Der Beitrag untersucht die Bedeutung von Zuwanderung für die langfristige Entwicklung öffentlicher Haushalte in Deutschland. Mit Hilfe der Generationenbilanzierung werden die Nettosteuerzahlungen von Zuwanderern von ihrer Ankunft im Aufnahmeland bis an ihr Lebensende geschätzt. Wenn künftige Einwanderer der heute in Deutschland lebenden Ausländerbevölkerung ähneln, ist der Gesamtbeitrag der Zuwanderung zu den öffentlichen Haushalten eindeutig positiv. Immigration wäre daher ein geeignetes Instrument, in einer alternden Gesellschaft steigende Steuerlasten für die einheimische Bevölkerung zu verringern. Eine aktive Einwanderungspolitik, die hoch Qualifizierte selektiert und die Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt unterstützt, vergrößert die positiven Wirkungen auf die Steuerlast der einheimischen Bevölkerung. Allerdings kann selbst hohe Zuwanderung gut ausgebildeter Erwerbspersonen die von einer alternden Bevölkerung ausgelösten generationalen Umverteilungsprozesse nur teilweise aufheben. ; The paper employs generational accounting to analyze the intertemporal fiscal impact of immigration to Germany. Generational accounts for native and alien residents are distinguished to assess what might be the lifetime net tax payments of prospective immigrants after arrival. Supposed future immigrants resemble the current migrant population in Germany, the fiscal externality on the incumbent population due to immigration is found positive and large. Further, immigration probably reduces generational redistribution through demographic aging even if migrants assimilate slowly fiscally. However, while selective immigration policy could raise the average migrant surplus to the intertemporal government budget, it cannot restore fiscal sustainability.
Dieser Beitrag analysiert die fiskalischen Gesamtwirkungen der Zuwanderung nach Deutschland mit Hilfe der demographisch basierten langfristigen Budgetmethode der Generationenbilanzierung. Für den Bestand der Einheimischen und Zuwanderer wird der Gegenwartswert der individuell über den verbleibenden Lebenszyklus geleisteten Steuern und empfangenen Transfers abgeschätzt. Auf dieser Grundlage wird unter Berücksichtigung der marginalen Bereitstellungskosten öffentlicher Güter gezeigt, dass Einwanderung die öffentlichen Haushalte intertemporal direkt entlastet, wenn künftige Zuwanderer die fiskalische Leistungsfähigkeit der heutigen Bevölkerung zügig erreichen. Darüber hinaus entstehen indirekte fiskalische Vorteile, weil die deutsche Finanzpolitik nicht nachhaltig ist. Eine Verbreiterung der Besteuerungsbasis durch Migration reduziert die zum Erhalt der staatlichen Zahlungsfähigkeit erforderliche Erhöhung der individuellen Finanzierungsbeiträge spürbar. ; The paper uses the long-term budget method of generational accounting to evaluate the overall fiscal impact of immigration to Germany. On the basis of a complete balance of life cycle taxes paid and transfer received by native and migrant residents, and accounting for the marginal cost of providing public goods, it is shown that immigration has a positive impact on the intertemporal government budget, even if future migrants do not reach the fiscal capacity of the resident migrant population at once. Further gains for the incumbent population relate to the fact that current fiscal policy is not sustainable. Generational accounting indicates that the increase of individuals? net fiscal contributions, required to keep the government solvent in the long term, is reduced substantially, if future immigrants share the burden of adjustment.
Die Bevölkerungsprojektionen für Deutschland gehen von einem deutlichen Rückgang und einer Alterung der Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten aus. Dieses Forschungsprojekt zeigt auf, welche Wirkungen der zu erwartende demographische Wandel auf das Steueraufkommen in Deutschland erwarten lässt. Hierzu werden zwei Modelle eingesetzt: - Mit einem Mikrosimulationsmodell werden Aufkommens- und Belastungswirkungen des deutschen Steuer- und Transfersystems berechnet, soweit sie private Haushalte betreffen. - Mit einem Modell der Generationenbilanzierung werden unter Berücksichtigung der Entwicklung bei den Staatsausgaben die längerfristigen Einflüsse auf die fiskalische Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen abgebildet. Beide Modelle basieren auf Mikrodatengrundlagen aus den 90er Jahren (EVS, GSOEP, Einkommensteuerstatistik). Diese werden nach dem Konzept des "static aging" auf die Vorgaben der verschiedenen Szenarien zu Demographie und Erwerbstätigkeit bis 2050 fortgeschrieben. Es werden zwei steuerpolitische Szenarien untersucht: - zum einen das gegenwärtige Steuerrecht nach dem Rechtsstand Anfang 2002– einschließlich der bereits verabschiedeten gesetzlichen Regelungen für künftige Zeiträume (Einkommensteuertarif, Altersvermögensgesetz), - zum anderen ein längerfristiger Übergang zur "nachgelagerten Besteuerung" der Altersversorgung, wobei ein vollständiger Abzug der Vorsorgeaufwendungen und ein schrittweiser Einstieg in die volle Besteuerung aller Alterseinkünfte simuliert wird. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie sind: - Die direkte Besteuerung (vor allem die Einkommensteuer) ist unter dem gegenwärtigen Steuerrecht deutlich von der Alterung sowie von der Entwicklung der Erwerbstätigkeit betroffen. Durch die bisher niedrige Besteuerung der Alterseinkünfte bezahlen ältere Steuerpflichtige nur wenig Einkommensteuer. Dagegen sind die indirekten Steuern (Umsatzsteuer, spezielle Verbrauchsteuern) weniger alterungssensibel. Daher nimmt der Anteil der direkten Steuern am Steueraufkommen ab. Die gesamtwirtschaftliche Steuerquote steigt insgesamt. - Der schrittweise Übergang zur "nachgelagerten Besteuerung" der Altersversorgung führt dazu, dass mehr Rentner steuerpflichtig werden. Dadurch verteilen sich die Steuerbelastungen gleichmäßiger über den Lebenszyklus. Damit ist die direkte Besteuerung deutlich geringer von der Alterung der Gesellschaft betroffen. Die Struktur des Steueraufkommens wird sich stärker auf die direkten Steuern verlagern, der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote wird etwas stärker ausfallen. - Das Aufkommen der Sozialbeiträge entwickelt sich langfristig in allen Szenarien niedriger als die Steuereinnahmen. Rentner bezahlen zwar noch Steuern (vor allem indirekte Steuern), aber kaum Sozialbeiträge (lediglich Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung). Zugleich steigen die Ausgaben der gesetzlichen Sozialversicherung im Zuge der demographischen Alterung stark an, insbesondere in den Bereichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Simulationen mit dem Modell der Generationenbilanzierung unterstreichen erneut die finanziellen Belastungen, die der demographische Wandel besonders für die alterungssensiblen Bereiche der umlagefinanzierten öffentlichen Sicherungssysteme längerfristig mit sich bringt. Alles in allem wird die längerfristige Entwicklung des Steueraufkommens vom demographischen Wandel nicht sehr stark betroffen sein. Steuern zahlen die Menschen während ihres gesamten Lebens, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Der kritische Punkt für die fiskalische Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland sind die abzusehenden Finanzierungsprobleme der umlagefinanzierten öffentlichen Sozialversicherungssysteme in den Jahrzehnten von 2020 an. Letzten Endes müssen dafür die künftigen Steuer- und Beitragszahler aufkommen – indem Steuern oder Sozialbeiträge erhöht oder staatliche Leistungen gekürzt werden. ; Demographic projections for Germany show a clear trend in declining and aging of the population. This study deals with the future developments of tax system and public revenues in Germany with respect to projected demographic trends, in particular to the age structure of the population as well as to labor force participation and employment. Two model are used: - A micro simulation model on German tax and transfer system, based on integrated micro data, provides simulations on future tax revenue from private households according to different tax arrangements. - Long-run impacts on fiscal sustainability are analyzed by using a Generational Accounting Model for Germany, including projections on government expenditure. Both models rely on static aging techniques, based on several projections. Assumptions are made on the long-term increase in labor productivity and interest rates as well as on the German pension reform. Changes in household behavior, further alterations in socio-economic structures or macroeconomic repercussions have not been modeled. The study analyses two policy scenarios: - The current tax and transfer system including the already resolved amendments on income tax reform and long-term pension reform, and - the transition to "deferred taxation" of old-age pensions within the income tax, that implies a full exemption of retirement provisions from income tax base and a step-by-step increase of income tax burdens on pensions. The main results of the study are: - Current direct taxation (income tax) features a higher sensitivity with respect to aging and employment. Due to the current pension taxation elderly people in Germany paying low income taxes. In contrast, indirect taxes (VAT, excise taxes) increase relatively. Therefore, direct taxation declines relative to GDP, whereas the aggregate tax ratio (tax revenue over GDP) rises. - The step-by-step transition to full taxation of pensions implies that many pensioners become liable to income tax. In this case, tax burdens are spread more equally over live cycle. Direct taxation becomes less sensitive on demographic aging of the population. In this case, tax structure slightly shifts towards direct taxes and macroeconomic tax ratio rises stronger. - Projections on social security contributions revenue show a pronounced decline. Nonemployed persons, in particular the elderly, still pay taxes, but they scarcely pay contributions to statutory social security schemes (solely to heath care and long-term care insurance). Moreover, social security expenditure on old-age pensions, health care and long-term care on the long run increase in high gear due to demographic aging. The simulations with the Generational Accounting Model once more underlying the fiscal non-sustainability of the German pay-as-you go financed social security schemes. To sum up, with respect to future tax revenues demographic aging will have only a moderate impact – compared to the impact on social security. People have to pay taxes all over their life cycle, in the future the more so if old-age pensions are fully liable to income tax. The crucial point on fiscal sustainability is the substantial debit balance of the wide-spread pay-as-you go financed social security schemes in Germany during the decades from 2020 onwards. After all, future taxpayers have to pay for this, either by higher taxes or by lower benefits.
Im Kontext einer stark alternden Gesellschaft sowie hoher akkumulierter staatlicher Schuldenstände ist die Sorge um die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen nicht mehr aus der politischen und wissenschaftlichen Diskussion in den entwickelten Volkswirtschaften wegzudenken. Politische Entscheidungsträger haben ein grundlegendes Interesse daran, künftige finanzpolitische Spielräume durch aussagekräftige und verlässliche Analysen der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen so gut wie möglich abschätzen zu können. Vor diesem Hintergrund haben viele Staaten insbesondere innerhalb des letzten Jahrzehnts begonnen, regelmäßig Tragfähigkeitsberichte sowie vereinzelt Generationenbilanzen vorzulegen. Ergänzt werden derartige Bemühungen durch zahlreiche akademische Arbeiten. Die dabei zu beobachtenden Divergenzen in Bezug auf die angewandte Terminologie und Methodik schränken die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erheblich ein und stiften zuweilen Verwirrung. Bei aller Vielfalt lässt sich jedoch auch feststellen, dass die Grenzen der oft zitierten Dichotomie von Generationenbilanzierung einerseits und "OECD"-Ansatz andererseits dank methodischer Annäherungen sowie ihres gemeinsamen theoretischen Kerns immer mehr verwischen. Ziel ist es daher, die Methoden national und international durchgeführter Tragfähigkeitsanalysen anhand einiger zentraler Beispiele transparent zu machen. Dabei sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Ansätze zur Berechnung fiskalischer Nachhaltigkeit sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile herausgestellt werden. Auf dieser Basis sollen Empfehlungen für die Auswahl viel versprechender methodischer Elemente formuliert werden. ; Forschungsauftrag 03/10 des Bundesministeriums der Finanzen ; Within the context of the aging society as well as high and growing public debts there is a growing concern about the sustainability of public finances in developed economies on the political as well as the scientific agenda. Political decision-makers have a fundamental interest in being able to properly assess future fiscal limitations by looking at meaningful and reliable analysis of the sustainability of public finances. Against this background many countries have started to regularly produce sustainability reports or generational accounts over the last decade. These efforts are backed up by several academic studies on the topic. Nevertheless, the results are of very limited comparability as the applied terminologies and methods are widely divergent. Yet, within all this diversity it is notable that the strict distinction between the Fiscal Gap (OECD) approach on the one side and the concept of Generational Accounts on the other diminishes more and more over time due to methodological convergences. There is no contradiction between the two approaches as they rely on the same theoretical basis. The aim of this report is to contribute to more transparency by means of comparing the methods of several German and international sustainability reports and analysis. We focus on the similarities and differences of the different approaches to assessing fiscal sustainability by breaking them down into their constituent parts. On the basis of our findings we identify advantages and drawbacks of certain elements and give recommendations for the choice of promising methodological elements of sustainability assessment.