Die Verfasserinnen möchten einen Einblick in Themenschwerpunkte und Ansätze gegenwärtiger feministischer Forschung zu Konflikt, Gewalt und Frieden geben. Sie skizzieren zunächst die Entwicklung der feministischen Friedens- und Konfliktforschung und gehen auf aktuelle Diskussionslinien sowie theoretische und empirische Forschungsgegenstände ein. Daran anschließend zeigen sie die Bezüge zwischen den Beiträgen dieses Bandes und den aktuellen Debatten auf und machen deutlich, wie diese zur Weiterentwicklung feministischer Perspektiven in der Friedens- und Konfliktforschung beitragen. (ICE2)
Im Beitrag wird zunächst eine idealtypische methodologische Entscheidungsstruktur für die Konzeption empirischer Forschungsarbeiten vorgestellt. Der werden die zentralen Methodologiediskurse der feministischen Frauen- und Geschlechterforschung in Deutschland gegenübergestellt. In der abschließenden Reflexion werden breit diskutierte Themenbereiche wie Schwachstellen der feministischen Methoden- und Methodologiediskussion aufgezeigt.
"Die modernisierungstheoretische Diagnose einer Individualisierung von Geschlechterordnungen wurde in der feministischen Forschung kontrovers diskutiert. Die Kritik kann aus einer hegemonietheoretischen Perspektive aufgegriffen werden: Individualisierung lässt sich als ein hegemoniales Subjektivierungsprogramm analysieren, das die Reproduktion integraler Bestandteile traditioneller Geschlechterordnungen impliziert." (Autorenreferat)
Der Beitrag beginnt mit einem historischen Exkurs, mit der Erinnerung daran, was die Frauenbewegung einmal wollte und was aus diesen Forderungen geworden ist. Dabei wird auf den Beginn des vorigen Jahrhunderts, der Ersten Frauenbewegung, und dann auf die siebziger Jahre, die Zweite Frauenbewegung, zurückgegriffen. Geprüft wird so, welche Forderungen gestellt, dann, wie sie aufgenommen wurden und wie das die Lage von Frauen verändert hat. Diese "Erinnerung" dient dazu, die heutige Entwicklung des neoliberalen Kapitalismus in seinen Folgen für die "klassischen" Frauenforderungen zu lesen. Dies ist dann Grundlage für gemeinsame Diskussionen, wie Frauenpolitik und feministische Forschung heute aussehen könnten und ob sie notwendig sind, und wenn ja, warum. An Hand von zwei Beispielen - Arbeit und Familie - wird vorgeführt, wie und um was historisch theoretisch gestritten wurde, was politisch praktisch erreicht wurde und was heute aus den damaligen Forderungen wurde. Die gegenwärtige Lage der Frauen im neoliberalen Projekt sieht die Autorin "unterhalb der Folie von Wettbewerb, Standortattraktivität, Deregulierung, verborgen im Köderwort der individuellen freien Lebensgestaltung". Frauen sind implizit im neoliberalen Projekt vorgesehen; sie verrichten ehrenamtlich die "Einbettungsarbeit". Diese Positionierung erzeugt gleichzeitig "Scheuklappen, den Glauben, dass man frei ist, etwas zu werden oder unterzugehen". Daher ist es äußerst dringlich für feministische Forschung, diese Alltagserfahrung zu studieren. (ICA2)
Die modernisierungstheoretische Diagnose einer Individualisierung von Geschlechterordnungen wurde in der feministischen Forschung kontrovers diskutiert. Die Kritik kann aus einer hegemonietheoretischen Perspektive aufgegriffen werden: Individualisierung lässt sich als ein hegemoniales Subjektivierungsprogramm analysieren, das die Reproduktion integraler Bestandteile traditioneller Geschlechterordnungen impliziert. (DIPF/Orig.).;;;The individualization of gender orders is a popular assumption in the context of modernization theories. Among feminist researchers the concept is rather contested. Their critical objections can be taken up from the perspective of hegemony theory: Individualization can be analyzed as a hegemonic programme of subjectification that implies the reproduction of integral parts of traditional gender orders. (DIPF/Orig.).
Die Verfasserin plädiert für eine theoretisch angeleitete Selbstreflexivität als methodologische Strategie feministischer Friedens- und Konfliktforschung. Sie soll nicht nur die Reflexion über verwandte Forschungsmethoden umfassen, sondern auch die Position der Forscher und damit die Macht des Feldes in die Analyse einbeziehen. Die Verfasserin integriert die Erkenntnisse aus der Geschlechterforschung in die ethnografische Feldforschung und schlägt am Beispiel eines Forschungsprojekts zu Südthailand ein dreiteiliges, iteratives Vorgehen vor. Durch ein ständiges Überkreuzen von feministischer Theorie und der eigenen Positionierung im Forschungsprozess kann erstens die binäre Trennung von Epistemologie und Ontologie aufgebrochen werden. Zweitens bedeutet ein selbstreflexiver Forschungsprozess auch, die interaktive Beziehung von Forschern und Forschungssubjekten nicht als potenziellen Bias zu interpretieren, sondern gezielt in die Analyse einzubeziehen, um die Wirkungen machtvoller Diskurse im Konfliktgebiet herauszuarbeiten. Dieses Vorgehen führt drittens zur Integration der Macht des Feldes in die eigene Forschung - nämlich der Anerkennung, dass Macht nicht nur von den Forschern auf das Feld, sondern auch vom Feld auf die Forschenden ausgeübt wird. Entgegen bisheriger feministischer Forschungen gilt dies nicht nur für weibliche Forscherinnen und das Geschlechterverhältnis, sondern erstreckt sich auch auf Männer sowie intersektionale Identitätskategorien. (ICE2)
Anfang der 1990er Jahre hat sich innerhalb der EU-Forschung ein feministischer Strang entwickelt, der sich theoretisch aus feministischer Sozialtheorie im weitesten Sinn speist und zu dem neben Politologinnen auch Soziologinnen, Juristinnen und zum Teil Ökonominnen beitragen. Im Mittelpunkt stand zunächst die Frage, welche Rollen Frauen und Frauenpolitik im europäischen Integrationsprozess spielen. Darauf bauten neuere Forschungen auf, welche die Bedeutung von Geschlechterverhältnissen im europäischen Integrationsprozess in einem komplexeren Zusammenhang sehen und den geschlechtlichen Charakter der supranationalen Politik kritisieren. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, welche Gleichstellungs- und Geschlechterpolitiken von der EU vorangetrieben werden, wie und von wem sie entwickelt werden und welche Wirkung sie haben. Die Autorin geht auf normative Elemente der Theorien ein, beschreibt Kritikpunkte und Grenzen und untersucht Weiterentwicklungen, Anschlussmöglichkeiten und aktuelle Relevanz der feministischen Perspektiven zur europäischen Integrationsforschung. (ICB)
Die Autorinnen unterziehen einige Aspekte des aktuellen europäischen Migrationsregimes einer feministischen Kritik und Analyse. Sie arbeiten heraus, in welcher Weise die sozialwissenschaftliche Forschung zur Migration von Frauen dazu tendiert, Frauen als Opfer der Verhältnisse und in der Migration zu beschreiben. Migrantinnen tauchen in dem von ihnen fokussierten "Anti-Trafficking"-Diskurs, der inzwischen auch die regionale Migrationspolitik in Nord- und Mittelamerika dominiert, lediglich als zu beschützende Opfer von Menschenrechtsverletzungen der organisierten Kriminalität und nicht als handelnde Rechtssubjekte auf. Die Autorinnen zeigen auf, wie mit Hilfe einer intersektional und transnational angelegten wissenschaftlichen Analyse Migrantinnen als Subjekte thematisiert werden und wie gegen die Tendenz der Kriminalisierung von Frauen-Migration eine Perspektive der Rechte eingenommen werden kann. (ICI2)
Die Autorin diskutiert erste und programmatische Begrifflichkeiten für eine kritisch-politikbegleitende Analyse des Implementierungsprozesses von Gender Mainstreaming. Sie geht hierzu auf die politikwissenschaftliche Institutionendebatte der vergangenen Dekade ein und fragt nach einem Konzept institutionellen Wandels, das es erlaubt, den Erfolg von Gender Mainstreaming begründet zu untersuchen. Sie skizziert zuvor den Stand feministischer Policy-Forschung sowie die Ansätze eines geschlechtersensiblen Institutionenkonzepts. Sie kombiniert im weiteren die Ansätze des neuen Institutionalismus und erstellt ein Tableau von Fragedimensionen, mit dessen Hilfe die Gender-Mainstreaming-Prozesse genauer untersucht werden können. Die Darstellung beginnt mit akteurzentrierten Perspektiven des Rational-Choice-Institutionalismus (Kostenminimierung, "heroische" Entscheidungen), sie fährt fort mit den Vorschlägen des soziologischen Institutionalismus (zählebige Denkmuster, Similaritätsdruck, strategisches "framing") und schließt mit der gesellschaftsorientierten Perspektive des historischen Institutionalismus (Machtkämpfe und "critical junctures", Pfadabhängigkeit). (ICI2)
Armut und soziale Ausgrenzung stellen eine multidimensionale Lebenslage dar, die aufgrund der historisch gewachsenen, in den Arbeitsmarkt und das Sicherungssystem des Sozialstaats eingeschriebenen Geschlechterordnung geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausgeprägt ist. Wurden in den 1960er und 1970er Jahren von der feministischen Forschung die Mechanismen der geschlechtsspezifischen Segmentierung des Arbeitsmarkts analysiert, wendete sich das Interesse in den 1980er Jahren der Verbindung empirischer Forschungsergebnisse zu Lebenslagen und Ungleichheitsstrukturen auf den Gebieten Bildung und Ausbildung, Erwerbsarbeit, Einkommen und Gesundheit mit der Analyse der Konstruktions- und Dekonstruktionsprozesse von Geschlecht zu. Auch die Wege aus den Armutslagen heraus und die Bewältigungsmuster und -strategien sind geschlechtstypisch unterschiedlich ausgeprägt. (ICE2)
Armut und soziale Ausgrenzung stellen eine multidimensionale Lebenslage dar, die aufgrund der historisch gewachsenen, in den Arbeitsmarkt und das Sicherungssystem des Sozialstaats eingeschriebenen Geschlechterordnung geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausgeprägt ist. Wurden in den 1960er und 1970er Jahren von der feministischen Forschung die Mechanismen der geschlechtsspezifischen Segmentierung des Arbeitsmarkts analysiert, wendete sich das Interesse in den 1980er Jahren der Verbindung empirischer Forschungsergebnisse zu Lebenslagen und Ungleichheitsstrukturen auf den Gebieten Bildung und Ausbildung, Erwerbsarbeit, Einkommen und Gesundheit mit der Analyse der Konstruktions- und Dekonstruktionsprozesse von Geschlecht zu. Auch die Wege aus den Armutslagen heraus und die Bewältigungsmuster und -strategien sind geschlechtstypisch unterschiedlich ausgeprägt. (ICE2).
Die Verfasserin arbeitet als den entscheidenden Unterschied zur herkömmlichen, auf Macht, Konkurrenz und Gewinnmaximierung basierenden Ökonomie heraus, dass solidarische Ökonomien in erster Linie auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ausgerichtet sind und nicht auf die Rentabilität privaten Kapitals. Sie skizziert die lange, lebendige Geschichte unterschiedlicher Formen und Anliegen "anderen" Wirtschaftens und macht damit deutlich, dass es sich nicht um ein einzelnes, fixes Konzept zur Rettung der Welt handelt, sondern um eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätze, die die in Theorie und Praxis immer wieder behauptete Alternativlosigkeit des aktuell dominierenden Modells wirtschaftlichen Handelns in Frage stellen. Es geht der Verfasserin um die Entfaltung einer Kultur der Kooperation; in der Anerkennung von Unterschieden und in der Bereitschaft, sich mit ihnen kritisch und solidarisch auseinanderzusetzen, sieht sie eine der wichtigsten Komponenten. Sie verweist auch auf feministisch geprägte Konzepte und Projekte einer solidarischen Ökonomie. Dennoch identifiziert sie in Theorie und Praxis der solidarischen Ökonomie deutliche Defizite und Mängel hinsichtlich einer adäquaten Berücksichtigung der Geschlechterperspektive, die es durch feministische Forschung und feministische Interventionen zu bearbeiten gilt. (ICE2)
"Seit dem Ende der 1990er Jahre sieht sich die feministische Forschung und Theoriebildung mit einem neuen 'innenpolitischen Kernproblem' (Knapp 2005) konfrontiert: Die Perspektive und die damit verbundenen methodologischen und politischen Herausforderungen von Intersektionalität fanden zunehmende Verbreitung. Heute stellt sich die Frage, ob Intersektionalität die notwendige Antwort auf die Auslassungen und blinden Flecken einer homogenisierenden Geschlechterforschung und -politik darstellt oder ob mit den Diversity-Konzepten die seit ihren Ursprüngen als Frauenforschung hin zur Geschlechterforschung zentrale Machtkritik an der bestehenden geschlechtsspezifischen Ungleichheit verloren geht. Der vorliegende Beitrag trachtet danach, eine abwägende, aber dennoch pro-intersektionelle Perspektive zu veranschaulichen, die aber - entgegen eines 'managementkompatiblen Etiketts von diversity' (Knapp 2011: 252) - auf die Notwendigkeit einer anhaltenden Macht- und Herrschaftskritik setzt, und dies nicht nur im Kontext Lateinamerika." (Textauszug)
Die Autorin geht der Frage nach, ob und inwiefern der qualitative Wandel der westlichen Wohlfahrtsstaaten unter dem neuen Leitbild des "aktivierenden Staates" eine Chance auf mehr Geschlechtergerechtigkeit bietet. Am Beispiel der neuseeländischen Reformen des öffentlichen Sektors untersucht sie den grundlegenden Wandel von Staatlichkeit, der mit der Strategie des New Public Management eingeleitet werden soll. In der politikwissenschaftlich-feministischen Forschung werden die Auswirkungen dieser neuen staatlichen Managementstrategie auf die Geschlechterverhältnisse der Autorin zufolge eher kritisch bewertet, denn die Vermarktwirtschaftlichung der Gesellschaft bedroht letztlich die Ziele von Verteilungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und Gleichstellungspolitik. Die Aufgabenverlagerung in der Gesellschaft birgt ferner das Risiko einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse in sich und der Abbau staatlicher Aufgaben gefährdet vor allem Frauenarbeitsplätze. Die Autorin zeigt, dass sich diese allgemeinen Befürchtungen auch für das Fallbeispiel Neuseeland bestätigen lassen, zumal der neuseeländische politische Diskurs deutlich stärker von ökonomischen Argumentationsmustern als von Begriffen wie Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit geprägt ist. (ICI2)