In Form eines Essay erläutert die Autorin die Arbeit der französischen Organisation "France Plus", die sich im Bereich der Immigration seit Beginn der achtziger Jahre für mehr Rechte und Gleichheit zwischen Franzosen und Immigranten engagiere. Unter der These, daß es für ein Land immer besser sei, "zwei Kulturen zu besitzen und nicht nur eine einzige" arbeiteten vor allem die Kinder, d.h. die zweite Generation der Einwanderer für bessere Chancen in der Schule, am Arbeitsmarkt und in der Politik. Die Autorin skizziert im Überblick die Positionen ihrer Organisation zu Wahlrecht, Lehrplänen und Nationalismus. Im Fazit fordert sie den Abschied vom kolonialen Bewußtsein und damit eine Chance für eine tolerantere Gesellschaft in Frankreich. (rk)
Die gemeinschaftliche Freizügigkeit in Sinne der Römischen Verträge wird nach Einschätzung des Autors für Nicht-EG-Bürger bis 1993 nicht verwirklicht sein. Die EG-Staaten sind dafür weder politisch noch wirtschaftlich ausreichend vorbereitet. Es gibt keine von der EG-Zugehörigkeit unabhängig, rechtlich abgesicherte Gleichstellung der Immigranten aus Drittländern und die Hindernisse, die dem entgegenstehen, werden auch nach 1993 fortbestehen. Die gegenseitige Zuerkennung des Wahlrechts für alle EG-Bürger werde ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gewährung des Wahlrechts für Immigranten sein. Der Autor zweifelt jedoch den Sinn der Freizügigkeit für Zuwanderer aus Drittländern an, die im Gastland über Generationen hinweg ihren Immigrantenstatus beibehalten und sich zu ausländischen Minoritäten zusammenschließen. Eine solche Freizügigkeit wäre nur bei rechtlicher Gleichbehandlung der Immigranten in der EG sinnvoll. Dafür fehle aber noch der politische Wille. (KA)
Ziel der Untersuchung ist es, die Mechanismen der sozialen Integration der meist relativ jungen, westafrikanischen Immigranten zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Immigration zu untersuchen. Hierzu wurden 92 fragebogengeleitete Interviews durchgeführt. Es zeigt sich, dass Faktoren wie Sprachkenntnisse, persönliche Fähigkeiten oder die individuelle Bereitschaft zur sozialen Integration eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle spielen. Auch die Qualität der Empfangsstruktur ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für soziale Integration. Entscheidend ist vielmehr das dem Einwanderer im Moment der Einreise zur Verfügung stehende Sozialkapital. (ICE2)
Bereits zu Beginn der 70er Jahre wurde in den USA der Beitrag der Immigranten als Selbständige im Prozess des Wiederauflebens kleinunternehmerischer Strukturen bemerkt. Für die Forschung bedeutete das neue Terrain vorerst den Einsatz von eher journalistischen und wenig systematisierten Analysen, die sich bis in die 8oer Jahre auf die sogenannten "ethnischen Nischen" konzentrierten. Der vorliegende Beitrag stützt sich auf einen interaktiven Ansatz, der versucht, den Forschungszugang zu erweitern und die einseitige Fokussierung auf die ethnische Nische und auf soziokulturelle Ressourcen der Unternehmer durch einen stärker situativen Ansatz über die Einbeziehung des ökonomischen und institutionellen Rahmens aufzulösen. Bei den befragten in Wien lebenden ausländischen Unternehmern überwiegt eine Orientierung auf die ethnische Nische. Weitere Faktoren verstärken diesen Trend: Da sie häufig keinen oder nur einen sehr begrenzten Zugang zu Mainstream-Ressourcen haben, greifen die Unternehmer auf Ressourcen der Herkunftsgruppe zurück, um die Nachteile bei Gründung und Führung des Geschäfts nach besten Kräften zu kompensieren. Der zunehmende Konkurrenzdruck innerhalb der Gruppe und die geringe Kaufkraft der ansässigen Bevölkerung lassen jedoch bei vielen Unternehmern den Wunsch entstehen, diese "Sackgasse" wieder zu verlassen und auch österreichische Kunden anzusprechen. Aus der ethnischen Nische auszubrechen hat sich jedoch als ein schwieriges Unterfangen herausgestellt, welches nur wenigen gelingt. (ICA2)
Die Autoren gehen der Frage nach, wie sich eine hohe individuelle Religiosität bei Migranten muslimischer Herkunft auf ihre Einstellungen und ihr Verhalten im Bereich der Geschlechterbeziehungen auswirkt. Um den besonderen Einfluss islamischer Religiosität zu erfassen, vergleichen sie diese Migranten mit einer überwiegend christlichen Kontrollgruppe der europäischen Mehrheitsgesellschaft. Sie greifen dabei auf Daten der empirischen Erhebung "Generations and Gender Surveys" (GGS) zurück, welche umfangreiche Informationen sowohl über die individuelle Religiosität von Deutschen und Türken der ersten und zweiten Generation als auch über die Einstellungen zur Geschlechtergleichheit, wie z. B. der Arbeitsteilung im Haushalt, bietet. Die vorliegende Analyse hat zum Ziel, das relative Ausmaß abzuschätzen, in dem der Grad und Inhalt der Religiosität die Gruppenunterschiede relativ zu anderen Faktoren beeinflussen. Da anzunehmen ist, dass ein von egalitären Geschlechtsrollenorientierungen geprägter Sozialisationskontext den Einfluss muslimischer Religiosität verringert, wird ferner untersucht, wie sich der Zusammenhang von Religiosität und Geschlechterbeziehungen in der Generationenabfolge türkischer Einwanderer verändert. (ICI2)
Zunächst erläutert der Verfasser, was unter der soziokulturellen Treuepflicht von Immigranten gegenüber ihrer Heimatgesellschaft zu verstehen ist. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen ethnische Konflikte im Herkunftsland auf die Integrations- und Identitätsentwicklung der Immigranten in der Bundesrepublik Deutschland haben. Anhand der Beispiele der Bürgerkriegsländer Ex-Jugoslawien und Türkei wird in einer vergleichenden Analyse dargestellt, inwieweit sich die Identifikationen und Sozialbeziehungen serbischer, kroatischer, sowie türkischer und kurdischer Immigranten, die schon seit vielen Jahren in der Bundesrepublik leben oder gar hier geboren sind, aufgrund der Konflikte verändert haben. (ICE2)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden ; Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung, S. 318-323
"Integration von Zuwanderern wird in der deutschen Migrationsforschung verschieden definiert. In Assimilationsmodellen wird davon ausgegangen, daß sich Zuwanderer im Verlaufe der Zeit an die Aufnahmegesellschaft angleichen. Vertreter einer multikulturellen Gesellschaft erwarten dagegen, daß sich gesellschaftliche Normen diversifizieren und mono-kulturelle Nationalstaaten durch plurale, multikulturelle Gesellschaften abgelöst werden. Für beide Modelle lassen sich empirische Belege finden: Die Integration von Aussiedlern folgte dem Assimilationsmodell. Durch Anspruch auf die Staatsbürgerschaft, Sprachförderung und berufliche Bildungsmaßnahmen, die auch von Ehegatten und Ehegattinnen von Aussiedlern ohne Aussiedlerstatus in Anspruch genommen werden können, soll deren reibungslose Integration ermöglicht werden. Die Gruppe derer, die in den 60er und 70er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, sind dagegen noch immer nicht voll gesellschaftlich integriert und organisieren ihr Leben häufig innerhalb ihrer ethnischen Gemeinschaften. Ethnisch plurale Gesellschaften setzen jedoch Chancengleichheit voraus. Somit stellt sich die Frage, inwiefern diese Zuwandergruppen mit höherem Bildungsniveau in höhere Positionen des Arbeitsmarktes gelangen, hier wird insbesondere untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen beruflicher und sozialer Integration besteht. Am Beispiel von Aussiedlern und Arbeitsmigranten, die in den 60er und frühen 70er Jahren zugewandert sind, wird der Frage nachgegangen, wie sich deren unterschiedlicher rechtlicher Status und die spezifischen Fördermaßnahmen - bzw. deren Fehlen auf die jeweiligen Integrationschancen auswirkt. Die Datenbasis hierfür bildet das Sozio-ökonomische Panel (SOLP). Das SOLP enthält jeweils repräsentative Stichproben für Arbeitsmigranten aus den Mittelmeerländern Türkei, Italien, Griechenland, Spanien und dem ehemaligen Jugoslawien. 1994 und 1995 wurde das SOEP um Gruppen ergänzt, die während der letzten 10 Jahre nach Westdeutschland zugewandert sind. Anhand dieses Datensatzes werden die Integrationsbedingungen der Aussiedler untersucht." (Autorenreferat)
In: Grenzen & Differenzen: zur Macht sozialer und kultureller Grenzziehungen ; 35. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde Dresden 2005, S. 123-135
Der Beitrag zu sozialen und kulturellen Grenzziehungen aus Sicht der Volkskunde beschäftigt sich mit Prozessen der Identitätsbildung und Aufrechterhaltung von Grenzen bei Migranten. Dazu werden zwei Fallstudien zur Gruppe der Kroaten vorgestellt: Bei der ersten Migrationssituation geht es um die so genannte koethnische oder ethnisch privilegierte Migration, wobei eine Gruppe von Menschen der kroatischen Ethnie, die Anfang der 1990er Jahre zur Auswanderung aus Serbien gezwungen wurden sich in Kroatien, ihrer ethnischen Heimat, angesiedelt habt. Die zweite Studie befasst sich mit kroatischen Wirtschaftsmigranten, die vor etwa zwanzig oder dreißig Jahren ihre Heimat auf der Suche nach wirtschaftlicher Sicherheit und Wohlstand in Richtung Mitteleuropa verließen. In beiden Fällen ergeben sich erhebliche Verschiebungen bei der Wahrnehmung der nationalen Identität durch die spezifischen Migrationssituationen und -erfahrungen. Die beiden Fallstudien zur Migration heben die fehlende Kongruenz zwischen den nationalstaatlichen Ideologien hervor, welche behaupten, dass nationale Grenzen und Identitäten unzweideutig und klar umrissen und soziale Wirklichkeit zu sein hätten. (ICG2)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 3908-3918
"In vielen klassischen Einwanderungsländern werden seit einiger Zeit Befragungen von Neuzuwanderern durchgeführt. In Deutschland liegen bislang keine gesonderten Erhebungsdaten für diese Gruppe vor. Dies hat zur Folge, dass wichtige Informationen über die sozialstrukturelle Zusammensetzung und die frühen Eingliederungsverläufe der derzeit Zuziehenden weitgehend fehlen. In dem Vortrag wird zum einen ein Überblick über die Ergebnisse der 'Neuzuwandererbefragung - Pilotstudie' gegeben, zum anderen wird die Frage nach einem möglichen Design für ein deutsches Neuzuwandererpanel diskutiert. Mit der Pilotstudie wurde das Ziel verfolgt, Informationen über die Modalitäten der Stichprobenziehung, das Teilnahmeverhalten und die Wiederbefragbarkeit von Personen ausländischer Staatsbürgerschaft, die zeitnah ihren Wohnsitz aus dem Ausland nach Deutschland verlagert haben, zu erhalten. Dazu wurden in Essen und München jeweils 300 Neuzuwanderer auf der Grundlage einer melderegisterbasierten Personenzufallsstichprobe mündlich nach ihren Zuzugsmotiven, ihrer Migrationsbiographie und ihrer Bleibeabsicht befragt. Die Pilotstudie hat gezeigt, dass sich problemlos eine melderegisterbasierte Stichprobe dieses Personenkreises ziehen lässt, dass sich keine gravierenden Sprach- und Verständigungsprobleme stellen und dass es keine Hinweise darauf gibt, dass dieser Personenkreis besonders große Vorbehalte gegen eine Befragung hat. Problematisch war indes der hohe Anteil so genannter 'stichprobenneutraler Ausfälle' durch falsche und nicht mehr existierende Adressen. Diese waren insofern systematischer Natur, als sie mit dem Geschlecht, der Nationalität und dem Wohnort der Zielpersonen variierten." (Autorenreferat)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 3891-3900
"Die MigrationsforscherInnen haben lange Zeit eine 'Ausländerforschung' betrieben. Die Abgrenzung der Untersuchungspopulation erfolgte dementsprechend mit dem Kriterium der Nationalität. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die inhaltliche Bedeutung des Begriffes des 'Ausländers' für die Migrationsforschung an Aussagekraft verloren hat. Auch wenn der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft den Zugang zu den Statuspositionen einer Gesellschaft fördert, reicht erstens eine solche Operationalisierung nicht mehr aus, um die besondere Wirkung der Migrationserfahrung auf die Lebenschancen der Individuen zu untersuchen. Zweitens hat die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts die Möglichkeiten des Zugangs zur nationalen Gemeinschaft erweitert, so dass innerhalb der deutschen Bevölkerung zunehmend auch Personen mit persönlichem oder familienbezogenem Migrationshintergrund zu finden sind. Nur eine adäquate Abgrenzung macht es möglich, die Mechanismen der Inklusion und Exklusion dieser Bevölkerungsgruppe zu untersuchen. Die Schwierigkeiten, mit denen die NachfolgerInnen der MigrantInnen konfrontiert sind, machen die Notwendigkeit der Analyse ihrer Lage am besten deutlich. Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine seit 1984 jährlich laufende Längsschnitterhebung, die repräsentative Längsschnittdaten auf Haushalts- und Personenebene liefert. Das SOEP enthält eine überproportional große Stichprobe von MigrantInnen: Zum einen umfasst das seit 1984 realisierte Sample B die MigrantInnen aus den Mittelmeerstaaten und zum anderen repräsentiert das seit 1995 realisierte Sample D die Zuwanderung seit Mitte der 80er Jahre nach Westdeutschland. Die SOEP-Daten sind für Struktur- und Kausalanalysen mit Bezug zu Migration besonders geeignet, weil sie eine Vielzahl von objektiven und subjektiven Indikatoren zur Lebenssituation privater Haushalte (und aller darin lebenden Personen) enthalten. Die Tatsache, dass im SOEP jährlich alle erwachsenen Haushaltsmitglieder ab 17 Jahren persönlich befragt werden, ermöglicht eine effektive Kontrolle der Migrationserfahrung sowohl der Individuen selbst, als auch des gesamten Haushaltes. Damit kann insbesondere auch die Lage von Personen in Mehr-Personen-Haushalten mit gemischt nationaler Herkunft untersucht werden. Mit dieser Methode bzw. anhand der Information zur Einbürgerung können auch die NachfolgerInnen der MigrantInnen identifiziert werden." (Autorenreferat)
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht der Zusammenhang von Migration und Rassismus in Italien. Dieser wird am Beispiel der Lega Nord diskutiert. Dazu werden die Reaktionen der Politik auf die ansteigende Zahl von Immigranten, der zunehmende Rassismus in der italienischen Gesellschaft und die Darstellung des Themas Migration in den Medien analysiert. Anhand der Programmatik und des Bildmaterials wird ein analytisches Portrait des politischen Subjekts 'Lega Nord' nachgezeichnet. Vor diesem Hintergrund wird anhand von exemplarischen Statements von Politikern, Plakaten und Sekundärliteratur der Anti-Immigrationsdiskurs der Lega Nord ins Zentrum der Analyse gestellt. Der Verfasser geht folgenden Fragen nach: Welche Bilder entwirft die Lega Nord von 'den Fremden'? Wie strukturiert die Lega ihren Anti-Immigrationsdiskurs, welchen Einfluss hat dieser Diskurs auf die politische Debatte über Migration und Integration in Italien? Wo liegen in europäischer Perspektive die Besonderheiten des italienischen Falls? (ICG2)
In einem kurzen historischen Überblick schildert der Autor die familienpolitischen Maßnahmen für angeworbene, nichtdeutsche Arbeitskräfte als Teil der Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1955. Diskutiert wird das Selbstbild der Migrantenfamilien und ihre Rolle in der deutschen Gesellschaft am Beispiel der spanischen Migrantenfamilien. Dabei konstatiert der Autor das Fehlen einer Familienpolitik für die Migranten seitens der Bundesregierung und hebt die verkannte Integrationsleistung der nichtdeutschen Familien hervor. Herangezogen werden Ergebnisse von Befragungen und Interviews, die zwar keine empirische Validität beanspruchen können, dennoch in ihrer Aussage nicht unterschätzt werden sollten. Ähnlich dem neuen migrationspolitischen Kurs im Land Nordrhein-Westfalen einschließlich finanzieller Mittel, sollten Möglichkeiten einer neuen Migrations- und Integrationspolitik gesucht werden. (prh)