Das Gewaltmonopol: Denationalisierung oder Fortbestand?
In: Transformationen des Staates?, S. 69-91
Der Gebrauch des Gewaltmonopols ist kein Politikfeld wie jedes andere. Hier greift der Staat stärker in den Kernbereich menschlicher Existenz ein als etwa bei der Steuererhebung, weil der Gewalteinsatz potentiell den Verlust der Freiheit oder sogar des Lebens von Menschen bedeuten kann. Historisch gesehen war das Gewaltmonopol das erste Attribut moderner Staatlichkeit. Seine zentrale Funktion besteht im Schutz gegen äußere und innere Bedrohungen in einer "hobbesschen Welt" des potentiellen Krieges aller gegen alle. Besonders hervorzuheben ist die Wirkung des Gewaltmonopols nach innen. Es befriedet die national verfasste Gesellschaft und verhindert Bürgerkriege oder immer wieder aufflammende gewalttätige Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen.Der vorliegende Beitrag zeigt, dass Veränderungen an diesen Staatsfunktionen in absehbarer Zeit kaum zu erwarten sind. Unterscheidet man jedoch zwischen dem faktischen Gebrauch der Gewaltmittel und der Legitimation ihres Einsatzes, so zeigen sich bedeutsame Veränderungen. Das wird verdeutlicht am Militärbereich mit den "neuen Kriegen" und im Polizeibereich mit der Bekämpfung organisierter Kriminalität. Weiterhin wird das Gewaltmonopol in ein immer umfassenderes Institutionengeflecht eingebettet, dessen Verpflichtungsgrad steigt. Infolgedessen beeinflussen zunehmend internationale Institutionen die Bedingungen und die Rechtfertigungsgründe für den Einsatz des Gewaltmonopols. Die Polizei- und Militärkräfte bleiben staatlich und unter staatlicher Kontrolle, die Staaten sind aber nicht mehr wie früher völlig frei in der Festlegung der Kriterien für den Einsatz des Gewaltmonopols und in der Legitimation desselben. Vor allem innerhalb der EU wird so das Gewaltmonopol teilweise von den Staaten gemeinsam ausgeübt und nicht mehr wie früher vollständig in alleiniger staatlicher Autonomie. (ICA2)