In: Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften: ZSE ; der öffentliche Sektor im internationalen Vergleich = Journal for comparative government and european policy, Band 4, Heft 3, S. 444-467
"Mit der Institutionalisierung der Freizügigkeitsregel für Arbeitnehmer durch die Europäische Union haben alle Bürger das Recht erhalten, in allen anderen Ländern der EU zu arbeiten und an den sozialen Sicherungssystemen des jeweiligen Landes zu partizipieren. Da die marktvermittelte Erwerbstätigkeit und der Zugang zu den staatsvermittelten Sozialleistungen die zentralen Institutionen der sozialen Sicherheit sind, kann man entsprechend von einer Europäisierung vormals national kasernierter Systeme sprechen. In welchem Maße die Bürger eine Öffnung der Zugangsmöglichkeiten zu dem eigenen (nationalen) Arbeitsmarkt und den nationalen Sozialleistungen begrüßen und den europäischen Ausländern diesbezüglich die gleichen Rechte zubilligen, steht im Mittelpunkt des Artikels. Auf der Basis einer Auswertung von zwei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen können wir zeigen, dass die Europäisierung von wirtschaftlichen und sozialen Rechten bei den Deutschen auf sehr hohe Zustimmung stößt. Mehr als zwei Drittel der Befragten sind der Auffassung, dass europäischen Ausländern Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gewährt werden sollte, über 80% der Befragten sind bereit, europäischen Ausländern den Zugang zu den Sozialleistungen zu gewähren. Die Einstellungsforschung geht in der Regel von der Annahme aus, dass die Menschen den Werten, die sie vertreten, auch in konkreten Handlungssituationen folgen. Ob dies der Fall ist, haben wir geprüft, indem wir konkrete Handlungssituationen und die Kosten einer Wertbefolgung simuliert haben. Es zeigt sich, dass in konkreten Handlungssituationen die Befragten Inländer gegenüber europäischen Ausländern bevorzugen würden und weniger bereit sind, den Ausländern den gleichen Zugang zu Sozialleistungen zu gewähren, wenn damit eine Reduktion der Sozialleistungen insgesamt verbunden ist. In der Summe deuten die Befunde darauf hin, dass sich die deutsche Bevölkerung im hohen Maße für Chancengleichheit von europäischen Ausländern ausspricht, diese Werteeinstellungen aber nur begrenzt belastungsresistent sind." (Autorenreferat)
"Ausgangspunkt des Beitrags ist zum einen die beträchtliche Rolle, die die europäische Ebene inzwischen für die Alterssicherungspolitik der Mitgliedsstaaten erlangt hat. Zum anderen zeigen sich in jüngerer Zeit verschiedene Entwicklungstendenzen in der Alterssicherungspolitik von Mitgliedsstaaten. Auf sechs dieser Tendenzen wird hingewiesen. Damit verbunden ist die Frage, ob über die europäische Ebene - auch angesichts der Erweiterung der EU und der in neuen Mitgliedsstaaten durchgeführten Reformen - Rückwirkungen auf die Entwicklung nationaler Alterssicherungssysteme erwachsen können. Im Zusammenhang damit steht auch die gestiegene Bedeutung von Wirtschafts- und Finanzministern sowie Finanzmarktakteuren in der Alterssicherungspolitik, die über die EU-Kanäle - auch die neue 'offene Methode der Koordinierung' - zusätzlich an Einfluss gewinnen." (Autorenreferat)
"Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, weshalb die industriellen Beziehungen in einigen Sektoren durch einen hohen Grad an transnationaler Homogenität charakterisiert sind, währenddessen andere Sektoren sich in ihren industriellen Beziehungen über Ländergrenzen hinweg stark unterscheiden. Basierend auf der Theorie einer Transformation der industriellen Beziehungen entlang veränderter Marktbedingungen wird in dieser Arbeit die Hypothese untersucht, dass das Ausmaß der sektoralen Internationalisierung transnational homogene sektorale Systeme der industriellen Beziehungen bedingt. Auf Grundlage einer empirischen Untersuchung von neun Sektoren in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union kann diese Hypothese bestätigt werden. Die Ergebnisse der Arbeit erlauben die Schlussfolgerung, dass eine transnationale Konvergenz in den industriellen Beziehungen sektorspezifisch ist und dass Arbeiten im Bereich der ländervergleichenden industriellen Beziehungen verstärkt der sektoralen Ebene Beachtung schenken müssen." (Autorenreferat)
"Seit der EU-Osterweiterung verändern sich die Handlungsbedingungen der Gewerkschaften in Mittelosteuropa. Die Prägekraft des kommunistischen Erbes und der Dilemmata der Transformation lassen nach. Am Beispiel der Gewerkschaft Solidarnosc wird der organisatorische Wandel der Gewerkschaften untersucht. Es wird gezeigt, dass das Scheitern des parteipolitischen Engagements eine Hinwendung zur Mitgliederwerbung nach dem Muster des angelsächsischen Organizing bewirkt hat. Die Herausbildung einer neuen Generation von Gewerkschaftern führt zu Konflikten über die Identität der Gewerkschaft. Die jungen Gewerkschafter teilen nicht die kollektive Identität der Älteren (Geschichte der Solidarnosc, Facharbeiterstolz), sondern begründen ihr Engagement als Widerstand gegen Verletzung der als "normal" wahrgenommenen Arbeitnehmerrechte. Das Fehlen einer kollektiven Identität erschwert die Stabilisierung der neu entstehenden Gewerkschaftsorganisationen. Die aufgrund von EU-Direktiven eingeführten Betriebsräte haben die industriellen Beziehungen bislang kaum beeinflusst. Die Datengrundlage der Analyse bilden qualitative Leitfadeninterviews mit Gewerkschaftern aus der Solidarnosc-Zentrale und aus vier Industriebetrieben in Polen." (Autorenreferat)