In: Mündliche Geschichte und Arbeiterbewegung: eine Einführung in Arbeitsweisen und Themenbereiche der Geschichte "geschichtsloser" Sozialgruppen, S. 187-202
In dem Interview wird Peter Kammerstätter zur Praxis der Mündlichen Geschichte befragt. Kammerstätter, nach dem Zweiten Weltkrieg führendes Mitglied der KPÖ, zählt zu den "Pionieren" dieser mittlerweile auch wissenschaftlich institutionalisierten Forschungsmethode. Er begann nach 1945 mit dem Sammeln von Lebensgeschichten von Parteimitgliedern, weil er sie als Basis einer örtlichen Parteigeschichtsschreibung ansah. Mündliche Geschichte oder Oral History hat - basierend auf Interviews - erlebte Geschichte zum Inhalt. Mit ihrer Hilfe will K. Zeitabschnitte der menschlichen Gesellschaft, die nicht aufgezeichnet werden konnten, und zwar besonders in der Arbeiterbewegung, festhalten. Das trifft auf die Zeit des Widerstandes gegen den Faschismus in hohem Maße zu. Die gewaltige Leistung der Betroffenen, die in den tradtitionellen Parteidarstellungen hinter den Taten der "Großen" verschwindet, soll festgehalten werden, bevor diese Menschen sterben. Dies ist nur möglich mittels Interviews. K. berichtet ausführlich über seine in langen Jahren gemachten Erfahrungen bei der Sammlung und Auswertung der Interviews, die er als methodische und inhaltliche Anregungen für junge Oral-History-Historiker verstanden wissen will. (SK)
In: L' homme: European review of feminist history : revue europénne d'histoire féministe : europäische Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft, Band 19, Heft 1
"Die Darstellung von Gerhard Botz geht von der Trennlinie zwischen 'marxistischer' und 'bürgerlicher' Sozialwissenschaft aus. Als besonderen Mangel der neueren sozialwissenschaftlichen Revolutionsforschung hebt er die schon zu Beginn der Einleitung konstatierte Tatsache hervor, daß diese sich bisher nicht über den Begriff der 'Revolution' einigen konnte. Die von Botz erläuterten Beispiele, die von vergleichend-historischen, modernisierungstheoretischen, ökonomisch-strukturtheoretischen, sozialpsychologischen und systemtheoretischen Ansätzen ausgehen, zeigen einen weiten Variationsbereich der Begriffsfelder 'Revolution'." (Autorenreferat)
In: Otto Bauer (1881-1938): Theorie und Praxis : Beiträge zum wissenschaftlichen Symposion des Dr.-Karl-Renner-Instituts, abgehalten vom 20. bis 22. Oktober 1981 in Wien, S. 161-192
Botz geht von der These aus, daß sich bei O. Bauer sechs verschiedene und doch zusammenhängende Ansätze zu Faschismustheorien finden lassen. Der Autor, der sich auf gedruckte Quellen und Sekundärliteratur stützt, analysiert die einzelnen Ansätze, wobei er darauf hinweist, daß Bauers Faschismusinterpretation in jeweils engem Zusammenhang mit den Aufgaben der praktischen Tagespolitik der österreichischen Sozialdemokratie stand. Der Darstellungsversuch hebt daher nicht auf eine dogmengeschichtliche Auseinandersetzung mit Bauers Theorie ab, sondern versucht vielmehr eine Analyse im politisch-sozialen Kontext der Zeit. (STR)
Der Autor analysiert eingangs den gesellschaftlichen und politischen Kontext der aktuellen Geschichtsschreibung in Österreich und setzt sich mit dem Begriff "Zeitgeschichte" auseinander sowie mit Positionen des "Historikerstreits" in der Bundesrepublik. Dann werden Elemente eines Paradigmenwechsels in der Auseinandersetzung mit österreichischer Zeitgeschichte konstatiert sowie generationenspezifische und politische Konflikte in der "Waldheim-Kontroverse" der 1980er Jahre. Im Überblick werden daran anknüpfend Positionen zeitgeschichtlicher Krisendiskurse zur zweiten Hälfte der achtziger Jahre vorgestellt und analysiert. (rk)
In: Arbeiterbewegung - Faschismus - Nationalbewußtsein: Festschrift zum 20jährigen Bestand des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes und zum 60. Geburtstag von Herbert Steiner, S. 137-151
Die Widerstandsgeschichtsschreibung weist allgemein einige Verzeichnungen und Strukturmängel auf. Darunter versteht Botz die soziale Verengung des Widerstandsbegriffes, ihre ideologische und nationalstaatliche Umdefinition, ihre moralisierte Überhöhung, Probleme im Bereich der Quellenerschließung sowie die Übergewichtung der Organisationen. Aus ihrer Kritik werden Ansätze zu Widerstandstheorien abgeleitet. Dabei ergeben sich drei verschiedene Formen: politischer Widerstand, sozialer Protest und abweichendes Verhalten. (RG)