Angesichts der schwierigen Ausgangslage — starke Abhängigkeit der Wirtschaft von Rußland und hohe Folgelasten der Katastrophe von Tschernobyl — versuchte die weißrussische Regierung auch in der zweiten Jahreshälfte 1993 und zu Beginn des Jahres 1994, die Kosten der Systemtransformation in Gestalt eines Rückgangs der Produktion und einer temporären Verschlechterung des Lebensstandards möglichst gering zu halten. Dazu verschob sie immer wieder notwendige Reform schritte und griff auf planwirtschaftliche Methoden in der Wirtschaftspolitik zurück. Die wichtigsten Instrumente zur Aufrechterhaltung von Produktion und Beschäftigung waren unverändert umfassende Staatsaufträge, eine zentrale Steuerung des überwiegenden Teils der Investitionen, Vorzugskredite an Industrie und Landwirtschaft sowie Preiskontrollen. Die Privatisierung machte nur sehr langsame Fortschritte und erschöpfte sich weitgehend in der Umwandlung von Staatsbetrieben in staatliche Aktiengesellschaften. Die Liberalisierung der Preise erfolgte ebenfalls nur schleppend, mit der Konsequenz, 24 daß umfangreiche Subventionszahlungen den Staatshaushalt weiterhin belasten. Grundlegende Reformen des Steuersystems und der Ausgabenstruktur des Haushalts fanden bisher nicht statt. Die Geldpolitik war durch Vorzugskredite an Regierung, Landwirtschaft und für Investitionszwecke gekennzeichnet, und die Realzinsen blieben negativ. Diese Strategie ist erkennbar gescheitert. Zwar fiel der Rückgang von Produktion und Investitionen trotz der großen Abhängigkeit von den Wirtschaftsbeziehungen mit den übrigen Nachfolgestaaten der UdSSR 1992 und 1993 geringer aus als in Rußland, und die Arbeitslosenquote blieb mit offiziell etwa 1,4 vH Ende 1993 sehr niedrig. Aber die Kosten einer verschleppten Transformation nahmen im Laufe des Jahres 1993 rapide zu und kulminierten im ersten Quartal 1994 in einem Rückgang von Nationaleinkommen und Industrieproduktion von mehr als einem Drittel. Damit fiel der Produktionsrückgang am Anfang des Jahres deutlich stärker aus als in Rußland. Die Realeinkommen der Bevölkerung, die von Januar bis Juli 1993 konstant geblieben waren, nahmen seit August des vergangenen Jahres drastisch ab. Der Staatshaushalt zeichnete sich im ersten Quartal 1994 durch einen explosionsartigen Anstieg der Ausgaben und des Defizits aus. Im Außenhandel nahmen Exporte und Importe weiter ab, wobei für den Rückgang der Exporte neben der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Produkte weitverzweigte Kontrollen und Steuerbelastungen verantwortlich waren. Die Anlageinvestitionen sanken 1993 um 13 vH, so daß der ohnehin wettbewerbsschwache Kapitalstock zunehmend veraltete. Ausländische Investitionen fanden bisher kaum statt, u.a. weil eine Beteiligung von Ausländern an der Privatisierung offensichtlich unerwünscht ist. Kredite des Auslands flössen 1993 überwiegend an den Staatshaushalt und wurden konsumtiv verwendet. Der Versuch, die bestehenden Ansprüche an das Sozialprodukt über zinsvergünstigte Kredite an Regierung und Wirtschaft aufrechtzuerhalten, muß bei rückläufiger Wirtschaftsleistung zu einer Beschleunigung der Inflation führen. Die Geldmenge expandierte 1993 stärker als im Vorjahr. Auch die Preisentwicklung fällt mittlerweile bedrohlicher aus als in Rußland. Mit einer monatlichen Steigerung der Verbraucherpreise von durchschnittlich 42 vH in den letzten vier Monaten 1993 und im Januar 1994 stand Weißrußland am Beginn einer Hyperinflation. Zwar ging die Inflationsrate im Februar und März 1994 zurück, aber es ist damit zu rechnen, daß die starke Expansion des Budgetdefizits im ersten Quartal wieder zu einer Beschleunigung der Inflation führen wird. Unter diesen Umständen wird es immer schwieriger, den Beschäftigungsstand mit einer Ausweitung des Budgetdefizits und mit Zentralbankkrediten aufrechtzuerhalten. Damit zeichnet sich für die absehbare Zeit ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit bei hoher Inflation ab. Angesichts des Versagens des bisherigen wirtschaftspolitischen Konzepts tritt die Regierung nun offenbar die Flucht in die Wiederbelebung der Rubelzone mit Rußland an. Sie verbindet damit die Hoffnung, einen weiteren Zusammenbruch der Produktion und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit durch die Zoll- und Währungsunion mit Rußland doch noch abwenden zu können. Insbesondere wird erwartet, wieder mit Erdöl zu den gegenwärtig noch niedrigen russischen Binnenpreisen beliefert zu werden, alte Absatzmärkte in den GUS-Republiken zurückzugewinnen und sich an russischen Geldschöpfungsgewinnen ("seignorage") zu beteiligen. Der Preis dafür ist allerdings eine völlige Aufgabe der geld- und fiskalpolitischen Autonomie Weißrußlands. Ein entsprechendes Abkommen vom April 1994, das keinen konkreten Termin für die Integration des weißrussischen in das russische Geldsystem nennt, läßt der russischen Seite aber ausreichend Spielräume, um die zu erwartenden Belastungen für die eigene Wirtschaft möglichst gering zu halten. Zwar könnte bei einer entsprechenden Stabilisierungs- und Reformpolitik in Rußland die Rubelzone einen Import an Stabilität für Weißrußland bedeuten, jedoch muß eine für Rußland angemessene Geld-, Fiskal- und Einkommenspolitik für Weißrußland angesichts der geringen Fortschritte der Systemtransformation nicht gleichermaßen angemessen sein. Dies wird besonders deutlich in der Verpflichtung Weißruß25 lands, die Löhne und Gehälter im haushaltsfinanzierten Bereich nach Inkrafttreten der Währungsunion den russischen Löhnen anzugleichen, so daß für Weißrußland keine nennenswerten einkommenspolitischen Spielräume zum Ausgleich von Produktivitätsunterschieden verbleiben. Vorschläge zur Lösung der sich zuspitzenden Wirtschaftsprobleme müßten deshalb vorrangig auf der nationalen und nicht auf der internationalen Ebene ansetzen, wobei zwei Bereichen eine Schlüsselrolle zukommt: einer Reform des Finanz- und Kreditsystems sowie einer allgemeinen Deregulierung mit dem Ziel, den marktwirtschaftlichen Strukturwandel in Gang zu setzen. Das Wirtschaftsprogramm der Regierung für 1994 kommt diesen Erfordernissen kaum nach. Weiterhin soll mit umfangreichen Staatsaufträgen und einer zentralen Steuerung fast aller Investitionen dem Zusammenbruch der Produktion entgegengewirkt werden. In einigen Bereichen (Energie, Ressourcen, Aufkauf landwirtschaftlicher Produkte) sollen offenbar die zentralen Kontrollen und die distributive Funktion des Staates noch verstärkt werden. Außerdem will die Regierung 1994 ihre Privatisierungsanstrengungen verstärken, wobei insbesondere die Scheckprivatisierung vorzeitig gestartet worden ist. Damit könnte zwar die bisherige Praxis einer bloßen Umwandlung von Staatsbetrieben in staatliche Aktiengesellschaften durch eine echte Privatisierung ergänzt werden. Allerdings ist angesichts der weitverzweigten staatlichen Kontrollen der Unternehmen und der vielen Ausnahmen von der Privatisierung daran zu zweifeln, daß dadurch handlungsfähige private Eigentumsstrukturen in einem Umfang geschaffen werden, die zu einer spürbaren Erholung und Umstrukturierung der weißrussischen Wirtschaft führen. Zusammenfassend muß konstatiert werden, daß weder die notwendige Kehrtwende in der Reformpolitik derzeit in Sicht ist, noch der Beitritt zur Rubelzone einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise verspricht. Vor diesem Hintergrund kann nicht dazu geraten werden, weitere Finanzmittel für Weißrußland bereitzustellen, zumal die Gefahr besteht, daß Kredite vorwiegend konsumtiv verwendet werden oder angesichts fehlender makroökonomischer Stabilität und "weicher Budgetbeschränkungen" fehlgeleitet werden. Einem schnellen Anstieg der Auslandsverschuldung würde ebenso schnell die Zahlungsunfähigkeit folgen. Nach wie vor bleibt aber ein verbesserter Zugang Weißrußlands zu westlichen Märkten und eine Beteiligung bei der Bewältigung der Folgen von Tschernobyl eine sinnvolle Unterstützung seitens des Westens, die durch technische Hilfe ergänzt werden kann.
Afrikanische Bildungssysteme haben nicht nur das Problem, einheimische kulturelle Ausdrucksformen (Sprachen, religöse Glaubensvorstellungen, moralische Werte, Tanz und Musik, Kunst, herkömmliches Handwerk und Landwirtschaft, Gesang, Sprichwörter und das Nachdenken über die Natur, den Menschen und die Gesellschaft) vertiefend und anregend in den Lerninhalten für die Sozialisation der Schüler umzusetzen, sie stehen angesichts der Existenz unterschiedlicher Kulturkontexte und Völkertradionen innerhalb ein und desselben Landes auch vor dem bildungspolitischen Problem, an welchen Traditionen sich die Lerninhalte an den Schulen orientieren sollen. Wie die mosambikanische Bildungspolitik im Kontext des Prozesses der Nationenwerdung mit dem letztgenannten Problem umgegangen ist, zeigt dieser Aufsatz. (DIPF/Orig.)
Trotz gegebener kultureller und sozialer Vielfalt kann für die BRD eine unterschiedliche Akzeptanzbereitschaft der einheimischen Majorität gegenüber Ausländern, Aussiedlern und Asylbewerbern mit Lebensmittelpunkt Deutschland konstatiert werden. Politische Bildung kann (und sollte) in dieser Stiuation vorhandene Ansätze interkultureller Bildungspraxis aufgreifen und die Auseinandersetzung mit anderen kulturellen Lebenswirklichkeiten organisieren. Interkulturelle Begegnungen sind stets eine Infragestellung von scheinbar gesicherten Positionen der Majorität und können bei den Teilnehmenden eine Sensibilisierung für eigene ethnozentrische Denkweisen auslösen. Am Beispiel interkultureller Seminare werden die dialogischen emotionalen Kompotenten solcher Begegnungen geschildert. Kennzeichnend für diese Form der außerschulischen Bildungsarbeit ist ein methodisches Arrangement, das ausgehend von persönlichen Erfahrungen zum einen Aufklärungsarbeit leistet, hauptsächlich jedoch durch kreative und handlungsorientierte Methoden anzusprechen weiß. (DIPF/Orig.)
Die Einführung des Euro zu Beginn des Jahres 1999 hat eine in der deutschen Öffentlichkeit bisher wenig beachtete Nebenwirkung; sie wird einen wesentlichen Einfluß auf die Wirtschaftsentwicklung der west- und zentralafrikanischen Franc-Zone ausüben. Da der Franc CFA (¹) über ein jahrzehntealtes Kredit- und Budgetabkommen direkt an den französischen Franc (FF) gebunden ist, und der FF gemäß dem Vertrag von Maastricht im Euro aufgeht, wird auch der CFA-Franc ab dem 1.1.1999 an den Euro gebunden sein. Die weitaus überwiegende Mehrheit der politischen Entscheidungsträger in den betroffenen europäischen und afrikanischen Staaten erhofft sich von dieser Anbindung segensreiche Effekte auch für die afrikanischen Wirtschaften. Die Expertisen der Befürworter sind nicht immer unparteiisch, wie im Folgenden gezeigt wird. Es werden zwar keine blühenden Landschaften in den krisengeschüttelten afrikanischen Ländern versprochen, aber die Verantwortlichen in Paris werden nicht müde zu versichern, daß die Anbindung des F CFA an den Euro nur eine Fortführung des status quo bedeute, und wenn überhaupt, dann einen positiven Einfluß auf die CFA-Zone habe: mehr Stabilität durch Anlehnung an eine international respektierte und machtvolle Referenzwährung, verstärkte Investitionsneigung der europäischen Partner Afrikas, bessere Absatzchancen auf dem europäischen Markt etc. Selbst orthodoxe Vertreter neoliberaler Theorien wie der IWF -dem in Bezug auf die Entwicklungszusammenarbeit und Strukturanpassung der Länder der CFA-Zone eine immer gewichtigere Stimme zugestanden wird — empfehlen in dieser Frage die Fortschreibung aus der Kolonialzeit übernommener dirigistischer inflexibler Regelungen, obwohl sie sonst eher marktwirtschaftlichen Lösungen den Vorzug geben. ; Author's version. ; "The euro, a blessing for Africa? Consequences of linking the African franc zone to the euro": The introduction of the euro at the beginning of 1999 has had a side effect that has received little attention in the German public; it will exert a significant influence on the economic development of the West and Central African franc zone. The franc CFA is tied directly to the French franc (FF) through a decade-long loan and budget agreement, and the FF merges into the euro according to the Maastricht. Therefore, the CFA franc will also be linked to the euro from 1.1.1999. The vast majority of political decision-makers in the affected European and African countries hopes that this connection will have beneficial effects for African economies as well. The expertise of the advocates of this peg of the F CFA is not always impartial, as shown below. Although no blooming landscapes in the crisis-ridden African countries are promised, those responsible in Paris never tire of asserting that linking the F CFA to the euro is only a continuation of the status quo. The proponents are not tired of claiming that the peg will have, if any, then have a positive impact on the CFA zone: i.e. the CFA zone would gain more stability, based on an internationally respected and powerful reference currency, in addition to increased investment propensity of Europe's European partners, better sales opportunities in the European market, etc. Even orthodox representatives of neoliberal theories, such as agents of the IMF, which has an increasingly important voice in terms of development cooperation and structural adjustment of CFA countries, recommend in the continuation of then inherited neo-colonial dirigistic regulations instead of market-based solutions. ; RÉSUMÉ "L'euro, une bénédiction pour l'Afrique ? Conséquences de l'arrimage du franc CFA à l'euro" - Environ cinq décennies la zone du franc CFA en Afrique occidentale et centrale a été établie comme une incarnation de la stabilité économique et politique en Afrique, soutenue par la France. Mais la convertibilité libre et la parité fixe du franc CFA, garanties par le Trésor français, ont surtout servi l'intérêt d'une petite élite des 'Messieurs Afrique', tant en France qu'en Afrique. Des générations d'entrepreneurs français et de leurs homologues africains maintiennent un self-service rentable aux dépens des pauvres africains et des contribuables français. Après la dévaluation du franc CFA en 1994, le fossé socio-économique entre les riches et les pauvres, les régions urbaines et rurales, le secteur formel et le secteur informel se sont même élargis. Cependant, la perpétuation de la structure monétaire établie de la zone CFA est devenue de plus en plus anachronique. Dans la mesure où la stabilité politique – jusque-là garantie par la politique néo-coloniale française en Afrique - devient obsolète, la base de la stabilité économique de l'arrangement traditionnel de l'union monétaire est également menacée. D'autant que la zone CFA ne remplit jamais les conditions les plus importantes d'une zone monétaire optimale. L'ancrage à l'union monétaire européenne (l'UME), orienté vers les intérêts des pays européens fortement industrialisés, a conduit à une surévaluation du taux de change réel du franc CFA.
Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stand die Frage, wie Frauen die widersprüchlichen Anforderungsstrukturen im Auslandsstudium bewältigen, welche besonderen Probleme sie als weibliche Studierende aus einem Entwicklungsland haben und, welche Rolle der jeweilige kulturelle Hintergrund dabei spielt. Gefragt wurde nach den besonderen Studienproblemen und ihrem psychisch-körperlichen Befinden während des Auslandsstudiums, nach den Erfahrungen mit Fremdenfeindlichkeit, der entwicklungspolitischen und persönlichen Bedeutung des Auslandsstudiums sowie-nach der Anwendbarkeit des Studiums in der Dritten Welt. Thematisiert wurde auch ihre besondere Situation als "Hüterinnen ihrer Kultur" im Ausland und die sich daraus ergebenden Konflikte. (DIPF/Orig.)
Der Artikel zeichnet die Entwicklung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit in der Schweiz nach und beschreibt die sich abzeichnenden Veränderungen. Dabei beschränkt sich der Autor auf die Darstellung der schulischen Bildungsarbeit. Weil sich in der Schweiz, verstärkt durch die UNO-Weltkonferenz in Rio im Juni 1992, ökologische Fragen und entwicklungspolitische Anliegen immer mehr annähern, wird wo nötig auch die Umwelterziehung in die Betrachtung einbezogen. (DIPF/Orig.)
hrsg. von Detlef Brandes . ; Weitere Ausgabe: Tschech. Ausg. u.d.T.: Cesta do katastrofy ; Inhaltsverzeichnis ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 95.49836
Die Autorin stellt Bedingungen und Möglichkeiten einer Pädagogik mit globaler Dimension in den neuen Bundesländern auf dem Hintergrund der sozio-pädagogischen Ausgangssituation dar und zieht Schlussfolgerungen daraus. (DIPF/Orig.)
António Caetano de Abreu Freire Egas Moniz wurde im Jahre 1874 in Avanca,im Norden Portugals geboren. Hier verbrachte er den größten Teil seiner Kindheit, bevor er im Gymnasium von Viseu zur Schule ging, die er schließlich mit dem Abitur abschloß.1891 schrieb er sich an der Universität Coimbra ein. Hier absolvierte er das Studium der Medizin, das er 1899 mit Auszeichnung beenden konnte. 1901 heiratete Egas Moniz die ursprünglich aus Brasilien stammende Elvira de Macedo Dias. Im Jahre 1902 begann Moniz seine universitäre Laufbahn als Dozent in Coimbra. Nach mehreren Frankreichaufenthalten an Kliniken in Bordeaux und Paris wurde er 1911 an den Lehrstuhl für Neurologie nach Lissabon berufen. Durch seine wissenschaftlichen Werke - die zerebrale Angiographie und die Leukotomie - wurde er jedoch weit über die Grenzen Portugals hinaus bekannt. Moniz' politische Laufbahn fand ihren Höhepunkt zunächst in seiner Tätigkeit als Botschafter in Spanien und schließlich in der Funktion des Außenministers (1918). In den 20er Jahren widmete sich Moniz wieder verstärkt seiner wissenschaftlichen Karriere. 1927 gelang ihm die erste zerebrale Arteriographie am Lebenden. Seine Ergebnisse stellte er kurze Zeit nach der ersten gelungenen Aufnahme in Paris vor. Die Leukotomie - ein Aufsehen erregendes psychochirurgisches Verfahren - entwickelte Moniz dagegen erst Mitte der 30er Jahre. Moniz leitete seinen langjährigen Mitarbeiter Almeida Lima an, das Verfahren an einer ersten heterogenen Gruppe von 20 psychisch auffälligen Patienten zu erproben. Technisch wurde zunächst eine Durchtrennung der weißen Hirnsubstanz mittels Alkoholinjektionen angestrebt, die letztlich durch eine Läsion mit der Hilfe eines eigens entwickelten Schlingenwerkzeugs, des Leukotoms, abgelöst wurde. Auch diesmal stellte Moniz seine Ergebnisse einem Pariser Fachpublikum vor, schrieb darüber hinaus die Monographie "Tentatives operatoires de certaines psychoses", in welcher er nicht nur die Operationsmethode erklärte und die Ergebnisse zusammenfaßte, sondern auch Fallbeschreibungen der einzelnen Patienten dokumentierte. Die gespaltenen Reaktionen der Fachwelt reichten von enthusiastischer Anerkennung bis hin zu totaler Ablehnung. Auch die Verleihung des Nobelpreises im Jahre 1949 ließ Moniz Kritiker nicht verstummen. Bis heute dauert die Diskussion um die Leukotomie und um ähnliche psychochirurgische Eingriffe an, ohne daß es bis dato zu einer einheitlichen Bewertung von Moniz' Operationsversuchen gekommen wäre. Anhand der uneinheitlichen Bewertungen von Moniz' angeleiteten und dokumentierten Behandlungsversuchen läßt sich ablesen, wie stark die ethische Sichtweise dem jeweils vorherrschenden Zeitgeist unterworfen war. So fällt auch aus heutiger Sicht eine Bewertung unter Zugrundelegung historischer Rahmenbedingungen anders aus, als unter ausschließlicher Berücksichtigung aktueller ethischer Kriterien und Leitlinien: Aus heutiger Perspektive lassen sich überzeugende Argumente finden, die Moniz' Eingriffe in ethischer Hinsicht eindeutig desavouieren. Es läßt sich - schon angesichts der heterogenen Zusammensetzung, der geringen Gesamtzahl der Leukotomierten und der in keiner Weise standardisierten Ergebnisinterpretation - zweifelsfrei nachweisen, daß zu keinem Zeitpunkt ein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden konnte. Ferner widerspricht Moniz' Auswahl der Patienten auf der Grundlage ihrer Verfügbarkeit zumindest aus heutiger Sicht dem Prinzip des Informed Consent. Ein Blick auf den historischen Kontext läßt eine Bewertung vergleichsweise milder ausfallen. Die Konzepte von Gesundheit und Krankheit sind - ebenso wie ihre ethische Bewertung - dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen. Auch das Informed Consent-Prinzip läßt sich nicht ohne weiteres in jene Zeit übertragen ohne nach dem in der damaligen Gesellschaft vorherrschenden Bild des Psychiatriepatienten zu fragen. Ebenso gilt es, die zur fraglichen Zeit verfügbaren Behandlungsoptionen zu berücksichtigen. Im Laufe der Zeit hat sich nicht nur die Grundeinstellung zur Leukotomie sondern auch die Haltung zu den verantwortlichen Personen gewandelt. Angesichts der sich in jüngerer Zeit mehrenden positiven Stimmen, die ein Wiederaufleben psychochirurgischer Eingriffe für gerechtfertig halten, erscheint es keinesfalls abwegig, daß unsere Gesellschaft schon bald herausgefordert sein wird, die Diskussion erneut aufzunehmen. ; António Caetano de Abreu Freire Egas Moniz was born in 1874 in Avanca, a small country village in the north of Portugal. There he spent most of his childhood. He went to school in Sao Fiel and Viseu where he passed his final examinations. In 1891 he started his university education and accomplished his medical degree examinations in 1899 with distinction. In 1901 he married the brazilian Elvira de Macedo Dias. In 1902 Moniz started his university career in Coimbra. After some time in Bordeaux and Paris (France) he was appointed to professorship in neurology (Lisbon)where he stayed until the end of his academic career. He was well known in Portugal and abroad because of his principal cientific work - the cerebral angiography and the leucotomy. The climax of his political career was in 1918 as Portugal´s ambassador in Spain and foreign minister. In the 20th Moniz concentrated on his cientific career and developed the cerebral angiography in 1927 which results he already published after a short time in Paris (France). Moniz developed the leucotomy - a psychosurgical method - in the 30th. He advised Almeida Lima to operate on a heterogenous group of 20 patient with psychiatric disorders. Tecnically in a first step Moniz intended to cut the white brain substance with alcohol injections which later on was replaced by a special instrument - the so called leucotom. Moniz presented his results in Paris again and published his first book "Tentatives operatoires de certaines psychoses" in which he not only explainded the tecnical procedure and summarized the results but also documented detailed case reports of each patient.The perception on a national and international level were devided between entusiastic appreciation and complete disaproval. The discussion about Moniz work and further psychosurgical methods was not stopped when Moniz received the Nobel Prize in 1949 and until today there is no homogenous judgement regarding Moniz´ psychosurgical operations. Regarding the different judgements of Moniz´psychosurgical interventions it becomes obvious that the ethical viewpoint depended on the prevailing spirit of the age. A today´s jugement considering the historical circumstances differs from a judgement considering only actual ethical guidelines. From a today´s point of view arguments against Moniz interventions can easily be found: The heterogenous group of patients, the low number of cases and no standardized interpretation of results show that effectiveness could not be proven. As well the fact that Moniz has chosen his patients on a base of availability contradicts the principle of informed consent. Considering the historical circumstances the jugement becomes milder. The understanding of health and illness as well as the ethical judgement depend on the spirit of the age. As well the principal of informed consent can not be transfered back in those time without asking about the perception of psychatric patients in the society. As well the availability of treatment options in those days need to be considered. The judgement of leucotomy has changed as well as the appreciation of the responsibile persons. Regarding recent statements that psychosurgery may become a justifed option of treatment again in the future we might be challenged to restart the discussion again.
Die Struktur der innenpolitischen Konflikte in Armenien seit 1988 stand und steht in hohem Maße unter dem Einfluß der geopolitisch schwierigen Lage des Landes. Vor allem in dem Konflikt um BergKarabach manifestiert(e) sich die entscheidende Einengung armenischer außenpolitischer Handlungsoptionen durch äußere Konstellationen. Jenseits dessen beeinflußt dieser Konflikt auch das Verhältnis der armenischen politischen Akteure zu Rußland als Dritter Macht. Dies galt zunächst in besonderem Maße für die Konflikte zwischen der Kommunistischen Partei Armeniens und dem mainstream im Komitee ''Karabach und auch für die Konflikte innerhalb des Komitees ''Karabach bzw. dessen Nachfolgeorganisation, der AGB: Dem von Nora Dudwick konstatierten ''beeindruckenden Konsens stand die frühe Marginalisierung extrem antisowjetischer Kräfte wie etwa Parujr Hajrikjan ebenso wie die Ausgrenzung moskaufreundlicher armenischer Akteure wie Zorij Balajan oder Sil'va Kaputikjan gegenüber. Der Konflikt zwischen den unterschiedlichen politischen Konzepten, hier subsumiert unter dem Begriffspaar Realpolitik und Identitäts oder Prinzipienpolitik läßt sich gleichsam als Route auf der narrativen Landkarte' von Vernichtung und Gegenwehr verorten. Beide (gegensätzlichen) Entwürfe von Politik, die für sich in Anspruch nehmen, im Dienste des nationalen Interesses zu stehen, begreifen sich jeweils als einzig angemessene Reaktion auf Geschichte, mithin im Kern auf den narrativ verarbeiteten Genozid als Vernichtungserfahrung bzw. die damals für möglich (bzw. eben für unmöglich) gehaltene Gegenwehr. Das Konzept der Gegenwehr gegen erneute Verfolgung und Vernichtung ist somit das prinzipiell vereinende Motiv des armenischen Identitätsentwurfs. Wie jedoch dieser Entwurf unmittelbar in ein konsensuales nationales Interesse und damit in konkrete Politik umgesetzt werden kann, darüber scheiden sich die Meinungen. So steht dem Streben nach realpolitischem Ausgleich mit allen Nachbarn Armeniens ohne Verweis auf die Urheberschaft der Türkei am Genozid 1915, wie ihn die AGB fordert(e), die das Erinnerungsband und die damit verbundene armenische Identität betonende Vorstellung der ARF gegenüber, ohne vorherige Anerkennung des Genozids von 1915 keinen Ausgleich mit der Türkei anstreben zu können oder auch nur zu wollen. All diese internen Auseinandersetzungen um das armenische nationale Interesse fanden vor dem Hintergrund des durch die geopolitische Situation erzeugten Drucks statt, der in Gestalt des Kriegs um BergKarabach auf allen politischen Akteuren lag, und der die Existentialisierung der Wahrnehmung von Handlungsoptionen entscheidend verschärfte. Die tatsächliche Bedrohung von Außen erfuhr dabei eine eklatante Verschärfung durch die narrativen Wahrnehmungsprozesse im Innern, im Verlaufe derer das Motiv der Bedrohung prismatisch konzentriert wurde. Es ist konkret die Frage der Wahrnehmung gleichsam ''objektiver äußerer Strukturen, die die Zwangslage der Armenier nachhaltig verschärft. Auf diese Weise erscheinen in den Augen der Armenier einige Vorschläge zur Beilegung des Karabach Konflikts, wie sie in der Vergangenheit vorgelegt worden waren, eklatant an diesem prinzipiellen Problem vorbeigedacht. Als Beispiel dafür kann der sogenannte ''Goble Plan angesehen werden. Die Tatsache, daß die Ausprägung dessen, welche Handlung als im armenischen Nationalinteresse stehend wahrgenommen wurde, in der Diaspora und in Sowjetarmenien stark unterschiedliche Entwicklungen genommen hat, ließ im postsowjetischen Armenien nach dem Zusammentreffen beider Konzeptionen, prominent vertreten durch die AGB und die ARF, ein explosives Gemisch gegensätzlicher politischer Auffassungen um das Nationalinteresse zusammen mit von beiden Seiten vertretenem Ausschließlichkeitsanspruch entstehen. Hinzu kam, daß ihre Rückkehr nach Armenien die ARF zu einer Partei unter vielen anderen hatte werden lassen. Das jedoch war prinzipiell unvereinbar mit dem ihr eigenen Selbstverständnis, das davon ausging, daß die ARF die Verkörperung der nationalen Aspirationen der Armenier schlechthin sei. Zwar hatte die ARF in der Diaspora eine bestimmende Rolle, doch besaß sie, wie oben gezeigt, keineswegs das Monopol für politische Artikulation unter den Armeniern in der Diaspora. Die politischen Differenzen unter den DiasporaArmeniern fanden ebenfalls Eingang in die Struktur der politischen Auseinandersetzungen in der Republik Armenien: Die ''Situation wird noch dadurch kompliziert, daß alle Ideologien und Spaltungen unter den Armeniern im eigentlichen Armenien reproduziert werden. Die von der ARF favorisierte Option einer Protektion Armeniens durch die Sowjetunion bzw. Rußland als Dritter Macht entsprach, wie oben gezeigt, auch zu weiten Teilen des mainstreams der ersten Stunde der KarabachBewegung, die diese als Unterstützung der perestrojka Gorba!evs begriffen hatte. Zorij Balajan, früh marginalisierter Aktivist der ersten Stunde des Komitees ''Karabach, erwies in diesem Sinne dem Ersten Sekretär der KP der Armenischen SSR von 1976 bis 1988, Karen Demir!jan, seine Reverenz: ''Und doch muß man gerecht sein und einen Menschen nach den Gesetzen seiner Zeit beurteilen. Und Demir!jan nicht zu achten heißt, die eigene Geschichte nicht zu achten. Seit der Suspendierung der Tätigkeiten der ARF im Dezember 1994 haben sich die politischen Konflikte in Armenien erheblich verschärft. Anläßlich der Parlamentswahlen und des Verfassungsreferendums im Sommer 1995 etwa beschrieb der armenische Präsident Levon TerPetrosjan in düsteren Farben die Katastrophe, die seines Erachtens mit einem Wahlsieg der Opposition dem Lande drohen würde, und schloß seine Rede mit den Worten: ''Sie mögen den Eindruck gewinnen, daß ich die Realität in sehr dunklen Farben schildere, aber ich möchte ihnen versichern, daß die Wirklichkeit noch viel dunkler sein kann, noch viel monströser als ich Ihnen heute sagen kann. Wie dem auch sei, ich glaube an Ihre Weisheit, glaube, daß Sie Ihrer Zukunft nicht gleichgültig gegenüberstehen, einer Zukunft, deren Aufbau Ihnen selbst obliegt. Die Existenz unseres Landes, die Sicherheit Ihrer Kinder, alles hängt ab von Ihren Entscheidungen. Und ich bin sicher, daß Sie ein entschiedenes NEIN all jenen Opportunisten und Abenteurern entgegnen, die persönliche Fragen mit dem Blut Ihrer Kinder zu beantworten trachten. Ich bin sicher, daß Sie einstimmig JA zur Verfassung sagen und für den Block Hanrapetutjun' votieren. Ihre Sicherheit, Ihr Wohlstand und der Friede, alles hängt von dieser Entscheidung ab. Auch im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im September 1996 warnte Levon Ter Petrosjan vor ''Faschismus, Tyrannei und Chaos im Falle des Wahlsiegs eines oppositionellen Kandidaten. Im Verlaufe des Jahres 1997 jedoch ließen verschiedene Signale der Konzilianz gegenüber der Opposition den Eindruck entstehen, daß die AGBRegierung und Präsident TerPetrosjan eine konsensualere Politik nach Innen verfolgen würden, möglicherweise auch, um in der Außenpolitik größere Handlungsfähigkeit zu gewinnen. So wurde etwa Robert Ko!arjan, der ehemalige Präsident der nicht anerkannten Republik BergKarabach, zum Premierminister der Republik Armenien, und Suren Zoljan, leitendes Mitglied der oppositionellen WissenschaftlichIndustriellen und Bürgerunion, zum Leiter des renommierten BrjusovInstituts in Erevan ernannt. Ihren Anfang hatte diese Politik des versuchten Ausgleichs mit der Opposition mit der engen Kooperation der armenischen Regierung mit der armenischen Kirche genommen. 1995 wurde der Katholikos von Kilikien zum Katholikos Aller Armenier, Garegin I., gewählt. Der armenische Präsident hatte mit großem Nachdruck die Wahl Garegins unterstützt, obwohl man dem Katholikat von Kilikien eine große Nähe zur ARF nachsagt. Dieser Versuch eines Brückenschlags zu den Teilen der Diaspora, die der armenischen Regierung feindlich gesonnen waren, hat jedoch weder TerPetrosjan, noch dem neugewählten Katholikos ausschließlich Wohlwollen eingebracht. Daß die Spaltung der Diaspora noch lange nicht überwunden ist, zeigte sich dann auch einmal mehr, als Garegin I. gemeinsam mit Papst Johannes Paul II. eine Erklärung unterzeichnete, daß die theologischen Differenzen zwischen beiden Kirchen hinsichtlich der Natur Jesu Christi nicht mehr Gegenstand von Konflikten werden sollten. Für diese Erklärung wurde Garegin I. von hochrangigen armenischen Kirchenvertretern aus der Diaspora heftig angegriffen, die ihm das Recht absprachen, eine solche Erklärung im Namen der armenischen Kirche abzugeben. Die Nagelprobe muß alle Politik der Konsensualisierung oder der Konfrontation jedoch in der KarabachFrage bestehen. Letztlich determiniert der Konflikt um Berg Karabach nach wie vor die armenische Außenpolitik über alle Maßen. So verkündete etwa der ehemalige armenische Außenminister Vahan Papazjan, sollte der Bevölkerung in BergKarabach ein Genozid oder die Deportation drohen, die Republik Armenien zum militärischen Eingreifen in BergKarabach bereit sei. Auf dem OSZEGipfel in Lissabon im Sommer 1997 hatte Levon TerPetrosjan den Versuch unternommen, den Schulterschluß mit der Gesellschaft in Armenien zu schaffen. Hartnäckig weigerte er sich, das Schlußdokument zu unterzeichnen, in dem hinsichtlich des Konflikts um BergKarabach festgehalten werden sollte, daß jede Regelung des Konflikts vom Recht der Republik Azerbajd.an auf territoriale Integrität ausgehen müsse. Mit seiner Weigerung geriet er jedoch unter erheblichen Druck von Seiten der internationalen Gemeinschaft (OSZE, UN, IBRD etc.) wegen dieses ''Rückfalls in die (Sowjet) Zeit, als der Oberste Sowjet Armeniens die Vereinigung BergKarabachs mit Sowjetarmenien beschlossen und damit das Recht der Azerbajd.anischen SSR auf territoriale Integrität verletzt hatte. Lissabon war der Versuch, sich bei der Opposition als harter Verfechter des Rechts BergKarabachs auf Selbstbestimmung zu profilieren. Auch dem außenpolitischen Druck in der Folge von Lissabon mag es geschuldet sein, daß der armenische Präsident im September 1997 eine Pressekonferenz gab, auf der er das von der im KarabachKonflikt vermittelnden Minsker Gruppe der OSZE vorgeschlagene Phasenmodell akzeptierte, bei dem die Tendenz stark in Richtung einer prinzipiellen Akzeptanz azerbajd.anischer zumindest völkerrechtlicher Hoheit über BergKarabach geht. Für dieses ''Einknicken wurde er von zahlreichen armenischen Intellektuellen und ehemaligen Mitstreitern im Komitee ''Karabach scharf kritisiert, die ihm erneut Verrat an den armenischen nationalen Interessen vorwarfen. Für die Opposition ist Levon Ter Petrosjans Schwenk ein Rückfall hinter den Status vom Februar 1988, als der Gebietssowjet von BergKarabach erstmals seinen Wunsch nach Austritt aus dem Staatsverbund Azerbajd.ans bekundet hatte. Mit einem solchen Schritt würden, so die Vorwürfe, alle Pfände, die BergKarabach im Laufe des Krieges gewonnen hätte, die Sicherheit und die Stabilität mit einem Schlag wieder zunichte gemacht. Die innerarmenischen Diskussionen um die KarabachFrage verschärften sich im Winter 1997/98 erneut, als die Minsker Gruppe der OSZE in Gestalt ihres DreierCo Vorsitzes von Frankreich, den U.S.A. und der Rußländischen Föderation um die Zeit des OSZEGipfels in Kopenhagen eine neue Verhandlungsoffensive ankündigte. Hinzu kam, daß die Kompromißbereitschaft Levon TerPetrosjans nicht nur von der innerarmenischen Opposition kritisiert wurde, sondern auch von der karabach armenischen Regierung unter ihrem Präsidenten Arkadij Ghukasjan, der den Ausverkauf karabacher Interessen durch die Regierung Armeniens zu befürchten schien. Damit befindet sich die armenische Regierung und Präsident TerPetrosjan in einer Zwangslage zwischen starkem außenpolitischen Druck in Richtung von Konzessionen in der KarabachFrage, und massivem Druck von Seiten der innerarmenischen Opposition und der karabacharmenischen Regierung, die eine konziliante Haltung vehement ablehnen. Es ist vor allem diese Pattsituation in der KarabachFrage, die alles in allem die Entwicklung regionaler Interaktionsstrukturen behindert, die für den Transkaukasus und damit auch Armenien dringend notwendige Modernisierungspotentiale mit sich brächten und langfristig mit einer Stärkung der Eigenstaatlichkeit einhergingen. Das vorerst letzte Kapitel innerarmenischer Auseinandersetzungen um die KarabachFrage ist die Eskalation der Konflikte innerhalb der AGB. Gegenstand der innerparteilichen Auseinandersetzungen ist wieder das KarabachProblem bzw. die Frage, welche Haltung zu den Kompromißvorschlägen der OSZE in der Konfliktvermittlung einzunehmen sei. Es zeichnet sich hier eine Spaltung in eher kompromißbereite und eher unnachgiebige Kräfte auch in der AGB ab. Es ist vor allem die Heftigkeit, mit der der Konflikt ausgetragen wird, die ein weiteres Mal den Absolutheitsanspruch widerspiegelt, mit dem die unterschiedlichen Entwürfe des vitalen armenischen Nationalinteresses, in dessen Dienst zu stehen, die Antagonisten für sich in Anspruch nehmen, aufeinanderprallen.
Kuba war lange Zeit in vieler Hinsicht ein ?Schlüsselstaat? für Lateinamerika und die Karibik. Dies begann mit der Entdeckung durch Columbus und setzte sich mit der spanischen Kolonisierung ; dem Sklavenhandel ; sehr inegalitären Sozialstrukturen ; sehr instabilen politischen Verhältnissen nach der Unabhängigkeit und ; in besonderem Maße ; durch das Abhängigkeits- und Spannungsverhältnis zu den nahe gelegenen USA fort. Die kubanische Revolution nach 1959 stellte dann einen markanten Wendepunkt dar. Das neue sozialistische Regime veränderte die inneren ökonomischen ; sozialen und politischen Gegebenheiten radikal und wurde durch seine politische Ausrichtung sowie die geostrategische Lage in der bipolaren Welt des Kalten Krieges schnell zu einem bedeutenden Faktor. In den Jahrzehnten nach der Kuba-Krise von 1962 ; die zu einer Pattsituation in strategischer Hinsicht geführt hatte ; betrieb Kuba die Außenpolitik eines großen Landes. Wirtschaftlich gestärkt durch den präferentiellen Handel mit der Sowjetunion ; politisch-ideologisch geprägt durch die starke Hand des visionären Comandante en Jefe ; Fidel Castro ; und gesellschaftlich strukturiert nach der Prämisse der Kommunistischen Partei (PCC) sowie deren Massenorganisationen ; gelang es der Insel immer wieder ; international für Aufsehen zu sorgen. Die Castro-Regierung war besonders in den 70er Jahren redlich darum bemüht ; die Revolution in das südliche Afrika und Lateinamerika zu exportieren und unterhielt zeitweise große Militärkontingente im Einsatz in Übersee. Kuba beteiligte sich aktiv an den linksgerichteten Guerillabewegungen Lateinamerikas ; u.a. in Nicaragua und Kolumbien ; und die politische Führung in Havanna wusste die gegen sie gerichtete Politik der USA ; propagandistisch für sich auszunutzen. Der Ausschluss des Landes aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu Beginn der 60er Jahre hatte ; mit der Ausnahme Mexikos ; den Bruch der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu allen lateinamerikanischen Staaten zur Folge gehabt. Bereits 1964 ; nur fünf Jahre nach der kubanischen Revolution ; war das Land innerhalb der Hemisphäre vollständig isoliert. Das Aufkommen von Militärdiktaturen in der Mehrzahl der lateinamerikanischen Länder in den 80er Jahren verschlechterte die Position Kubas in der Region erneut ; wobei die Einbindung in den RGW zumindest für eine gewisse wirtschaftliche Freiheit sorgte. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Auflösung des RGW fand nicht nur die Epoche des Kalten Krieges ihr Ende ; sondern für Kuba stellte sich zugleich die Frage nach neuen politischen und vor allem wirtschaftlichen Verbündeten. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits einige Länder Lateinamerikas die diplomatischen Beziehungen zu Kuba wieder hergestellt ; aber Kuba war bis dahin nur in dem lateinamerikanischen Wirtschaftssystem SELA als einzigem multilateralen Gremium in der Region vertreten gewesen und realisierte weit über 80% seines Handels mit den Ostblockstaaten. Wenngleich Integrationsprojekte in Lateinamerika eine relativ lange Tradition haben ; zeichneten sich die Ökonomien in der Region bis weit in die 80er Jahre hinein eher durch geschlossene ; nationale Märkte aus ; was u.a. auf die Abwesenheit starker ; traditioneller Handelsbeziehungen zurückzuführen war. Erst gegen Ende der 80er Jahre und verstärkt in der ersten Hälfte der 90er Jahre ; nach dem Ablassen vom Modell der Importsubstitution sowie der Redemokratisierung der meisten südamerikanischen Länder ; besannen sich die Regierungen auf ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen. Im Jahr 1991 fand der erste Cumbre Iberoamericana in Mexiko statt ; im selben Jahr wurde mit dem Vertrag von Asunción der MERCOSUR gegründet ; und zwei Jahre später einigte sich die Gemeinschaft der Andenländer auf die Gründung einer Freihandelszone mit einem gemeinsamen Außenzoll. Die Nachfolgeorganisation der ALALC ; die 1980 ins Leben gerufene Asociación Latinoamericana de Integración (ALADI) ; wurde revitalisiert und zum institutionellen ?Regenschirm? für die kleineren multilateralen Integrationsprojekte in der Region. Diese Phase des ?neuen Regionalismus? in Lateinamerika fiel mit der Notwendigkeit für Kuba zusammen ; die Handelsströme neu ausrichten zu müssen und sich darüber hinaus in diesem zunehmend globalisierten Umfeld neue politische Verbündete zu suchen. Die Frage der vorliegenden Arbeit ist es ; ob ; und wenn ja ; auf welcher Grundlage eine (Re-)Integration Kubas in Lateinamerika nach dem Umbruch in Osteuropa stattgefunden hat. Hierzu werden im zweiten Kapitel der Arbeit die wirtschaftlichen und (außen-)politischen Entwicklungen des Landes vor 1989/90 dargestellt ; da diese für die Analyse der Fragestellung unabdingbar sind. Hierbei fällt auf ; dass sowohl die politischen als auch die ökonomischen Strukturen des Landes über vier Jahrzehnte hinweg rein sozialistisch-kommunistischen Regeln folgten ; was ein besonderes Verhältnis zu den Ostblockstaaten ; eine tief verwurzelte Feindschaft gegenüber den USA sowie heterogene Beziehungen zu anderen Entwicklungsländern bedingte. Die verschiedenen Entwicklungsphasen Kubas während dieser Zeit zeichneten sich eher durch graduelle ideologische Verschiebungen als durch fundamentale außenpolitische Richtungswechsel aus. Das dritte Kapitel der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung Kubas nach 1989/90 und geht neben den wichtigsten Strukturänderungen ; die als Basis für die wirtschaftliche und politische Einbindung des Landes in Lateinamerika gelten müssen ; auch auf die Außenbeziehungen des Landes ein. Den Abschluss dieses Teils bildet eine kurze theoretische Einführung in die Grundlagen und Aspekte von Integration. Es wurde hierbei deutlich herausgearbeitet ; wie die Castro-Regierung der schweren Wirtschaftkrise in der ersten Hälfte der 90er Jahre begegnete und durch eine Reform des Außenhandels- sowie Finanzsektors die nationale Ökonomie erneut stabilisieren konnte. Eine Kombination von Dezentralisierung ; Liberalisierung ; Außenöffnung (apertura) und der Ausbau neuer Wirtschaftsbereiche machte das Land relativ wettbewerbsfähig ; wobei sich die sozialen und politischen Verhältnisse nur im Detail veränderten. Durch die Einführung verschiedener neuer Gesetze (wie z.B. Decreto Ley No. 77 und 165) wurde die Grundlage für die wirtschaftliche Integration Kubas in verschiedene Märkte geschaffen. Neben dem Ausbau der Handelsbeziehungen zur Europäischen Union wurde diese Phase besonders durch die sich verbessernden wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu lateinamerikanischen Staaten geprägt. Im vierten Kapitel der Arbeit stehen die Wiederaufnahme der politischen sowie wirtschaftlichen Beziehungen Kubas in der Region und die Entwicklung der bilateralen Beziehungen im Mittelpunkt. Die Grundlage für diesen Teil bildet ein Satz von Interviews ; die in den Jahren 2000 und 2002 in Montevideo und Havanna geführt wurden. Der Autor hat hierbei den Beitritt Kubas zur ALADI im Jahr 1999 zum Anlass genommen ; die Untersuchung auf die übrigen elf Mitgliedstaaten dieser Organisation zu begrenzen. Die Auswertung der erhaltenen Antworten sowie der Entwicklung der bilateralen Beziehungen Kubas zu den ALADI-Mitgliedstaaten sollen als exemplarisch für die Beantwortung der Arbeitsthese gelten. Im vierten Kapitel der Arbeit wird kurz auf die Beziehungen Kubas zu den karibischen und mittelamerikanischen Staaten eingegangen ; jedoch gilt das Hauptaugenmerk bei der Untersuchung der ALADI ; die mit ca. 430 Mio. Einwohnern das bisher größte multilaterale Integrationsprojekt in der Hemisphäre darstellt und die potentesten Ökonomien (Argentinien ; Brasilien ; Mexiko) mit einschließt. Während sich der intraregionale Handel in Lateinamerika seit Anfang der 90er Jahre ohnehin vervielfacht hat ; konnte auch die Republik Kuba ihre wirtschaftlichen Beziehungen in dieser Region erheblich ausbauen. Neben der Tatsache ; dass Kuba durch eine offensive Außenpolitik die diplomatischen Beziehungen in Lateinamerika und der Karibik zwischen 1990 und heute fast verdoppelt hat ; wurde das Land zudem verstärkt in multilaterale Bündnisse in der Region eingebunden: 1991 nahm Kuba am ersten Cumbre Iberoamericana teil ; 1993 wurde die Comisión Conjunta mit der CARICOM ins Leben gerufen ; 1994 war Kuba Gründungsmitglied der ACS ; 1999 erfolgte der Beitritt zur ALADI und später im Jahr die Teilnahme am ersten biregionalen Gipfeltreffen zwischen Lateinamerika/ Karibik - EU ; im Dezember 2000 wurde das Land ACP-Vollmitglied und 2001 trat es dem Cariforum bei. Kuba ist bis heute das erste Land ; das der ALADI seit ihrer Gründung beitrat und hat inzwischen mit allen elf Mitgliedstaaten Kooperationsverträge abgeschlossen ; die neben dem Ausbau der Handelsbeziehungen auch den kulturellen ; sozialen und politischen Austausch fördern sollen. Wenngleich die ALADI ; die im Gegensatz zu ihrer Vorgängerorganisation ALALC keinerlei Zeitplan für die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes hat ; durch ihre flexible institutionelle Struktur oft als low profile organization tituliert wird ; hat sie sicherlich zur Katalysierung des internen Reformprozesses in Kuba beigetragen. Das Ende der Arbeit bilden Zusammenfassung und Ausblick. Hierbei werden die für die Bestätigung der Hauptthese wichtigsten Entwicklungen noch einmal kurz dargestellt und diskutiert: die innen- und außenpolitische Entwicklung Kubas vor 1989/90 ; die politische und wirtschaftliche Entwicklung nach dem Umbruch in Osteuropa ; das bilaterale Verhältnis Kubas zu den ALADI-Mitgliedstaaten ; die Außenwirkung des Landes in der Region und das derzeitige Potential für eine fortschreitende Integration Kubas in Lateinamerika. Auf Grundlage der momentanen politischen und wirtschaftlichen Stellung Kubas in der Region wird ein Ausblick für die zu erwartenden bilateralen und multilateralen Entwicklungen gewagt: Die kubanischen Gesetzesänderungen im wirtschaftspolitischen Bereich (z.B. zur empresa mixta und den parques industriales) haben zweifelsfrei den Weg für die ökonomische Integration des Landes in Lateinamerika geebnet. In politischer Hinsicht haben sich jedoch auf beiden Seiten Ressentiments bemerkbar gemacht ; die erst durch den engeren zwischenstaatlichen Kontakt und die fortschreitende Integration Kubas in Lateinamerika ins Gewicht fielen. Die in Kapitel 4 unternommene Untersuchung der bilateralen Beziehungen zwischen Kuba und den übrigen ALADI-Mitgliedstaaten hat gezeigt ; dass sich diese zwar insgesamt auf einem höheren Niveau befinden als noch vor 15 Jahren ; das es jedoch zum Teil erhebliche Schwankungen in der Qualität der Beziehungen gibt. Dies hängt zum einen von der jeweiligen Ausrichtung der einzelnen Regierungen ab ; ist aber auf der anderen Seite oftmals auch dem unnachgiebigen Standpunkt Castros zu zurechnen. Vor dem Hintergrund ; dass für eine politische Integration die internen politischen Verhältnisse eines Staates entscheidender sind als für die wirtschaftliche ; hat das sozialistische Kuba einen schweren Stand bezüglich seiner mittelfristigen politischen Einbindung in Lateinamerika. Die Untersuchung hat hierzu ergeben ; dass das anhaltend schlechte kubanisch-amerikanische Verhältnis genauso einen Stolperstein darstellt wie die zum Teil harschen verbalen Reaktionen der Castro-Regierung auf die Kritik der Menschenrechtssituation von Außen. Aufgrund ebendieser Faktoren wurden die politischen (und auch wirtschaftlichen) Beziehungen zu Argentinien ; Uruguay und Mexiko in den vergangenen Jahren nachhaltig geschädigt. Castro und sein Zögling Pérez Roque ; wie auch vor ihm Außenminister Robaina ; haben es seit Beginn der 90er Jahre geschafft ; in einem Klima von neu erwachtem Regionalbewusstsein in Lateinamerika ; viele wirtschaftliche sowie politische Brücken in der Region aufzubauen und Kuba aus der Isolation zu führen. Die Reintegration Kubas in die Region hat stattgefunden ; obwohl letztendlich der Zusammenbruch des Ostblocks den entscheidenden Ausschlag hiefür gegeben hat. Kuba betreibt heute fast ein Drittel seines gesamten Außenhandels mit der ALADI und hat gute Chancen ; diesen Anteil mithilfe der komparativen Vorteile besonders in humankapitalreichen Sektoren (z.B. pharmazeutische Industrie ; Tourismus) in Zukunft weiter auszubauen. Wichtig wird jedoch sein ; dass die kubanische Regierung ; allen voran der Protagonist Castro ; die wertvollen bilateralen und multilateralen Beziehungen nicht durch die Adaption einer unsachdienlichen caudillo-Diplomatie immer wieder aufs Spiel setzt. Mit Venezuela ; Brasilien und Mexiko hat Kuba potente Verbündete in der Region ; und die neuen Entwicklungen des FTAA-Projekts haben deutlich gezeigt ; dass Kuba trotz der geplanten Umsetzung der gesamtamerikanischen Freihandelszone bis Januar 2005 nicht zwangsläufig mit einer erneuten Isolation in der Region rechnen muss. Die bis dato unnachgiebige Verhandlungsweise der USA bezüglich politischer und wirtschaftlicher Kompromisse innerhalb der FTAA lassen es momentan wahrscheinlicher erscheinen ; dass zunächst bilaterale Handelsabkommen geschlossen werden ; was für Kuba den Vorteil hätte ; sich regional noch besser positionieren zu können.
Die Kirche in Lateinamerika hat für die Profilbildung wissenschaftlicher Theologie im 20. Jahrhun-dert eine Reihe von theoretischen Entwürfen vorgelegt, die für die Programmatik der Theologie ins-gesamt grundlegend und richtungweisend sind. In der europäischen Rezeption wird jedoch zu wenig beachtet, dass sich hinter dem Sammelbegriff "Theologie der Befreiung" eine Reihe sehr differenzier-ter Konzeptionen verbergen, die in je unterschiedlichen kulturellen Kontexten die Evangelisierung thematisieren. Der Fokus der vorliegenden Arbeit richtet sich auf die andine Region Nordperus und insbesondere die Diözese Cajamarca unter der Amtszeit des Bischofs José Dammert Bellido (1962-1992). Die vorliegende Arbeit von Wilhelm Knecht ist im Rahmen eines Gesamtprojekts "Partner-schaftsarbeit der Kirche in Deutschland und in Peru. 30 Jahre Pastoral in Cajamarca", das von 1997-1999 von den Bistümern Bamberg, Eichstätt und Würzburg und anschließend bis 2002 von der DFG gefördert wurde, entstanden. Ziel dieses Projekts war es, die wechselseitige Bedeutung von Partner-schaften zwischen Deutschland und Peru exemplarisch herauszuarbeiten, ihre Entstehungsgeschichte nach dem Konzil zu dokumentieren und die Veränderungsprozesse zu analysieren. Einschneidende Zäsur war hierbei der altersbedingte Amtsrücktritt von Bischof Dammert 1992 und die theologische und kirchliche Neuorientierung seines Nachfolgers. Literarische Grundlage der vorliegenden Arbeit ist neben den vor allem kirchengeschichtlichen Publikationen Bischofs Dammerts, umfangreiches unveröffentlichtes Archivmaterial sowie von Knecht durchgeführte Umfragen. Der wissenschaftliche Anspruch dieser Arbeit und deren Bedeutung besteht darin, dass sie eine au-thentische Dokumentation des kirchlichen Aufbruchs in Lateinamerika seit 1962 ist. Sie dokumentiert einen Prozess der Befreiung und der danach folgenden Theologie der Befreiung. Dies wird am kon-kreten Beispiel einer Diözese gezeigt – ausgehend von der Praxis und den handelnden Personen. Kapitel II "Cajamarca – eine Diözese in den Anden" erstellt eine Situationsanalyse des Bistums Ca-jamarca unter Einbeziehung geografischer, historischer, politischer, ökonomischer und kirchlichen Gegebenheiten. Kapitel III "Der Glaube und die Kultur der Menschen von Cajamarca" behandelt die andine vorchrist-liche Kosmovision, deren fundamentales Charakteristikum die Relationalität aller Wirklichkeit bildet, in die auch der Mensch eingebunden ist. Volksreligiosität und andine Kosmovision konnten zur Legi-timierung politischer und kirchlicher Herrschaft dienen und sich wechselseitig stützen. Kapitel IV behandelt "Die soziale und pastorale Arbeit von Bischof Dammert". Dammert steht exem-plarisch für die kirchliche Erneuerung in Peru und Lateinamerika nach dem Konzil überhaupt. Er war maßgebend an der Konferenz von Medellín beteiligt und Präsident der peruanischen Bischofskonfe-renz. Kapitel V "Das Evangelium der Campesinos von Bambamarca" behandelt die Umsetzung des neuen Pastoralkonzepts in der Pfarrei San Carlos de Bambamarca. Sie hatte Vorbildfunktion und war das Vorzeigeprojekt der Diözese. Erstmals seit 400 Jahren lag der Schwerpunkt pastoraler Tätigkeit bei der einheimischen Landbevölkerung, die von den Kolonialherren und ihren Nachfahren seit eh und je vernachlässigt war. Der erste Pastoralkurs 1963 ist der Beginn einer Befreiungsgeschichte. Die Neu-evangelisierung verändert das soziale Ordnung der Campesinos, den Umgang der Generationen und nicht zuletzt auch das Verhältnis der Geschlechter. Publizistisch findet dieser Aufbruch in der Zeitung "El Despertar de los Campesinos". International Aufsehen erregte das von den Campesinos verfasste Glaubensbuch "Vamos Caminando". Eine weite-re Neuerung stellt die Institution der Ronda dar, die sich zu einer Instanz demokratischer Selbstver-waltung der Comunidad entwickelte. Die vorliegende Dissertation von Knecht wird ihrer Zielsetzung, eine authentische Dokumentation der nachkonziliaren Neuevangelisierung in der Diözese Cajamarca zu leisten, in hervorragendem Maße gerecht. Die aufgeführten Detailinformationen sind äußerst umfangreich und belegen sachhaltig und kenntnisreich die Tragweite des Pastoralkonzepts von Bischof Dammert. Dessen Bedeutung wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass Gustavo Gutiérrez diese befreiende Pastoral vor Augen hatte, als er die "Theologie der Befreiung" verfasste. Knecht gelingt es hervorragend, die Differenz zwischen der ersten und zweiten Evangelisierung anschaulich zu beschreiben. Die Vielfältigkeit des von ihm he-rangezogenen Materials ist beeindruckend. Hier wird insgesamt das spezifische Profil einer auf andi-ner Grundlage verfassten Ortskirche zur Sprache gebracht. Die kirchengeschichtliche Bedeutung Bi-schof Dammerts nicht nur für Peru, sondern für ganz Lateinamerika ist eindrucksvoll dargelegt. Die von Knecht hervorgehobene eigenständige Praxis der andinen Basisgemeinschaften ist in dieser Aus-führlichkeit bisher nicht behandelt worden. ; The church in Latin America submitted a set of theoretical drafts for the profile formation of scientific theology in the 20th century, which are fundamental and indicative for the programmability of theology as a whole. In the European reception, however, it is barely considered that behind the comprehensive term "theology of liberation" a number of very differentiated conceptions hide, which make the evangelization a subject of discussion in particularly different cultural contexts. The focus of this dissertation is directed towards the andine region of North Peru and in particular the diocese Cajamarca at the office of bishop José Dammert Bellido (1962-1992). The present work of Wilhelm Knecht was developped in the context of an overall project "partnership of the church in Germany and in Peru - 30 years Pastoral in Cajamarca", which was promoted from 1997-1999 by the dioceses Bamberg, Eichstätt and Würzburg and afterwards until 2002 by the DFG. The goal of this project was the exemplary work-out of the mutual meaning of partnerships between Germany and Peru, the documentation of their history after the council and the analyzation of the processes of changes. A drastic break was here the age-related office resignation of bishop Dammert in 1992 and his successor's theological and clerical re-orientation. The literary basis of the present work, besides the clerical -historical publications of bishop Dammert, is an extensive unpublished archives material, particularly from Dammert's blank archive at the Instituto Bartolomé de las Casas in Lima, as well as inquiries accomplished by Knecht. The scientific requirement of this work and its meaning consist of the fact that it is an authentic documentation of the clerical departure in Latin America since 1962. It documents a process of liberation and the following theology of liberation. This is shown by the concrete example of a diocese - on the basis of practice and the acting persons. Chapter II "Cajamarca - a diocese in the Andes" provides a situation analysis of the diocese Cajamarca created in 1908 including geographical, historical, political, economic and clerical conditions. Chapter III "The faith and the culture of the people of Cajamarca" treats the andine pre-christian cosmovision, whose fundamental characteristic forms the relationality of all reality, into which also the man is merged. Popular religiosity and andine cosmovision could serve to legitimate political and clerical rule and they could support themselves mutually. Chapter IV treats "The social and pastoral work of bishop Dammert". He was the charismatic figure of the second evangelization in Cajamarca. Dammert, however, stands also exemplary for the clerical renewal in Peru and Latin America after the council at all. He was considerably involved in the conference of Medellín and he was president of the Peruvian bishop conference Chapter V "The gospel of the Campesinos of Bambamarca" treats the conversion of the new pastoral concept in the parish San Carlos de Bambamarca. It had an example function and was the pilot project of the diocese. For the first time for 400 years the emphasis of pastoral activity has been focused on the native Campesinos, who have always been neclected by the conquistadors and their descendants. The first pastoral class in 1963 was the beginning of a liberation history. The re-evangelization changed the social order of the Campesinos. This departure can be found journalistically in the newspaper "El Despertar de los Campesinos". The faith book "Vamos Caminando" written by the Campesinos made internationally a great stir. A further innovation represented the institution of the Ronda. The present dissertation of Knecht fulfils its objective to accomplish an authentic documentation of the post-council re-evangelization in the diocese Cajamarca in an excellent way. The specified detailed informations are extremely extensive and they prove objectively and experienced the consequence of the pastoral concept by bishop Dammert. His importance is not proven at least by the fact that Gustavo Gutiérrez took this liberating pastoral as the basis for his work "The theology of liberation". Knecht succeeds brilliantly to describe descriptively the difference between the first and second evangelization. The variety of the material he consulted is impressing. In spite of a clear positioning, the difficulties and conflicts are also focussed. The clerical-historical meaning of bishop Dammert not only for Peru, but for completely Latin America is impressively stated. The independent practice of the andine basis communities emphasized by Knecht was so far not treated in this detailedness.
Trotz des erheblichen Ausmaßes der Bodenerosion in vielen Entwicklungsländern ist bislang weitgehend unklar, welches ihre wesentlichen anthropogenen Ursachen sind, und damit auch, wo Politiken und Maßnahmen für den Erhalt der Nahrungs- und Produktionsressource Boden ansetzen sollten. Jenseits unmittelbarer natürlicher und landnutzerischer Ursachen stehen heute sozioökonomische Faktoren im Mittelpunkt der Diskussion, von denen angenommen wird, daß sie die Anbau- und Bodenschutzentscheidungen der Landnutzer und darüber das Ausmaß an Bodenerosion beeinflussen, insbesondere: (i) verstärkte Armut, (ii) zunehmender Bevölkerungsdruck, (iii) verzerrte Agrarpreise, (iv) unangepaßter technischer Fortschritt sowie (v) unsichere Landbesitzverhältnisse. Der Bedeutung dieser Bestimmungsfaktoren wird vorwiegend im Rahmen produktionsökonomischer Ansätze und der Theorie der Induzierten Innovation nachgegangen. Allerdings wird die Wirkung einzelner Ursachen in der Literatur sehr unterschiedlich eingeschätzt. So wird beispielsweise in eher optimistischen Szenarien davon ausgegangen, daß Armuts- und Bevölkerungsdruck langfristig zur Entwicklung und Verbreitung bodenschonender Innovationen führen. In negativen Szenarien überwiegen hingegen Stimmen, die gerade in diesem Druck bei gleichzeitigem Preisdruck die wesentlichen Ursachen für die kurzsichtige Übernutzung des Bodens sehen. Empirische Studien zur Fundierung der kontrovers diskutierten Hypothesen liegen bislang nur für einen jeweils begrenzten lokalen Kontext vor und sind kaum verallgemeinerbar. Vor diesem Hintergrund bieten die Daten der ersten weltweiten Erhebung zum Stand der Bodenerosion (GLASOD, UNEP/ISRIC, 1991) nunmehr die Möglichkeit, sozioökonomische und landnutzerische Determinanten der Bodenerosion auf überregionaler Ebene empirisch zu untersuchen. Anhand der Aggregation und Analyse der im GLASOD enthaltenen Informationen wird zunächst deutlich, daß Afrika und Südostasien flächenmäßig mit jeweils rd. 4,5 Mio km2 am meisten zur Degradation durch Bodenerosion und Nährstoffverluste[1] in Entwicklungsländern beitragen, während der Anteil erodierter Fläche an der jeweiligen Gesamtfläche des Subkontinents[2] in Südwestasien (37%), Mittelamerika und Südostasien (jeweils rd. 25%) am höchsten ist. Extrem stark erodierte Länder finden sich v.a. in Mittelamerika und Afrika: In El Salvador, Haiti und Costa Rica sind zwischen 60% und 90% der jeweiligen Landesfläche betroffen. In Afrika sind vor allem die nord- und westafrikanischen Sahelländer Tunesien, Mauretanien, Libyen, Niger, Burkina Faso und Mali, im Osten die Hochlandstaaten Burundi und Rwanda sowie schließlich die Kapverdischen Inseln, besonders stark erodiert (40% bis 80% der Landesfläche). Wassererosion hat den größten Anteil an der Erosionsfläche, in Mittelamerika und Südostasien sind sogar mehr als 70% der erodierten Fläche von Wassererosion betroffen. Für die empirische Analyse der Zusammenhänge zwischen Bodenerosion und möglichen Bestimmungsfaktoren wird ein exploratives, ökonometrisches Vorgehen auf Grundlage nationaler Daten gewählt[3]. Die spezifische Aufeinanderfolge verschiedener Korrelations-, Faktoren- und Regressionsanalysen wird der großen Anzahl in Frage kommender Indikatorvariablen für mögliche Erosionsdeterminanten sowie den zu erwartenden Problemen der Multikollinearität und Modellspezifizierung in besonderem Maße gerecht. Letztere ergeben sich einerseits aus anzunehmenden Abhängikeiten unter verschiedenen Erosionsdeterminanten. Andererseits macht der latente Charakter[4], den die aus einem mikroökonomischen Kontext abgeleiteten Erosionsursachen auf aggregierter Ebene haben, es notwendig, für jede der angenommenen Determinanten verschiedene, u.U. korrelierte Indikatorvariablen zu definieren, was zusätzlich Kollinearität bedingt. Für Bodenerosion werden auf der Basis der national aggregierten GLASOD-Daten verschiedene Erosionsindizes definiert, die prinzipiell den von Wasser- und Winderosion sowie durch Nährstoffverluste betroffenen Anteil der nutzbaren Landesfläche wiedergeben. Die Datengrundlage für mögliche Erosionsdeterminanten wird ausgehend von Datensammlungen internationaler Organisationen für den Zeitraum 1961-1990 zusammengestellt. Für eine große Anzahl der in der Literatur diskutierten sozioökonomischen, landnutzerischen und auch natürlichen Rahmenbedingungen können repräsentative Indikatorvariablen definiert werden. Mangels geeigneter Indikatoren und Daten bleiben allerdings die Art und Sicherheit der Landbesitzverhältnisse unberücksichtigt. Insgesamt umfaßt die Datengrundlage rund 150 Variablen. Die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen zwischen den Erosionsindizes und möglichen Determinanten dienen einer ersten Einschätzung der Zusammenhänge. Sie zeigen, daß länderübergreifend insbesondere Variablen des Bevölkerungsdrucks sowie der durchschnittliche Waldanteil mit dem Ausmaß Bodenerosion in Zusammenhang stehen. Die Abholzungsraten in den 80er Jahren sind vor allem mit dem Ausmaß der Wassererosion korreliert. Bei Betrachtung der Länder mittleren Klimas[5] können Zusammenhänge mit Variablen nachgewiesen werden, die die Landnutzungsintensität und die Ausdehnung der tatsächlichen Nutzfläche in Relation zur potentiellen Nutzfläche wiedergeben. Weiterhin stehen in der mittleren Klimazone tendenziell sinkende Produzentenpreise für Agrarprodukte in Zusammenhang mit dem Ausmaß der Erosion. Erwartungsgemäß ist die Bedeutung natürlicher Faktoren für einzelne Erosionsformen und Klimazonen charakteristisch. Insgesamt scheinen Variablen, die das Ergebnis einer vermutlich längerfristigen Entwicklung wiedergeben, mehr Bedeutung für das Ausmaß der Erosion zu haben als solche, die Veränderungen im Referenzzeitraum 1961-1990 erfassen. Anhand verschiedener Faktorenanalysen für 62 Variablen und 73 Länder mit annähernd vollständigen Datensätzen können sodann strukturelle Zusammenhänge unter der Vielzahl möglicherweise relevanter Erosionsdeterminanten aufgedeckt und die Variablenanzahl auf Grundlage dieser Zusammenhänge auf eine geringere Anzahl weitgehend voneinander unabhängiger Größen reduziert werden. Es zeigt sich, daß die Struktur der Variablen durch etwa zehn gut interpretierbare Faktoren bei rd. 75% erklärter Gesamtvarianz klar wiedergegeben werden kann, und daß diese Faktoren auch bei Variation der Ausgangsvariablen sowie der Faktorextraktions- und Rotationsmethode stabil bleiben. Bemerkenswert ist, daß viele der Faktoren einen deutlichen Bezug zu den in der Literatur diskutierten Wirkungsketten unter möglichen Erosionsdeterminanten haben. So werden in dem für die Erklärung der Gesamtvarianz wichtigsten Faktor Variablen gebündelt, die die langfristige Intensivierung der Landnutzung im Zusammenhang mit strukturellem Bevölkerungsdruck und begrenzter Verfügbarkeit landwirtschaftlich nutzbarer Flächen erfassen. Weitere wichtige Faktoren beziehen sich auf strukturelle Armut in Verbindung mit erhöhtem ländlichen Bevölkerungswachstum; auf die mit Bevölkerungsdruck einhergehende langfristige wie auch rezente Expansion der landwirtschaftlichen Nutzfläche und Abholzung von Naturwald; auf Entwicklungswege, die eher auf die Produktion hochwertiger Produkte statt auf eine Flächenexpansion abzielen. Für die Preisentwicklung im Referenzzeitraum kann anhand einer Faktorenanalyse mit reduzierter Länderanzahl[6] gezeigt werden, daß ein Zusammenhang zwischen langfristig geringen oder negativen Preiszuwächsen im Agrarsektor und dem Faktor "Rezente Abholzungsraten" besteht. Um die relative Bedeutung dieser Faktoren für Bodenerosion zu quantifizieren, werden schrittweise Regressionsanalysen mit Bodenerosion als abhängiger Variablen und ausgewählten Repräsentantenvariablen für jeden Faktor als angenommenen unabhängigen Variablen durchgeführt[7]. Es lassen sich drei besonders relevante anthropogene Entwicklungen identifizieren, anhand derer das Erosionsausmaß bis zu rund 75% erklärt werden kann: (1) die langfristige, historische Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Kosten des Waldbestandes in Zusammenhang mit einem Gesamtbevölkerungsdruck, der gegen Ende der 80er Jahre die agrar-ökologische Tragfähigkeit überschreitet; (2) die rezente Abholzung von Naturwald, die in Zusammenhang mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung zu sehen ist. Hier scheinen weniger der Druck der Agrarbevölkerung und die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche - also die Produktionsseite - im Vordergrund zu stehen, als vielmehr der Druck der Nachfrageseite, in Kombination mit einem tendenziell sinkenden Agrarpreisniveau, das den Expansionsdruck auf das Land verstärkt hat. (3) Die langfristige, bevölkerungsdruckinduzierte Intensivierung der Agrarproduktion, vor allem durch Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland, verkürzte Brachezeiten und erhöhte Viehbesatzdichten. Ein weiteres Ergebnis ist, daß in keinem Fall ein wesentlicher Einfluß von Armut auf das landesweite Ausmaß der Bodenerosion nachgewiesen werden kann - wie bereits die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen für immerhin 15 verschiedene Armutsindikatoren vermuten lassen. Es bestehen Unterschiede in den Erklärungsmustern für verschiedene Erosionsformen und Klimazonen. Die rezenten Abholzungsraten haben für Wassererosion, insbesondere in Ländern der extrem humiden Klimazone, herausragende Bedeutung. Zusätzlich zu den Faktoren (1) und (2) ist die Intensität der landwirtschaftlichen Produktion (3) vor allem für Wassererosion und in Ländern der mittleren Klimazone von Bedeutung. Hier ist auch die negative Wirkung einer sinkenden Agrarpreisentwicklung am stärksten. Gleichzeitig gilt hier: je eher der eingeschlagene Entwicklungsweg auf die Produktion hochwertiger Produkte im Gegesatz zur reinen Flächenexpansion abzielt, desto geringer ist das Erosionsausmaß. Für das Ausmaß der Winderosion und der Degradation durch Nährstoffverluste hingegen sind insbesondere die agroklimatischen Bedingungen ausschlaggebend. Die als erosionsrelevant identifizierten anthropogenen Rahmenbedingungen sind mit zentralen theoretischen Hypothesen konsistent. Fraglos gehören sie eher zu den Größen, deren kurzfristige Beeinflussung durch politische Maßnahmen schwierig ist. Dennoch können folgende Ansätze für eine Schwerpunktsetzung bei der Gestaltung von Politikmaßnahmen zur wirksamen Erosionsverminderung abgeleitet werden: Die Reduktion des Bevölkerungsdrucks durch eine an die natürlichen Bedingungen und relativen Faktorknappheiten angepaßte Erhöhung des Produktionspotentials, gerade auch in Regionen mit relativ niedrigem Potential. Eine stärkere Fokussierung auf Forstpolitiken bzw. auf eine Regulierung der kommerziellen Nutzung von Wäldern, vor allem in humiden Klimazonen. .Eine selektive, langfristig angelegte Verbesserung der incentive-Struktur für bodenschonende Produkte und Anbaumethoden über wirtschaftspolitische Eingriffe sowie durch verbesserte institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen. Von Politiken zur Armutsbekämpfung ist hingegen nicht zu erwarten, daß sie maßgebliche Impulse zur Verminderung der Bodenerosion geben können. Es muß jedoch immer präsent bleiben, daß arme Landnutzer sicherlich am stärksten und häufig existentiell von Erosionsschäden betroffen sind. Die Qualität zukünftiger Forschungsbemühungen auf globaler Ebene wird vor allem von der zukünftigen Datenverfügbarkeit und -qualität bestimmt: Für den Stand der Bodenerosion sind Informationen für verschiedene Zeitpunkte erforderlich; für anthropogene Erosionsdeterminanten eröffnen georeferenzierte Daten der Forschung gänzlich neue Perspektiven. Parallel zu überregionalen Analysen sind weitere lokale, sub-nationale Studien unbedingt notwendig, um umfassend zu ergründen, warum und welche Landnutzer die Ressource Boden in einem konkreten sozioökonomischen Kontext degradieren. Fußnoten: [1]Neben der Wasser- und Winderosion wird eine weitere Degradationsform, der Verlust von Nährstoffen und organischer Substanz, mitberücksichtigt und vereinfachend mit "Nährstoffverluste" bezeichnet.[2]Gemeint ist die nutzbare Landesfläche, Ödland ausgenommen. [3]Georeferenzierte Daten liegen derzeit für sozioökonomische Erosionsdeterminanten noch nicht vor.[4]D.h. Größen, von denen a priori nicht bekannt ist, wie sie beobachtet und gemessen werden können. [5]Dies sind Länder, in denen weder extrem aride noch extrem humide Bedingungen vorherrschen. [6]Für die entsprechende Variable liegen nur Daten für 56 Länder vor.[7]Umgekehrte Wirkungen der Erosion auf die als unabhängig angenommenen anthropogenen Variablen sind im Betrachtungszeitraum - bis auf die Armutswirkung starker Erosion - unwahrscheinlich. ; By the end of this century, soil erosion has reached an alarming extent in many developing countries. Still, uncertainty prevails regarding the human-induced causes of soil erosion. In consequence, many efforts to design efficient anti-erosion policies and instruments remain erratic. The actual discussion about human-induced causes of soil erosion focusses on socioeconomic factors that assumably influence the land users´ decisions on agricultural production and soil protection, and, hence, the degree of soil erosion. The most frequently discussed factors are: (i) poverty, (ii) population pressure, (iii) biased agricultural prices, (iv) the introduction of inadequate technical innovations and (iv) insecurity of land tenure. They are basically deduced from and discussed on base of production theory and the theory of induced innovation. Nevertheless, the different views on the importance to be assigned to the single factors are quite controverse. For example, in a rather optimistic scenario, it is argued that poverty and population pressure lead to the development of soil-conserving innovations in the long run. On the other side, poverty and population pressure, in combination with falling agricultural prices, are assumed to lead to a short-termist overuse of the soil. Empirical evidence that supports some of the controverse hypotheses on the causes of soil erosion is restricted to local studies based on local data on soil erosion, their results can hardly be generalized. In this context, the spatial data compiled within the global assessment of human-induced soil degradation (GLASOD; UNEP/ISRIC, 1991) for the first time permits a large-scale empirical analysis of socioeconomic and landuse factors relevant to erosion. By aggregating the information of the GLASOD data, countries and regions whith marked soil erosion can be identified. While Africa and Asia most contribute to the extent of soil erosion and the loss of nutrients[8] in absolute terms (4,5 mio sqkm each), it is in Southwest Asia (37%), Central America and Southeast Asia (25% each), where the proportion of of the land area - excluding wastelands - that is affected reaches the highest levels. Looked at on a national level, countries with an extreme extent of soil erosion are to be found in Central America and Africa: In El Salvador, Haiti and Costa Rica, 60 to 90 percent of the land area[9] are affected. In Africa, Sahelian Countries as Tunesia, Mauretania, Libya, Niger, Burkina Faso and Mali, as well as the eastafrican highlands of Burundi and Rwanda, and also Cape Verde show the highest proportions of eroded land area2 (40 to 80 %). Water erosion is the most widespread type of erosion, in Central America and Southeast Asia it even contributes with about 70% to the area affected by erosion and the loss of nutrients1. The methodological approach chosen for the empirical analysis of human-induced causes of soil erosion is an explorative, econometric one, based on national cross-country data[10]. A specific combination of correlation analyses, factor analysis, and regression analysis is designed, that can handle the great number of possible indicators for the assumed causes of erosion, and cope with related problems of multicollinearity and model specification. Those problems result from supposed interrelationships among different human-induced causes of soil erosion. At the same time, many of the causes of erosion have a latent character when considered on a national level[11], since they are deduced from a microeconomic context. This makes it necessary to define various indicator variables for each of them, which, again, implies additional multicollinearity. On the basis of the aggregated GLASOD data, a set of operational variables for soil erosion is defined. They basically indicate the proportion of a country´s degradable land area (i.e. land area minus wastelands) that is eroded through wind, water, or degraded by the loss of nutrients and organic matter by the end of the 80´s. In turn, the database for possible determinants of erosion is compiled departing from standard international data sets for the time span 1961-1990. Representative indicators can be defined for many of the causative factors discussed in literature, as well for socioeconomic ones, as for landuse, and also for natural factors. They are adapted in a way that they not only best fit and capture the hypothesized determinants, but also the ecological and timely dimension of the analysis. One important field that is not covered is land tenure. The resulting database comprises about 150 variables for possible causative factors, with a varying number of country-data available. The results of correlation analyses between the indicator variables for soil erosion and for possible causative factors facilitate a first assesion of relevant relationships. They show, that variables that quantify population pressure and the proportion of forested area are correlated with soil erosion for all countries. Deforestation rates in the 80´s are especially related to water erosion. Considering only countries without extreme climatic conditions[12] correlations are found between soil erosion and variables for the intensity of land use and the degree of expansion of the agricultural frontier. Producer price declines for relevant agricultural products are also found to be correlated with soil erosion in these countries. Corresponding to theoretical assumptions, the importance of different natural factors vary for different types of erosion and climatic zones. Altogether, variables that express structural conditions and can be regarded as the outcome of historical, long-term developments, seem to have stronger correlation with the extent of soil erosion than variables that quantify changes that took place within the time span under consideration, 1961 to 1990. The next methodological step consists in different factor analyses for 62 of the variables that express possible causative factors and for 73 countries with approximatively complete data sets. The principal objectives are to detect structural interrelationships among the multitude of variables and to reduce their number on the basis of these interrelations, in a way to obtain a set of variables that are largely independent of each other. It turns out that the structure of the 62 variables under consideration can clearly be reproduced by about 10 factors, with about 75% of their total variance being explained. These factors prove to be robust with respect to changes in the set of included variables, and in the methods of extraction and rotation. It is noteworthy, that many of the identified factors refer to cause-effect relationships that are discussed in literature. For instance, the factor that explains the greatest part of total variance, combines variables that quantify the long-run intensification of land use with others that stand for structural population pressure and a limited buffer for the expansion of the agricultural area. Other important factors relate to structural poverty, in combination with high rates of rural population growth; to the long-term and recent deforestation and to total population pressure; to development paths that aim at sopisticated animal procuction and permanent culture rather than at a mere expansion of the agricultural area. Other factors stand for the prevailing natural conditions. Based on a factor analysis for a reduced number of countries, it can be shown that declinig aggregate agricultural producer prices[13] are associated with the factor ´recent deforestation rates´. To quantify the relative importance of the identified factors, stepwise regression analyses are then carried out, with soil erosion as the dependent variable and selected representative variables for each of the factors as presumed independent variables[14]. Three human-induced factors, or developments, show to have particular relevance for the extent of soil erosion, that they can explain to up to 75%: (1) the long-run historical expansion of the agricultural frontier at the expense of the forested area, in combination with a population pressure well above the corresponding supporting capacities in the 80´s; (2) recent deforestation rates in conjunction with total population growth. This effect can rather be associated with a growth of demand for agricultural and forestral products and declining agricultural prices than with pressures directly resulting from agricultural population and expansion; (3) the long-run intensification of land use, mainly throug the conversion of permanent pastures to arable land, the shortening of fallow periods, and the increase of animal densities. This type of intensification is associated with and possibly induced by high structural population pressure in agricultural areas. Another important result is that poverty seems to have minor impact on the extent of soil erosion at the aggregate, national level. None of the included variables that represent the factor ´poverty´ shows a significant relative impact, neither in the models for the sum of erosion nor for specific types of erosion or climatic zones. This fact supports the low correlation coefficients for altogether 15 different poverty indicators that were calculated in the context of simple correlation analysis. Specific models for specific types of erosion and climatic zones show that there exist characteristic patterns of explanation for each type and zone. Recent deforestation rates and the associated features (factor (2))are particularily important in the explanation of water erosion, especially in countries with predominant humid climate. The impact of production-intensity in terms of factor (3) is specific for water erosion, and for countries without extreme climatic conditions, together with the factors (1) and (2). This is also where the negative effect of declinig agricultural prices appears to be strongest. At the same time, the development of sopisticated animal procuction and the growth of the area under permanent culture in contrast to a mere expansion of the agricultural area seem to be favourable to the soil in this context. In the explanation of wind erosion and loss of nutrients, natural factors are in the foreground. The identified, human-induced pressures related to long-term population growth, intesification, agricultural price decline and recent deforestation are consistent with important theoretical hypotheses. Those pressures are clearly not of the type that can be overcome over night through political intervention. Nevertheless, they lead to the following areas of intervention that should be given priority in the design of policy measures for the reduction of soil erosion: A reduction of population pressure through an increase in site-specific production potentials, based upon innovations that match the prevailing agro-ecological and economic conditions. Special attention should be given to low potential areas.A stronger focus on forest policy and the regulation of commercial forest use especially in the humid zone.A selective, long-term improvement of economic incentives for the production of soil-conserving crops with soil-conserving methods, by means of economic policy as well as through improved institutional conditions. Policies that aim at the reduction of poverty can not be expected to play a decisive role in the reduction of soil erosion. In spite of that, it is most necessary that policy makers keep in mind that the poor certainly are most affected by and vulnerable to erosion damages. At a global scale, the quality of future research on the topic will largely be determined by data availability and quality: concerning soil erosion, information at different points in time is necessary; for anthropogenic factors, spatial datasets will bring a new dimension into scientific research. Parallel with global analyses, further in depth local studies are necessary for a comprehensive and detailed insight into why and which land users degrade the resource they depend on in a specific socioeconomic context. footnotes: [8]The loss of nutrients and organic matter, independent of soil erosion, is also considered and is abbreviated with the term ´loss of nutrients´ in this text. [9]Again, it is the land area excluding wasteland that is being referred to. [10]Spatial data sets are not avaiable yet for socioeconomic factors related to soil erosion. [11]I.e. it is not known a priori, how these causes can be measured and quantified. [12]I.e. countries without predominant arid, hyper-arid or humid agroclimatioc conditions. [13]The availability of data for the variable in cause is limited to 56 coutries. [14]Reciprocal effects that soil erosion might have on anthropogenic factors are not very likely to occurr within the considered time span, except a possible increase of poverty due to erosion.