Enttäuschung als Politikressource: Zur Kohäsion der westdeutschen Friedensbewegung in den 1980er Jahren
In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte: das zentrale Forum der Zeitgeschichtsforschung, Band 62, Heft 1, S. 1-34
ISSN: 2196-7121
Vorspann
Die westdeutsche Friedensbewegung erzielte anfangs beeindruckende Mobilisierungserfolge, musste dann aber zahlreiche Rückschläge einstecken. Enttäuschung machte sich breit, ihr Sturz in die Bedeutungslosigkeit ließ aber auf sich warten. Bernhard Gotto, Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte und Koordinator der Leibniz Graduate School "Enttäuschung im 20. Jahrhundert. Utopieverlust - Verweigerung - Neuverhandlung", analysiert die Ursachen dieser erstaunlichen Selbstbehauptung und verweist dabei vor allem auf das raffinierte Gefühlsmanagement, das die Friedensbewegung im Umgang mit Rückschlägen und Misserfolgen entwickelt hatte. Es immunisierte gegen Frustration und Resignation, ihm war es sogar zu verdanken, dass aus Enttäuschungen Lerneffekte resultierten, die zur Vitalisierung der Demokratie als Lebensform führten.