In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 372-377
"Üblicherweise wird unter 'Verrechtlichung' die Deformierung des 'eigentlichen' Charakters (des ursprünglichen Wesens) eines Gegenstandes verstanden, der zuvor nicht juristisch war. In dem vorliegenden Papier wird vorgeschlagen, auf eine solche essentialistische Vorannahme zu verzichten und statt dessen zu analysieren, wie Gegenstände zu juristischen, alltäglichen, politischen etc. gemacht werden. Dies schließt ein, den Anwendungsbereich eines pejorativen Verrechtlichungs-Begriffs zu begrenzen und im übrigen in Zukunft von 'Juridifizierung' zu sprechen. 'Juridifizierung' sollen in Zukunft die Prozesse und Praxen genannt werden, die einen Gegenstand zu einem juristischen machen - ohne dass in diesem Begriff von vornherein eine negative Wertung impliziert ist. Der (weiterhin pejorative) Verrechtlichungs-Begriff soll dagegen für die Berufung (v.a. durch Gerichte, Exekutive, aber auch andere politische Akteurinnen) auf ein ungeschriebenes Recht zulasten der parlamentarischen Gesetze reserviert werden." (Autorenreferat)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 1525-1534
"In den meisten europäischen Ländern leiden die Hochschulen seit langem unter einererheblichen Unterfinanzierung. Nun sind in den letzten Jahren fast überall verstärkte Bemühungen um die 'Reformierung' der jeweiligen nationalen Hochschulsysteme zu beobachten. Zum einen werden auf nationaler Ebene vielfältige Anstrengungen unternommen, durch strukturelle Änderungen (Mittelverteilung, Zugangsberechtigung, Studiengebühren etc.) dem Problem einer ständig steigenden Anzahl der Studieren den bei gleichzeitig mehr oder minder deutlich reduzierten Budgets beizukommen. Zum anderen wird unter dem Vorzeichen des Bologna-Abkommens eine Vereinheitlichung der Studienstrukturen und der Studienabschlüsse (Bachelor/ Master)auf EU-Ebene vorangetrieben. All diese Prozesse führen in der Mehrzahl der europäischen Länder zu einer erhöhten sozialen Selektivität der Hochschulausbildung. Während die expliziten Elitebildungsinstitutionen in Ländern wie Frankreich und Großbritannien von den Verschlechterungen bislang schon weitgehend ausgenommen waren und von den jetzt erfolgenden Veränderungen auch nicht oder kaum betroffen sind, werden an allen anderen Hochschulen durch stetig schlechter werdende Betreuungsrelationen, steigende finanzielle Belastungen der Studierenden, eine deutliche Verkürzung der Regelstudiendauer etc. in erster Linie jene Studierenden oder Studienwilligen betroffen, die nicht aus dem oberen Viertel der Bevölkerung stammen. Ihre Chancen auf einen hochwertigen Hochschulabschluss sinken spürbar." (Autorenreferat)
In: Amtliche Hochschulstatistik und Hochschulrankings : Beiträge zur wissenschaftlichen Tagung des Statistischen Bundesamtesam 9. und 10. November 2006 in Wiesbaden, S. 6-13
Der Beitrag gibt einen Überblick über die theoretische Grundlage von Hochschulrankings, welche in der qualitativ stark differenzierten Hochschullandschaft in Deutschland entscheidend für öffentliche Reputationsurteile sein können. Ausgehend von einem formal gleichrangigen Institutionengefüge der Hochschullandschaft in Deutschland haben die Stichworte Profilbildung, Exzellenz und Wettbewerb in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der daraus resultierende große Informationsbedarf kann nach Meinung des Autors von einfachen Hochschulrankings nicht mehr befriedigt werden. Der Autor untersucht daher zunächst die allgemeine Notwendigkeit sowie die Hauptzielgruppen von Hochschulrankings. Die steigende Nachfrage dieser Rankings zum internationalen Vergleich spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Ferner analysiert der Beitrag die Inhalte und das Informationspotential von Rankings und beleuchtet bestehende Möglichkeiten, die Komplexität von Hochschulrankings zu erhöhen, um dem veränderten und steigenden Informationsbedarf gerecht zu werden. (ICG)
"Unter Politik soll hier nicht die Verwirklichung einer vorgegebenen, von Philosophen 'gewussten' 'guten Ordnung' verstanden werden, sondern der Konflikt um die Definition des Guten und dessen Durchsetzung. Ebenfalls soll als Politik nicht nur das bezeichnet werden, was sich im Staatsapparat abspielt. Wenn 'Politik' weder die Verwirklichung einer vorab gewussten 'guten Ordnung', folglich auch nicht 'gerechte Herrschaft' ist und auch nicht durch einen wesenhaften Bezug auf den Staatsapparat definiert ist, so kann Politik in letzter Konsequenz überhaupt nicht als Substanz definiert werden. Vielmehr soll Politik mit Carl Schmitt als Intensitätsgrad von Konflikten verstanden werden. Politisierung und Ent-Politisierung, die Intensivierung oder Abschwächung von Konflikten, sollen als konstitutive, performative Praxen analysiert werden: Die politische, private, ökonomische etc. 'Form' des jeweiligen Themas oder Konflikts ist dessen 'eigentlichem Wesen' nicht äußerlich, sondern konstitutiv für dessen Charakter: Je nachdem, mit welcher 'Form' wir es zu tun haben, haben wir es auch mit anderen Merkmalen, Regeln etc. zu tun." (Autorenreferat)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 270-273
In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 412-416
Der Aufsatz behandelt die "soziopolitische Seite des Übergangs zum Interventionsstaat" in Großbritannien im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Er faßt die Literatur der letzten 15 Jahre zusammen, darüber hinaus werden ausgewählte zeitgenössische Dokumente angeführt. Der Autor konstatiert einen grundlegenden Bewußtseinswandel in der viktorianischen Öffentlichkeit, der ein Abrücken vom klassischen "laissez-faire-Prinzip" hin zur Staatsintervention beinhaltete. Dieser Wandel wird innerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen nachvollzogen, namentlich in der Arbeiterbewegung, den beiden Parteien, den Wirtschaftswissenschaften und bei den Intellektuellen. Im Zentrum der Untersuchung steht dabei die Diskussion in der liberalen Partei und das Verhältnis der Arbeiterbewegung zu diesem "Neoliberalismus". Nach Lottes verdankt der britische Sozialstaat den Liberalen seine Entstehung, zugleich leitete er aber eine umfassende politische Umwälzung ein: Die Reformmaßnahmen nach 1906 überforderten die Integrationskraft der liberalen Partei, der daraufhin einsetzende Wählerverlust nach links und rechts untergrub ihre politische Position auf Dauer, die dann von der Labour-Partei eingenommen wurde. Insgesamt sieht der Autor in der Entstehung des Welfare-State einen Umbruch, der in Großbritannien viel tiefgreifender war als dann auf dem Kontinent. (JF)
In: Nachhaltige Raumentwicklung für die große Transformation - Herausforderungen, Barrieren und Perspektiven für Raumwissenschaften und Raumplanung, S. 163-171
Die Transformation des kommunalen Ernährungssystems in Richtung Nachhaltigkeit hat einen hohen Koordinationsbedarf zwischen verschiedenen staatliche und nichtstaatlichen Akteuren und ihren raumentwicklungsrelevanten Aktivitäten. Verantwortliche Planungsakteure betreten in der Koordination dieser Aktivitäten mitunter Neuland und zeigen Kreativität und Risikobereitschaft, um Instrumente der Raum- und Regionalentwicklung oder auch aus angrenzenden Planungsbereichen für die Steuerung des Ernährungssystems einzusetzen und anzupassen. Interessanterweise erweisen sich nicht die staatlichen Planungsakteure als Schlüsselakteure für transformative Aktivitäten im Ernährungssystem, sondern intermediäre Akteure aus der regionalen Wirtschaft, die eine enge Verknüpfung zwischen zivilgesellschaftlichen oder staatlichen Akteuren leisten. Voraussetzungen, dass staatliche und nicht-staatliche Akteure sich für die Transformation des Ernährungssystems einsetzen sind (1) Wissen über Zusammenhänge von Ernährung und Nachhaltigkeit sowie ein Bewusstsein für die Problematik, (2) eine gemeinsame oder geteilte Werteorientierung, (3) Innovationsbereitschaft und Offenheit gegenüber neuen oder ungewohnten Lösungsvorschlägen sowie (4) positive Erfahrungen und Erlebnisse bezüglich der Wirksamkeit des eigenen Handelns.