Frauen- und Geschlechtergeschichte' untersucht die Rolle von Frauen in der Vergangenheit und der Geschichtsschreibung, hebt sie als Handelnde hervor und dekonstruiert die binäre Geschlechterordnung, die seit dem 19. Jahrhundert zunehmend Eingang in die Geschichtswissenschaft gefunden hat. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Genese dieser Disziplin in der Nachkriegszeit, ihren bis in die Gegenwart bestehenden emanzipatorischen Charakter sowie über die 'nützliche Kategorie Gender' (Scott) und ihre Interaktion mit anderen Wissensfeldern.
Im Januar 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen. 86 Jahre später wurde mit Angela Merkel die erste Frau in Deutschland Chefin einer Regierung. Diese Langsamkeit ist typisch für den geschlechtergeschichtlichen Wandel. Dass er die Gesellschaften grundlegend verändert, ist jedoch genauso kennzeichnend. Doch was ist das überhaupt genau: geschlechtergeschichtlicher Wandel? Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Gruppe von neun Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Studiums im Alter an der Westfälischen Wilhelms-Universität vom Sommersemester 2017 bis zum Sommersemester 2019 in einem Seminar "Forschenden Lernens". Selbstständig haben die Studierenden zwei Jahre lang in Archiven und Bibliotheken geforscht und so regional- und lokalgeschichtliche Geschlechtergeschichten rekonstruiert. Gemeinsam erzählen diese Geschlechtergeschichten Geschlechtergeschichte: Was es unter welchen Umständen jeweils genau bedeutete, ein Mann oder eine Frau zu sein, war immer auch Verhandlungssache aller Beteiligten. Die Ergebnisse dieser dauernden Aushandlungsprozesse verändern unsere Welt langsam, aber grundlegend. Welche Folgen das für Männer und Frauen hatte, ist an den konkreten lokalen Beispielen, die dieses Projekt untersucht hat, besonders gut nachvollziehbar.
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Für die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa entstehenden, in den Jahrzehnten um 1900 zu öffentlichkeitswirksamen Massenbewegungen herangewachsenen europäischen Frauenbewegungen war die Beschäftigung mit Geschichte ein wichtiges Moment der Identitätsstiftung und der Legitimation ihrer Forderungen (Grever 1997; Paletschek/Pietrow-Ennker 2004: 301-307). Aktivistinnen der >alteneigenen< Geschichte ihrer politischen Bewegung, sondern verfassten allgemeine Werke zur Frauengeschichte oder zu herausragenden Frauen. Es gab also bereits eine Frauengeschichte vor der in den 1970er Jahren aufkommenden akademischen Frauen- und Geschlechtergeschichte, die wiederum ihren Anstoß aus der zeitgenössischen Frauenbewegung und den neuen sozialen Bewegungen erhielt. Dass die Beschäftigung mit Frauengeschichte im 19. und 20. Jahrhundert insgesamt - wenn auch nicht ausschließlich - eng mit der Entstehung feministischer Bewegungen verknüpft war, hat mit der Abbildung der politischen und gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse auch auf die jeweilige Wissenskultur und insbesondere den Wissenschaftsbetrieb zu tun.
This article considers debates about the detrimental effects of urban change in late nineteenth-century Cairo in the context of a history of the body. Contrasting arguments about Cairo's corrupting influence that surfaced in the Arabic language press with earlier debates on the transformation of the city, the author argues that the urban middle class began to see a connection between city life and the damage of the male body at the turn of the nineteenth century. As claims about Cairo's damaging effects gave way to new bodily practices and building projects, this article views the emergence of suburbs and the spread of sports in the Egyptian capital around 1900 as interrelated to a form of body politics.
Die Hamburger Historikerin Maren LORENZ hat die erste deutschsprachige Einführung zur "Körpergeschichte" vorgelegt. In einem Durchgang durch die internationale und deutsche Literatur, bei dem die Verfasserin eine beeindruckende Menge an Literatur zu Grunde gelegt hat, werden kursorisch theoretische und politische Ansätze sowie Themenfelder dieser jüngeren Forschungsrichtung, die im letzten Jahrzehnt auch in Deutschland zu einem kulturgeschichtlich zentralen Thema geworden ist, berührt. Ausgewählte Quellenzeugnisse ergänzen diesen Überblick. Für mit dem Thema bereits vertraute Leser/innen hält das Buch wichtige Hinweise und Anregungen bereit. Dabei erscheint der Blickwinkel der Autorin jedoch dadurch eingeschränkt, dass sie sämtliche Positionen des Forschungsfeldes ausschließlich am feministischen Zugang misst. Weniger eignet sich der Text als "Einführung" ins Thema: Da es der Autorin nicht gelingt, theoretische Positionen leicht verständlich herauszuarbeiten, dürfte die Lektüre für Studierende eher zu weiterer Verwirrung (wenn nicht gar Frustration) angesichts der Unüberschaubarkeit des Gegenstandes führen. URN: urn:nbn:de:0114-fqs020122 ; The historian Maren LORENZ has written the first introductory book about "body history" in Germany. Based on a vast quantity of international and German scientific literature LORENZ discusses theoretical and political approaches and scientific topics represented in this field of research. Reprints of source material are also added to this survey. This book seems to be more useful for readers who are already involved in the field of body history (LORENZ's perspective appears however limited if judging from the feminist view. It is probably less suitable as an "introduction": theoretical positions are not presented in a way that can be easily understood leaving the novice readers such as students possibly even more confused. URN: urn:nbn:de:0114-fqs020122 ; El historiador Maren LORENZ ha escrito el primer libro introductorio en Alemania sobre "la historia del cuerpo". Basado en ...