In: Die Grenzen der Gemeinschaft: Konflikt und Vermittlung in pluralistischen Gesellschaften ; ein Bericht der Bertelsmann-Stiftung an den Club of Rome, S. 447-488
Die indische Gesellschaft durchläuft heute einen Prozeß tiefgreifenden sozialen und kulturellen Wandels, in dessen Verlauf eine neue, auf eine liberale, säkulare Verfassung gegründete Ordnung mit den Relikten der traditionalen hierarchischen Ordnung konfrontiert wird. Im Rahmen dieser allgemeinen Konstellation untersucht der Beitrag zwei Fragen näher: zum einem die Förderung der Gleichheit in einer hierarchischen Gesellschaft und zum anderen die Funktionsfähigkeit hierarchischer Strukturen in einer von Religion durchdrungenen Gesellschaft. Die Verfassung der indischen Union betont die Gleichheit im säkularen Rahmen, doch politische Programme zur Förderung der Gleichheit stoßen auf eine Vielzahl von Hindernissen. Diese Konflikte werden mit Blick auf die Herausbildung und Entwicklung der Zivilgesellschaft in Indien untersucht. (pre)
Der Beitrag betrachtet unter religionswissenschaftlichen Fragestellungen die Perspektive hindu-tamilischer Jugendlicher in Deutschland auf Religion in der Familie und die unterschiedlichen Dimensionen von Vermittlungsbeziehungen. Es werden verschiedene Felder der Religionstradierung- vor allem solche im familialen Kontext - skizziert. Durch die Einbeziehung von Interviewpassagen soll insbesondere die Erlebnisperspektive der Jugendlichen in den Fokus gerückt werden. Die Interviews wurden im Rahmen eines Dissertationsprojektes zu kollektiven Identitäten junger tamilischer Hindus geführt. Der Beitrag beleuchtet dabei religiöse Transferbeziehungen innerhalb und außerhalb der Familie - im Freundes- und Bekanntenkreis - und wirft einen Blick auf das rituelle Handeln und die häuslichen Riten in tamilischen Familien (Fasten, Hausschreine und Gebetsräume, Achtung vor den Eltern). Das Fazit fasst noch einmal die Ergebnisse aus der Analyse zu dem Verhältnis von Religion und Migration zusammen, das die Einstellungen und Verhaltensweisen der jungen Hindus in Deutschland prägt. (ICB2)
Die Verfasserin stellt einen kritischen Analyserahmen vor, der zum besseren Verständnis der historischen Entwicklung und des Verlaufs des westlichen Kulturimperialismus seit dem 14. Jahrhundert dienen soll. Sie sieht den westlichen Kulturimperialismus durch das Aufzwingen eines Kulturpakets gegen den Willen der Empfänger gekennzeichnet. Mit der Änderungen der Beziehungen auf der Welt änderte sich jedoch auch das Wesen des Kulturimperialismus. Die Welt des Kulturimperialismus ist - genau wie die Weltwirtschaft - heute nicht nur einseitig ausgerichtet. So werden die Parallelen zwischen der buddhistischen Denkweise Südasiens und dem Denken westlicher Philosophen sowie der bedeutende Einfluss unterschiedlicher Aspekte der buddhistischen und hinduistischen Philosophie und Praxis auf das alltägliche Leben im Westen, zum Beispiel durch das Praktizieren von Yoga, zunehmend anerkannt. Trotz dieser entgegengesetzten Kulturströme erleben nicht-westliche Länder jedoch noch immer eine recht einseitige Form des Kulturimperialismus, wovon die fortwährende kulturelle Vergewaltigung durch die christlich-fundamentalistische Missionsbewegung zeugt. Dies geht einher mit der anhaltenden kulturellen Kolonialisierung durch fremdfinanzierte Nichtregierungsorganisationen. (ICE2)
Der Autor geht der Frage nach, warum in der heutigen Zeit viele Inder bereitwillig einer exklusiven, hindunationalen Ideologie und Politik mit einer klaren antimuslimischen und auch antichristlichen Stoßrichtung folgen. Er zeigt in seiner detaillierten Analyse, dass der Erfolg des Hindunationalismus und die damit einhergehenden Konflikte zwischen Hindus und Muslime das Ergebnis einer spezifischen Konstellation politischer, sozio-ökonomischer und religiös-kultureller Faktoren sind. Dabei spielen vor allem die politischen Strategien der Parteien und ihrer Führungspersonen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sprechen die Hindunationalen die Vorstellungen vieler Inder und ihre verdeckten Wünsche, Ängste und Hoffnungen an, die in der jüngsten Vergangenheit zu Tage getreten sind. Diese neuen Lebenslagen haben sich in einem widersprüchlichen Prozess der Modernisierung herausgebildet, dem die indische Gesellschaft seit längerem unterworfen ist, wie der Autor im einzelnen zeigt. Er thematisiert unter anderem die Schwäche und Militanz des Hindunationalismus, den gegenwärtigen "Pseudosäkularismus" in Indien sowie den Kommunalismus der Muslime. (ICI)
Der Beitrag setzt sich mit Medienentwicklung und kulturellem Wandel in Asien auseinander. Hierbei zeigt sich deutlich die Komplexität der Globalisierung von Medienkommunikation. So ist die Globalisierung der Medienkommunikation in Asien nicht auf eine eindimensionale "Amerikanisierung" zu reduzieren, sondern muss den "giant neighbour" Indien im Fokus haben. Bezogen auf Indien lässt sich so etwas wie eine "großregionale Hegemonie" ausmachen, die mit Versuchen einer Hinduisierung Südost-Asiens einhergeht. Gleichzeitig werden in Südostasien in die digitalen Medien, insbesondere das Internet, große Hoffnungen einer revitalisierten Entwicklungskommunikation gesetzt, die stärker auch den lokalen und regionalen Bedürfnissen Rechnung trägt. Entsprechend verweist das Fallbeispiel Asien darauf, dass eine (angewandte) Medien- und Kommunikationsforschung nicht einfach bei Metathesen wie denen der "Amerikanisierung" stehen bleiben darf, sondern stärker Probleme der Zivilgesellschaft in spezifischen Kontexten der Welt fokussieren sollte. Schließlich geht es auch darum, wie am Beispiel der EU-Forderungen zu erkennen ist, die ICTs als Mittel zur Armutsreduzierung und als Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung in der Welt einzusetzen. (ICH2)
"At the end of the 12th century the 'victorious armies of Islam' finally succeed in the conquest of Northern India, of Hindustan. Turkish war-slaves erect the Sultanate of Delhi. Yet, for the next 150 years the new power of Islam is constantly threatened from three sides: The Delhi-Sultanate remains separated from the classical lands of Islam by a Mongol power and Mongol armies which constantly threaten 'Sindh and Hind' from the West. In the East prosperous but turbulent Bengal remains a hotbed of rebellions and seditions - by Afghan warlords and competitors of the throne. Every one of these attacks or disruptions can initiate tax-revolts and rural unrest over the length of Hindustan and the Ganges valley. These dangers directly interact with a 'meritocratic' style of government in which the coups, political assassination and intrigue are routine. Thus, external threats and the despotism at the centre combine to create a unique culture of cruelty - vis-à-vis the Hindus, renegades and competitors. In fact, cruelty becomes a 'total phenomenon'. It is part of the struggle for power, wealth, and prestige. It is an indispensable feature of the art of war, of statecraft and political science, of religion and aesthetics." (author's abstract)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 4316-4332
"Scientist, nationalist, educationist, Bengali bhadralok, intellectual, entrepreneur, public figure, sometime Gandhian, almost-politician - perhaps all these describe Prafulla Chandra Ray at various stages of his life. He was a chemist of some importance on an international stage, and a major influence on the scientific fraternity in India - ingiving them a legitimate voice as Indian scientists, and in giving them the confidenceto practice in a less unequal environment. He was a major participant in debates on Indian nationalism from the late nineteenth century to independence, and of the place of science within it. He linked debates on the philosophy of science and of its validity for India in the late nineteenth century to those on the justification of 'development' in the 1940s. PC Ray crops up in all these debates, but in a fragmented manner - and in writing about the debates, each specialist field culls from Ray what it finds of its own particular concerns. As a result we get what we might call fragments of PC Ray. Matters are not made simpler by the fact that Ray, once he had been anointed as a public figure, was called upon by his followers to make public pronouncements on awide range of issues, some of which he did not altogether understand and about which he would have done better not to speak. The question which might be asked, in piecing together the fragments of Ray, is whether the fragments held together at all, and if so, how. This paper, therefore, is an attempt at an intellectual history of PC Ray. But it is also more than that: it may be possible to use Ray's life as a stalking horse, as it were, to raise wider questions regarding his times. Ray's importance as a public figure over several decades, and as one whose pronouncements on various social, political and cultural matters were taken extremely seriously by a wide audience needs to be considered in the light of thelegitimating importance of the category 'science' and its imagined role in a (post)colonial society." (author's abstract)
In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 605-609