In: Politik und die Macht der Technik: 16. wissenschaftlicher Kongreß der DVPW 7. bis 10. Oktober 1985 in der Ruhr-Universität Bochum ; Tagungsbericht, S. 199-214
Das Bezugsverhältnis Politik/ Technik wird einer kritischen Prüfung unterzogen. Im Mittelpunkt steht die Wechselwirkung und Kausalität zwischen beiden Komplexen. Entscheidet die Rüstungstechnologie über die internationale Sicherheitspolitik und die Außenpolitik der Länder oder besteht ein Primat der Politik? Zur Beantwortung dieser Frage wird die Konzeption des Wettrüstens untersucht. Am Beispiel des Verhältnisses von Rüstungstechnologie und Strategie wird nachgewiesen, daß es zwischen Politik und Technologie eine zirkuläre und dynamische Verbindung gibt, auf die herkömmliche Thesen nicht anwendbar sind. Monokausale Betrachtungen, wonach die Politik einseitig die Technik bestimmt oder umgekehrt die Technik die Politik, werden widerlegt. (HA)
Ausgehend von dem 'Abkommen zur Verhinderung von Atomkriegen', das 1973 zwischen der Sowjetunion und den USA abgeschlossen wurde, stellt der Autor das geltende System der internationalen Menschenrechte vor und diskutiert rechtliche Aspekte der internationalen Aufrüstung und der Bemühungen um Wahrung der Menschenrechte. Er kommt zu dem Schluß, daß die Wirkung atomarer Kampfmittel die Menschenrechte in so extremer Weise verletzt, daß nicht nur die Verwendung, sondern bereits die Androhung ihrer Verwendung rechtswidrig ist und eine Berufung auf das Repressalienrecht ebenso wie auf das Selbstverteidigungsrecht wegen extremer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips unzulässig ist. (KA)
Wie verschiedene Analysen über die Art der Beendigung von Kriegen belegen, wurde nur ein knappes Fünftel aller Kriege durch einen militärischen Sieg der angreifenden Seite entschieden, während ein knappes Drittel der Kriege durch einen Sieg der militärisch angegriffenen Seite beendet wurde. Mit etwa einem Drittel ist der Anteil der Kriegsbeendigung durch Vermittlung durch Dritte überraschend hoch, welche offenbar zur Institution der Weltgesellschaft geworden ist. Die Bedeutung der Entwicklung von Staatlichkeit und des staatlichen Gewaltmonopols für die Konfliktbearbeitung durch Vermittlung ist somit geringer, als oftmals angenommen wird, und die geringe Perspektive eines Friedensschlusses aufgrund der Vielzahl der am Krieg beteiligten Akteure, ihrer organisatorischen Diffusion sowie der Verbindung von Kriegsökonomie mit internationaler Kriminalität trifft nur auf einen Teil der Gewaltkonflikte zu. Die Autorin erörtert vor diesem Hintergrund die Bedeutung der Mediation in internationalen Konflikten und bei der Friedenssicherung, sie skizziert deren Verankerung im Völkerrecht und berichtet über Ergebnisse der empirischen Mediationsforschung. Sie diskutiert ferner die Erfolgsbedingungen der Mediation, die sie nach Kontext- und Prozessvariablen unterscheidet. (ICI2)
Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts Anfang der 1990er Jahre sind neue sicherheitspolitische Bedrohungen entstanden, die mit den herkömmlichen Ordnungselementen und -mechanismen nur noch unbefriedigend gelöst werden können. So führte der Staatszerfall wie in Jugoslawien oft zu lang anhaltenden und grausamen Kriegen im Grenzbereich zwischen Bürgerkrieg und Krieg zwischen um Souveränität kämpfenden Staaten. Auch ist die Bedrohung durch sogenannte "Schurkenstaaten" wie Nordkorea, Iran und Irak offenbar größer geworden, die nicht nur Nachbarländer wie Kuwait und Südkorea gefährden, sondern eine globale Bedrohung darstellen können, wenn sie Massenvernichtungswaffen besitzen (Nordkorea) oder entwickeln können (Iran). Drittens haben die Anschläge vom 11. September 2001 gezeigt, dass der unter dem Dach des islamischen Fundamentalismus betriebene Terrorismus nicht nur weltweit operiert, sondern explizit der "westlichen Wertegemeinschaft" den Krieg erklärt hat. Der vorliegende Beitrag zeigt vor diesem Hintergrund, dass die Diskussion über neue Ordnungselemente im internationalen System angesichts der Komplexität des Themas bisher keine überzeugenden und/oder durchsetzungsfähigen Lösungsansätze hervorgebracht hat. Der Autor legt eine kurze Skizze zum Ist-Zustand, zu den Antriebskräften internationaler Ordnung und zu zwei Elementen neuer Ordnungsmodelle vor. Zwei Wandlungstendenzen prägen vor allem die heutigen Problemlagen: Erstens die Entgrenzung der Wirtschaft in Form der Globalisierung und zweitens die Entgrenzung von nationalen Ordnungsmustern bzw. Gesellschaften in Form neuer Kriege und Bedrohungen sowie Migration. Auf beide Wandlungstendenzen müssen künftige Ordnungsmodelle mit einer Entgrenzung politischer Ordnung antworten. Entgrenzt sollte die internationale Ordnung sowohl inhaltlich wie auch geographisch erstens durch bessere Global Governance und zweitens durch bessere Good Governance werden. (ICA2)
Dem Autor geht es um eine sachbezogene Differenzierung im Begriff "Interdependenz". Deshalb werden internationale Politik und internationale Beziehungen auf ihren "Interdependenzgehalt" hin überprüft. Es wird ein empirisch-induktives Verfahren gewählt, indem gefragt wird, wo im internationalen System welche Interdependenzen vorliegen. Für eine differenzierte Analyse internationaler Interdependenzen wird vorgeschlagen, die folgenden acht Handlungszusammenhänge zu berücksichtigen: die symmetrische Interdependenz in den West-West-Beziehungen, die asymmetrische Interdependenz zwischen den Zentren und den Entwicklungsregionen, die konfrontative Interdependenz in den ehemaligen Ost-West-Beziehungen, die internationale ökonomische und ökologische Interdependenz, die institutionelle Interdependenz auf weltweiter Ebene, die weltweite kooperativ-funktionale Interdependenz und die sich internationalisierende normativ-moralische Interdependenz. Anhand einiger Beispiele wird der Interdependenzgehalt dieser acht Konstellationen internationaler Beziehungen skizziert. Dabei zeigt sich, daß die mit dem Interdependenzbegriff verbundenen friedenspolitischen Erwartungen nur im Bereich der symmetrischen Interdependenz innerhalb der West-West-Beziehungen erfüllt werden. Dennoch stellt symmetrische Interdependenz ein normatives Richtmaß dar: mit ihr wächst die Chance für eine Zivilisierung internationaler Politik - auch wenn symmetrische Interdependenz auf weltweiter Ebene ein "unrealistisches Ziel" ist. (ICD)
Die Studie untersucht aus einer konstruktivistischen Perspektive den möglichen Einfluss der transnationalen Öffentlichkeit auf die Installierung von internationalen Menschenrechtsnormen in Ländern mit einem beobachtbaren Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen. So argumentiert die Autorin, dass ein Wandel im Bereich der staatlichen Menschenrechtspolitik in einem 'Zielstaat' über Herausbildung einer problemfeldspezifischen, transnationalen Öffentlichkeit vermittelt ist. Über diese Öffentlichkeit gelingt es zivilgesellschaftlichen Akteuren (Menschenrechtsorganisationen), Einfluss auf die Menschenrechtspolitik in dem Zielstaat zu nehmen, indem die menschenrechtsverletzende Herrschaftspraxis angeprangert und damit einer systematischen Kritik zugänglich gemacht wird. In einem ersten Schritt wird zunächst das Konzept einer transnationalen Öffentlichkeit vorgestellt und gezeigt, in welcher Art und Weise sich im Bereich Menschenrechte eine problemfeldspezifische Teilöffentlichkeit herausgebildet hat. Ferner wird die Hauptthese der Untersuchung theoretisch fundiert und auf die methodische Vorgehensweise, die Inhaltsanalyse amtlicher Veröffentlichungen und Publikationen der Menschenrechtsorganisationen, eingegangen. Im zweiten Schritt wird am Beispiel der öffentlichen Debatte über Menschenrechte in Indonesien 1979-1993 aufgezeigt, auf welche Weise sich hier eine transnationale Öffentlichkeit herausgebildet hat, wie sich diese auf eine nationale Öffentlichkeit ausgewirkt und wie sie schlussendlich einen Wandel in der nationalen Menschenrechtspolitik Indonesiens herbeigeführt hat. Im dritten Schritt wird schließlich detaillierter illustriert, wie sich die Schaffung einer transnationalen Öffentlichkeit auf die Menschenrechtspolitik des Suharto-Regimes 1979-1993 ausgewirkt hat. Dabei wird argumentiert, dass eine transnationale Opportunitätsstruktur aus transnationalen Menschenrechtsnetzwerken einerseits und den Vereinten Nationen auf der anderen Seite dazu beigetragen hat, Osttimor auf der Agenda einer internationalen Weltöffentlichkeit zu halten. (ICG2)
Der strukturellen Rücksichtlosigkeit gegenüber Kindern in den entwickelten Industriestaaten stehen internationale Projekte und Diskussionen gegenüber, die die Entwicklung der Kindheitspolitik vorantreiben. Drei Entwicklungslinien auf internationaler und europäischer Ebene werden vorgestellt: (1) Das UN-Abkommen von 1990 über die Rechte des Kindes; (2) die vom Europarat 1996 verabschiedete "Europäische Strategie für Kinder"; (3) der Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte des Europaparlaments, der sich speziell mit Bürgerrechten von Kindern befaßt. Es wird wiedergegeben, wie die Prinzipien des Schutzes des Kindes und der Bereitstellung von Ressourcen durch den Gedanken der Partizipation von unter 18-Jährigen ergänzt werden. Insgesamt zeigt sich, daß die Europäischen Parlamente mit ihren Entschließungen ein Signal setzen für eine proaktive Interpretation des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Kontext europäischer Länder. (prf).
Die Konfliktrisiken internationaler Wirtschaftsbeziehungen ergeben sich nach Einschätzung des Autors vor allem aus der Konkurrenz um knappe Ressourcen und den Zugang zu Märkten. Normale Konkurrenzen können dabei zu unerwünschten Konflikten eskalieren, wenn zum Beispiel rechtliche Regelungen ungeklärt sind oder die Verletzung von Regeln keine angemessenen Sanktionen nach sich zieht. Aus einer globalen Perspektive, die der Autor in seinem Beitrag einnimmt, dürfen die Risiken und Konfliktpotentiale wirtschaftlicher Verflechtungen in Deutschland und Mitteleuropa aber nicht überbewertet werden und diesbezügliche Befürchtungen gegenüber internationalen Wirtschaftsbeziehungen sollten durch sachliches Erklären abgebaut werden. Der Autor verfolgt mit seinen Ausführungen vor allem vier Zielsetzungen: (1) eine konzeptionelle und definitorische Klärung von Konflikten und Konfliktrisiken; (2) eine Konkretisierung des Leitbilds einer nachhaltigen Entwicklung im Kontext internationaler Wirtschaftsbeziehungen; (3) eine Identifikation der Konfliktrisiken reduzierenden Rolle von Staat, Wirtschaft und Bevölkerungsgruppen im Kontext der Globalisierung; (4) das Aufzeigen von Ansätzen zur Reduzierung von Armut und Hunger zum Abbau von Konfliktrisiken. (ICI2)
Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über den wissenschafts- und politikgeschichtlichen Hintergrund der Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ). Im Folgenden wird der Analyseansatz von Susan Strange vorgestellt, deren Interessen dem Geflecht sozialer Machtbeziehungen in den internationalen Beziehungen gilt. Dabei unterscheidet sie vier Strukturen: die Sicherheitsstruktur, die Produktionsstruktur, die Finanzstruktur und die Wissensstruktur. Die Internationalisierung der Produktion und die politische Unzulänglichkeit des Staatensystems prägen für Susan Strange die Problematik des 21. Jahrhunderts. Die wichtigsten Kritikpunkte an Stranges Ansatz betreffen eine unzureichende theoretische Konzeptionalisierung des Staates, die fehlende theoretische Konzeptionalisierung von Umbrüchen und Transformationsprozessen in der internationalen politischen Ökonomie und einen eindimensionalen Gesellschaftsbegriff. Dem Beitrag ist ein didaktisch aufbereitetes Literaturverzeichnis beigefügt. (ICE2)
Die Entwicklungspolitik wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in seinem Konzept "Chancen schaffen - Zukunft entwickeln" als Zukunftspolitik definiert, die Lösungen für die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entwickeln muss. Die gerechte Gestaltung der Globalisierung wird international als die zentrale Herausforderung bei der Entwicklung einer Post-2015-Entwicklungsagenda bezeichnet, die die "Millennium Development Goals" (MDGs) ablösen soll. Vor diesem Hintergrund hat sich die bisherige Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zur Internationalen Zusammenarbeit (IZ) erweitert, da es immer stärker darum geht, gemeinsame Lösungen für nationale, regionale und globale Herausforderungen wie Armut, Klimawandel, Reduzierung der Biodiversität, Sicherheitskonflikte und fragile Staatlichkeit zu entwickeln. Dabei gibt es erkennbare Anstrengungen, z. B. die Debatte über "Development Effectiveness" mit der Diskussion um die Post-2015-Entwicklungsagenda zu verbinden. Die Verschränkung der verschiedenen Diskussionsstränge aus unterschiedlichen Konferenzarchitekturen ist auch notwendig, wenn es eine neue Entwicklungsagenda und ein neues Zielsystem für die Zeit nach 2015 geben soll, die die verschiedenen Impulse der internationalen Diskussion aufnehmen und bündeln. Der vorliegende Beitrag skizziert einige relevante aktuelle Diskussionen auf internationaler Ebene und untersucht anschließend die Bedeutung und Konsequenzen dieser Debatten für die deutsche Entwicklungspolitik. (ICI2)
Der Beitrag widmet sich der sozialpolitischen Rolle der Europäischen Union und skizziert dabei zunächst die europäische Sozialpolitik und ihre Rahmenbedingungen Instrumente und Grenzen. Im Mittelpunkt stehen in dem Beitrag folgende Forschungsfragen: Inwieweit werden soziale Rechte, sozialpolitische Regulierung und Umverteilung in einem transnationalen Raum institutionalisiert und in welchem Verhältnis steht dies zu nationalen sozialpolitischen Regulierungs- und Umverteilungspolitiken? Schränken sie diese ein oder unterstützen sie sie? Der Beitrag betrachtet den Forschungsstand zur transnationalen Sozialstaatsforschung und wirft dabei einen Blick auf die europäische Sozialpolitik sowie auf die Rolle der internationalen Organisationen und NGOs in der Sozialpolitik. Abschließend verweist der Beitrag auf Forschungslücken in diesen beiden Bereichen und skizziert die transnationalen Perspektiven der Sozialstaatsforschung. (ICA2)
Im vorliegenden Beitrag wird zunächst das Zustandekommen von internationaler Sozialpolitik anhand ihrer Akteure, Quellen, Durchführung, Ziele und internationalen Träger, wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), des Europarats und der EG, näher beschrieben. Danach wird untersucht, in welchem - durch wirtschaftspolitische Institutionen, Regelungen und Normen bestimmten - Zusammenhang internationale Sozialpolitik zustande kommt. Im Anschluß interessieren Rang und Reichweite internationaler Sozialpolitik, vor allem ihre Verflechtung mit Regelungen anderer Politikfelder. Schließlich ist die Verrechtlichung internationaler Sozialpolitik zu beurteilen, wofür sich als Quellen die wissenschaftliche Disziplin des Internationalen Sozialrechts, der Vergleich mit anderen Institutionen und das Kriterium der Maßgeblichkeit anbieten. (psz)
Der strukturellen Rücksichtlosigkeit gegenüber Kindern in den entwickelten Industriestaaten stehen internationale Projekte und Diskussionen gegenüber, die die Entwicklung der Kindheitspolitik vorantreiben. Drei Entwicklungslinien auf internationaler und europäischer Ebene werden vorgestellt: (1) Das UN-Abkommen von 1990 über die Rechte des Kindes; (2) die vom Europarat 1996 verabschiedete "Europäische Strategie für Kinder"; (3) der Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte des Europaparlaments, der sich speziell mit Bürgerrechten von Kindern befaßt. Es wird wiedergegeben, wie die Prinzipien des Schutzes des Kindes und der Bereitstellung von Ressourcen durch den Gedanken der Partizipation von unter 18-Jährigen ergänzt werden. Insgesamt zeigt sich, daß die Europäischen Parlamente mit ihren Entschließungen ein Signal setzen für eine proaktive Interpretation des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Kontext europäischer Länder. (prf)
Der Ausblick schließt den Sammelband zu Macht und Widerstand in der globalen Politik ab und widmet sich der internationalen Dissidenz als einem Forschungsprogramm. Der Beitrag gibt einen Überblick über ein Projekt zum Thema "Internationale Dissidenz", welches das in dem Sammelband in vielfältiger Weise thematisierte Wechselspiel zwischen Macht und Widerstand in der globalen Politik zu einem kohärenten Forschungsprogramm bündeln könnte. Dabei geht der Beitrag in vier Schritten vor: Erstens wird der Grundbegriff der internationalen Dissidenz erläutert und gezeigt, welche Rolle er für das Verständnis einer kritischen Theorie der internationalen Beziehungen spielt. Zweitens wird das Konzept von Herrschaft und Macht vorgestellt, weil sich hieran die Besonderheit des Forschungsansatzes besonders gut verdeutlichen lässt. Drittens wird der Unterschied zwischen Opposition und Dissidenz erläutert und aus ihm die Forschungshypothese entwickelt. Und schließlich skizzieren die Autoren am Ende des Beitrags, wie sie sich vorstellen, dieses Forschungsprogramm in den nächsten Jahren umzusetzen. (ICA2)