"Anfang 2007 brachen auf der Insel Pantar im Osten Indonesiens Unruhen zwischen zwei Ethnien, den Mauta und den Bara aus. Durch die betroffenen, aber nicht beteiligten Dia'ang wurden diese Ausschreitung als religiös motiviert gedeutet. Diese Interpretation spiegelt die Angst der Dia'ang wider, aufgrund ihrer christlichen Konfession Opfer von Angriffen zu werden. Diese Deutung zeigt, wie fragil das scheinbar friedliche Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen auf Pantar ist und welche tiefen Spannungen hinter dieser idyllischen Fassade bestehen." (Autorenreferat)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 4236-4242
"Der theoretischen Konzeption der Ad-hoc-Gruppe entsprechend präsentiert sich der Vortrag zweigeteilt. In einem ersten, konstruktionstheoretischen Teil werden Ergebnisse einer laufenden Studie vorgestellt, die sich mit der Legitimationsdebatte um den jüngsten Irak-Krieg beschäftigt. Das soziologische Interesse an diesem Phänomen gilt der Verwendung der Denkfigur des Perspektivwechsels bzw. der Perspektivenreziprozität in moralischer Absicht. Es wird gezeigt, wie die vorgestellte und fiktiv eingenommene Perspektive der irakischen Zivilbevölkerung von zwei bestimmenden Teilnehmern an genannter Debatte - den Christlichen Kirchen auf der einen sowie der US-amerikanischen bzw. britischen Regierung auf der anderen Seite - inhaltlich sehr unterschiedlich bestimmt wird und dass deren jeweilige Konstrukte mit kulturell überkommenen Deutungsmustern eng verknüpft sind. Die empirischen, auf soziohistorische Bedingungen abzielenden Ergebnisse decken auf, welche Reziprozitätsvorstellungen den von diesen Gruppen vertretenen Deutungsmustern des der Christlichen Nächstenliebe bzw. des Militärischen Humanismus zugrunde liegen. Im zweiten, konstitutionstheoretischen Teil wird der Versuch unternommen, Rückschlüsse von der empirischen auf die protosoziologische Ebene zu ziehen. Im Rückgriff v.a. auf die Lebensweltanalyse von Alfred Schütz sowie auf die Philosophische Anthropologie Helmuth Plessners wird dargelegt, wie die empirischen, materialen Phänomene in universale, formale Strukturen des Sozialen eingebettet sind. Diese Analyse zielt auf anthropologische Bedingungen, auf Bedingungen der Möglichkeit, welche konkrete historische Anwendungen der Reziprozitätsformel vorstrukturieren. Mit Plessner wird argumentiert, dass die Figur des Perspektivwechsels als eine anthropologisch bedingte sich aufweisen lässt; mit Schütz, dass sie in ihrem 'Vollzug' bestimmten Strukturgesetzen folgt, wie sie sich aus den universalen Strukturen subjektiver Orientierung in der Welt ergeben." (Autorenreferat)
'Am 29. Dezember jährt sich das guatemaltekische Friedensabkommen zwischen Staat und der linksgerichteten Guerrilla URNG zum zehnten Mal. Doch die Gewalt im Land hat seitdem keineswegs ab-, sondern zugenommen, wie unterschiedliche Statistiken zu Mord und Totschlag belegen. Die Autorin untersucht die Formen und Ursachen dieser Gewalt im Frieden und stellt fest, dass es sich nicht um eine Fortführung der Kriegsgewalt mit anderen Mitteln handelt, sondern um eine Nachkriegsgewalt, die hauptsächlich krimineller und weniger politischer Natur ist. Bei den Ursachen dieser Gewalt unterscheidet die Autorin zwischen Möglichkeits- und Verhinderungsstrukturen. Möglichkeitsstrukturen bilden einen Nährboden für Gewalt, der vor allem aus einer unvollendeten Demokratisierung und einem ebenfalls unvollendeten Übergang von der sog. Rentenökonomie zur Marktwirtschaft entsteht. Verhinderungsstrukturen dagegen erreichen, dass Gewaltkriminalität trotz vorhandener Möglichkeitsstrukturen nicht zum Ausbruch kommt. Wenn sie jedoch fehlen oder schlecht funktionieren, verstärken sie die Möglichkeitsstrukturen zusätzlich. Im Falle Guatemalas fehlen tatsächlich wichtige Verhinderungsstrukturen: Vor allem im Sicherheitssektor, also bei Polizei und Justiz, gibt es erhebliche Defizite, und auch das demokratische Engagement der Zivilgesellschaft zur Gewaltvorbeugung reicht nicht aus. Die Autorin stützt ihre Studie auf rund 50 Interviews, die sie im März 2006 in Guatemala mit Akademikern, Politikern, Polizei- und Justizangehörigen, Maya-Priestern, Aktivisten von Nichtregierungsorganisationen und sogar Gewalttätern im Strafvollzug geführt hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch in von hoher Armut gekennzeichneten Gesellschaften Gewalt eingehegt werden kann. Dies kann geschehen, indem Investitionen in die verarbeitende Industrie getätigt werden, somit Arbeit gestärkt, und dafür gesorgt wird, dass der Sicherheitssektor funktioniert.' (Autorenreferat)
Der Artikel zeichnet die Entwicklung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit in der Schweiz nach und beschreibt die sich abzeichnenden Veränderungen. Dabei beschränkt sich der Autor auf die Darstellung der schulischen Bildungsarbeit. Weil sich in der Schweiz, verstärkt durch die UNO-Weltkonferenz in Rio im Juni 1992, ökologische Fragen und entwicklungspolitische Anliegen immer mehr annähern, wird wo nötig auch die Umwelterziehung in die Betrachtung einbezogen. (DIPF/Orig.)