Cyberspace hat sich zu einem wichtigen Teil in Analysen von Machtverschiebungen im internationalen System zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt. Mehr als die Hälfte der Menschheit hat heute Zugang zum Internet, dessen strategische Bedeutung mit einer zunehmenden Anzahl von Nutzern und Maschinen weiter wachsen wird. Diese kumulative Dissertation beschäftigt sich daher mit der übergreifenden Forschungsfrage "Wie beeinflusst Cyberspace Machtverschiebungen im internationalen System?" In drei Artikel und einer Monographie wird untersucht (a) warum die BRICS-Staaten sich in ihrem Verhalten im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnologie mit Blick auf die USA unterscheiden, (b) warum und wie Staaten über Proxybeziehungen auf nichtstaatliche Akteure zur Machtprojektion im Cyberrraum zurückgreifen und (c) wie Normen für den Cyberraum konstruiert werden und welche Rolle die Vereinten Nationen in diesem Prozess bisher spielen. Es ist klar, dass das Internet zu verschiedenen systemrelevanten Veränderungen beigetragen hat. Ein Hauptfaktor ist die diffusion of reach – "die Möglichkeit für Akteure Effekte aus Distanz nicht nur über regionale sondern globale Entfernungen" über das Internet zu erzeugen. Darüber hinaus lässt sich das Verhalten von Staaten auf internationaler Ebene mit Blick auf das Internet, inklusive dessen offensive Nutzung, wesentlich dadurch erklären, wie diese Regierungen den Einfluss des Internets auf ihre innerstaatlichen Verhältnisse einschätzen. Dieser Umstand erklärt auch die Anfechtung von Normen in diesem Bereich als Teil der Konfrontation zwischen offenen und geschlossen Systemen. ; Analyzing shifts of power in global affairs is no longer complete without considering cyberspace. Today more than half of the world's population has access to the Internet. As the number of people and machines connected to the Internet continues to increase, so will its strategic value and impact on international affairs. This cumulative dissertation is therefore guided by the overarching research ...
Obgleich die Disziplin der internationalen Beziehungen global sein will, bleibt sie allzu häufig von westlichen Wissenschaftlern dominiert. Doch wie kann internationale Politik anders gedacht werden? Welche Perspektiven ergeben sich auch für westliche WissenschaftlerInnen aus einem Perspektivwechsel? Und welche Herausforderungen bringt dies mit sich?
Titelblatt, Danksagung und Inhaltsverzeichnis 1\. Einleitung 4 2\. Internationale Gerechtigkeit 17 2.1 Was ist Gerechtigkeit? 17 2.2 Was ist Verteilungsgerechtigkeit? 23 2.3 Gerechtigkeitstheorien 26 3\. John Rawls 34 3.1 Eine Theorie der Gerechtigkeit34 3.2 Die Idee des politischen Liberalismus49 3.3 The Law of Peoples51 3.4 Zusammenfassung: John Rawls und globale Gerechtigkeit67 4\. Kosmopolitismus 75 4.1 Thomas Pogge81 4.2 Charles Beitz101 4.3 Brian Barry128 4.4 Zusammenfassung139 5\. John Rawls Gerechtigkeitstheorie und kosmopolitische Theorien: Vor- und Nachteile einer Realisierung 152 5.1 Anwendungsvoraussetzungen 152 6\. Die Realisierbarkeit globaler Gerechtigkeitstheorien in der gegenwärtigen Weltordnung 183 6.1 Das Verhältnis von Theorie und Praxis 183 6.2 Die Bedeutung internationaler Gerechtigkeit 186 6.3 Struktur des internationalen Systems 201 6.4 Internationale Akteure 207 7\. Schluss 230 Literatur 249 ; Die internationalen Beziehungen sind weitgehend bestimmt durch spezielle Interessen der einzelnen außenpolitischen Akteure. Gerechtigkeitsfragen spielen in den politischen Strategien eher eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die Gerechtigkeit vor allem in den internationalen Beziehungen von hoher Bedeutung. Die gerechte Verteilung von Menschenrechten, von lebensnotwendigen Grundgütern und sozialem Wohlstand trägt wesentlich zur Stabilität in den internationalen Beziehungen bei. Können Interessenkonflikte, die allein aufgrund ungerechter Verteilungen basieren, vermieden werden, so ist mit einer stabilen internationalen Ordnung zu rechnen. Den Bürgern gerechter Gesellschaften ist ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben ermöglicht, dass sie auf der Grundlage der gerechten und sicheren Lebensverhältnisse führen können. Als John Rawls 1971 seine "Theorie der Gerechtigkeit" erstmals veröffentlichte, war diese auf eine geschlossene, nationale Gesellschaft zugeschnitten. Im Laufe der Jahre entwickelte Rawls seine Gerechtigkeitstheorie jedoch fort. Er dachte zunehmend auch über internationale ...
Twitter hat sich für viele Disziplinen zu einem wichtigen Untersuchungsgegenstand und einer interessanten Datenquelle entwickelt. Jedoch wird die Kommunikationsplattform von Forscher*innen der transnationalen und Internationalen Beziehungen (IB) bislang wenig untersucht. Unter den verschiedenen sozialen Medien wird Twitter am intensivsten von politischen Akteur*innen genutzt. Dies liegt vor allem an der Zugänglichkeit, Öffentlichkeit und Schnelllebigkeit der Plattform. Twitter schafft so einen digitalen öffentlichen Diskursraum, in dem verschiedene Akteur*innen länderübergreifend und ohne Zeitverzögerung direkt miteinander interagieren können. In diesem Beitrag möchten wir aufzeigen, wie Twitter von Akteur*innen im Bereich der internationalen Politik genutzt werden kann, mit besonderem Fokus auf internationalen Verhandlungen. Abschließend erörtern wir die Möglichkeiten und Herausforderungen, die sich für Forscher*innen der IB bei der Nutzung von Twitter-Daten ergeben können. ; Twitter has become an important object of study and an interesting source of data for many disciplines. However, the communication platform has been little studied by researchers of transnational and international relations (IR). Among the various social media, Twitter is used most intensively by political actors. This is mainly due to the accessibility, publicity and fast-moving nature of the platform. Twitter thus creates a digital public discourse space in which different actors can interact directly with each other across countries and without delay. In this paper, we will show how Twitter can be used by actors in the field of international politics, with a special focus on international negotiations. Finally, we discuss the opportunities and challenges that IBR researchers may face when using Twitter data. ; info:eu-repo/semantics/acceptedVersion
Rechtsstaatlichkeit, der Respekt vor der Meinung anderer und die Nichtanwendung von Gewalt zur Lösung gesellschaftlicher Probleme gehören zu den spezifischen Besonderheiten von zivilen und demokratischen Gesellschaften. Gehen wir demzufolge von Hannah Arendt' aus und nehmen wir ebenfalls an, dass das Leben in einem staatlichen Gemeinwesen und politisch zu sein bedeutet, sämtliche Fragen durch Dialog und Überzeugungsarbeit zu lösen anstatt durch Zwang und Gewalt, dann können wir das Fehlen von institutioneller und struktureller Gewalt als Bemühen zur Schaffung einer Demokratie anerkennen. Die Menschen waren stets daran interessiert, die unterschiedlichen Formen von Gewalt aus ihrer Gesellschaft zu verbannen und an deren Stelle Frieden, Recht und Gesetz, Gerechtigkeit und Freiheit zu setzen. Die Menschen greifen aus ganz unterschiedlichen Gründen zur Anwendung von Gewaltmitteln. Zahlreiche Faktoren üben dabei einen Einfluss aus, einer davon ist die Religion. Aufgrund ihrer bitteren Erfahrungen, die die Menschen im christlichen Abendland mit der Einmischung der Religion in die Politik sowie mit Gewalt und Repression vonseiten der Kirche gemacht hatten, sahen sie in der Renaissance die Lösung für die Ausmerzung von gesellschaftlichen repressiven Zwangsmaßnahmen in der Trennung von Religion und Politik sowie dem generellen Rückzug der Religion aus dem politischen Geschehen, woraufhin allmählich im Westen eine säkulare Gesellschaftsform etabliert worden ist. In der Geschichte der islamischen Welt hingegen übte die Religion immer wieder dann, wenn sie mit der Politik verschmolz, ganz unterschiedliche Einflüsse aus. Beispielsweise waren Staat und Religion in der Epoche der ersten islamischen Kalifen maßgeblich für die Befreiung des Volkes aus Stammesfehden, Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit verantwortlich. Aus diesem Grund konnte der Islam auch innerhalb kürzester Zeit sowohl das Römische als auch das Persische Reich bezwingen. In den folgenden Jahrhunderten verlieh die Religion in der islamischen ebenso wie in der christlichen Welt den Staaten die nötige Legitimation und Stärke, die sie benötigten, um vor dem Volke zu bestehen. Dementsprechend haben wir es hier mit der Frage zu tun, welchen Standpunkt die Religionen zu Staat und Demokratie einnehmen und in welchem theoretischen Verhältnis sie zueinander stehen. Sind die historischen Erfahrungen von Islam und Christentum auf diesem Gebiet identisch? Im Gegensatz zur Trennung von Religion und Politik in der christlichen Tradition ist im Islam das Einssein'' von Religion und Politik eine unbestreitbare religiöse Tatsache; im Islam sind Politik und Religion miteinander verschmolzen, während die Unterscheidung in religiöse und weltliche Angelegenheiten im Christentum eine Verpflichtung zu doppelter Loyalität bildet. Die Trennung von Religion und Politik hatte daher in der christlichen Welt nicht immer das gleiche Ausmaß. Die Vertreter Gottes und diejenigen des Kaisers zeigten teilweise eine gegenseitige Annäherung, bisweilen wandten sie sich voneinander ab. In Anbetracht der Tatsache, dass es im Verhältnis von Religion und Politik unterschiedliche Ausprägungen gibt, sind auch differierende Ansichten über die Frage geäußert worden, in welchem Stadium ihrer Einheit Despotismus und Gewalt hervorgebracht werden. Die Beziehung zwischen Religion und Staat kann auf verschiedene Weise untersucht werden. Eine Möglichkeit besteht in der historischen Methode. Es handelt sich dabei um den Versuch, die wechselseitigen Beziehungen zwischen Religion und Regiment im Verlauf ihrer parallelen Entwicklung bei sämtlichen Völkern und Kulturen in den einzelnen Epochen aufzuzeigen. Ferner können die in einer solchen Beziehung herrschenden Prinzipien phänomenologisch analysiert werden. Die ausschließliche Anwendung jeder Methode hat ihre Grenzen. Aus der ersten Methode entstehen zahlreiche sich überschneidende Materialien, bei der zweiten Methode könnte wiederum die Beschreibung mit normativen Gesichtspunkten verwischt werden. Daher ist es ratsam, die Mitte zwischen beiden Methoden zu wählen. Es sollen die Vorteile beider Methoden genutzt und die geeigneten Elemente in eine spezielle Methode der Religionssoziologie integriert werden. Die jeweilige gegenseitige Wechselwirkung zwischen der Theologie, welche die grundlegenden Begriffe der Interpretation eines religiösen Erlebnisses formuliert, der Religionsgeschichte, die dessen Manifestationen und Entwicklungen beschreibt, und der Religionssoziologie, die die gesellschaftlichen Wirkungen religiöser Phänomene und die Vielfalt der religiösen Institutionen untersucht, wird auf diese Weise illustriert? Die Besonderheit dieser Arbeit liegt jedoch in der in ihr angewandten komparativen und interdisziplinären Methode sowie der vergleichenden soziologischen Aspekte. Diese Forschungsarbeit begrenzt sich auf die beiden ReligiAnen Islam und Christentum. Zeitlich fixiert sich die Untersuchung auf die Epoche des Mittelalters. Es wird auf zeitgenössische Entwicklungen der Religion in islamischen Ländern und auf die säkulare Epoche in den westlichen Gebieten verwiesen. In Kapitel A und B dieser Arbeit wird versucht, die Themen Islam und Christentum jeweils in Bezug auf den Staat zu analysieren, in Kapitel C sollen Ähnlichkeiten und Unterschiede aufgezeigt werden. Die vorrangige Fragestellung ist, wie das Verhältnis zwischen Religion und Staat im Islam und im Christentum aussieht und welchen Einfluss die Religion in der Geschichte auf das demokratische Verhalten und Handeln der Staaten hatte? Die nachgeordneten Fragestellungen sind: • Welche Sicht nimmt der Islam in Bezug auf Politik ein, und wie gestaltete sich die Einheit von Religion und Politik zur Zeit des islamischen Kalifats zwischen dem 7. bis 13 . Jahrhundert? • Welche Sicht nimmt das Christentum in Bezug auf Politik ein, und wie gestaltete sich die Einheit von Religion und Politik während des Mittelalters? • Wo liegen die soziologischen Unterschiede und Ähnlichkeiten bei christlichen und islamischen Staaten im Mittelalter? • Lassen sich Islam und Christentum mit Demokratie vereinbaren? • Wie entstand der Säkularismus in Europa? Ist dieses gesellschaftliche Phänomen auch in islamischen Ländern möglich?
Untersuchungsgegenstand der Arbeit ist eine neorealistische Hypothese, wonach ein Staat in der Regel auf die Vorteile einer potentiellen Kooperation verzichtet, sollte sein Kooperationspartner einen größeren Vorteil – einen relativen Gewinn – aus der Zusammenarbeit erzielen als er selbst. Zeitweilig war dies ein dominierendes Thema in der politikwissenschaftlichen Theoriediskussion zwischen Vertretern des Neorealismus und Neoliberalismus, doch hat die Debatte um die Relevanz relativer Gewinne kein allgemein akzeptiertes Ergebnis erbracht. Unter Verwendung eines spieltheoretischen Instrumentariums werden daher die verbreitetsten theoretischen Darstellungen verglichen, um Hypothesen für die anschließende empirische Überprüfung am Beispiel der amerikanisch-chinesischen Beziehungen zu gewinnen. ; The study investigates a neorealistic assumption whereby states normally abstain from gains of potential cooperations, if the other side achieved an even greater gain from that cooperation. The debate on inhibiting effects of such relative gains dominated temporarily theoretical discussions among neorealistic and neoliberal scholars, but did not yield a widely accepted result. By means of game theoretic methods common descriptions of relative gains issues are being compared to obtain a hypothesis for the empirical examination of sino-american relations.
Ausgehend von der in der wissenschaftlichen Literatur artikulierten Erwartung, dass Konflikte um die Durchsetzung oder Verhinderung regionaler Vorherrschaft in der Zukunft an Virulenz zunehmen werden, wird die Rolle und Bedeutung regionaler Führungsmächte im Rahmen verschiedener theoretischer und konzeptioneller Analyseansätze zu den internationalen Beziehungen erfasst werden. Vorgestellt werden unterschiedliche Konzeptionen von Macht und Theorien, die sich mit Machthierarchien in der internationalen Politik befassen. Es werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen regionalen Führungsmächten und traditionellen Mittelmächten herausgearbeitet, und es wird ein analytisches Konzept für regionale Führungsmächte vorgestellt. Darüber hinaus werden das Thema regionale Integration und regionale Führungsmächte sowie das Konzept der kooperativen Hegemonie diskutiert. ; Much of recent international relations literature argues conflicts to achieve or to frustrate regional dominance will become more virulent in the future. In this context we examine different approaches in international relations theory regarding the role and importance which they attribute to regional powers. We discuss diverse concepts of power and theoretical approaches that address the topics of power relations and power hierarchies in international politics. Marking differences as well as common grounds with the more traditional concept of 'middle powers', we sketch an analytical concept of regional powers adequate for contemporary international relations research. The paper concludes with reflections on the relationship between regional powers and regional integration and a short discussion of the analytical value of the concept of cooperative hegemony for the study of regional powers.
Der Formwandel internationaler Politik verändert das institutionelle Design internationaler Beziehungen (IB) von der klassischen intergouvernementalen konsensorientierten Steuerung hin zu supra- und transnationalen Institutionen, die verstärkt auch auf nationale Politiken einwirken. Aber auch auf dem Level von Gesellschaften selbst scheint die bislang primär nationalstaatlich gerahmte Agglomerationslogik einen Teil ihres Charmes zu verlieren. "Über"-nationale Kontexte spielen auch für das, des Kosmopolitismus ansonsten eher unverdächtige, Durchschnittsmitglied von Industriegesellschaften zunehmend eine Rolle – sei es durch den multinationalen Arbeitgeber, den mittlerweile auch für Einzelpersonen problemlos abzuwickelnden Fernhandel übers Internet oder den ebenfalls hier zu findenden grenzenlosen Kommunikationsraum (entsprechende Sprachkenntnisse vorausgesetzt). In diesem Aufsatz werde ich mich auf zwei Spielarten der makrosoziologischen Bearbeitung von IB-Themen konzentrieren: Forschungen zur Weltgesellschaft und Modernisierungstheorie werden an einigen Beispielen auf ihren Mehrwert in IB überprüft. Gleichzeitig werde ich diskutieren, ob sie in Verbindung mit Themen und Ansprüchen des Fachs IB selbst "globalisierungstauglich" werden und stelle im letzten Abschnitt ein vorläufiges Modell für die Konzeptualisierung der Dynamik des Formwandels des Systems internationaler Beziehungen vor. ; The institutional arrangement of international relations evolved from intergovernmental and consensus-oriented settings into a system that is increasingly characterized by supraand transnational governing. Thus international politics are gaining greater influence at the national level; simultaneously, the nationally framed horizons of the average citizens in OECD member countries gradually incorporate ever greater international content. Multinational employers, the possibility of international trading via internet and the almost unlimited space of communication are features of everyday life – at least for John Q. Citizen in the industrialized world. This paper argues for the application of macro-sociological theory in the analysis of the dynamics of change in the international system. The "world society" approach and modernization theory are discussed as possible framings for the understanding of the current form of the system of international relations and the pluralization of actors on the international level. The final section introduces a slender model for the evolution of elaborated and self-referential modes of cooperation in the realm of the international.
rezensiertes Werk: Kawaguchi, Kazuko Hirose: A Social Theory of International Law, International Relations as a Complex System (International Law in Japanese Perspective, Band 10). Leiden/Boston : Martinus Nijhoff Publishers, 2003. - 316 S. ISBN: 90-411-2158-7
Ausgangspunkt der Untersuchung sind die in der Literatur zu findenden Gegensätze, die man den Disziplinen Politik- und Geschichtswissenschaft idealtypisch zuschreibt. Demnach existiere eine große Kluft zwischen den beiden Fächern. Der Artikel untersucht zunächst die spezifischen Gegenstände und methodologischen Besonderheiten wissenschaftlichen Arbeitens in beiden Disziplinen. Es wird argumentiert, dass die zu findenden Charakteristika nicht fundamentaler Natur sind. Trotzdem ist die gegenseitige Rezeption nur gering ausgeprägt. Historische Arbeiten werden in der Politikwissenschaft (wenn überhaupt) nur zur Überprüfung empirischer Sachverhalte genutzt, sozialwissenschaftliche Theorien nur in seltenen Fällen systematisch in historischen Studien verwendet. Historische Analysen leisten jedoch mehr als eine Erweiterung der Datenbasis; sie lenken den Blick auf Phänomene, für deren Erklärung eine klare Prozessorientierung notwendig ist. Eine rein synchron ausgerichtete Politikwissenschaft verschließt sich systematisch Erkenntnismöglichkeiten, die erst durch eine historische Perspektive sichtbar werden. Umgekehrt systematisiert eine theoretische Orientierung historisches Arbeiten und macht deren Ergebnisse anschlussfähig für die Sozialwissenschaften. ; There is a gap between the disciplines of historical research and political science. Interdisciplinary dialogue is rare and even the academic education is separated. Firstly, this article examines the characteristics of research applied in these disciplines. Then, the specific subjects and methodological concerns of both disciplines are being compared. It is argued that no fundamental methodological differences exist between the fields. Nevertheless, it is shown that neither the science of history makes systematically use of political theories nor that political science accepts the methodological challenge of historiology. Therefore, the article aims to find ways in which these disciplines can fruitfully learn from each other. Especially the analysis of political processes appears to be a useful subject, because it deals with the change of political phenomena placed in time - a subject familiar to scientists of both disciplines. The article recommends to start the interdisciplinary dialog with questions of process-tracing, a method that is well suited for questions of social change, theory-driven and based on agency.
Auseinandersetzungen mit dem Islam prägen seit einigen Jahren politische und mediale De-batten um Multikulturalismus und Integration in westeuropäischen Einwanderungsgesell-schaften. Der Rekurs auf das christliche Abendland , der Entwurf einer Leitkultur und die Verteidigung der Festung Europa sind im Zuge dessen oft genannte Stichworte. Gegenstand dieser Debatten ist jedoch nicht ausschließlich die Ausgrenzung des Islam und von MuslimIn-nen: Die Bedeutung, die so genannten christlich-abendländischen Werten wie Toleranz und Meinungsfreiheit im Rahmen dieser Debatten beigemessen wird, verweist vielmehr darauf, dass zeitgleich und in engem Zusammenhang damit die (Re-)Formulierung einer westlich-abendländischen Identität auf dem Spiel steht. Eine zentrale Stellung kommt dabei dem Re-kurs auf hierarchische Geschlechterverhältnisse zu, die als Wesensmerkmal des Islam darge-stellt und als Begründung der angenommenen Differenz zwischen Angehörigen der so genann-ten islamischen und denjenigen der so genannten westlichen Kultur herangezogen werden. Für feministisch Engagierte stellt dies eine Herausforderung dar: Sie sehen sich durch die vielfa-che Bezugnahme auf scheinbar feministische Argumentationen in Massenmedien und Politik in die Position einer Avantgarde derjenigen Kämpfe versetzt, die im Rahmen dieser Debatten mit dem Ziel der (Neu-)Bestimmung einer westlich-abendländischen Identität ausgetragen werden. Die vorliegende Untersuchung unterzieht feministische diskursstrategische Reaktionen auf diese Herausforderungen am Beispiel feministischer Zeitschriften in Deutschland und den Niederlanden einer kritischen Betrachtung und setzt sie in Beziehung zu ihren jeweiligen massenmedialen Pendants. Die Forderung eines diskurstheoretisch inspirierten, diskursanaly-tischen Vorgehens nach der Kontextualisierung des untersuchten Materials ernst nehmend, wurde für die inhaltliche Ausgestaltung und sprachliche Konstitution sowohl massenmedialer als auch feministischer Islamdiskurse ihr jeweiliges Zusammenspiel mit historisch-theoretischen sowie migrations- und integrationspolitischen Kontexten als prägend ange-nommen. Mit Deutschland und den Niederlanden wurden zwei westeuropäische Einwande-rungsländer ausgewählt, die sich trotz immer wieder zu verzeichnender Annäherungsbewe-gungen durch eine überwiegend differente Gestaltung der jeweiligen Migrations- und Integ-rationspolitiken sowie eine unterschiedlich weitgehende Institutionalisierung des Islam als Minderheitenreligion auszeichnen. Mit welcher thematischen Schwerpunktsetzung und mit Hilfe welcher argumentativen Strukturen konstituieren sich also feministische im Vergleich zu massenmedialen Diskursen zum Thema Islam vor dem Hintergrund differenter diskursiver Kontexte in Deutschland und den Niederlanden? Der erste Teil der Arbeit umfasst eine um-fassende, ländervergleichende Betrachtung der historisch-theoretischen (Kap. II) sowie migra-tions- und integrationspolitischen (Kap. III) Kontexte von Islamdiskursen in Deutschland und d! en Niederlanden. Das darauf folgende Kapitel unterzieht massenmediale Islamdiskurse an-hand ausgewählter diskursiver Ereignisse einer genaueren Betrachtung (Kap. IV). Nach der Darstellung der in der Arbeit angewandten Methodik (Kap. V) umfasst die folgende empiri-sche Analyse in einem ersten inhaltsanalytischen Schritt die quantitative Erfassung geografi-scher und thematischer Schwerpunktsetzungen in Bezug auf das Thema Islam in den unter-suchten Zeitschriften (Kap. VI). Mit dem Ziel der Erschließung der argumentativen Struktur feministischer Islamdiskurse wird im zweiten empirischen Schritt ein diskurstheoretisch in-spiriertes, frame-analytisches Vorgehen gewählt, das die detaillierte Rekonstruktion und quantifizierende Auswertung der Frames Deutungsmuster erlaubt, derer sich feministi-sche Zeitschriften in Deutschland und den Niederlanden bedienen (Kap. VII). Abschließend wird unter der Überschrift Rettungsszenarien im Widerstreit auf feministische Positionierungen fokussiert, die sich im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Thema Islam innerhalb hegemonialer feministischer Diskurse in Deutschland und den Niederlanden herausbilden. ; Since several years discussions on the Islam shape the political and medial discourses on multiculturalism and integration in Western European immigration societies. The recourse to the Christian Occident , the outline of a Leitkultur , and the defense of the Fortress Europe are frequently mentioned keywords in these debates. The underlying subject-matter is, however, not exclusively the marginalization of the Islam and of Muslims: As so-called christian-occidental values such as tolerance and freedom of opinion are of high significance in these debates it becomes clear that it is rather the (re-)formulation of a western-occidental identity which is at stake. Interestingly, the recourse to hierarchical gender orders occupies a central position in depicting the central features of the Islam and in justifying the assumed difference between members of the so-called muslim and the so-called western culture respec-tively. Gender is considered as a marker of an ascribed difference between the Islam and the so-called Western world. As a category of differentiation it constitutes a challenge for those engaged in feminism: Because of the multiple references to ostensibly feminist argu-mentations in mass media and politics feminists consider themselves to be in the position of an avant-garde concerning the struggles for (re-)configurations of the western-occidental identity that underlie these debates. The analysis in hand critically reflects strategic discursive reactions to these challenges using the example of feminist journals in Germany and the Netherlands and relates these to their respective mass medial pendants. Its design is inspired by discourse theory and is taking seriously a discourse analytical approach: Historical and theoretical discourses as well as migration and integration policy in both countries of inves-tigation are understood as significant, influential contexts of the reviewed material, being of high relevance for the content and the linguistic constitution of mass medial and femin ist dis-courses on Islam. Germany and the Netherlands are two Western European immigration so-cieties that despite their every now and then occurring convergence are predominantly displaying a different shaping of the respective migration and integration policy as well as a different extent of institutionalization of the Islam as a minority religion. Accordingly the main question is: With which topical prioritizations and with the aid of which arguments do feminist discourses constitute themselves in comparison with mass medial discourses on Is-lam against the background of divergent discursive contexts in Germany and the Netherlands? The first part of the analysis in hand consists in an extensive comparison of the historical and theoretical (Chap. II) and the political migration-related and integration-related contexts (Chap. III) of discourses on Islam in Germany and the Netherlands. The following chapter takes a closer look at the mass medial discourse on Islam in both countries (Chap. IV). Fur-ther to a detailed description of the applied methods (Chap. V), the empirical analysis encom-passes in a first step (content analysis) the quantitative acquisition of geographical and topical emphases regarding the topic Islam in the reviewed journals (Kap. VI). The aim of the second empirical step is to analyse the argumentative structure of feminist discourses on Islam; the applied frame-analytical approach permits the detailed reconstruction and quantifying evalua-tion of the frames interpretative patterns that are used by feminist journals in Germany and the Netherlands (Kap. VII). This concluding section is especially bringing into focus the various feminist positionings described as antagonistic rescue scenarios that are emerg-ing in the course of the debates about the topic Islam within the hegemonic feminist dis-courses in Germany and the Netherlands
Der Beitrag beschäftigt sich mit den deutschen und slowenischen lexikalischen Internationalismen als einem relevanten Inhalt der interkulturellen Linguistik des Sprachenpaares Deutsch-Slowenisch. Im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen sind Internationalismen wichtige sprachliche Segmente einzelner Sprachen, auf die mehrsprachige Kommunikationspartner in einer interkulturellen Kommunikationssituation zurückgreifen können. Obwohl die meisten Internationalismen äquivalente Bedeutungen aufweisen, gibt es bei einzelnen deutsch-slowenischen Lexempaaren Unterschiede. Einzelne lexikalische Internationalismen können sich in ihrer Semantik völlig unterscheiden, oder sie können in bestimmten semantischen Komponenten gleich und in anderen unterschiedlich sein. Dies ist ein Reflex einer Jahrhunderte langen Koexistenz der deutschen und der slowenischen Sprache, denn dieser geographische und kulturhistorische Kontakt wie auch allgemeine Globalisierungstendenzen hinterließen Spuren, die auch bei lexikalischen Internationalismen und ihren Bedeutungsstrukturen zu beobachten sind. Anhand einiger ausgewählter deutscher und slowenischer Internationalismen wird gezeigt, dass Bedeutungsstrukturen trotz Ähnlichkeit der Formative differieren können, was auch zum Problem in der interkulturellen Kommunikation werden kann. ; In the Common European Framework of Reference for Languages international words are defined as a very important element of the linguistic and communicative competence of multilingual speakers. The article deals with international words in German and Slovene, two languages which were for centuries in close contact, since the Slovene ethnic territory was under a strong influence of German for geographical, cultural and political reasons.The author discusses selected pairs of international words (some of which are false friends), whose characteristics can be explained by taking into account the contact between German and Slovene. ; V Skupnem evropskem jezikovnem okviru so internacionalizmi opredeljeni kot pomembni segmenti jezikovne in komunikativne kompetence, na katere se večjezični govorec lahko opre v medkulturnem sporazumevalnem procesu. Prispevek govori o nemških in slovenskih leksikalnih internacionalizmih, še posebej o tistih besednih parih, med katerimi so se oblikovala specifična jezikovnopomenska razmerja, ki so med drugim tudi posledica jezikovnega stika, saj sta bili nemščina in slovenščina v večstoletnem sobivanju na slovenskem etničnem ozemlju pod močnim vplivom geografske, kulturne- in političnozgodovinske stičnosti. V prispevku so predstavljeni izbrani pari leksikalnih internacionalizmov, katerih pomeni so bodisi deloma bodisi popolnoma različni. Razlike so lahko pomenskosestavniske in kulturnospecifične, tako da prihaja celo do pojava lažnih prijateljev. Specifične pomenske strukture posameznih slovenskih in nemških kongruentnih internacionalizmov so se oblikovale v intenzivnem jezikovnem stiku v različnih vrstah medkulturnega sporazumevanja in posredovanja. Jezikovno vedenje o njihovi ustrezni rabi v medkulturni komunikaciji zagotovo spada med pomembne sestavine medkulturne lingvistike nemško-slovenskega jezikovnega para.
In retrospect, significant parallels can be drawn between the International Year of Languages 2008, which was initiated by the United Nations General Assembly and was coordinated by UNESCO, and the European Year of Languages 2001, which was a joint initiative of the Council of Europe and the European Union. In both cases 'the Year' passed with little public notice, and ended with the insight that a shared interest in languages by no means goes hand in hand with common views on language policy. Moreover, the status in the education systems of mother tongues on the one hand and foreign languages or trans-regional linguae francae on the other was discussed intensely in both instances. Against the background of the current debate on the influence of international educational organisations on national educational systems and concepts, the present article asks whether UNESCO has a specific role to play in the area of language education, and what (eurocentrically determined) blindspots in language education concepts become visible when one looks beyond the borders of Europe.
Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts gelten Aktionsräume in den deutschsprachigen Raumwissenschaften weitgehend als randständigesKonzept. In der internationalen Forschung wurde die Methodik zu Aktionsräumen jedoch weiterentwickelt und sie erfahren seit einiger Zeit wachsende Aufmerksamkeit. Dieser Beitrag nimmt eine umfassende Definition von Aktionsräumen vor und stellt ak tuelle Anwendungsbereiche anhand von Verkehrs-, Segregations- und Gesundheitsforschung dar. Für die räumliche Forschung, Planung und Politik sind Aktionsräume relevante Konzepte: Mit den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Wechselwirkungen zwischen Individuen und ihren jeweiligen sozialen bzw. baulichen Umgebungen besser abschätzenund darauf aufbauend adäquate Maßnahmen entwickeln. Um in diesem Kontext die systematische Generierung künftiger Forschungsfragen, Hypothesen, Forschungsdesigns und praxisrelevanter Erkenntnisse zu erleichtern, werden ein neues analytisches Konzept und etablierte Methoden zur Untersuchung von Aktionsräumen präsentiert. Der Beitrag schließt mit Überlegungen zu möglichen Forschungsperspektiven, die über den gegenwärtigen Forschungsstand hinausreichen. ; Since the late 20th century activity spaces have mainly been perceived as a niche concept in German-speaking spatial research. Meanwhile, international research on activity spaces has developed further and gained quite some attention recently. This paper elaborates a comprehensive definition of activity spaces and presents current fields of application with special regard to research on travel behaviour, segregation and public health. Activity spaces as a concept improve estimates of the interactions between individuals and their respective social or built environments. Therefore, insights on activity spaces might ease the development of adequate planning and policy measures. In order to facilitate the systematic generation of future research questions, hypotheses, research designs and practice-oriented insights, this paper presents both a novel analytical concept and ...