Die Verfasser gehen der Frage nach, wie ein Land wie Australien, das zwischen den im Entstehen begriffenen Schwellenländern Asiens und den alten westlichen Kernländern liegt, mit der globalen Wirtschaftskrise umgeht. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Trendanalysen der Beschäftigungs- und Einkommensdynamik der Bevölkerung des Landes. Es wird argumentiert, dass die relative Isolation Australiens von dem Weltmarktgeschehen, insbesondere seine Autarkie, ausschlaggebend für das geringere Ausmaß der Wirkungen der globalen Finanzkrise sind. Im Hinblick auf seine Position im Weltsystem lässt sich Australien mit Ländern wie Kanada und Norwegen vergleichen. (ICB)
Im Beitrag werden Ergebnisse eine vergleichenden Untersuchung in Chile und Costa Rica dargestellt, deren Hauptmethode der Datengewinnung qualitative biographische Befragungen gewesen ist. Sie sind sowohl vor als auch nach der Krise durchgeführt worden. Schwerpunktmäßig beziehen sie sich auf die Dynamik der Erwerbs- und Haushaltssituation im Rahmen des erfassten Zeitraumes. Die Verfasser stellen eine Kontinuität der Wahrnehmungen fest: Die Wirtschaftskrise hat ihrer Meinung nach keinen bedeutsamen Einfluss auf die Darstellung der eigenen ökonomischen und sozialen Situation ausgeübt. Die mangelnde soziale Sicherheit, die Angst vor der Arbeitslosigkeit usw. sind immer Bestandteile der Selbstwahrnehmung gewesen. Diese Tatsache führen die Autoren auf die konsequente Durchsetzung neoliberaler wirtschaftspolitischer Muster von Seiten der Regierungen der untersuchten Länder zurück. (ICB)
In: Materialien aus der soziologischen Forschung: Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld, S. 987-1009
Im Dezember 2009 gab die Bayerische Staatsregierung das Ziel einer grundlegenden Neugestaltung der Landesentwicklung im Freistaat nach den Prinzipien der Liberalisierung, Deregulierung und Kommunalisierung aus. Diese Entscheidung fällt zusammen mit dem Aufkommen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und der daran anschließenden Eurokrise, in deren Zuge sparpolitische Ziele an Bedeutung gewannen. Ausgehend von der Beschreibung eines austeritätspolitischen Föderalismus durch den Geographen Jamie Peck analysiert dieser Beitrag die raumordnungspolitischen Reformen in Bayern zwischen 2008 und 2018. Hierzu stützt er sich auf die Merkmale der Kommunalisierung, des Wettbewerbs und der Responsibilisierung von Städten und Gemeinden und prüft, ob diese Logiken auch im Freistaat nachzuvollziehen sind. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion der Konsequenzen des austeritätspolitischen Föderalismus für die strukturschwachen Kommunen Bayerns.
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Frage nach den Konsequenzen von Wirtschaftskrisen für die Politik. Der Autor verfolgt die Dynamik des politischen Lebens in den USA während der sog. Großen Depression und zeigt, dass die Krise eine Mobilisierung innerhalb der Demokratischen Partei bewirkt hat. Er vergleicht ihre Wahlergebnisse vor dem Hintergrund früherer Krisen und stellt fest, dass ihre wirtschaftspolitische Kompetenz häufig in Frage gestellt worden ist. Hingegen hat ihre radikale Wirtschaftspolitik während der Großen Depression die Wähler überzeugt und der Partei einen langen Machterhalt gewährleistet. Es wird argumentiert, dass nur ein tiefgreifender Wandel in der Wirtschaftspolitik in der Lage ist, Krisenerscheinungen zu überwinden. Ausgehend von dieser These wird die Wirtschaftspolitik und der Umgang mit der Krise von Seiten der Administration von Obama zur Diskussion gestellt. (ICB)
Anhand einer ländervergleichenden quantitativen Inhaltsanalyse untersuchen die Verfasser die dominanten Muster der Thematisierung von Krisenerscheinungen in führenden Zeitungen in den USA, der Schweiz und in Großbritannien. Sie zeigen, dass erst in der zweiten Hälfte 2007 die Medien damit anfingen, über die weltweiten sozialen und ökonomischen Implikationen dessen zu berichten, was ursprünglich als Krise auf dem Immobilienmarkt der USA dargestellt gewesen ist. Später sind einzelne Aspekte der Krisenkonsequenzen in Europa zum Thema der Berichterstattung, jedoch nur als isolierte personenbezogene Fakten, geworden. Anfang 2008 ist die Krise als globales Phänomen zum Gegenstand von Zeitungspublikationen geworden. Seit der 2. Hälfte 2008 ist neben der Darstellung von diversen Aspekten der Krisenentwicklung das Thema der notwendigen politischen Regulierung des wirtschaftlichen Geschehens dominant geworden. (ICB)
Die Verfasser gehen davon aus, dass die tatsächlichen Konsequenzen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise lediglich durch die Berücksichtigung der Entwicklungen in den Schwellen- und Entwicklungsländern erfasst werden können. Dabei handelt es sich einerseits um die Verstärkung von Verarmungstendenzen in allen Weltregionen. Andererseits hat die Krise den Glauben an die Weltgesellschaft und an die 'Rettungs-Rezepte' der neoliberalen Ideologie stark beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund werden die Ursachen der Krise und ihre Dynamik analysiert. Dabei werden anhand von Daten der Weltbank die Verluste der einzelnen Weltregionen verdeutlicht. Anschließend werden Fehlentscheidungen internationaler Organisationen sowie die Folgen der Globalisierung kritisch untersucht. Auf dieser Grundlage werden relevante Empfehlungen hinsichtlich der Politik internationaler Institutionen abgeleitet. Zum Schluss werden die Beiträge des Sammelbandes präsentiert. (ICB)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 4345-4356
"Medien und Ökonomie stehen in modernen Gesellschaften in einem auf Austausch beruhenden Passungsverhältnis zueinander. Beispielhaft ist dieses Theorem für den Bereich der Werbung aufgestellt worden. Demnach bieten Medienorgane den Interessen der Ökonomie ein öffentliches Forum, um im Gegenzug ihren Bestand durch Einnahmen zu sichern und den Aufmerksamkeitswert eigener Beiträge über (Werbe-)Informationen zu steigern. In den letzten Jahren sind zunehmend auch Finanzexperten als Medienakteure u.a. in TV-Börsensendungen präsent. Medien als Transporteure von Botschaften bieten der Finanzökonomie damit eine Bühne zur Selbst-Präsentation, während gleichzeitig vor allem bei guter Börsenentwicklung der Aufmerksamkeitswert entsprechender Medienbeiträge steigt. Das Passungsverhältnis geht damit in einer Vorteilspartnerschaft auf. Finanzprofis fungieren darin als MaklerInnen finanzwirtschaftlicher Informationen ebenso wie als RepräsentantInnen ihrer Organisationen und WerbeträgerInnen in eigener Sache. Der Beitrag beleuchtet anhand von Daten aus Interviews mit Finanzprofis deren Medienverhältnis im Kontext des öffentlichen Krisendiskurses um den Niedergang der Börse in den Jahren 2000 bis 2003. Dieses Verhältnis wird, so die These, aus der Subjektperspektive potentiell prekär, wenn sich die Rahmenbedingungen der Passung zwischen Finanzökonomie und Medien verschieben. Im Kontext der Börsenkrise wurden nicht nur finanzwirtschaftliche Botschaften, Produkte und Organisationen fragwürdig, sondern auch die Medienakteure der Finanzökonomie gerieten in den Verdacht, sich am Verlust von Anlegergeldern mit schuldig gemacht zu haben. An der Rezeption dieses medialen Diskurses, der als eine punktuelle, einseitige Aufkündigung der Vorteilspartnerschaft durch die Medien gedeutet werden kann und der damit die prinzipielle Passung zwischen Medien und Finanzökonomie verschleiert oder aber unterläuft, wird gezeigt, wie Finanzprofis auf die Personalisierung der Kritik, die sich gegen die ganze professionelle Gemeinschaft richtet, reagieren. Auf dieser empirischen Grundlage wird das Theorem der Passung von Medien und Ökonomie neu bewertet, indem es um die Dimension der Krise solcher Passungsverhältnisse erweitert wird." (Autorenreferat)
In: Externe Verschuldung - interne Anpassung: Entwicklungsländer in der Finanzkrise : Jahrestagung 1983 des Ausschusses Entwicklungsländer der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Verein für Socialpolitik) in Kiel, S. 5-9
Der Beitrag zeigt, dass sich der Unternehmenssektor insbesondere ab dem Jahr 2000 und verstärkt noch nach der Finanzkrise massiv entschuldet hat, was zu einer zunehmenden Unabhängigkeit des Sektors von Banken geführt hat. Das betrifft sowohl Großunternehmen als auch KMUs. Private Haushalte schichten Teile ihrer Anlage von Banken zu Nichtbankfinanzintermediäre und Versicherungen um. Der Vermögensanteil bei vermögenden Haushalten steigt, was zu einer einseitigen Vermögenszunahme führt. Gleichzeitig werden vermögensschwache Haushalte durch eine Zunahme an Immobilienkrediten mit einer Risikozunahme konfrontiert. Eine Verlängerung der Intermediationsketten deutet auf eine zunehmende Integration der internationalen Finanzmärkte hin, welches mit einer zunehmenden Krisenanfälligkeit einhergehen kann.
"The present article aims to analyse the effects of high oil prices during President Ahmadinejad's first term in office (2005-2009). The theoretical Basis of the analysis is the rentier state approach, the basic element of which is that rents are at the unchecked disposal of the rentier. Empirically, the paper examines the issue areas of foreign, domestic and economic policy. The discussion demonstrates that Iran has used its increased rent income to support a populist policy. In terms of economic policy, the regime has pursued a redistributive strategy. The country's foreign policy, particularly the ostentatiously pursued atomic program, has been very expensive since it has provoked sanctions with costs that were initially balanced only by high rent income. Yet Ahmadinejad failed to prepare Iran for the situation that has occurred as a result of the global financial crisis: the regime's redistributive policy has meant that the lower oil price now constitutes a severe challenge for the Iranian state budget." (publisher's description)
Markierten Verbraucherskandale und Krisen des Marktvertrauens einen Bruch in der Rechtsentwicklung sowie politischen Institutionalisierung des Verbraucherschutzes? Und welche Bedeutung kam dabei den vorherrschenden Regulierungstraditionen sowie den sich wandelnden Akteurskonstellationen zu? Anhand von vier Beispielen werden zum einen die zeithistorischen Begleitumstände, zum anderen die verbraucherrechtlichen Folgen der ereignishaften Enthüllungen untersucht: den beiden größten Gesundheitsskandalen in der Geschichte der Bundesrepublik - Contergan und BSE -, dem Brustimplantate-Skandal um die Firma PIP sowie der Finanzkrise, die den Erlass der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie 2014/17/EU beförderte.
"In this paper the author discusses different aspects and options for infrastructure policies during and after the financial and economic crisis. The author distinguishes between short-term objectives and more structural long-term objectives. Almost all countries, and certainly Germany, the EU, and the United States, used infrastructure spending policies as a pro-active instrument to stimulate the economy. However, the window of opportunity to challenge the traditional allocation of infrastructure expenses was not actively used. From a structural perspective, the crisis has high-lighted new challenges, such as the development of appropriate organizational models for providing, financing, and producing in network infrastructures, and the readjustment of incentive regulation in the light of substantial infrastructure investment requirements. 'The economic crisis can prove the catalyst to a more imaginative approach to infrastructure - holding up demand, creating jobs and providing future generations with a set of assets.' (Helm et al. 2009, S. 8)" (author's abstract)
Am Beispiel der Behindertenpolitik wird gezeigt, wie Regulierung und Steuerung im Wohlfahrtsstaat ablaufen und zu welchen Ergebnissen sie führen können. Dabei wird an der verbreiteten These angesetzt, Recht könne angesichts der Krise des Wohlfahrtsstaates und der staatlichen Lenkung bzw. Finanzierung als "endlos vermehrbare Handlungsressource" eingesetzt werden, um die Probleme der sozialen Sicherung zu lösen. Die allgemeinen Ebenen der staatlichen Steuerung werden untersucht. Die Ableitung idealtypischer Formen und Voraussetzungen effektiver Regulierung mündet in der Feststellung, daß die vorhandene regulative Ineffizienz nicht inhaltlich, sondern eher durch Entscheidungsstrukturen bedingt ist, die die Umsetzung der Ziele in der Sozialpolitik behindern. Nach Ansicht des Verfassers könnte z. B. die Etablierung oder Unterstützung selbstregulierender, dezentraler Verhandlungssysteme die Kooperationsmechanismen zwischen Gesellschaft und Staat fördern, man darf aber diese Steuerungsressource nicht überschätzen: "Erforderlich ist ein neues Gleichgewicht zwischen zentralistischen Regulierungsformen, Selbstregulierung und öffentlichen Transferleistungen". (HA)