bemühungen Frankreichs um eine europäische Verteidigungspolitik im Rahmen der WEU werden am Ende der 1980er Jahre ebenso skeptisch beurteilt, wie die NATO und die Außenpolitik der USA insgesamt abgelehnt werden. (ICG2)