Ausgehend von der aktuellen Diskussion über Bildung und der Forderung nach Verbesserung der Bildungsangebote spricht sich der Autor Erwin Huber (derzeit Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie) für eine Optimierung von Bildungsstrukturen und -methoden aus. Im Zusammenhang mit der beruflichen Bildung zeigt er Lösungsansätze auf und regt zu weiteren Diskussionen an. Die duale Berufsausbildung sieht er als "Erfolgsmodell". Angesichts der Auswirkungen der Globalisierung und Internationalisierung betont er die Bedeutung von Aus- und Weiterbildung als "lebenslanges Lernen". Schließlich listet er Beispiele und Projekte der Bayrischen Staatsregierung zur Förderung der beruflichen Bildung auf. (DIPF/ ssch)
"Gegenwärtig arbeiten die U.S.-amerikanischen Streitkräfte an einem umfassenden Transformationsprozess, dessen programmatisch avanciertestes und einflussreichstes Konzept 'Network Centric Warfare' lautet. Das Konzept propagiert, wie man in Anlehnung an Luc Boltanskis und Ève Chiapellos Diagnose vom 'neuen Geist des Kapitalismus' formulieren kann, einen 'neuen Geist des Krieges'. In diskursanalytischer Beobachtung erweist sich dieser neue Geist in nicht unerheblichem Maße durch Naturvorbilder und naturwissenschaftliche Denkfiguren geprägt. Die Vordenker in den amerikanischen Stabs- und Beraterstellen lesen das Verhältnis von Natur und Krieg unter der Maßgabe komplexitätstheoretischer Konzeptualisierungen von Naturzusammenhängen und bestimmen es über drei Schlüsselkonzepte: Nichtlinearität, Ko-Evolution, Schwärmen. Mit diesen Konzepten wird ein radikaler Wandel des Kriegsverständnisses und des militärischen Selbstverständnisses motiviert. Nichtlinearität stellt die Konfliktanalyse, die Kriegs- und Feindmodellierung auf eine neue Dynamik des geostrategischen Feldes und der militärischen Operationen ein. Ko-Evolution mobilisiert für eine tiefgreifende, eben netzwerkförmige, Reform der Rüstungs-, Organisations- und Operationsprinzipien, um einem unterstellten permanenten Wandel der Operationsfelder adäquat zu begegnen. Mit dem taktischen Ideal des Schwärmens wird die an Bienenschwärmen ebenso wie an neuen Gegnern bewunderte Fähigkeit zur Selbstorganisation Maßgabe militärischer Doktrin und Disziplin; sie wird mithin zur Leitlinie der Formung eines neuen Soldatentypus. Der Rekurs auf Natur leitet folglich eine programmatische Rekonfiguration des Denkens des Krieges, der Organisationskultur und des einzelnen Soldaten an. In kultursoziologischer Lektüre erweist sich das Netzwerkkonzept in seinem militärischen Gebrauch weniger als analytisch-deskriptives Instrument, denn als Mobilisierungsmetapher. Eine Metapher, die nicht allein eine Anpassung an die, nun dynamisch gefasste, Natur des Krieges propagiert. Netzwerkförmige Rekonfiguration, so eine zentrale These des Vortrags, bedeutet, Organisationsstrukturen, Operationsweisen und Kohäsionsformen der neuen Gegner zu imitieren."
'Thema sind die diskursiven Konstruktionen von Gender im von den USA angeführten Krieg gegen Afghanistan im Kontext von Laura Bushs präsidentischer Radioansprache (Nov 2001), in der von namhaften US-Intellektuellen publizierten Erklärung der Kriegsgründe in 'What we are fighting for' (Feb 2002) und das Plädoyer für die Bombardierung im Namen der Rechte unterdrückter Frauen Afghanistans aufseiten eines Segments des US-Feminismus (Jean Bethke Elshtain, Catharine A. MacKinnon; Feminist Majority Foundation). Der feministische Schulterschluss mit einem patriachalischen Imperialismus der US-Regierung reicht dabei über einen bloß strategischen Essentialismus hinaus. Deren gemeinsamer symbolischer Rahmen wird durch die moralischen Naturrechte der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gebildet. Mittels dieser werden qua retrospektiver Rationalisierung die binären Oppositionen von männlich/ weiblich, Kämpfer/ Zivilbevölkerung, il/ legitimer Krieg und Zivilisierte/ Wilde erneut bestätigt. Damit ist die Ungleichheit der Geschlechter im und durch Krieg nicht nur einer ungenügenden Umsetzung von Rechten zuzuschreiben, sondern liegt auch in deren Diskursivierung und Kategorisierung begründet.' (Autorenreferat)
'Forschungen zu Krieg und Geschlecht werden oftmals von Begrifflichkeiten wie 'Subjektivität', 'Identität', 'Konstruktion' und 'symbolische Repräsentation' angeleitet (Seifert 1996; 2003; Cockburn 1998). Strukturen, Institutionen, sozioökonomische Verhältnisse - kurzum: die materiellen Grundlagen von Gesellschaft - werden kaum systematisch in die Analyse einbezogen. Dieser Beitrag überprüft die Hypothese, dass der Wandel militärischer Geschlechterideologien auf materielle Faktoren zurückzuführen ist, insbesondere auf Veränderungen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung im militärischen und zivilen Bereich, die Folgen von Technologisierung und Spezialisierung von Ökonomie und Kriegsführung sind. Dies geschieht anhand einer theoriegeleiteten, exemplarischen Untersuchung der Darstellung von US-Soldatinnen in The New York Times in den Jahren 1990 bis 2005.' (Autorenreferat)
Der Autor geht in seiner Untersuchung über gegenwärtige Phänomene ritueller politischer Gewalt in Algerien von der Kultur- und Gewalttheorie aus, die Frantz Fanon im Kontext des Algerienkrieges entwickelt hat. Politische Gewalt soll dieser Theorie zufolge zum einen als grenzziehende Gewalt Emanzipation ermöglichen; zum anderen soll sie den Übergang von einer traditionalen Gemeinschaft in eine solidarische Gesellschaft freier und gleicher Individuen ermöglichen. Im heutigen Algerien zielt dieses Handlungsprogramm nach der Interpretation des Autors darauf ab, einerseits die Sippenverbände ('assabiya') zu zerschlagen und durch eine gesellschaftsförmige Ordnung ('umma') zu ersetzen sowie andererseits eine Grenze zwischen säkularem Staat und islamischer 'umma' zu ziehen. Übertragen auf die politische Situation in den 1990er Jahren führt dieses Programm zu paradoxen Folgen: Da der Versuch einer klaren Grenzziehung scheitert, wird Gewalt zum Dauerzustand. Vor diesem Hintergrund kann das kulturelle Muster von Frantz Fanon - so die These des Autors - die heutige Eskalation extremer und ritueller Gewalt in Algerien erklären. (ICI2)
For many years, Willy Brandt's policy on Germany and her relations to Eastern Europe has been regarded as a mere reaction to the building of the Berlin Wall in 1961. In the view of the author, however, the roots of detente can be traced back to the 1950s. Many of Brandt's speeches and articles reveal that he had started to map out the basic ideas of his later Ostpolitik as early as 1955. Even then was convinced that the two superpowers shared a common interest in avoiding mutual destruction in a nuclear war. Therefore, they were, in Brandt's view, forced to seek a policy of coexistence and detente. As he assumed there to be a nuclear stalemate between the United States and the Soviet Union, Brandt saw, long before 1961, that German unity could only be restored within the framework of a peaceful solution of the East-West-conflict. In order to promote the transformation of the communist system in the long run, Brandt favoured a policy which gave priority to economic, scientific and cultural exchange, and to humanitarian relief across the iron curtain, rather than pursuing an illusionary policy of reunification, as had been followed both by the CDU/CSU under Adenauer and by the SPD under Ollenhauer. Brandt aimed at preserving the coherence of the divided nation in both parts of Germany. Hence, Willy Brandt pleaded for extending contact and technical agreements between the governments in Bonn and East Berlin from the 1950s. (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte / FUB)
'Bei den letzten Wahlen in Bosnien und Herzegowina waren die Verluste der Sozialdemokratischen Partei SDP so hoch, dass auf den meisten Ebenen eine Regierungsbildung unter Ausschluss der nationalistischen Parteien nicht mehr möglich war. Obwohl sämtliche Parteien zunächst bekräftigt hatten, dass sie Bosnien und Herzegowina als einheitlichen Staat anerkennen, kochten in der heißen Phase des Wahlkampfs wiederholt nationalistische Themen hoch. Seit dem Abkommen von Dayton wird versucht, einen sich selbst tragenden Frieden zu etablieren. Wie bei anderen Missionen der Friedenskonsolidierung galt auch in Bosnien und Herzegowina die Demokratisierung als zentrale Aufgabe. Des Weiteren wird die Einrichtung von den Volksgruppen gemeinsamen Institutionen ebenso verfolgt wie die Einführung der Gewaltenteilung, der Rechtsstaatlichkeit und eines Gewaltmonopols, das alle Bürger gleichermaßen schützt. Der Autor untersucht, wie weit die Friedenskonsolidierung gediehen ist und was der Wahlausgang für sie bedeuten kann. Er stellt drei unterschiedliche Prognosen vor, denen eines gemeinsam ist: Externe Akteure, vor allem in Gestalt des Hohen Repräsentanten, spielen weiterhin eine Schlüsselrolle. Für sie ergeben sich eine Reihe Handlungsempfehlungen aus der jetzigen Situation. Die wichtigste davon ist, das zivile und militärische Engagement weiterzuführen, um rechtzeitig Tendenzen entgegen zu wirken, die bereits erreichte Fortschritte der Friedenskonsolidierung wieder in Frage stellen oder zunichte machen können.' (Autorenreferat)