Die Institutionalisierung indischer Parteien
In: KAS international reports, Heft 11, S. 71-92
"Indiens Demokratie ist trotz einiger Schönheitsfehler stabil, sie ist getragen von einem institutionalisierten Parteiensystem, indem sich parteipolitische Polarisierung in Grenzen hält und extremistische Parteien die Ausnahme sind. Doch ist die Institutionalisierung des Systems entwickelter als die der Parteien selbst, wenn diese - so etwa die BJP und die CPI-M - auch eine stabile Anbindung an soziale Gruppen aufweisen sowie vertikal und horizontal gut organisiert sind. Defizitär sind etwa das institutionalisierte Gedächtnis der Parteien, aber auch die Finanzdecke. Das Eigenvermögen nahezu aller Parteien ist trotz durchweg hoher Mitgliederzahlen gering und reicht allenfalls zur Unterhaltung des Parteiapparats, nicht aber zur Deckung der Wahlkampfkosten. Mängel zeigen die indischen Parteien, deren Parteiprogramme nahezu unisono vom Einsatz für das Volkswohl sowie einen sozialen, säkularen und demokratischen Staat sprechen, auch bei der innerparteilichen Demokratie: Der Parteipräsident ist allzu mächtig, interne Streitkultur gibt es kaum. Auch als Folge dessen leiden Indiens Parteien an Personalismus, Faktionalismus, Klientelismus und dynastischer Verfestigung. Patronage orientiertes Verhalten von Wählern und Gewählten ist in Indien ausgeprägt. Es bedarf wohl großer Anstrengungen, ehe ein programmatisch universales, dem Allgemeinwohl verpflichtetes Denken bei den Bürgern des Landes Wurzeln schlägt." (Autorenreferat)